Carriers

Endzeitfilme, deren Schwerpunkt nicht auf marodierende Zombiemeuten liegt und die sich stattdessen an die Ausarbeitung psychologischer Tiefe wagen, sind rares Gut.
Carriers lockt zudem mit Chris Pine, der zuvor durch seine Rolle als neuer Kirk zu Ruhm kam, und versucht mehr zu sein als nur ein Teenie-Horror in postapokalyptischer Jeanshose.


Sometimes choosing life is just choosing a more painful form of death.

Story

Die Menschheit erlag einer Pandemie. Wer sich ansteckt, ist dem Tod geweiht. Die Infizierten werden erst kaum merklich, dann immer unübersehbarer mit Geschwüren bedeckt und sind in hohem Maße ansteckend.
Damit Danny und sein Bruder Brian zusammen mit dessen Partnerin Bobby und der zurückhaltenden Kate sich in dieser widrigen Welt behaupten können, halten sie sich streng an ihre drei eigenen Regeln. Ständige Vorsicht, immer geschützt und die Vermeidung von jedwedem Kontakt mit auch nur potenziell Erkrankten. Auch wenn das bedeutet, egoistischer Kaltherzigkeit der Menschlichkeit gegenüber den Vortritt zu lassen.
Eine starke Dehnung erfahren diese Regeln, als sich die Gruppe entschließt, einen Vater und seine infizierte Tochter in ihrem Auto ins nächste Krankenhaus mitzunehmen.

Kritik

Àlex Pastors Endzeitversion verzichtet auf ausschweifenden Ausblick. Der Fokus liegt klar auf einigen wenigen Einzelschicksalen. Das biologische Drama, das der Erde ihr Gesicht nahm, ist nur Rahmen, nicht Thema. Ein Rahmen allerdings, der nett anzusehen ist.
Zwischen verlassenen Kreuzungen und verwaisten Tiergeschäften, in denen müde die vergessenen Vögel umhertrudeln, findet Carriers einige nette Bilder für den Stimmungstransport. Der Film ist schön und überaus stimmig gefilmt. Alles nicht neu, aber durchaus gefällig.
Selbiges lässt sich auch vom Rest des Filmes behaupten. Das, was erzählt wird, ist genauso wenig innovativ wie die Art und Weise des Erzählens. Es reicht aber, um das Geschehen ziemlich kurzweilig sein zu lassen. Die nicht einmal 90 Minuten vergehen dank der gelungenen Form und der ständig voranschreitenden Handlung wie im Flug. Die Geschichte ist genauso nah an den Personen dran, wie die Kamera.
Die psychologische Komponente, die sowohl bei Road-Movies als auch bei Schilderungen von Extremsituationen unabdingbar ist, kommt genügend zum Tragen, bringt aber ebenso nichts Neues zum Vorschein. Natürlich braucht es das auch nicht zwingend, um einen guten Film zu schaffen, aber es verwehrt den meisten Streifen auch die Ehre, mehr als nur „gut“ zu sein.
Ein wenig ausgefallener fällt da schon die Zeichnung der Protagonisten aus. Die adretten Teens sind, bringt man es wenig galant auf den Punkt, ziemliche Kotzbrocken, die darüber hinaus zu viert so viel denken wie einer alleine. Auch ihre Handlungen lassen das ein oder andere Mal berechtigt vermuten, die Intelligenz der Einzelnen sei geviertelt. Klar, inmitten von Zeiten des durch die Luft ziehenden Todes, der sein Hauptwerk bereits erfolgreich vollbracht hat, ist man nicht fröhlich und gelassen, wenn die Hauptfiguren sich aber unentwegt beleidigen und keiner von ihnen erkennbar sympathische Züge trägt, fällt es nicht sonderlich leicht, sich in sie zu verlieben. Viel zu sehr ähneln sie – auch optisch – den austauschbaren Schönheiten, die in Slashern nicht die ersten 40 Minuten überleben.
Die Tatsache, dass die ganze Vermarktung des Filmes sich auf die drei fundamentalen Überlebensregeln des Grüppchens stützt, unsere Helden aber gleich zu Beginn gegen sie verstoßen, ist daher nicht nur Inkonsequenz im Drehbuchschreiben, sondern spricht auch für die Fähigkeiten der Figuren.
Doch die Mistkerl-Variable bringt natürlich nicht nur Nachteile mit sich. Tatsächlich sorgt sie auch für einen anständigen Kloß im Hals beziehungsweise eine gen Himmel zuckende Augenbraue, wenn man es doch vermag, sich auf sie einzulassen. Denn eines muss man den Arschloch-Protagonisten lassen – sie bleiben ihrem Wesen treu und werden nicht von weichgespülten Plotkompromissen verraten. Stattdessen bemüht sich der Film zum Ende hin um eine Erklärung dafür, dass manche Menschen ganz einfach Mistkerle sind. Arrangiert man sich damit, dass das Drehbuch einem nicht nur durch die Umstände narzisstisch gewordene, sondern per se unangenehme Zeitgenossen als Identifikationsmaterial anbietet, offenbart sich das wahre psychologische Experiment, an dem der Film sich versucht.
Und das ist dann doch irgendwie eine Überraschung.

Fazit

Carriers ist ein straff erzähltes Road-Movie zwischen Seuchenthriller und Familiendrama, das von vorn bis hinten spannend bleibt und damit bestens für einen gelungenen Filmabend geeignet ist. Die fehlenden Sympathieträger sind nicht jedermanns Fall, bringen im Ganzen betrachtet aber die nötige Frische, die Carriers davor retten, in den endlosen Weiten des Genredurchschnitts zu versumpfen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert