Logan

Während sich die reguläre Filmreihe der X-Men nach einem mutigen Ausflug unter der Regie von Matthew Vaughn sowohl qualitativ als auch erzählerisch wieder nach ihrem eigenen Durchschnitt ausrichtet, der 2006 durch X-Men: Der letzte Widerstand gehörig massiv zu leiden hatte, vollführt die Spin-Off-Reihe um Säbelknabe
Wolverine etwas Erstaunliches: Sie endet mit Ansage und darüber hinaus mit dem vis dato vielleicht besten X-Men-Film überhaupt.

The world is not the same as it was, Charles. Mutants… they’re gone now.

Story

Logan aka Wolverine ist morsch und mürbe geworden. Er ist alt, verbittert und ohne Kraft, weiter nach Lösungen und Hoffnung zu suchen. Er erträgt das Leben als versteckter Flüchtling auf dem Lande, der den einstigen Mutanten-Allvater Charles Xavier pflegt, beschützt und zugleich ängstlich isoliert – in einer Mischung aus Unterschlupf und Gefängnis für den gealterten und gutherzigen Patriarchen. Sie stellen die letzten bekannten noch lebenden Mutanten auf der Welt dar, Ikonen einer verwirrenden, aber auch beendeten Ära in der Menschheitsgeschichte.
Doch die Vergangenheit holt sie ein, gleich mehrfach: Ein Trupp technisch modifizierter Söldner spürt Logan auf und fordert Informationen zum Verbleib von X-23 – einem Mädchen, das die gleiche Misshandlung erfahren haben soll wie einst Logan und nun Adamantium im Körper hat. Wie der Zufall es will, klopft quasi zeitgleich eine Frau an Logans Tür; in ihrem Schlepptau das Mädchen namens Laura.

Kritik

Während, und nur wenige mögen da zustimmen, der erste Wolverine-Film zwar kaum ambitioniert war, dafür aber auch an seinen geringen Ansprüchen an sich selbst kaum scheiterte, ging sein Nachfolger Wolverine: Der Weg des Kriegers an dem Wunsch, mehr zu sein und der zentralen Figur gerechter zu werde, kläglich zugrunde. Da die letzten X-Men-Filme nun auch nicht gerade das Gelbe vom Ei waren, durfte man angesichts des Heranrücken des nunmehr dritten und finalen Soloabenteuers des backenbärtigen Klingenwüterichs mit gutem Recht und Gewissen Zweifel hegen – denn Regisseur James Mangold verbockte schließlich schon den zweiten Teile und verärgerte zuvor mit dem Tom-Cruise-Vehikel Knight and Day – auch wenn auf der anderen Seite (das ehrlich gesagt gar nicht mal so gute) Western-Remake Todeszug nach Yuma und das (siehe vorherigen Klammerinhalt) Oscar-Biopic Walk The Line sowie Copland – „der einzige Film, in dem Silvester Stallone ein Schauspieler ist“ – stehen.
Tatsächlich aber ist Logan das Beste aus all diesen Welten geworden.
Zuerst gilt aber eines zu klären: Ist Logan, immerhin der mittlerweile zehnte Film der vor 17 Jahren gestarteten X-Men-Reihe, fest in dieser verankert oder auch ganz unabhängig zu schauen? Und die Antwort liegt relativ klar auf letzterem Fall – mit leichten Einschränkungen. Um die Funktion von Professor Charles Xavier, dem Vater der X-Men, sollte man schon wissen, um die Traurigkeit und Tiefe des Verhältnisses, das die beiden Männern zueinander pflegen, zu verstehen – aber die Kenntnis dieser quasi-ikonischen Figur darf eigentlich vorausgesetzt werden. Und dann wäre da noch Caliban, der sich, wenn auch von einem anderen Schauspieler verkörpert, aus X-Men: Apocalypse rüber gerettet hat. Doch letztlich ist diese Figur selbsterklärend – zudem sich Logan sowieso nicht als Teil des Kanons versteht. Grundsätzlich ist es aber nicht wichtig, dass es sich hier um einen X-Men-Film handelt. Es reicht das Wissen, dass es mit den Mutanten einmal eine wichtige, aber auch gefürchtete und verachtete Gruppe von Menschen gab, die von den „normalen Menschen“ nie so recht angenommen werden konnten. Vor diesem Hintergrund entfaltet sich Logan als sehr elegische, düstere, enorm stimmungsvolle Dystopie, die auch jedem Comic-Muffel ans Herz zu legen ist.

