Priest

Scott Charles Stewart hat sich einige Jahre um visuelle Effekte, die während der Postproduktion eingefügt werden, gekümmert. Er hatte seine Finger unter anderem bei Mars Attacks!, Sin City, dem Final Cut von Blade Runner, Vergessene Welt: Jurassic Park, Iron Man und The Host im Spiel. 2009 gab er mit dem desaströsen Legion sein Langfilmdebut. Zwei Jahre später folgte, ebenfalls mit  Paul Bettany in der Hauptrolle, Priest, der sich vage auf die gleichnamige koreanische Comicserie bezieht, aber stark von Geschichte und Szenario abweicht, um es schlechter zu machen als die Vorlage.


I have questions and doubts.

Story

Den Priestern hat es die Menschheit zu verdanken, dass die dunkle Vampirbrut eingedämmt werden konnte. Die katholische Kirche hat diese Kriegerkaste ins Leben berufen und die Anwärter zu reinen Vampirjägern abgerichtet. Jetzt, da der Jahrhunderte andauernde Krieg zwischen den Spezies beendet ist und die Vampire nahezu ausgerottet und ihre jämmerlichen Überbleibsel in Reservaten zusammengekehrt wurden, gibt es keine Verwendung mehr für die klerikalen Van Helsings. Sie geraten in Vergessenheit, werden verleugnet und erfüllen niedere Aufgaben in den abgeschotteten Metropolen, in welche sich die Menschen zurückgezogen haben.
Eines Tages wird die Hauptperson, die wie seinesgleichen schlicht „Priester“ heißt, darüber informiert, dass Vampire über die im Außengebiet liegende Behausung seines Bruders hergefallen sind.
Obwohl die Kirche ihm eindeutig verbietet, die Jagd wieder aufzunehmen, und die Existenz frei marodierender Blutsauger rigoros abstreitet, begibt sich der Priester auf die Suche den Ungeheuern.
Und natürlich wird er fündig.

Kritik

Nach einer gänzlich nutzlosen ersten Szene startet der eigentliche Prolog und zeigt in stilvollen Zeichentrickbildern, was die Welt war, was aus ihr wurde und was sie nun ist. Priest ist nicht nur ein endzeitlicher Science-Fiction-Film, sondern spielt in einer gänzlich anderen Realität, in der die Existenz von Vampiren schon immer normal war.
Die Welt von Priest ist schön konzipiert und wird in teils imposanten Bildern vorgestellt. Das Land vor den Siedlungen ist eine leere und grenzenlose Einöde, die ganz aus Sand besteht. Selbst große Metropolen wirken inmitten der alles verschlingenden Wüste nichtig und unbedeutend. Die Städte sind ein Geflecht aus schmutzigen Ecken und wer sündigt, begibt sich in einen Beichtstuhl, der ähnlich einladend wirkt wie die Exemplare in THX 1138.
In der kahlen Leere jenseits der Städte ragen gewaltige Statuen empor, die zeigen, was die Menschen aufgaben, indem sie von Zeiten zeugen, an die sich niemand mehr erinnern kann. Abgebrochene Reste einstiger Wolkenkratzer sind das einzige, was daran erinnert, wie die Menschen einst gelebt haben.
Die Welt wirkt spannend und stimmig. Die Idee, Kampfpriester in eine theokratische Steampunkwelt zu stecken und gegen grässliche Halsknabberer kämpfen zu lassen, ist so trashig wie superb.
Nur leider nützt die schönste Bühne nicht, wenn Figuren und Geschichte zum Verzweifeln sind und dem tollen Szenario nicht mal im Ansatz gerecht werden.

Jede Figur ist ein wandelnder Stereotyp, jeder spukt große Töne und Gut und Böse sind von vornherein klar definiert. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Priest gar nicht so sehr von der Kirche, die im Film so schlecht wegkommt. Die Schauspieler machen ihre Sache eher mittelprächtig, werden ihren Abziehbilder-Figuren dabei aber gerecht. Paul Bettany, der den Priester im Zentrum spielt, leistet allerdings gute Arbeit und setzt sich von den typischen mystifizierten, eiskalten und zugleich lässigen Antihelden ein wenig ab. Sein Blick ist stets mehr kritisch als abgebrüht und manchmal scheint tatsächlich so etwas wie Priesterlichkeit durch.
Nur nützt das alles herzlich wenig, wenn jedes gesprochene Wort das nette Spiel sofort zunichtemacht.
Es  wundert kaum, dass die Figuren genau die Fehler machen, die man laut Klischee in einem Horrorfilm erwartet: Sich in Gefahrensituationen trennen, bei unheilvollem Lärm ans Fenster watscheln und die alles entscheidenden Pläne nicht im Vorhinein, sondern erst mitten in der Hektik ihrer Ausführung erläutern.
Natürlich: Einfach gestrickte Charaktere sind nicht zwangsläufig schlimm, wenn der Rest stimmig ist.

Viel schwerwiegender ist, dass es eigentlich gar keine Geschichte zu erzählen gibt. Zwei Kämpfer suchen ein Mädchen, das von Vampiren verschleppt wurde. Am Ende treffen sie den Oberbösewicht. Das war’s und der Abspann läuft. Man fühlt sich ein wenig so, als fiele nach dem ersten Akt eines Theaterstückes einfach der Vorhang. Der Science-Fiction-Film ist klar daraufhin ausgerichtet, Fortsetzungen nach sich zu ziehen. Der Film tischt in 87 Minuten das auf, was andere Filme in 20 Minuten verspeisen.
Dass als Lösung für alle Probleme der Priest-Welt simpler Sprengstoff genügt, steht stellvertretend für den Einfallsreichtum dieses Endzeitstreifens.
Natürlich: Selbst dann, wenn man sich bei Charakteren und Geschichte keine Mühe gibt, kann dank des coolen Szenarios noch ein brauchbarer Film herauskommen, solange die Action stimmt.

Doch auch die Konfrontationen mit den postapokalyptischen Spitzzähnen, die als hässliche Bestien mit unappetitlichem Glanz dargestellt werden und wie ein kleine Brüder von Spider-mans Venom wirken, sind kaum der Rede wert. Trotz zahlreicher Zeitlupen und einiger hilfreicher Gadgets, die der Priester aus seiner Kutte hervorzaubert, verlaufen die Kämpfe genauso uninspiriert und höhepunktlos ab wie der Rest des Filmes.

War The Book of Eli noch ärgerlich mit seiner sehr affirmativ christlichen Botschaft, ärgert Priest, weil die Kirche in ein so einseitig schlechtes Licht getaucht wird. Sie ist eine drakonische, durch und durch mittelalterliche Institution der Unterdrückung, die jeden Unsinn absegnet, solange er einem höheren Zweck dient. Eine solche Darstellung mag vor vielen Jahrzehnten noch aufregend und schockierend gewesen sein, in einem Werk des Jahres 2011 ist sie lediglich plump.
Plump ist nur folgerichtig auch die kirchliche Symbolik, wenn im Bildzentrum große Kreuze in ihre Einzelteile zerfallen.
Aber Dezenz ist in Priest eh nicht zu erwarten. Stattdessen wird jedes noch so offensichtliche Detail entweder deutlich buchstabiert oder aufdringlich mit Nahaufnahmen bedacht.

Fazit

Originell ist das adaptierte Szenario, abgeschmackt der ganze Rest. Flache Figuren, müde Kämpfe und eine schematische und eigentlich nonexistente Geschichte, die frei von Selbstironie erzählt wird. Das einzig interessante an Priest ist die Frage, was Paul Bettany, der früher selbst gläubiger Katholik war, dazu bewegte, in einem weiteren Film von Scott Stewart mitzuwirken.

Wer ein postapokalyptisches, in sich stimmiges und lange nachwirkendes Vampirmärchen sucht, der erweise sich selbst einen Gefallen und schaue stattdessen Stake Land.

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