Doctor Who – Siebter Doktor (Volume 1)

Science-Fiction befand sich weltweit immer noch im Aufschwung. Weltweit? England war ein kleines Land am Meer, in dem es eine traditionsreiche Genre-Perle ungemein schwer hatte. Doctor Who sollte abgesetzt werden und hatte nur noch eine verschwindend geringe Chance: Den siebten Doktor.

Nachdem die immense Popularität der britischen Kult-Serie Doctor Who auch in Deutschland seit ihrer Reboot ungebrochen anhält, lässt es sich Pandastorm Pictures nicht nehmen, auch die vergangenen Doktoren dem deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen. Den Anfang macht der siebte Doktor, dessen Abenteuer in zwei DVD-Boxen veröffentlich werden. Diese Besprechung widmet sich der ersten.
Nachdem die Neuauflage von 2005 hier nicht sonderlich gut ankam, konnte der Kinoausflug im Jahre 2013 umso mehr begeistern.

Everything is under control.

Story

Die Tardis wird von der Rani angegriffen und kann mehr schlecht als recht auf Lakertia bruchlanden. Durch die Heftigkeit der Erschütterung kommt der Doktor ums Leben und es folgt die Regeneration zum siebten Doktor. Nach der anfänglichen Phase der Desorientierung und Amnesie tut er sich wieder mit seiner Begleiterin Melanie zusammen, um den gefährlichen Plan seiner Jugendfreundin Rani zu durchkreuzen und im Anschluss wieder seinem Tagesgeschäft nachzugehen: Leuten zu jeder Zeit und an jedem Ort eine helfende Hand zu sein.

Kritik

Es steht wohl außer Frage, dass man sich bei dem Doktor der 80er noch mehr als beim Doktor der 2000er darauf einstellen muss, eine eindeutige Fernsehproduktion zu sehen, die zum Teil auf Jugendliche zugeschnitten ist, folgerichtig auch aussieht, wie eine Mischung aus einem NDR-Schwank und einer russischen Kinderserie und sich zudem auch noch einen Spaß aus ihrer günstigen Machart macht. Das ist es ja auch, was Doctor Who zu großen Teilen ausmacht.
Grobschlächtige Kostüme sind Zeuge bizarrer Modevorstellungen, die weibliche Begleitung sieht aus wie der gute Bibo von der Sesamstraße und ist viel zu oft am Kreischen, die Requisiten erwecken wie eigentlich das gesamte Szenenbild und auch das Schauspiel einen Anschein von Bühne. Dass Doctor Who im Grunde eine Kinderserie ist, kommt hier unentwegt zum Vorschein. Umso beachtlicher ist es, dass sich hinter diese Ebene gerade für die Zeit ein spannendes Konzept mit Anspruch, der sich eben auch klar an ein erwachsenes Publikum richtet, befindet, das auch hervorragend aufgeht. Sylvester McCoy als siebenter Doktor ist die wohl tollpatschigste, slapstickhafteste Reinkarnation des Timelords, doch sieht sich die Serie trotzdem nicht als reiner Klamauk, sondern nimmt ihre Figuren und deren Biographie ebenso ernst wie die behandelten Thematiken – und ist dabei dann bisweilen doch alles andere als kinderfreundlich.

Im Verlaufe der ersten Staffelhälfte fällt mehr und mehr auf, wie lässig die Science-Fiction-Serie eigentlich, den haarigen Produktionsbedingungen zum trotz, ist. Alles ist sehr heiter, nicht selten auch albern, aber doch nie ohne ironische Distanz. Eigentlich beobachtet man ein permanentes Augenzwinkern, das die Geschehnisse in ein bewusst naives Licht taucht, gute Dialoge liefert und das Ganze mit einer meist griffigen Musik unterlegt.
Dass man damals größere Ambitionen hegte und die Figur so sehr liebt, dass man mit gegebenen Mitteln und vorgegebenem Stil trotzdem mehr erzählen wollte, als man aufgrund von eben diesen Elementen eigentlich erwarten durfte, zeigt sich darin, dass sich Geschichten gerne über mehr, nämlich, bis zu 5. Folgen erstrecken, was in den 80ern für eine TV-Serie vor Twin Peaks als unerhört subversiv zu bezeichnen ist.
Dass jede fortzusetzende Folge damit endet, dass der schusselige Doktor und in manchen Fällen auch sein Companion in größter Lebensgefahr schweben, nur um in der Fortsetzung dann pfeifend aus er Gefahr zu tänzeln, als wäre nichts gewesen, ist angesichts dieser Umstände zu verschmerzen.
Bereits die zweite Geschichte ist eine Sammlung wunderbar kurioser Bestandteile und wohldosierten Unfugs. Eine Reihe hinreißend gestörter Figuren, ein total entrückter Doktor, ein ordnungsliebende Oberlippenbartträger in einem faschistoiden Mikrosystem, Kannibalen, Killerroboter und noch einiges mehr kreieren einen Budenzauber, der an kantenfreier Kurzweil nur schwer zu überbieten ist. Story Nummer 3 ist eine Zeitreise in die 50er Jahre mit allerlei Alien-Bonus, ein paar anerkennenswerten Einfällen und einem überraschendem Maß an kaltblütigen Morden mit Schusswaffen. Jede Geschichte im Einzelnen aufzuführen, brächte mehr Spannungsraub denn Zugewinn, so sei einfach gesagt, dass es unter der überschaubaren Anzahl an Geschichten keine Ausfälle gibt und selbst die schwächste Episode sehenswert ist. Die Episoden sind ausnahmslos einfallsreich und sehr rund erzählt und haben mit dem Mehrfach-Folgen-Format ihren idealen Erzählraum gefunden. Die Funktion der Begleitung ist in dieser Staffel, den Doktor nicht zu begleiten. Am Anfang der Hanldungen werden die beiden regelmäßig getrennt und erleben dann parallele Abenteuer., die sich alle paar Minuten mit Mini-Cliffhangern ablösen. Dieser episodische Charakter wirkt etwas aufgesetzt, stört aber nie und sorgt, wenn auch auf etwas einfache Weise, für konstante Spannung.
An der Geduld schabt die bis zu zweiminütige Vorschau am Ende einer jeden Episoden, zudem die nachfolgende nach dem ebenfalls recht behäbigen Vorspann auch mit einer Wiederholung der letzten Sekunden der Vorfolge einsteigt, sodass man gerade dann, wenn man mehrere Teile am Stück schaut, einiger Wiederholung ausgesetzt wird. Das ist grundsätzlich keine Katastrophe, da der Urzustand der Serie so beibehalten wird und all diese Para-Texte zum Seherlebnis dazugehören, eine optionale Abschaltbarkeit wäre dennoch eine zeitgemäße und rücksichtsvolle Maßnahme gewesen.

Fazit

Der tölpelhafte Doktor und seine naive Begleiterin geben ein komisches Gespann ab, das sich mit der Zeit erstaunlich nah ans Herz schleicht. Zusammen mit den knalligen Geschichten, ihren verschrobenen Bösewichten und vor allem anderen dem Umstand, dass die Geschichten so lange brauchen dürfen, wie sie eben brauchen, um erzählt zu werden, erweisen sich die Missionen von Doktor Nummer 7 als ein ordentliches Sehvergnügen, das manchmal ein wenig zu infantil geraten ist, dies aber mit viel Charme und der Liebe zu Überraschungen problemlos ausgleicht.
 

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