Jurassic Park

Diese Woche kam nach langem hin und her und 7 Jahre nach dem Tode Michael Crichtons Jurassic World in die Kinos. Grund genug, noch einmal in Kürze die drei ersten Filme der legendären Reihe Revue passieren zu lassen.


And what are those?
Story

Ilsar Nublar ist der sprechende Name des tropischen Eilandes, auf dem Multimilliardär John Hammond mit kindlichem Eifer seine Idee eines extravaganten Themenparks mit paläontologischer Flora und Fauna verwirklicht.
Als es zu einem Unfall kommt, verlangen die Sponsoren jedoch ein Gutachten von unabhängigen Spezialisten bezüglich der Sicherheit des Parks.
Die Archäologen Dr. Alan Grant und Dr. Ellie Sattler werden zusammen mit dem zynischen Chaostheoretiker Dr. Ian Malcom auf die Insel geflogen und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie realisieren, in was für eine Welt sie da dringen.
Während die Sponsoren hin und weg sind, haben die Forscher ihre Zweifel. Durchaus berechtigte Zweifel, wie sich bei der alles andere als planmäßig verlaufenden Tour durch den Dinopark herausstellt.

Kritik

Es raschelt und rumort im Dickicht, blickdichtes Gebüsch verwehrt jeden Blick, während die Geräusche etwas Großes erahnen lassen, das sich unaufhaltsam nähert. Was dann durch das Blätterwerk bricht, ist nicht die erwartete Urzeitechse, sondern ein am Transportseil baumelnder Container. Das ist zum einen ein Vorgeschmack auf die alles andere als unaufdringliche Symbolik des Filmes, zum anderen ist es aber auch das Versprechen, es nicht zu überstürzen.
Erst gibt es ein paar Appetizer, aber nur kurze Blicke auf Einzelnes. Nach mehr als 40 Minuten geht’s erst in den wahren Park und auch da bleibt es lange noch spannend, bis es die Fahrt so richtig beginnt. Die Action startet erst bei 01:06, also nach der Hälfte des ganzen Filmes. Von diesem langen Anlauf ist nichts lahm oder blöde, weil die Figuren kein reiner Selbstzweck sind, sondern das Drehbuch sie liebt schlichtweg. Wie der Park ist der Film ein sukzessives Erleben, ein Schauen während einer Rundfahrt, bei der man langsam durch die Stationen der Attraktion tuckert, sich für die Zeit, die es braucht, aber auf magische Weise aus der Zeit genommen fühlt. Jurassic Park ist eine von Spielbergs aufdringlichsten Regiearbeiten, bei der die Kamera sofort alles bezoomt und mit dramatischen Schwenks fokussiert wird. Und sie funktioniert tadellos auf diese Weise.

Die Charaktere funktionieren auf ähnliche Weise Es sind streng überzeichnete Personen, die in ausladenden Gesten den Alltag bestreiten und ständig, wie bei Spielberg in allen Filmen üblich, aufgerissenen Auges mit Schreckgesicht von unten in die Kamera stieren, um ihre ganz eigene Art von Charakterentwicklung zu durchleben. Dabei ist genaugenommen niemand von ihnen wirklich sympathisch, alle haben sie ihre nervigen Macken, im Zusammenspiel jedoch funktioniert das alles und ist am Ende sogar sehr charmant. Es sind eben schräge, überzogene und überzogen gespielte Vögel, die aber funktionieren und zusammen mit der – hier ja gut begründet – etwas gekünstelt aussehenden Welt und den kruden Handlungsverläufen ein ganz eigenes, sympathisches Universum kreieren, das genauso zirzensisch daherkommt, wie der titelgebende Park es ist.

Einer der ersten überaus markanten Höhepunkte des Filmes ist die Geburt eines Velociraptors. Anhand dessen lässt sich bestens aufzeigen, was Spielbergs Regie so gewinnend mach. In besagter Szene ist nicht der Schlüpfvorgang inszenatorisches Zentrum, sondern die Personen und ihre Handlungen, welche konsequent den Eigenarten der jeweiligen Figur treubleiben und sie festigen. Das ist schlicht viel interessanter als einem Ei über zwei Minuten hinweg beim Brechen zu beobachten, wie es in anderen Filmen passiert wäre. In den dabei stattfindenden Dialogen liegt so viel augenzwinkernd aufdringliche Metaphorik, wie sie ein Film braucht, der von Kindern wie von Erwachsenen bestaunt werden will. Und das ist im durchaus besten Sinne gemeint.

Damit der Park eine Panne hat und die Eskalation beginnen kann, muss eine Reihe durch und durch comichafter Zufälle durchlaufen werden und häufig ist diese schicksalsartige Verkettung von Ereignissen ausgesprochen dämlich konzipiert, unterhaltsam ist all das nichtsdestotrotz. Gerade diese Mischung aus familienfreundlichem Humor, mehrstufiger Action und schroffen, aber irgendwie doch liebenswerten Charakteren in einer ziemlich bunten Welt bewirkt diese einzigartige Atmosphäre des Filmes. Funktionieren kann das, weil alles fließend ineinander übergeht. Herzstück des Filmes ist die herrlich präzise definierte Action – ohne hyperaktive Wackelkamera, dafür mit durchdachten Einstellungen, wie man sie heute in den meisten Filmen, die auf Tempo setzen, sehnlichst vermisst.. Fast immer sind diese Sequenzen mehrteilig: Sie setzen sich meist aus drei parallelen, ineinandergreifenden Brandherden zusammen, wie der T-Rex, das zur Klippe rutschende Auto und das am Drahtseil baumelnde Forscherpaar.
Deshalb beinhaltet Jurassic Park zahlreiche Szenen, die aufgrund ihrer Auffälligkeit einfach für immer im Gedächtnis liegen und auch nach Jahrzehnten absolut unvergessen sind. Man denke nur an die ikonischen Gläser mit zitterndem Wasser, die das Herannahen des Dinoriesen ankündigen. Dass diese nicht auf einem Tisch, sondern auf der Ablage in einem Geländewagen stehen, welcher eben noch fuhr, weshalb sie dort gar nicht stehen dürften, ist nicht nur völlig egal, sondern irgendwie auch sehr sympathisch. Das mag verklärt und beschönigend klingen, im Rausch des Filmerlebnisses funktioniert es aber tatsächlich bis heute anstandslos.
In vielen Szenen dominiert undurchdringlicher, in Wogen herumwabernder Nebel als Stilmittel der Verdeckung – ein solches etwas plumpes Stilmittel, das spätestens seit den mittleren 90ern niemand mehr verwenden kann, ohne wie ein Trottel zu wirken, schafft bei Steven Spielbergs erfreulich altmodischer Regie Stimmung und macht Spaß.
Selbst der überdrehte Humor funktioniert auf seine auf das jüngere Publikum abzielende Weise. Manchmal geht es aber auch subtiler. Der Monolog des Wissenschaftlers, der sich über Unterhaltung auslässt die nicht real, sondern nur Illusion ist, in einem Film, der sich bewusst dadurch profilierte, die besten visuellen Effekte aller Zeiten zu haben, ist dabei nur einer von mehreren Momenten des Augenzwinkerns.