Was Logan mehr als je zuvor verkörpert, auszeichnet und an ihm zehrt, ist sein Einzelgängertum. Die Einsamkeit eines langsam alternden Helden, der sich verstecken und die letzten Tage nur noch irgendwie in einer Höhle überstehen will. Der nicht mehr Pflicht ertragen kann, als die, die unmöglich abzustreifen ist – und auch diese nur mit ganz viel Ach, Krach und Fusel in der Blutbahn. Wenn es Action gibt, ist sie grob, heftig, beeindruckend und intensiv, schrecklich intensiv. Ihr Stattfinden richtet sich zum Glück nicht nach dem Rezept notwendiger Verteilung, das vorsieht, dass auf jede ruhige eine laute Szene folgen muss, sondern nach der der Geschichte inhärenten Logik. So wirken die sehr körperlichen, manchmal gnadenlos effizienten und nicht selten grausam-brutalen Kampfsequenzen nie selbstzweckhaft, sondern haben die Dramatik der Narration immer als Puls auf ihrer Seite.
Der alte Mann hat aller Verbitterung zum Trotz nicht seinen Humor verloren, ihn mit der Zeit aber noch etwas trockener und brummiger werden lassen. Erwartungsgemäß gut funktioniert daher auch die Dynamik zwischen dem bärbeißigen Logan und dem schweigsamen, trotzigen, liebenswerten Zögling Laura, brillant gespielt von der zwölfjährigen Dafne Keen. Die beiden geben ein Team ab, das ganz nach klassischen US-Buddy-Komödien-Schema funktioniert, statt funkelndem Witz aber tiefe Tragik dominieren lässt: Beide Figuren sind gebrochen und in beiden ist darüber hinaus der Bruch i der Existenz angelegt – mit sich selbst und mit der Gesellschaft. Logan am Ende des Lebens, Laura am Beginn des ihrigen. Die Chemie zwischen den beiden ist das Herz des Filmes, und dieses Herz ist kräftig.

Es ist also vieles sehr, sehr gut an Logan, gemeckert werden kann folglich nur an wenigen Stellen. Doch auch diese gibt es: Man würde sich wünschen, der Film hätte sich an manchen Stellen noch etwas mehr zurückgehalten, denn so ganz und absolut mag man dann doch nicht auf die Gunst des durchschnittlichen Zuschauers und Comicfans pfeifen. Außerdem ist der Film zum Ende hin eine Spur zu lang geworden. Dies fällt besonders deshalb auf, weil die Erzählung bis zu diesem Punkt so ungezwungen dynamisch und fesselnd ausfällt, ehe sie am Ende etwas ins Stottern gerät und dann eben doch in ein etwas zu klassisches Finale mündet.

Fazit

Logan ist elegisch und tragisch, düster, grimmig und ungewohnt erbarmungslos – in mehrfacher Hinsicht. Hugh Jackman liefert hier eine seiner größten Performances ab, steht mit seiner Leistung aber Schulter an Schulter mit Jungstar Dafne Keen, die die Kinder-Mutantin mit deutlichem Knacks und einem verhängnisvollen Hang zum Kindeszorn mit ehrfurchtgebietender Eindringlichkeit spielt. Auch Patrick Stewart als dritter Hauptdarsteller überzeugt mit einer rührenden Darbietung des ergreisten, langsam der Demenz verfallenden Mentor in entwürdigender Lage.
Logan ist nur in zweiter Hinsicht ein X-Men-Film – in erster ist er ein schaurig-schönes Road-Movie, ein tiefes Charakterdrama und eine stilvoll gezeichnete Dystopie erster Güte.
Dass der Film dann letztlich doch ein paar Eingeständnisse zu viel an den Massengeschmack macht und zum Ende hin ein paar Mal fast ins Stolpern gerät, ist zwar etwas schade, unterm Strich und angesichts der geballten Qualität dieses stimmungsvollen Heldenabgesanges aber nicht weiter tragisch.

X-Men: Apocalypse

X-Men: Apocalypse ist die teuerste X-Men-Adaption überhaupt – und Bryan Singers vierte Regiearbeit mit dem Mutantenhaufen. Warum man dem Film sein Geld überhaupt nicht ansieht und weshalb es auch nicht so wirkt, als wäre ein leidenschaftlicher Fan am Werk, der seine Vision umsetzt, dazu nun mehr.

Everything they’ve built will fall!

Story

En Saba Nur ist der vielleicht älteste Mutant aller Zeiten. 3000 v. Christus wurde er als ägyptische Gottheit verehrt. Während eines verheerenden Rituals wurde er jedoch gestürzt und in ewigen Schlaf gezwungen.
Letztlich erzählt der Film Folgendes: In der Vergangenheit passiert etwas Schlimmes, doch das Übelste konnte vereitelt und zugleich konserviert werden, die Neuzeit ist überheblich und wiederholt die Fehler. Apocalypse, wie sich der Ur-Mutant nun nennt, rekrutiert die fähigsten Mutanten, um mit seinen unvergleichlich starken Kräften die Welt zu unterjochen, die Sterblichen zu beseitigen, die Mutanten an die Spitze zu bringen – wir kennen das.
Und die X-Men sind damit nicht einverstanden.

Kritik

Da wären wir also, X-Men die Sechste. Und so langsam, könnte man meinen, Marvel-Filme hätten etwas Zyklisches, denn sie funktionieren in Trilogien. Doch diese Trilogien sind in sich sehr unterschiedlich – mal ist der erste Film maßgebend (Iron Man), mal nur lauwarm (Captin America), mal ist der zweite Film eine Offenbarung (Captain America: The Winter Soldier), mal eine Katastrophe (Iron Man 2). Und manchmal ist ein dritter Teil wirklich, wirklich schlecht – in diese Sparte fällt nun nicht mehr bloß das legendär gescheiterte Ende der ersten X-Men-Trilogie X-Men: Der letzte Widerstand, sondern ab sofort auch der der zweiten. X-Men: Apocalypse ist nämlich mehr oder weniger schon wieder ein Haufen Plastik, den man in der Sonne aufgeschichtet hat, damit er vor sich hin kokelt.
Matthew Vaughns Neugeburt der Mutanten-Clique, also X-Men: Erste Entscheidung, überzeugte mit einem neuen Grad an Realitätsbezug, mit geerdeten, nicht knallbunten Figuren inmitten einer politisch zerrissenen Welt. Dieser neu eingeschlagene Weg war aus mehreren Gründen richtig: Er zeichnete nicht nur ein neues Bild der Welt mit Mutanten, sondern erlaubte es auf innovative Weise, die Beziehung zur ersten Trilogie aufrechtzuerhalten. Er unterschied sich in Sachen Stimmung, Aufmachung und Dramaturgie von den immer erfolgreicher werdenden Ausgeburten des Marcel Cinematic Universe in hohem Maße – und hatte das Potenzial, der Grundstein eines ganz eigenen Erzähluniversums von ähnlichem oder noch größerem Umfang zu sein. Und dann kam Bryan Singer wieder und wollte sein Zepter zurück. Und damit verschwand all der neue Anspruch und mit ihm auch all das Potenzial. Was blieb, zum Glück, sind die hervorragenden Schauspieler, die dem jungen Team ihre neuen Gesichter gaben und geben. Und das ist in X-Men: Apocalypse leider auch schon das Beste.
Denn die X-Men-Welt ist wieder knallbunt, voller Action, voller aufgesetzter Dramatik und eine Heimat für gesichtslose Oberschurken. Am auffälligsten sind anfangs noch die keinesfalls überzeugenden Effekte, die uninspirierten Designs – immerhin kämpft die Welt hier gegen ein Zwei-Meter-Krokodil in Robe – und die plumpe Einbindung eigentlich wichtiger Themen. X-Men: Apocalypse ist auf traurige Weise glücklich passiert, weil das Themen Fremde und die Angst vor ihr so aktuell wie eh und je, aber im Augenblick eben auch schrecklich konkret sind. Schließlich sind die Mutanten Ausgegrenzte, die misstrauisch beäugt und im Zweifelsfall lieber eingesperrt und für alles Mögliche beschuldigt werden. Nur weiß der Film keinen sinnvollen Beitrag dazu zu liefern und belässt es bei den Floskeln, die man von Singer bereits aus anderen X-Men-Filmen kennt.

Die zahlreichen CGI-Kamerafahrten und -Installationen sind kein Zugewinn, sondern stellen eine klare Störung dar, so künstlich und fremd wirkt all der Bombast.
Im Film dominieren oft sehr plumpe Dialoge, die nur selten einen Hauch von Einfallsreichtum durchblicken lassen, ja teilweise regelrecht unvernünftig genannt werden müssen.
Die „Reiter“ der „Apokalypse“ wirken als düsterbuntes Team wie ein kleiner Haufen von 80er-Filmpunks, deren permanent purpurnes Geglammer die Sache überhaupt nicht besser macht.

Angenehm und gelungen ist, dass hier eine überraschende Gruppe der Mutantenfamilie zu heimlichen Protagonisten ernannt wird. Auf diese Weise muss ein Konzept wie X-Men zwingend funktionieren: Immer eine andere Auswahl aus dem großen Figurenpool.
Und Quicksilver hat wieder eine erinnerungswürdige funky Szene. Dafür zuckt die Motivation von Magneto unnachvollziehbar zwischen Plus und Minus hin und her, weshalb es dem so wichtigen Charakter leider immer noch an maßgeblichem Profil fehlt.
Trotz all der Kritik, langweilt der Film bei seiner Laufzeit von zweieinhalb Stunden niemals. Dafür passiert zu viel, dafür gibt es zu viele Schauplätze Figuren, zu viel Bewegung. Aber die X-Men könnten eben viel mehr sein als nur bunte Unterhaltung, sie könnten sich ernstnehmen, ernstgenommen werden und komplexe Abenteuer erleben, die Purpureffekte und beschämende Dialoge nicht bräuchten.
Man sollte Filme nicht dafür bestrafen, dass sie etwas nicht sind, wenn sie auf ihre Weise funktionieren, aber doch: Menno, Marvel!
Denn die X-Men könnten anders sein. Jetzt befinden sie sich südlich der ganzen anderen Marvelmannschaft, sie vertrauen dem Publikum noch weniger, wollen noch mehr erklären, beweisen keinen Mut und meiden jedes erzählerisch unkonventionelle Terrain.
Kaum auszudenken, wie es wohl wäre, befände sich X-Men auf der anderen Seite der Skala. Vielleicht wird die X-Men-Serie Legion aber einen Lichtbild darstellen.

Fazit

Bryan Singer führte die X-Men mit X-Men: Apocalypse nun endgültig wieder auf den Pfad seiner eigenen perfekten Vorstellung von Superheldenkino: Bunt, laut, künstlich, geradlinig und trotzdem unglaubwürdig erzählt. Mit dem Finale auch dieser X-Men-Trilogie ist abermals ein Tiefpunkt der Reihe erreicht. Letztlich ist die vermeintliche Apokalypse ein seltsam unmotivierter Karneval, bei dem das Ende von Beginn an feststeht, die Kostüme kein müdes Lächeln abringen und viele Auftritte nur Erwartbares liefern.
Dass der Film unterm Strich trotzdem unterhaltsam ist, liegt an der hochkarätigen Schauspielerriege, dem völlig unter Wert verkauften Ägypten-Setting und der schieren Masse an irrelevantem Krawall.

Deadpool

16 Jahre lang dauerte das Drama um Deadpool und seinen von vielen ebenso geforderten wie gefürchteten Leinwandauftritt. Der Stoff ging durch die Hände vieler Regisseure, bis es ausgerechnet in denen des Regieneulings Tim Millers landete – und dort mit großer Leichtfüßigkeit unter Beweis stellt, dass die Zeit in der Vorproduktionshölle ihm gut getan hat.

All dinosaurs feared the T-Rex!

Story

Es hat lange gedauert, bis das Ex-Special-Forces-Mitglied Wade Wilson seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Nun verbringt er die eine Hälfte des Tages in der Kneipe seines Kumpels Weasel und die andere Hälfte als Teilzeit-Söldner für den kleinen Mann zwielichtiger Herkunft. Noch länger dauerte es, bis Wade eine Frau fand, deren loses Mundwerk dem seinen in nichts nachsteht. Mit Vanessa an seiner Seite scheint sich sein Leben mit so etwas wie Sinn zu füllen – bis er von seiner Krebserkrankung erfährt und die Illusion der Idylle sich aufzulösen droht.
Aus Verzweiflung und Alternativlosigkeit beantwortet er das Gesuch einer Organisation, die damit lockt, seinen Krebs mit einer künstlich hervorgerufenen Mutation vielleicht heilen zu können. Zu spät kommt die Erkenntnis, dass Wade dem perfiden Plan des Laborleiters Francis ausgeliefert ist, dessen sadistische Experimente schlussendlich zum Erfolg führen. Wade hat den Krebs besiegt, ist aber so entstellt, dass er Vanessa nicht unter die Augen treten kann.
Er entkommt Francis, näht sich ein Kostüm mit Zipfel, nennt sich Deadpool und sinnt auf Rache. Dass sämtliche Verletzungen sofort zu heilen beginnen und er somit eine Quasi-Unsterblichkeit erlangt, kommt ihm durchaus gelegen.

Kritik

Deadpool hat es nicht ganz leicht. Davon, dass das Kino in Bezug auf Superheldengeschichten völlig übersättigt ist, profitiert der Film insofern, dass er das Resultat dieses Zustandes darstellt. Doch mit Guardians of the Galaxy brachte Marvel vor nicht allzu langer Zeit bereits einen augenzwinkernden Gegenentwurf zum Standardcapeträger auf die Leinwand, dessen lustvolles Spiel mit Klischees und Erwartungen natürlich in derselben Liga stattfindet wie das Rüpelabenteuer Deadpool.
Und die stolprige WolverineGreen-Lantern-Vorgeschichte wird hierbei ebenso nicht mit einbezogen wie das lästige Rechtedebakel, mit dem sich Marvel dereinst quasi selbst aus dem cineastischen X-Men-Universum ausgeschlossen hat und seitdem unschlüssig vor der Tür steht. So richtig gut sind die Voraussetzungen also nicht.
Doch siehe da. Tim Miller (Thor – The Dark Kingdom) schafft es in seiner ersten Regiearbeit erfolgreich einen locker-leichtfüßigen Ton anzuschlagen, der sich durch den gesamten Film zieht – und bereits das ist die halbe Miete. Denn, und das ist die Grundlage für alles, Deadpool macht Spaß. Dabei wird humoristisch nicht immer das richtige Maß gehalten und manchmal ist es nicht geckenhaft-albern, sondern kurz auch mal auf dem Penis-Vagina-Rektum-Witz-Niveau. Unterm Strich handelt es sich aber um einen durchweg ausgelassenen Spaß, der mit seiner angenehmen Dreistigkeit erfreut, in gesunden Abständen zu überraschen weiß und genau weiß, in welche Richtungen er wann auszuteilen hat. Zwar funktionieren gut die Hälfte der Gags nur über Referenzen auf andere Helden und Filme oder durch popkulturelle Anspielungen, wodurch eine seltsame Komplizenschaft mit dem Zuschauer simuliert werden soll, indem er einen vermeintlichen Insider nach dem anderen serviert bekommt, doch das ändert nichts daran, dass es eben funktioniert, weil die Mischung der Pointen trotz allem sehr ausgewogen und durchaus clever ausgefallen ist.
Zudem fährt der Film gleich mit zwei bemerkenswerten Schritten über lange Zeit sehr gut: Ryan Reynolds Mut zur Hässlichkeit – auch lange vor der Verwandlung zum Matschgesicht – tut dem Film ebenso gut wie die aufrichtige Selbstironie des gesamten Projekts. Glücklicherweise verkommt auch die Origin-Story, die im Grunde identisch mit all den anderen langweiligen Heldwerdungsgeschichten des Marveluniversum ist, durch einen kleinen und klug gesetzten Erzählkniff nicht zur drögen Pflichübung. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte, die tatsächlich funktioniert. Morena Baccarin (Firefly) mimt Vanessa Carlysle als glaubwürdige Frau, die keineswegs nur selbstzweckhafte Dekoqualitäten, sondern einen plastischen Charakter besitzt. So wird die Figur Deadpool zu mehr als nur einem roten Clown ohne richtige Motivation, sondern erhält genau das Stückchen Tragik, das benötigt wird, um sich auch um die Geschichte zu sorgen, die um all die Blödeleien stattfindet.
Leider geht Deadpool aber gerade in solchen Momenten kurz in die Knie. Ein innerlich wie äußerlich zerrissener Wade, der zu Streichern durch den Regen streift, ist ganz plötzlich überhaupt nicht mehr selbstironisch, sondern genau das Klischee, dem der Film so gerne die Stirn bieten und den Spiegel vorhalten möchte.
Und dann ist da auch noch Francis, der obligatorische Antagonist. Zwar ist es angenehm, dass der Film eine ganz persönliche Geschichte erzählt, die, gemessen an den sonstigen Abenteuern des Antihelden fast schon Anekdotencharakter hat, und nicht wieder mal den ganzen Planeten in Gefahr bringt. Doch Francis ist eben auch ein absolut uninteressanter Charakter, der – gerade im Kontrast zu den sonstigen Figuren – sehr, sehr lust- und einfallslos konzipiert ist, weder eine klare Motivation noch sonst irgendeine interessante Facette bietet und vom Film auch keinerlei Raum für eine Entfaltung zugesprochen bekommt. Hier teilt Deadpool plötzlich doch eine der größten und unnötigsten Macken des Superhelden-Genres in einem solch unreflektiert wirkendem Maße, dass man fast meinen könnte, auch das wäre eigentlich nur ein großer Spaß. Aber da traut man dem Film dann vielleicht doch zu viel zu.

Fazit

Wir alle wissen, wie groß die Zahl der scheiternden Komödien sind. Da ist es so überraschend wie ehrenwert, dass Deadpool es schafft, ganz unverkrampft sein Genre aufs Korn zu nehmen und primär einfach Spaß macht, was sich bei einer derart selbstreflexive Zitatemaschine der Postmoderne nun wirklich nicht von alleine versteht.
Die Momente, in denen der Film dann aber die Fehler seiner Genrekollegen wehrlos nachahmt, führen dazu, dass Guardians of the Galaxy auch weiterhin der Klassenprimus im Hause Marvel bleiben werden, was das komödiantische Spiel mit den Heldengepflogenheiten angeht.

Dabei sollte der Film nach Möglichkeit aber im O-Ton genossen werden. Denn der Ton des Humors litt in der Synchronisation merklich, was die Gratwanderung zwischen frech und dumm oft scheitern lässt, ohne dass der Film selbst was dafür kann.

Capeträger – Die kommenden Superheldenfilme der Jahre 2013 – 2016

Eine kleine Auflistung der Superheldenfilme, die in den nächsten Jahren ihren Weg auf die Leinwand finden sollen. Vieles davon basiert auf Gerüchten, einiges nur auf zweideutigen Aussagen und Andeutungen und nichts davon ist in Stein gemeißelt.
Sollte irgendetwas vergessen worden oder einfach untragbar falsch beschrieben sein – platziert einen Kommentar, damit ich mich schäme.


2013

Iron Man 3 Statt Jon Favreau ist nun Shane Black für den nächsten Ausflug des Playboys zuständig. Erfahrung mit Robert Downey Jr. Konnte er schon in seinem letzten Film Kiss Kiss, Bang Bang sammeln. Gerüchten zufolge wird Iron Man 3 den Hauptplot im Marvel-Universum am stärksten vorantreiben und bereits erste Schritte Richtung The Avengers 2 gehen.

Man of Steel Im Juni kommt Zack Snyders Version (300, Watchmen) von Superman in die Kinos. Ein weiteres Reboot, dessen Trailer aber Lust auf mehr macht. Nach dem desaströsen Sucker Punch hat Snyder aber erst einmal seinen Vertrauensbonus aufgebraucht. Neben dem Trailer machen aber auch die Namen Amy Adams, Kevin Costner und Russel Crowe neugierig.

The Wolverine 1982 brachte Frank Miller ein neues Kapitel im Leben von Wolverine zu Papier. Der im Juli nächsten Jahres anlaufende The Wolverine wird sich diese Geschichte zum Vorbild nehmen und den klingenbewährten Hugh Jackman nach Japan schicken. Obwohl X-Men Origins: Wolverine bei Fans und Kritikern durchwachsen ankam, sind die Erwartungen nach den ersten Bildern bereits ungeheuer hoch.

Kick-Ass 2 Der zweite Teil des Überraschungserfolgs aus dem Jahre 2010 will sich wieder nah an der Comicvorlage Mark Millars orientieren und lockt mit Neuzugang Jim Carrey. Angepeilter Kinostart ist der September 2013.

Thor 2 – The Dark World Anfang November tritt der Donnergott wieder in Aktion und wird, wenn man der seit ein paar Tagen brodelnden Gerüchteküche im Internet Glauben schenken will, alle neun Welten als Schauplatz haben. Im Vorgängerfilm gab es nur drei Welten zu sehen: Midgard (die Heimat der Menschen), Asgard (Die Heimat der Götter) und Jotunheim (Die Heimat der Eisriesen).

Hulk (Serie) Während Hulk sich im Kino gleich zweimal mehr schlecht als recht behaupten musste, soll es dank Mark Ruffalos angenehmer Neuinterpretation gleich eine ganze TV-Serie für den grünen Wutberg geben. Zwar ist das Jahr 2013 mal als Datum genannt worden, doch gehen wir eigentlich von einem deutlich späteren Start aus.


2014

Justice League 2013, 2014 – vielleicht auch gar nicht. Noch hält sich DC sehr bedeckt und auch sind die meisten Superhelden des DC-Universums verhältnismäßig unbekannt, doch das Internet ist fleißig am Spekulieren. Ein Drehbuch ist wohl fertig, inszenieren soll das Wachowski-Bruderpaar (Matrix). Was auch immer da kommt, es wird zumindest interessant.

Captain America 2: The Winter Soldier Nach dem Erfolg von The Avengers bekommt natürlich auch der recht mäßige Captain America: The First Avenger eine eigene Fortsetzung spendiert. Dieses Mal geht’s allerdings in der Gegenwart zusammen mit Bucky Barnes, Falcon und Dum Dum Dugan zur Sache.

X-Men: Days of Future Past Nach Logans zweitem Soloausflug dürfen die jungen X-Men wieder ran. Im Juli 2014 wird mit Michael Fassbender und Patrick Stewart die Brücke zur originalen Trilogie geschlagen.

Guardians of the Galaxy Eine zweite Heldentruppe des vielfältigen Marvel-Universums kriegt ihren eigenen Film spendiert. Während die Avengers sich vornehmlich dem Schutz unseres liebgewonnen Heimatplaneten widmen, kümmern sich die Guardians oft the Galaxy um den ganzen Rest der Milchstraße. Mit von der Partie sind ein mutierter Astronaut, ein ehemaliger Saxophonist, ein Adoptivkind von Thanos, ein vormals schurkischer Baum und ein Waschbär. Ja, ein Waschbär.
Bei einer solch seriösen Truppe scheint der verpflichtete Regisseur James Gunn fast die einzig logische Wahl. Schließlich konnte er mit Slither erste Sci-Fi-Erfahrung sammeln und schnupperte mit Super die wohl speziellste Superheldenluft des Filmbusiness.
Fortan muss sich Thanos also nicht nur den Avengers, sondern auch diesem bunten Grüppchen stellen. Böse haben’s schwer.

Ant-Man Nach gescheitertem Anlauf soll Ant-Man nun doch seinen Kinoauftritt spendiert bekommen. Regisseur Edgar Wright ist dafür zuständig, dass der mit Insekten palavernde Superheld, der seine Größe variieren kann, der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird. Da er in der Comicwelt Gründungsmitglied der Avengers ist, dürfen wir uns womöglich sogar auf eine Beteiligung in The Avengers 2 freuen.

The Amazing Spider-Man 2 Nach dem Erfolg des Serienneustarts werden Andrew Garfield, Emma Stone und Embeth Davidtz erneut unter der Direktion von Marc Webb das Spidey-Universum mit Leben bevölkern. Am 17. April 2014 sollen die Netze gesponnen werden.


2015

S.H.I.E.L.D. Ein Termin steht eigentlich noch nicht fest, doch scheint das Jahr der Avengers-Fortsetzung plausibel. Josh Whedon wird parallel zum Superhelden-Ensemble ein paar S.H.I.E.L.D.-Agenten ins Feld schicken. Umgesetzt wird das Konzept als TV-Serie. Die Idee, eine Serie in einem Universum voller Superhelden spielen zu lassen, deren Protagonisten aber ganz ordinäre Menschlein sind, klingt jedenfalls ganz nett.

The Avengers 2 Wenn alle Superhelden ihre neuen Einzelabenteuer bestritten haben, geht’s wieder ans Gruppenerlebnis. The Avengers 2 wird am 1. Mai 2015 in die Kinosäle rufen und neben den bereits bekannten Capeträgern wohl noch einen ganzen Schwung neuer Figuren im Heldenkosmos willkommen heißen. Wie stark die Erlebnisse von den Guardians of the Galaxy Einfluss nehmen werden, ist nicht bekannt. Da die beiden Heldentruppen sich aber den Bösewicht Thanos teilen, darf man zumindest mit ein paar dicken Parallelen rechnen. Neben Ant-Man wären ansonsten noch The Wasp und Falcon mögliche Kandidaten. Außerdem könnten Galactus, der Silver Surfer und War Machine eine Rolle spielen. Allerdings ist im Augenblick schwer vorstellbar, dass Marvel seine noch halbwegs geerdete Heldentruppe durch zu viele abstruse Zusatzfiguren dem Publikum entfremden möchte. Andererseits kann und wird in den nächsten 2 ½ Jahren vermutlich einiges geschehen.
Sollte das Konzept auch dieses Mal so gut funktionieren, erwartet uns in den Jahren 2017 – 2020 jedenfalls ein ganzes Bündel neuer Filme.

Hulk (Film)  Neben der bereits erwähnten Serie soll auch der dritte Kinoanlauf für den wütenden Wissenschaftler gewagt werden. Der Film soll (natürlich) auf der Serie basieren, mehr als das ist allerdings noch nicht bekannt.


2016

The Batman Keine Justice League ohne den Dunklen Ritter. Dieser Logik folgend, wäre das früh angesetzte Datum für Justice League jedoch reichlich unwahrscheinlich. Wie dem auch sei, Warners Goldmine Batman wird natürlich nicht einfach geschlossen, nur weil Herr Nolan seine Geschichte erzählt hat. Jedenfalls ist 2016 für ein Reboot im Gespräch und wir sind skeptisch. Aber vielleicht entpuppt sich die Schrecknachricht auch bald schon als Ente.