An Paul Donovans Anarcho-Serie Lexx – The Dark Zone schieden sich schon immer die Geister. Während den Fans regelmäßig die Superlative ausgehen, wenn sie das Feuerwerk an bizarren Spleens, aufmüpfigen Plots und Anzüglichkeiten zu beschreiben versuchen, schüttelt die Gegenfraktion den Kopf über unreifen Humor, durchwachsenes Schauspiel und wunderliche Charakterzeichnung.
Außer Zweifel dürfte stehen, dass die Gemeinschaftsproduktion aus Kanada, Deutschland und dem Vereinigten Königreich eine der ambitioniertesten Absurditäten ist, seit es Science-Fiction gibt.
Story
Die Prophezeiung besagt, dass nur ein Angehöriger der Brunnen G Seinem Göttlichen Schatten die Stirn bieten kann. In der entscheidenden Schlacht gelingt dem interstellaren Tyrannen jedoch der Vernichtungsschlag. Kai ist der letzte Überlebende der Brunnen G und dient nach seiner Niederlage Seinem Göttlichen Schatten als willen- und erinnerungsloser Assassine.
2008 Jahre später fürchtet der Wachmann vierter Klasse Stanley H. Tweedle um sein Leben. Seine fortgesetzte Unzuverlässigkeit soll mit Organentnahme bestraft werden. Der alternde Feigling entschließt sich zur Flucht.
Zur gleichen Zeit droht auch der beleibten Zev die Maßregelung des Regimes. Aufgrund vernachlässigter Ehepflichten soll sie zur ewig devoten Liebessklavin umfunktioniert werden. Doch die Maßnahme scheitert: Während sie den vorgesehenen Körper erhält, wird das dazu passende Gedankengut in den Roboterschädel 790 eingepflanzt, welcher sich auf der Stelle unsterblich in Zev verliebt. Doch nicht nur der Körper ist neu, die forsche Zev hat seit der Umwandlung auch noch Charakterzüge einer Clusterechse.
Stanley, Zev und der liebeskranke Metallschädel fliehen an Bord der Lexx, ein lebendiges, libellenförmiges Raumschiff und allgewaltige Vernichtungswaffe zugleich. Dort treffen sie auf Kai, der zwar sein Gedächtnis wiedererlangen konnte, aber nur noch wenige Tage existieren kann, wenn sein toter Körper kein neues Protoblut erhält.
Das ungleiche Quartett strandet mit der Lexx in der Dark Zone, das unerforschte Territorium außerhalb der Reichweite Seines Dunklen Schattens. Ohne zu wissen, was sie erwartet, machen sie sich auf die Suche nach einer neuen Heimat.
Kritik
Selbst die Struktur dieser ersten Staffel Lexx ist abnorm. Sie besteht nicht aus knapp vierzigminütigen Folgen, sondern setzt sich aus vier Spielfilmen zusammen. Die ersten beiden Streifen widmen sich vornehmlich der Rahmenhandlung, das Paket in der Mitte wartet mit zwei halbwegs abgeschlossenen Subplots auf.
Part eins sorgt hauptsächlich für die Etablierung der Welt. Dies geschieht in flottem Tempo und dem richtigen Maß an Akribie. Bereits die ersten zehn Minuten bringen zwei große Zeitsprünge mit sich – ohne Rücksicht auf Verluste wird der Zuschauer mit einem Ruck in das verquere Universum von Lexx gerissen.
Anfangs nimmt sich die Serie noch verhältnismäßig ernst und kann sowohl inhaltlich als auch optisch Bemerkenswertes vorweisen. In den besten Momenten wirkt Lexx wie die ketzerische Alptraumversion von Star Wars. Auch das minimalistische Sounddesign weiß mit seiner vorantreibenden Schlichtheit zu gefallen und trägt maßgeblich zur Stimmung bei.
Nach dem temperamentvollen Einstieg gerät der Pilot aber zunehmend ins Stolpern und offenbart frühzeitig all die Makel, an denen auch der Rest der Staffel leidet.
Sämtliche Filme haben mit den gleichen Tempoproblemen zu kämpfen, abseits der im Wesentlichen interessanten Haupthandlung regiert häufig Ideenarmut und die Protagonisten sind mehr hassens- denn liebenswert.
Und dann wäre da auch noch der Humor, auf dessen Kappe quasi alle diese Fehler gehen. Denn Lexx möchte witzig sein. Furchtbar witzig, furchtbar respektlos, furchtbar wild und ausgelassen.
Dass sich eine Science-Fiction-Serie, die von einem insektoiden Kampfpott erzählt, auf dem eine Vielzahl von Gehirnen und ein paar ziemlich abgehalfterte Flüchtlinge sich permanent in die Haare kriegen, nicht ganz für voll nimmt, ist nur recht und billig. Dass Lexx sich aber über weite Strecken nicht eine Sekunde lang ernst nehmen kann und jeden Anflug von Spannung sofort mit billigem Ulk kontert, bricht der Dramatik der Serie schlichtweg das Genick. Nur wer sich darüber amüsieren kann, wie ein schmieriger Egoist Mal um Mal bei einem blauhaarigen Püppchen abblitzt, findet vielleicht seinen Spaß.
Hier wäre weniger Selbstironie ausnahmsweise mal mehr gewesen.
Die per se schon unterdurchschnittlichen Dialoge sind gespickt mit einer Unzahl flacher Witze. Von einer Ausnahme abgesehen, sprudelt aus sämtlichen Protagonisten ohne Unterlasse eine Fontäne schlechten Humors. Besagte Ausnahme ist der Brunnen G-Besserwisser-Zombie Kai, der nicht nur optisch jedes Grufti-Klischee erfüllt, sondern auch ausnahmslos schwermütige Einzeiler zum Besten gibt, während sein Blick melancholisch in die Ferne schweift.
Am ärgerlichsten ist aber, dass die Charaktere ständig das Gleiche sagen und immer wieder dieselben Gespräche führen.
In Conclusio mag man mit kaum einem der kleinen Crew sympathisieren und so ist dem Zuschauer das Schicksal der Hauptfiguren im drastischsten Fall herzlich egal. Und da eben auch die eigentliche Geschichte schnell in den Hintergrund rückt, fehlt es der Serie ganz einfach an interessanten Elementen. Unter den grotesken Albernheiten liegt nur allzu oft die Langeweile.
Für Lichtblicke sorgen in der zweiten und dritten Folge in erster Linie die prominenten Gäste, die mit großer Spielfreude den Trash-Onkel raushängen lassen. Tim Curry als verschrobener Poet und Wächter einer Art Spiegelkabinett sorgt in Folge 2 für Pepp. Der Höhepunkt ist jedoch Rutger Hauer als abgehobener Paste-Guru, der von einer eigenen Hymne begrüßt wird. Gespielt von einer Schrottkapelle. Niemals sonst war Hauer derart plemplem wie in der Rolle des Bog.
Im Laufe des letzten Filmes gewinnt die eigentliche Geschichte wieder an Bedeutung. Mit ihr kehrt auch die notwendige Ration Ernsthaftigkeit zurück. Sobald es groß wird und die schräge Mythologie hinter Lexx in den Vordergrund rückt, wird es durchaus spannend. Leider geschieht das viel zu spät und viel zu selten.
Am Ende überschlagen sich die Wendungen und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Serie all die durch Nutzlosigkeiten verplemperte Zeit im Eiltempo wiedergutmachen möchte.
Wie das meiste, so sind auch die Effekte eine janusköpfige Angelegenheit. Die weiträumigen Planetenoberflächen sind sehr gelungen und überzeugen mit Detailverliebtheit. Sieht man die Lexx hingegen durch die Weiten des Alls schwirren, ist die Optik in aller Regel erbarmungswürdig. Die Kostüme erinnern phasenweise an einen Mittelaltermarkt, wirken aber nie störend.
Generell rangiert man aber auf ordentlichen Niveau. Die dem niedrigen Budget geschuldeten technischen Mängel werden ausgeglichen vom düsteren, konsequent eingehaltenen Gothic-Look, der fernab von poliertem Star Trek, aber auch ganz anders als das organische Farscape ist (für welches Lexx höchstwahrscheinlich in gewissem Maße Pate gestanden haben dürfte). Stattdessen ist der Stil schmutzig-urban gehalten, weist stellenweise leichte Ähnlichkeiten mit Dark City und The Crow auf und punktet mit charmanten Designideen.
Für eine Fernsehproduktion rollen übrigens recht viele Köpfe – die Kamera weidet sich aber nicht daran und belässt es bei kaum expliziter Berichterstattung. Überhaupt geht es in den meisten Fällen nicht sonderlich blutig zu. So haben die Waffen der dunklen Schergen zum Beispiel den Effekt, den Anvisierten einfach in Dampf aufzulösen. In den meisten Fällen, wohlgesagt.
Dies ist auch das Stichwort, um auf die deutsche Fassung von Lexx zu sprechen zu kommen. Neben den vielen, teils schwerwiegenden Szenen-Amputationen muss sich die Serie außerdem mit einer ganz besonderen Synchronisation rumschlagen.
Alles, was im O-Ton lästig ist, wird in der Übersetzung zur wahren Geduldsprobe. Stanley Tweedle, dessen Tollpatschigkeit im Englischen ein ertragbares Level hält, verkommt zum nervtötenden Clown, die eh schon beklagenswert spielende Eva Habermann ist maßlos damit überfordert, sich selbst zu synchronisieren, und prinzipiell ist jeder Satz mit kurioser Überbetonung geschlagen. Dem Fass dem Boden schlägt jedoch die Synchronisation von Lexx selbst aus. Das eigentlich männliche Schiff erfuhr im Deutschen nämlich einfach eine Geschlechtsumwandlung.
Fazit
Lexx – The Dark Zone befindet sich in einer seltsamen Klammer aus Qualität. Die erste Hälfte der ersten und die zweite Hälfte der letzten Folge sind gut. Der Rest versinkt in einem Durcheinander aus heillosem Overacting, infantilem Holzhammerhumor und erzählerischen Längen. Das ergibt in Summe ein Viertel sehenswerte TV-Kost.
Das ist schade, denn die Hintergrundgeschichte hat viel Potential und das von Seltsamkeiten geprägte Trash-Konzept aus Leder, Schatten und Libellen ist grundsätzlich ansprechend. Die wenigen Höhepunkte der ersten Staffel zeigen, dass Potenzial vorhanden ist.
Doch man orakelt, dass bessere Zeiten für diesen Freak unter den Science-Fiction-Serien kommen werden.