Jurassic Park ist ein Film vieler mustergütiger Spannungsbögen. Jeder Wechsel zwischen den Handlungssträngen führt zu einer Szene, die ihren eigenen kurzen, aber großen Moment der Aufregung hat, dem man sofort anmerkt, dass jede Menge Herzblut und Leidenschaft in ihm steckt. Generische Action gibt es in Spielbergs Dinopark nicht. Immer beginnt es besonnen, man ahnt die Figuren ins Unglück laufen, es folgt ein kurzer Moment heimtückischer Ruhe, der besagt, dass es anders kommen könnte, aber nicht kommt, das unvermeidliche Unglück tritt ein und es folgt die überaus knappe und überaus spektakuläre Flucht. Diese Struktur wirkt den ganzen Film über; wie im Park ist es ein Besuchen von vielen Ereignissen, die alle ihre eigene Idee haben und Geschichte erzählen. Auf Momente, auf die dieses Muster nicht angewendet werden kann, verzichtet der Film einfach. Deshalb fehlt auch der eigentlich übliche Epilog – die Helden verlassen die Insel, die Geschichte ist vorüber. Dass und ob er Park geschlossen wird, wie es den anderen Figuren ergeht, all das interessiert nicht, weil sich die Familie gefunden hat. Und das ist gut so, denn Jurassic Park zeigt schließlich mit Nachdruck, wie es in einer Welt, die nur ein Geschlecht hat, zugeht.

Fazit

Mit Jurassic Park schuf Steven Spielberg in enger Zusammenarbeit mit Michael Chrichton einen der unumstrittenen Kernfilme der 90er Jahre. Das Gefühl für und der Umgang mit Film, der für dieses Jahrzehnt typisch war, wird hier mit einer Show der Spezialeffekte auf den Punkt gebracht, die nie zur seelenlosen Pappattraktion wird.
Das etwas schablonenhafte Skript und einige kleinere Merkwürdigkeiten im Verlauf der Geschichte fallen kaum ins Gewicht, schließlich liefert Spielbergs Abenteuerfilm ein zirzensisches Vergnügen mit bis heute mitreißenden mehrstufigen Actionsequenzen im familientauglichen Gewand.
Die Nachfolger Vergessene Welt: Jurassic Park und Jurassic Park III konnten finanziell teilweise, qualitativ jedoch kaum an den Erfolg anschließen.

Orphan Black – Staffel 2

Die zweite Staffel des kanadischen Überraschungshits Orphan Black wurde in Windeseile im Anschluss an den Auftakt produziert. Entgegen den natürlichen Erwartungen litt die Qualität nicht darunter, sondern wuchs sogar an.

Don’t mix your camouflage?

Story

Cosimas Krankheit wird zu einem Countdown, der sich sekündlich schneller der Null nähert, während immer noch unklar ist, mit wem ihre geliebte Delphine eigentlich doppeltes Spiel spielt. Unterdessen ist Kira immer noch in den Händen ihrer Entführer. Verzweifelt wendet sich Sarah an Arthur, der vormals noch nach ihr suchte, mittlerweile aber suspendiert ist und dem Klon immer stärker vertraut.
Alison erlebt derweil in einem ganz eigenen Universum ganz eigene Abenteuer. Nachdem sie indirekt das Ableben ihrer Nachbarin herbeiführte, die sie fälschlicherweise für ihren Monitor gehalten hat, bekommt sie deren große Rolle in ihrer Amateur-Musical-Gruppe. Doch ringen in ihr Schuldgefühle, eine neuentdeckte, verwegene Seite sowie Paranoia um die Vorherrschaft und ihr gewähltes Hilfsmittel stellt sich nicht als geeignetste Wahl heraus.
Für alles scheint es Hilfe zu geben. Doch jede neue Hoffnung könnte ebenso ein Werkzeug der Gegenseite sein.

Kritik

Nach einer spannenden und stilbewussten, doch nicht ganz ruckelfreien Einstiegsstaffel geht es in der Fortsetzung plötzlich sofort mit Höchstgeschwindigkeit los. Das lange, teils etwas zu selbstzweckhafte Integrieren der zahlreichen (und überwiegend von Tatiana Maslany gespielten) Figuren ist beendet, der Serie kam nie erwarteter Erfolg zu und es hat den Anschein, als würden die kreativen Köpfe Fawcett und Manson zur Feier nun aus sämtlichen Rohren auf einmal feuern und die Ereignisse sich purzelbaumartig überschlagen lassen. Wo sich vormals noch kleine Längen einschlichen, ist die Serie nun so straff wie nur möglich gespannt und die Charaktere eilen pausenlos von einer Klippe zur nächsthöheren. Dabei muss die Serie aufpassen, nicht in eine zu einseitige Steigerungsklimax zu fallen, die nur dann noch Spannung generieren kann, wenn die vorherige Katastrophe doch noch Unfassbareres übertrumpft wird. Ob sich die Dramaturgie fangen kann oder die Serie nun auch all ihr Pulver verschossen hat, da sie sich für weitere, noch größere Schreckmomente eingestehen müsste, zuvor nur mit Platzpatronen gefeuert zu haben, wird sich zeigen. Doch für die 10 Episoden dieser Staffel geht der Plan voll auf. Und um mehr geht es hier nicht.
Sarah, Cosima und Alison sind mittlerweile ein Gespann, das über große Distanz zusammenhält und eine vollends glaubwürdige Zuneigung untereinander entwickelt hat. Die kurzen Momente, in denen das Trio skypet und sich bangend und einander gut zusprechend auf den neusten Stand bringt, sind von der ersten Sekunde an emotional mitreißend und überflügeln in dieser Hinsicht jede andere Art von Charakterdrama in der Serie – selbst das zwischen Sarah und Töchterlein Kira. Dadurch, dass die Figuren mit ihren Einführungen im Rücken nun viel selbstverständlicher agieren können, wirken nicht nur ihre miteinander verwobenen Geschichten um Welten stimmiger. Auch Maslanys Spiel wirkt noch mal eine Spur differenzierter und zugleich natürlicher, was vor allem Cosima zu einer noch filigraneren Figur heranreifen lässt. Auch neueingeführtes Personal fügt sich gut ins Ensemble und sticht sich dank ein paar kluger Drehbuchentscheidungen nicht untereinander aus. Dass das alles klappt, liegt daran, dass Orphan Black in seiner zweiten Staffel trotz massiv hochgeschraubter Rasanz eine viel klarere Linie verfolgen kann und dies auch tut. Der Schwerpunkt liegt nun nicht mehr auf der Suche nach Orientierung, sondern auf einem agentengleichen Katz- und Mausspiel. Inszenatorisch hat man dabei einiges dazugelernt – was sicher auch am grundsätzlich konventionelleren Szenario liegt -, denn der Szenenaufbau funktioniert mittlerweile viel reibungsloser und die aufgesetzte Musik ist gänzlich verschwunden.

Es ist der Serie nur zugute zu halten, den notwendigen Mut aufzubringen, beim in Staffel 1 bewährten Konzept diese Kursänderung vorzunehmen. Vieles ist mitreißend und es gibt ein angenehmes Mittelmaß zwischen dem großen Klongeheimnis und dieses überlagernder Akutproblematiken.
Der skeptische Beiklang, den schon das Fazit zur ersten Season hatte, ist trotzdem auch hier zu finden. Häufig erinnert das Geschehen an die zweite Staffel Prison Break, bei der die Handlung auch urplötzlich vom Stationären aufs Mobile umlenkte. Wenn ausreichend weit vorausgedacht wurde, der Zufall nicht zum tragenden Element avanciert und vor allem die Mythologie im Hintergrund nicht ins völlig Banal-Abstruse schlingert, weil sich immer wieder eine nächsthöhere, noch gesichtslosere und ominösere Super-Instanz als der nun wirklich wahre Strippenzieher herausstellt, darf man mit Fug und Recht optimistisch bleiben. Und genau dies ist Orphan Black sehr zu wünschen.

Fazit

In Staffel zwei der kanadischen Sci-Fi-Serie wird vieles besser gemacht Die Handlung ist griffiger, die Erzählweise fesselnder und die Charaktere erhalten immer mehr wertvolle Basis. Lediglich der Steigerungswahn lässt befürchten, dass sich Orphan Black irgendwann nur noch auf die Mächtigkeit möglichst radikaler Twists vertraut. Doch ist dies kein Vorwurf an die Serie, sondern nur Befürchtung des Autors und hat somit an dieser Stelle genaugenommen gar nichts zu suchen.
Die Odyssee von Sarah und ihren Klonschwestern ist im zweiten Akt ein spannungsgeladenes Katz- und Mausspiel, das einen starken Sog entwickelt.

Bride of the Re-Animator

Vier Jahre nach Stuart Gordons wegweisendem Genre-Erfolg Re-Animator, der geschwind das Kult-Signum erhielt, ereilt die Filmwelt das vorgeschriebene Sequel, während sich der originäre Regisseur mit From Beyond in eine ganz ähnliche Richtung absetzt
Mit Ausnahme von ihm ist das alte Team jedoch wieder beisammen (mit den zusätzlichen Einschränkungen, die der Leichenzähler des Vorgängers vorgab), der vormalige Produzent Brian Yuzna schwingt sich mit eigenem Drehbuch auf den Regiestuhl, das Rezept wird erweitert und die Puppen werden wieder tanzen gelassen.

We start with the heart.

Story

Die blutigen Ereignisse der letzten Experimente haben Dr. Herbert West nur noch verbissener forschen lassen. Mit einem neu entdeckten Mittel lassen sich nun nicht mehr nur Körper als Ganzes, sondern auch einzelne Teile von ihnen reanimieren. In jedem Teil von uns, so die Erkenntnis des Wiedererweckers, wirkt Willenskraft. Da liegt es doch nahe, auch einmal gar nicht zueinander gehörige Komponenten miteinander zu verbinden. Dr. Dan Cain ist weiterhin der Mitbewohner und der Angelegenheit etwas weniger aufgeschlossen.
Da sich beiden für ihre Experimente illegal Leichenteile aus dem Krankenhaus entwenden, kommt ihnen der aufdringliche Polizist Leslie Chapham gefährlich nahe. Zu allem Überfluss scheint auch Dr. Carl Hill noch nicht ganz so tot, wie erwartet.

Kritik

Waren die Verbindungen zu Mary Shelleys Frankenstein (beziehungsweise der Verfilmung von James Whale) bereits im ersten Teil unschwer zu übersehen, wurde Bride of the Re-Animator noch deutlich stärker parallelisiert und darf nun auch schon im Titel verkünden, wessen zweiter Teil da im zweiten Teil Pate stehen darf. Tatsächliche Gemeinsamkeiten zwischen Brian Yuznas Sequel und Frankensteins Braut sind selbstredend nur auf motivischer Ebene auszumachen, vielmehr gereicht das prominente Vorbild zum Anlass, deutlich komödiantischer vorzugehen, als noch in Re-Animator. Diese Entwicklung ist signifikant und der Bezug zur Herzensdame des modernen Prometheus ergibt dahingehend auch Sinn. Wie auch der zitierte Filmklassiker, so gelingt es ebenso dieser Horrorkomödie, die Geschichte des Vorgängers zwar einerseits weiterzuspinnen, andererseits aber nicht in Gefahr zu laufen, einfach nur mehr vom Selben zu liefern, weil die Fortsetzung nicht mehr im exakt gleichen Genre angesiedelt ist. Die Musik klingt nach Schabernack, die Figuren sind bereits von Anfang an allesamt mehr oder weniger überdreht und das gesprochene Wort in der Regel entsprechend.
Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die deutlich mehr Ernst besitzen – selbst wenn in diesen 4 lose Finger und ein Auge zu einem glubschenden Wanderwesen verschmolzen werden. Trotzdem ähnelt der Film vom Look wie auch den Grundton unverkennbar seinem Vorgänger, der Beleuchtungsstil ist übernommen, die Ausstattung ähnlich nah dran an Theater wie das Schauspiel. (Dass in diesem Jahrtausend dann ein Musical mit Originalbesetzung auf die Bühne kam, war daher eigentlich nur logisch)
Der größte Zugewinn gegenüber dem Re-Animator-Einstieg unter Stuart Gordons Regie ist allerdings der Wandel, den Jeffrey Combs und seine Figur Herbert West durchgemacht haben. Dieser wird mit einem so souveränen, immer nur einen Hauch überzogenen Irrsinn verkörpert, dass jede Szene mit ihm automatisch Freude generiert. Eine weitere, kaum minder positive Ergänzung ist die simple Tatsache, dass alle wichtigen Elemente schon etabliert sind und daher keine große Introduktion mehr benötigen, um hier in Aktion zu treten. In Folge kann das frohe Wiederbeleben von beliebiger Materie in beliebiger Zusammensetzung direkt angegangen werden und der Film liefert genau das, was man voraussetzt, wenn etwas Re-Animator heißt. Dabei hat das Werk so manche Widerwärtigkeit in petto, die damals wie heute faszinieren und schockieren kann. An wenigen Stellen bewegt sich der Film fast schon ein wenig in die Gore-Richtung, ironisiert derartige Darstellungen aber auch stets wieder mit Eile. Das Gesamtbild ist im Großen und Ganzen runder und kerniger, weil die Geschichte kleiner ausfällt und sich über weniger Orte erstreckt, was dem Geschehen ausgesprochen gut tut.
Gänzlich rund ist die Sache aber dennoch nicht. Manches Element wird anfänglich als bedeutungsvoll eingeführt, verkommt dann aber zur fast schon beliebigen Randnotiz oder zum bloßen Plotwerkzeug. Und auch mit eben diesem Plot stimmt nicht immer alles – aber das ist letztlich Gekrittel an Stellen, wo niemand Perfektion erwartet.
Letztlich bietet auch dieser Film unterhaltsames pseudowissenschaftliches Gefasel von kleinen Männern mit Gotteskomplex, die ihre guten Absichten ein paar Mal zu oft hin und her gedreht haben. Dazu gibt es eine Femme fatal, die wohl selten so indirekt ihren Einfluss auf den Protagonisten nahm, wie es hier geschieht. Und, das wichtigste, es gibt kuriose Wiedererweckversuche in Hülle und Fülle. Den kleinen Originalitätsbonus, den der Erstling noch für sich verbuchen konnte, kommt an dieser Stelle natürlich abhanden.
Woran es dem Film dann gebricht, ist ein wummerndes Finale vom Format des ersten Teiles. Der Tanz der Kadaver hält sich dieses Mal in etwas engeren Grenzen, doch dafür passt dieser Schluss auch nahtloser zum Vorangegangen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ein krönendes Spektakel ausbleibt, es fällt lediglich kürzer aus, ist dafür aber auch einen guten Teil abgedrehter. Besonders hier springt der zweite Teil auf ein gänzlich anderes Gleis als noch Re-Animator und beschert einige bizarre Überraschungen, die zwar nicht so laut wie im Vorgänger sind, aber entschieden fantasievoller.

Fazit

Brian Yuznas Regiekarriere lässt sich wahrlich nicht als Vorzeigelauf bezeichnen, doch steckt in all seinen Filmen eine unverkennbare Eigenmarke und der unverfälschte Hinweis auf einen Schwall von Herzblut. Nicht einmal ein Jahr nach der im höchsten Grade verstörenden Kuriosität Society folgte dieses Sequel, dem man nicht vorwerfen muss, es handele sich um eine lieblose Reproduktion.
Die Geschichte wird ungezwungen weitergesponnen, einige Stärken weiter ausgebaut und wieder andere wurden konstant beibehalten. Wie der erste Teil ist auch Bride of the Re-Animator gewiss kein Meisterwerk, wer aber ein Faible für Handgemachtes und charmante Aufmachungen hat, wer eine wohldosierte Lust am Überzogenen, das morbide Flair von entgleister Wissenschaft zu schätzen weiß und zeitgleich bei Dramaturgie und Drehbuchschwächen ein offenes Äuglein entbehren kann, der fügt sich auch mit dem zweiten Teil der Trilogie garantiert keinen Schaden zu.

Orphan Black – Staffel 1

Orphan Black kam quasi aus dem Nichts, genoss in kurzer Zeit einen bemerkenswerten Durchbruch und wurde in sämtlichen Feuilletons mit großem Wohlwollen besprochen. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, in welch kurzer Zeit die Serie produziert wurde, welche es in deutlich weniger als zwei Jahren auf satte zwei Staffeln brachte.

How are we all related?

Story

Sarah Manning, kaltschnäuzig und großmäulig, ist gerade erst zurück in ihre Heimatstadt gereist, um erneuten Kontakt zu ihrer kleinen Tochter aufzunehmen, die von Sarahs Adoptivmutter betreut wird, zu welcher sie selbst ein keineswegs einfaches Verhältnis hat. Eine starke wie gute Bindung hat die rebellische junge Frau ohne Arbeit und Ziel zu ihrem exzentrischen Bruder Felix, der in seinem Atelier zwischen flüchtigen Männerbekanntschaften, Kunst und Drogen ein ebenso zielloses Leben führt.
Für Sarah ändert sich jedoch alles, als eine Frau, die ihr erschreckend ähnlich sieht, sich direkt vor ihren Augen vor eine U-Bahn wirft. Wie im Affekt nimmt Sarah erst die Papiere und schließlich die Identität der Selbstmörderin an, welche eine verlockend große Summe auf ihrem Konto deponiert hat.
Während dieses Doppelleben zwangsläufig auf eine Katastrophe zusteuert – die Verstorbene war Polizistin – offenbart sich zusätzlich, dass noch weitere Frauen existieren, die mit Sarah beinahe vollkommen ident zu sein scheinen. Sie ist Teil einer Klonreihe – und irgendjemand hat zur erbarmungslosen Jagd auf diese Frauen geblasen.

Kritik

Die erste Folge geht rasant vonstatten, besticht durch eine atemlose Erzählart, schillernde Figuren und hinterlässt nach dem Schauen das Bedürfnis, es auf keinen Fall bei dieser zu belassen. Bei Episode zwei wird es dann fast schon etwas zu viel, weil in die so gewöhnliche wie sympathische Welt der Lebedame Sarah Manning zusammen mit ihren kruden Klonschwestern auch ein paar andere seltsame Elemente eindringen, die erst mal wie ein Fremdkörper wirken; nicht in der dargestellten Normalität, denn das ist ja Zweck der Sache, sondern in dem Grundgefühl selbst, mit dem Orphan Black begann und welches bereits jetzt leicht angebrochen wird. Auch die nachfolgenden Episoden hinterlassen einen etwas zwiespältigen Eindruck. Das, was da vonstattengeht, ist alles andere als miserabel, wirkt dann aber doch an einigen Stellen zu konstruiert und bemüht. Dann aber kriegt die Serie einen spürbaren Schub und wird mit einem Mal sehr packend – auch, weil sie plötzlich noch stärker ihre eigene Linie findet und fährt und dadurch einiges an Eigenständigkeit dazugewinnt.
So wirkt Orphan Black als Gesamtwerk merkwürdig und lässt einen verunsichert zurück. Oftmals erweckt die Geschichte den Anschein, zu aufgeladen zu sein, und droht an einigen Stellen fast schon aus der Spur zu rutschen. Besonders so manches abgegriffenes Element fällt negativ ins Gewicht. Auf der Haben-Seiten finden sich gut geschriebene Figuren und eine sehr selbstständige Inszenierung, die sich zwar oftmals etwas unterkühlt und nicht immer so selbstsicher anfühlt, wie sie sich gibt, aufgrund ihres großen Wiedererkennungswertes und des straffen Tempos aber auch enorm zum Funktionieren des Serienkonzepts beitragen. Es ist zudem immer wohltuend, wenn Serien sich trauen, mal ein paar Folgen vollkommen aus dem von ihnen gesetzten Rahmen fallen zu lassen, und etwas grundlegend Abweichendes zu bieten. Orphan Black reiht sich in diese schwer zu meisternde Tradition ein und liefert eine Folge mit starkem Comedy-Anteil, die ihre verblüffende Wirkung nicht verfehlt. So störend manche Dinge in der Story selbst wirken, fallen sie im Gesamten doch kaum auf. Die Regie verwischt einige Fehler und die Tatsachen, dass andauernd etwas passiert und man bemüht ist, so gut wie jede Szene mit einer ganz eigenen Steigerung zu versehen, verfehlen ihre Wirkungen nicht. Bedauerlich ist trotz allem, dass zu viele ungeschickt eingebrachte Elemente der Serie den Sprung zu einer wirklich sehr guten Produktion dann doch verweigern.
Der einzige formale Kritikpunkt, der etwas schwerer ins Gewicht fällt, ist die Musik, die in ihrer affektiert hippen Weise immer wieder störend auffällt und dadurch für störende Lecks in der Diegese sorgt, die mit weniger Auffälligem noch viel einnehmender ausgefallen wäre.

Am bemerkenswerten ist natürlich die mehrfache Hauptakteurin Tatiana Maslany in ihren zahlreichen Rollen, die sie tatsächlich so glaubwürdig darstellt, dass man sie als eigenständige, vollwertige Persönlichkeiten akzeptiert. Hausfrau und Mutter mit Comic-Relief-Anteilen, Wahnsinnige, Polizistin, Göre, Wissenschaftlerin und mehr noch bekommt die Dame auf ihren Leib geschrieben und weiß diese Aufgabe eindrucksvoll zu meistern, indem sie den verschiedenen Charakteren ihre ganz eigenen Bewegungsabläufe, Manierismen, Gesichtsausdrücke und psychologische Besonderheiten verleiht und dabei beinahe immer das richtige Maß einhält. Macht man sich begreiflich, wie häufig Maslany in nur einer einzigen Folge mehrfach im Bild ist, denkt man daran, wie kompliziert die Drehs und wie anspruchsvoll der andauernde Rollenwechsel mit Doubles und Motion-Control-Strapazen für die junge Kanadierin ausfallen muss, gibt es eigentlich kaum eine Alternative zu anerkennendem Staunen. Dass die Dame in Folge mit allerhand Preisen für ihre Ausnahmeleistung geadelt wurde, verwundert daher nicht.

Der Rest steht und fällt mit dem, was da noch kommen wird. Sicher ist: Stellt Staffel 1 nur das Sprungbrett für eine im Voraus durchdachte und originelle Geschichte dar, darf man mehr als gespannt sein, denn ein beachtliches Potenzial besitzt der britische Überraschungserfolg auf jeden Fall.

Fazit

Orphan Black ist eine toll gespielte, hochwertige Produktion, nur selten Anlass, sich über klaffende Logikschluchten zu ärgern, die sich aber auch gerne selbst im Weg steht und ihre eigenen Möglichkeiten auf diese Weise etwas blockiert. Unleugbar sticht der kanadische Überraschungshit aus dem unüberschaubaren Dickicht medioker Science-Fiction-Serien heraus und bekam völlig zurecht so große Beachtung.
Auch Staffel 2 ist bereits draußen und eine weitere in Produktion. Es steht also außer Frage, dass Orphan Black in Zukunft noch häufiger hier Erwähnung finden wird.

Re-Animator

Im vergangenen Jahr beendete Stuart Gordons Re-Animator in Deutschland seine Index-Existenz. Über zwei Jahrzehnte war der auf Howard Phillips Lovecrafts Kurzgeschichte Herbert West – Der Wiedererwecker basierende Film verboten, was seinem Semi-Kultstatus zugute kam.
Es folgten zwei Fortsetzungen und eine überaus erfolgreiche Musical-Umsetzung.


Birth is always painful.

Story

Über die Jahrhunderte sind wir zu ganz anständigen Medizinern gereift, möchte man meinen. Dabei wird gern vergessen, dass es immer noch den einen oder anderen weißen Fleck auf der Karte unserer Möglichkeiten gibt. Krebs, Demenz, das Altern, der Tod – nichts davon tatsächlich heilbar. Wie unbeholfen ist der Mensch doch, wenn er sich bemüht, ein ausklingendes Leben noch ein wenig länger im Diesseits zu behalten. Mit Elektroschocks wird das Herz malträtiert, die wildesten Elixiere werden intravinös in den sterbenden Leib gepumpt, und dann zieht es die arme Seele doch davon. Dieser Kampf gegen Windmühlen ist für den ambitionierten Arzt von Heute eine frustrierende Angelegenheit. Dr. Herbert West ist ein solcher Arzt und weit davon entfernt, sich geschlagen zu geben. Eines Tages trifft er den überambitionierten Kollegen Dr. Daniel Cain an seiner Uni. Und Cain entwickelt ein Serum, das toter Materie wieder Leben einhaucht.

Kritik

Ein hinreißender Vorspann mit anatomischen Kunstzeichnungen, die in neonfarben und ästhetischen Posen einen schmalen Bereich zwischen Erotik und Morbidität besiedeln, führt in das Lovecraft-Universum.
Das ist umso erstaunlicher, erweist die erste Szene den Film doch als klaren Trash aus. Trash mit hervorquellenden Augen, schäumendem Fleischblut, schrillen Schreien und allerhand Flüssigkeiten von unfeiner Farbe. Die Leichen sind hübsch zerschunden und die ganze Inszenierung eine große voyoristische Ekelschau, vornehmlich darauf angelegt, den Zuschauer zum Quieken zu bringen. Der Film ist in dem Bewusstsein, seine Geschichte mit dem nötigen Maß an Selbstironie erzählen zu müssen, will er nicht in seinem eigenen Glibber ausrutschen.
Wenn der betagte Arzt mit lüstern hervorgestreckter Zunge und fast schon gierigem Blick die Knochensäge anwirft und dabei mit euphorischer Detailversessenheit von der Virtuosität seines Schaffens berichtet, mag man Re-Animator ganz fest umschlingen.
Die Figuren sind gut ausgearbeitet, reden keinen Unsinn und verhalten sich im Genrerahmen nachvollziehbar. Wärehnd Hauptdarsteller Jeffrey Combs in diesem Re-Animator-Teil noch stark an den prototypischen College-Studenten ohne große praktische Erfahrung, aber mit vorzeigbarer Blondine an der Seite erinnert, liefert Bruce Abbott als übereifriger Praxisbefürworter eine angenehm psychopathische Performance ab, die nie über ihr Ziel hinausschießt, aber trotzdem ein paar witzige Spitzen auf Lager hat. Es ist diese Mischung aus klassischen 80er-Jahre-Horrorelementen und dem bösartigen, aber selbstreflexiven und zum Glück sehr leisen, zurückhaltenden Humor, der den Kultstatus von Re-Animator erklärt. Viel trägt die im doppelten Sinne klassische Instrumentalisierung zur Stimmung des Filmes bei, die von Horror-Komponist Richard Band kreiert wurde, der hier erstmalig mit Stuart Gordon zusammenarbeitete. Nicht zurückhaltend, aber niemals aufdringlich und mit schnödem Pomp überladen, sondern in altmodisch-effizienter Weise antizipierend, vorwärtstreibend, vorbereitend und zurückhaltend, niemals subtil, aber immer mit dem richtigen Gespür für die Situation, so nimmt einen die Instrumentalisierung an die Hand, von Anfang bis Ende. Sie führt den Zuschauer durch die vielen kleinen Höhepunkte, durch die die beiden Wissenschaftler schrittweise zu ihrem zweifelhaftem Erfolg geführt werden. Alle paar Minuten hält der Film mit kurzen Schockepisoden bei der Stange, während die Welt schnell ihre eigenen Regeln vergisst. Das grün schimmernde Serum muss anfangs noch gezielt ins Hirn injiziert werden, um die Leichen zu vitalisieren. Später ist es dann aber gleich, wohin der Saft gepresst wird. Die Körper erwachen so oder so zum Leben, wenn sie mit ihm in Berührung kommen.
Nach einer Stunde ist das eh egal. Wenn der Antagonisten-Kadaver wieder rumläuft, driftet die Geschichte vollständig ins Absurde – leider. Kopf und Körper agieren unabhängig voneinander, die bisher angenehm dezente Komik legt eine Schippe zu viel drauf und auch die Musik lässt sich hinreißen, bei der Übertreibung mitzumischen. Dann ist
Re-Animator weniger eklig, weniger ernstzunehmen und dadurch auch weniger gut. Diese sonderbare Hommage an alte Gruselmotive hat ohne Frage etwas für sich, bringt die bisher stringente Atmosphäre des medizinischen Sci-Fi-Filmes aber gehörig durcheinander. Das überbordende Finale vermag es jedoch, diesen Fehltritt vergessen zu machen. Der Film hat dann nicht mehr denselben Ton, wirkt in den ausladenden, fast schon an Braindead erinnernden Gefilden aber trittsicher und fühlt sich sichtlich wohl.

Dem wissenschaftskritischen Aspekt, wenn man den Film denn nicht als puren Unterhaltungsstreifen wahrnehmen möchte, kommt keine allzu große Rolle zu, er bleibt im Hintergrund aber durchweg spürbar. Es sind die Thematik und die agierenden Forscher, die allesamt auf ihre Weise einen an der Klatsche haben, weil sie nicht nur ihr Erkenntnisinteresse über den Rest der Welt und alle Werte erheben, sondern vorrangig von paranoidem Konkurrenzdenken getrieben werden. Anstatt in kooperativem Wirken gesicherte Ergebnisse anzustreben, werden die Wissenschaftler zu narzisstischen Eigenbrödlern, die dem anderen keinen Zentimeter Fortschritt gönnen und sich neidvoll mit fremden Federn behängen. Interessant wird es, wenn man eine andere Lesart zulässt. Der erzkonservative Dekan Halsey lässt Töcherlein Megan nicht bei unserem Wissenschaftler übernachten. Theoretisch ist dies nur durch Eheschließung möglich, praktisch gar nicht, denn ein offizieller Kontakt, der über akademische Belange hinausgeht, würde den jungen West sofort von der Forschungseinrichtung verbannen. Zusammenfinden kann das Paar nur, weil der Vater früh das Zeitliche segnet – und natürlich als grunzendes, instinktgetriebenes Wesen wiederkehrt, das keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Es sind gleich zwei Weltbilder, mit denen Gordons Film abrechnet, und einzig der ambitionierte, aber gewissenahfte West kann siegreich hervorgehen, da er die goldene Mitte zwischen alt und neu, Rückwärtsgewandtheit und Hybris verkörpert, um sich gegen die miteinander paktierenden Weltbilder durchzusetzen, bis ihn sein doppeltes Wesen am Ende zerreißt.
Das kann nur gipfeln in einem Splatterfest, in dem Zurückgeholte splitterfasernackt und blutrünstig, aber unter voller geistiger Kontrolle als Armee aufmaschieren.

Fazit

Eine hübsch inszenierte Eskalation mit liebevollen, kaum gealterten Effekten, einer überwiegend gut dosierten Selbstironie, gut aufgelegten Darstellern und einer sehr dynamischen Dramaturgie. Ein unpassender Ausflug ins Absurde bricht nach einer Stunde aber mit der Atmosphäre und der Film benötigt eine Weile, um sein neues Gesicht mit der Geschichte zusammenzubringen.

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension

The Adventures of Buckaroo Banzai Across the 8th Dimension, der Film, der tut, als sei er einem Comic entsprungen. Der Film, der eines der wunderlichsten Schauspieleraufgebote überhaupt hat. Der Film, der von einer überzeugten Gruppe frenetisch als Kult gefeiert wird.

The president’s calling.
The president of what?

Story

Buckaroo Banzai, Gehirnchirurg, Physiker, Kampfsportass, Debattiertalent, begnadeter Musiker, Besitzer eines Raketenautos, das es vermag, Dimensionsgrenzen zu durchbrechen, und zu alledem die zweifelsohne coolste Sau des ganzen Universums.
Mit seinem Rennschlitten gelingt es ihm erstmalig, die 8. Dimension zu betreten, mit der die Leere der Materie gefüllt ist. Eine fiebrige, sulzige Welt des Zwielichts, Heimat unheimlichster Monstrositäten, unbenennbarer Greuel und tiefster Mysterien.
Im Anschluss ist nichts mehr, wie es war. Der fiese Dr. Lizardo, der vor Jahrzehnten bei einem ähnlichen Experiment halb mit der 8. Dimension verschmolz und seither als Inhaber diverser Persönlichkeiten in einer Anstalt residiert, wittert seine zweite Chance und macht sich auf die Jagd nach Buckaroos Technik. Dieser hingegen ist plötzlich befähigt, die Ungetüme der sinistren Dimension auch in der unsrigen Welt wahrzunehmen – weil ihm ein paar schurkische Lectroiden vom Planet 10, die sich als Präsident ausgaben, via Telefon einen Blitz ins Ohr geschossen haben.
Verflixt und zugenäht, errette uns, Buckaroo Banzai!

Kritik

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension ist einer dieser pulpigen Kultfilme, die mit der Zeit ein bisschen in Vergessenheit geraten sind, aber niemals ganz den Schlund der Zeit hinabrutschen werden.
Die Witze werden einem nicht mit Nachdruck ins Gesicht gepresst, sondern sie passieren einfach. Damit vermeidet Buckaroo Banzai jenes Grundproblem, mit dem Komödien seit jeher geschlagen sind. Damit beweist der Film aber auch, wie zeitlos Komödiantisches ist, wenn man es denn richtig rüberzubringen vermag. Entweder man erkennt und versteht, was da am Bildrand für abstruses Zeug vonstattengeht, oder eben nicht. Der Film traut dem Zuschauer zu, selbst zu begreifen, was ihn zum Lachen bringt, und kommt dadurch nie in die peinliche Situation, mit großem Radau auf einen Gag hingewiesen zu haben, der dann nicht zündete. Deswegen ist der Film heute noch genauso gut genießbar wie zu seiner Erscheinungszeit 1984: Humor ist zeitlos, Moderationsgepflogenheiten sind es nicht. Der Spaß des Sci-Fi-Abenteuers ist abgedreht, ohne albern zu sein, ergibt sich herrlich natürlich aus den einzelnen Szenen, ist in höflicher Weise völlig respektlos, in höchstem Maße exzentrisch und kann, zusammengenommen, auch heute noch mit seiner großen Einzigartigkeit prahlen.
Aber auch von seinen amüsantem Kern abgesehen ist Buckaroo Banzai heute ebenso guckbar wie damals. Die Effekte schwanken zwischen herzallerliebst und im bestgemeintesten Sinne solide, fügen sich vor allem aber anstandslos in die dargestellte Welt, ohne wie pappige Fremdkörper hervorzuragen. Sämtliche Schauspieler des wahrhaft ansehnlichen Casts legen große Spielfreude an den Tag und bringen das nötige Quäntchen Selbstironie mit, ohne dabei albern aus der Geschichte zu purzeln. Sei es ein Jeff Goldblum, der hier schon ein Jahr vor Kopfüber in die Nacht in seinem selbstverständlich getragenen Cowboy-Outfit komisch sein darf, sei es Christopher Lloyd, der ebenfalls ein Jahr vor Zurück in die Zukunft Wissenschaftler sein darf oder natürlich der über alles erhabene John Lithgow, der 22 Jahre vor Dexter extrovertierter Schurke sein darf. Es ist, als hätte W. D. Richter selbst eine interdimensionale Reise unternommen, um zu ergründen, welche Darstellerkombination aus zukünftiger Perspektive wohl die bemerkenswerteste wäre.
Einen Helden wie Buckaroo, diese verwegene Mischung aus Bruce Banner, Han Solo und James Bond, gab und gibt es kein zweites Mal. Er ist alles auf einmal und nie zu viel. Ständig lässig gelassen, aber nie zu unbekümmert, immer seriös und zugleich pulsierend vor Energie. Und ja, dazu noch verdammt sexy und in seinem vor Selbstsicherheit strotzdenden Auftreten geradezu hypnotisch.
Man kann zurecht der Meinung sein, Peter Weller wäre der perfekte RoboCop, aber man muss mit gleich viel Recht zugeben, dass er auch der perfekte Weltenretter, Rockstar, Chirurg, Gentleman Superagent et cetera ist – 3 Jahre vor RoboCop.

Ab der Hälfte, mal wieder zu dem Zeitpunkt, an dem die Geschichte eigentlich in Schwung kommt, geht dem Film leider ein wenig die Puste aus. Die Witze sind, wenn sie da sind, immer noch gut, tauchen aber seltener auf. Die Handlung, die stattdessen mit größerer Stringenz in den Vordergrund tritt, ist zwar immer noch mit permanentem Augenzwinkern beschäftigt, aber nicht halb so spritzig, wie der vergnügliche Anfangspart. Ab hier wird etwas steifer in der Hüfte. Sonderlich schlimm ist das nicht, denn kurz darauf nimmt der Irrsinn wieder mehr an Fahrt auf und ulkt sich durch einen 40-minütigen Endspurt. Hier erhält der großartige Dr. Lizardo auch endlich eine angemessene Screentime, alles darf sich noch mal kräftig überschlagen und am Ende stolziert die Riege der Helden tänzerisch männlich zu den Closing Credits der 80er, während eine Texttafel neckisch verkündet, dass unser Held wiederkehren wird – in Buckaroo Banzai versus the World Crime League. Ein Versprechen, das durchaus ernstgemeint war, bis heute aber uneingelöst blieb.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Das bekräftigt auch Regisseur W. D. Richter regelmäßig in Interviews, wenn das Gespräch zwangsläufig auf diesen einen der zwei von ihm gedrehten Filme zusteuert.
Dass jemand, der unter anderem Big Trouble In Little China, Dracula und Die Körperfresser kommen geschrieben hat, meist ausgerechnet über Buckaroo Banazai ausgefragt wird, spricht eigentlich für sich.

Fazit

Ein Humor, der so eigenständig und unbekümmert hinsichtlich jeder Konventionen ist, dass er kein einziges graues Haar aufweist. Ein Protagonist, der ironisch alles in sich vereint, was Helden ausmacht, eine zügellose Erzählweise und die Tatsache, dass man die Freude, die alle Beteiligten beim Dreh haben mussten, in jeder Szene selbst erfährt, machen Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension zu einem immer wieder sehenswerten Spaß.

Steins;Gate

Mit dem Hintergrund zu Steins;Gate verhält es sich weit komplizierter als mit der erzählten Geschichte. 2008 erschien auf der XBOX 360 die visual novel Chaos;Head der beiden Entwickler 5pb. und Nitroplus. Aufgrund der Wahnvorstellung des Protagonisten entstand das Spin-Of Steins;Gate, ebenfalls ein Spiel, welches selbst drei Nachfolger bekam. Aus den beiden innovativen Titeln wurden später Mangas und Animes.
Der Erfolg scheint nicht abzunehmen, denn neben der TV- und Buch-Umsetzung gibt es von dem Titel außerdem noch CDs, ein Brettspiel, eine eigene Radioshow und einen den Spielfilm Steins;Gate: Fuka Ryōiki no Déjà vu.
Das wirkt so, als wolle man auf Basis eines Überraschungserfolgs mit immer neuen Auskopplungen den großen Reibach machen. Vermutlich ist das auch der Fall. Doch wichtig ist: Die Qualität stimmt, trotz Videospiel-Vorlage.

Könntest du noch einen Moment warten?

Story

Dem jungen und selbsterklärt wahnsinnigen Wissenschaftler Rintarō Okabe.und sein aus Freunden zusammengeleimtes Team gelingt nach einer folgenreichen Entdeckung Erstaunliches. Mittels eines umfunktionierten Mikrowellenherdes sind sie in der Lage, Textnachrichten eines Handys in die Vergangenheit zu senden. Es kommt, wie es kommen muss – mit jeder verschickten SMS verändert sich die Gegenwart in ungeahntem Ausmaß und darüber hinaus hat die wissenschaftliche Organisation SERN Wind von der Sache bekommen und scheint die Forschern mit drastischen Mitteln in ihre Schranken weisen zu wollen.

Kritik

Alles beginnt mit einem manischen Junge, der sich für einen verrückten Wissenschaftler hält und damit gar nicht so verkehrt liegt. Ständig erfindet er Sachen mit zweifelhaftem Zweck und so tut, als wäre er der Kopf eines Aufstandes gegen die ominöse „Organisation“, welche er sich ebenso ausdenkt wie ihre undefinierten, aber definitiv teuflischen Ziele.
Anfangs ist Rintarō Okabe eine hektische Hauptfigur, die so schräg ist, dass sie für sich fasziniert und funktioniert. Vor allem deshalb, weil die Witze tatsächlich zu ihren Pointen finden, wenn auch nicht alle.
Wenn die Serie ihre ersten Schritte macht, befeuern sich Blödsinn und Spannungsbogen in bester Manier gegenseitig und erschaffen damit einen vorbildlichen Sog. Der Zuschauer wird nicht für dumm verkauft und es herrscht von Beginn an ein angenehm hohes Tempo vor, ohne dabei an jeder Ecke alles zu rekapitulieren und mehrmals zu erklären.
Dies ist ein Niveau, das Steins;Gate zu einer ungemein unterhaltsamen Angelegenheit macht, nach Behandlung des ersten Storydrittels aber nicht mehr gehalten werden kann. Ab einem bestimmten Punkt nimmt die Sci-Fi-Serie neue Wege und erhält ein in erster Linie erst mal fundamental anderes Stimmungsgefühl. Sowohl das empfundene als auch das tatsächliche Tempo nehmen ab, der turbulente Humor verliert merklich an Kraft, bis er schließlich so gut wie vollständig verschwindet, und damit verlagert sich auch das narrative Scheinwerferlicht. Bisher beachtete Elemente werden ad acta gelegt und einige wenige dafür vehementer aufgegriffen. Dies ist der Weg, auf dem sich die Geschichte plötzlich abnutzt. Von den vielleicht nicht großen, aber groß gestellten Fragen des Wahnsinns hin zu den persönlichen, aber gewöhnlicheren Fragen individueller Tragik. Steins;Gate gelingt das Kunststück dadurch uninteressanter zu werden, dass es anfängt, Tiefenschärfe zu entwickeln und seine Charaktere zunehmend ernster zu nehmen.
Schade ist es allemal, dass der hervorblitzende Wahnsinn und der vorlaute Witz, welche die ersten Episoden treu begleitet, im Laufe immer weiter abebbt, bis er sich irgendwann fast zur Gänze verabschiedet. Eine Verlagerung hin zum Ernsten wird von der Handlung natürlich gefordert, gerade die durchgängige Gegensätzlichkeit von Irrsinn und Tragik hätten der Serie aber eine wichtige Note verliehen, die im tatsächlichen Zustand leider nur noch andeutungsweise vorhanden ist.

Die Qualität der Zeichnungen ist den Animationen angemessen, insgesamt entsteht ein visuell stimmiger Stil, dem man lediglich etwas mehr Dynamik innerhalb der Bilder wünschen würde, denn die eigentlich hübschen Hintergründe sind oft etwas leblos und die passend abstrakten Figuren manchmal einen Tick zu starr. Dafür hat man sich einige atmosphärestiftende und sehr charakterstarke Stilelemente ausgedacht. Häufig werden bei Gesprächen nur die Ecken gezeigt hinter welchen diese stattfinden. Klingt unwichtig, verschafft der schrägen Grundstimmung aber den letzten Schliff.

Die letzten Folgen vor dem Finale sind durchweg sehr gefühlsbetont und treiben es mit der Sentimentalität auch gerne zu weit. Ein Gespür für die richtigen Bilder zu haben, das kann man den Machern aber nicht absprechen. So rührselig es teils auch ist, die Stimmung wird von Bild und Ton gewaltig aufgewertet, denn die über die ganzen 24 Folgen hinweg ist die Inszenierung nie reißerisch, sondern unaufdringlich, dafür aber umso gekonnter. Verstärkt wird der handwerklich hervorragende Eindruck von den sehr professionellen Sprechern im japanischen Originalton.

Pseudointellektuelle Episodennamen wie „Opfernekrose“ oder „Homeostase der Komplementäre„ sind sicher nicht jedermanns Fall, spiegeln den Ton der Serie aber auch nicht wieder.
Von Wichtigkeit ist natürlich die Frage, ob denn die Zeitreisegeschichte Sinn macht, in sich stimmig ist und ganz besonders, ob es Freude bereitet, sie zu verfolgen. Und all das kann mehr oder weniger bejahen – zumindest für einen großen Teil der Serie. Das Zeitreisekonzept ist ein höchst kurioses, das aber halbwegs glaubwürdig ist, da die Zeiträume, in die zurückgesprungen wird, meist nicht weit von der jeweiligen Gegenwart entfernt liegen. Dass sich nur kleine Dinge verändern, ist somit logisch. Dennoch lassen sich unzählige kleinere und größere Fehler finden, die nicht aufregen, aber auffallen.
Im Showdown selbst versöhnt man sich wieder etwas mit den Figuren und der eigentlichen Handlung, auch wenn man zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr ganz sicher sein, ob das alles, was bisher geschehen ist, so tatsächlich nötig war und auch den Sinn ergibt, den die Serie behauptet. Vieles, das als selbstverständlich vorgestellt wird, ist tatsächlich ziemlich hochtrabende Vorgeblichkeit, vor allem, was kausale Zusammenhänge betrifft. Man mag hier einwerfen, dass das ein zu spitzfindiger Vorwurf des Erbsenzähler-Rezensenten sei, aber insbesondere Geschichten mit zentraler Zeitreisethematik müssen es sich einfach gefallen lassen, dass man Schlüssigkeit erwartet. Steins;Gate hat es sich schon leicht gemacht, indem die vielen Sonderregeln und Beschränkungen in Sachen Zeitenwanderung es gestatten, ebenso viele klassische Stolperfallen einfach zu ignorieren. Wenn es trotz dieser Vorkehrungen noch hapert, dann darf man das der Serie auch zum Vorwurf machen. Gerade am Ende wird dann leider einfach etwas ziemlich wichtiges ignoriert, weil die Geschichte andernfalls nicht auf dem gewünschten Wege zu Ende zu führen wäre. Und das ist dann einfach nur faul oder nachlässig seitens der Drehbuchschreiber.
Blöd oder unerträglich ärgerlich wird es aber nie. Dafür ist die Dynamik, mit der die eigentlich gar nicht so dynamische Geschichte erzählt wird, zu ausgereift.

Fazit

Ein wenig Achtung kann man schon zollen, denn die Geschichte des Videospiels wurde ohne große Abweichungen in eine Serie verpflanzt und funktioniert als solche mehr als nur anständig. Leider geht im späteren Verlauf die Rasanz des Anfangs immer weiter verloren, während die verstärkt eintretende Dramatik keinen vollends würdigen Ersatz abgibt. Trotz einiger Macken ist Steins;Gate eine sehr gut schaubare, die meiste Zeit sehr interessante Serie, die sich angenehm vor dem Sci-Fi-Allerlei der Animewelt abhebt.

Fantasy-Filmfest-Special: Frankenstein’s Army

Frankensteins Monster – nun auch im Plural. Richard Raaphorst lässt in seinem ersten Langfilm handgemachten Wahnsinn posieren, pfeift auf Charakterarbeit und Story und konzentriert sich ganz auf seine unikalen Fleisch-Maschine-Perversionen. Mit Erfolg.
http://www.youtube.com/watch?v=dOF8GiIXtGY
Things the Doctor makes.

Story

Der zweite Weltkrieg ist am Toben und Dimitri ein Filmstudent mit großem Engagement. Er und seine 16mm-Kamera begleiten einen kleinen Stoßtrupp der russischen Armee, um ein paar werbewirksame Propagandaaufnahmen einzufangen.
Als sie einen Hilferuf über Funk empfangen, folgen sie dem Signal und erreichen ein kleines Dorf, das wie ausgestorben scheint. Dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht, kündigt sich schon auf dem Hinweg an, wo höchst eigenwillige Kadaver von Kriegsgreuel zeugen, die jenseits des Vorstellbaren liegen. Die toten Körper werden entstellt durch merkwürdige Mutationen und mechanische Modifikationen.
Im Gangsystem unter einer zum Labor umfunktionierten Kirche stößt man schnell auf die Quelle dieser entmenschlichten Wesen: Wütende Kreaturen, von einem irren Doktor wiederbelebt. Von einem Nazi-Frankenstein der sich mit lascher Wiedererweckung nicht zufrieden gab, denn derartiges ist bekanntlich für Amateure. Stattdessen stattete er seine Geschöpfe mit dem Besten aus, was der gut sortierte Werkzeugschrank so hergab. Leiber mit viel Metall und noch mehr Waffen streifen durch die klaustrophobisch engen Gänge und machen Jagd auf die Eindringlinge. Frisches Baumaterial wird schließlich immer gebraucht.
Doch auch untereinander herrschen Spannungen, die durch die Extremsituation nur noch geschürt werden, bis Dimitri, nur mit seiner Kamera bewaffnet, sich plötzlich alleine in einem Strudel aus Körperteilen und Motoröl wiederfindet

Kritik

Wenn die Filmwelt von Heute eines ganz gewiss nicht braucht, ist es ein weiterer Found-Footage-Streifen. Nun sehen wir uns also das – offenbar gefundene – Material des Kameramannes Dimitri an und merken schnell, dass sich das Konzept mit seinem Authentizitätsanspruch selbst ad absurdum führt, weil die vermeintlich echten Aufnahmen andauernd mit atmosphärischer Hintergrundmusik untermalt sind. Auch sonst wirkt es so, als wäre die Wahl dieses Präsentationsstils keine dramaturgisch, sondern eine finanziell motivierte gewesen. Wirre Kameraführung und wahllose Schnitte sind dadurch entschuldigt. Aber trotzdem gelingt Frankenstein‘s Army genau das, woran die meisten Handkamerafilme kläglich scheitern: Es stellt sich ein starkes Mittendrin-Gefühl ein. Selbst die Laiendarsteller, die in mindestens zwei Fällen auch viel zu jung für ihre Rollen aussehen, verhindern nicht, dass man sich als Zuschauer direkt im Geschehen wähnt. Neben erwähnter Musik und den toll gewählten Schauplätzen, auch vor und auf dem Weg zu der Kirche, ist das vor allem vielen Schummeleien der Regie zu verdanken: Der filmende Hauptdarsteller neigt dazu, in den gefahrvollsten Situationen einfach tatenlos stehenzubleiben und seine Kamera zudem so zu drehen, wie man den Kopf drehen würde – nur viel, viel langsamer. Wenn aus drei von vier Gängen grässlich grunzende Abscheulichkeiten anstürmen und das Kameraauge zwar zittrig, aber trotzdem ohne Eile erst einmal in alle drei Gänge reinfilmt, bevor sich der gute Dimitri dann vielleicht mal entschließt, in den einzig freiliegenden Schacht zu türmen, nimmt man den Protagonisten mit seinen geistigen Kapazitäten und auch dessen Überlebenstrieb zwar nicht mehr für voll, kann die aufkeimende Panik aber auch sehr gut nachempfinden. Ein ähnlicher Effekt tritt ein, wenn die Waffenarme der Scheusale niedersausen und es wegen der Kameraperspektive so aussieht, als müssten sie das Würstchen von einem Helden eigentlich zweiteilen. Doch stattdessen gibt es noch ein paar weitere Hiebe ins vorgebliche Nichts und der ambitionierte Filmstudent setzt seinen Weg fort. Wie gesagt, Manipulation sehr hohen Grades, aber es funktioniert, wenn man sich drauf einlässt.
Und der Rest? Ein Haufen trunksüchtiger Schandmäuler, denen das Leben der Genossen wenig und das aller anderen gar nichts wert ist. Kriegsverbrechen sind keine Ausnahme. Ein sonderbares Protagonistenpack ist es, das Frankenstein’s Army uns da vorsetzt. Und da man auch nicht davor zurückschreckt, den eigenen Kameraden bei nächstbester Gelegenheit schamlos in den Rücken zu fallen, fällt eine Identifikation nicht leicht. Aber so ist der Krieg nun mal, möchte uns der Film der Niederländer uns wohl sagen. Vor allem in Russland. Liebgewinnen sollte man eh niemanden der Herrschaften, denn die Soldaten fallen den in den Schächten lauernden Wiedererweckten schneller zum Opfer als man ihre Namen auswendig kann. Und die wahren Hauptdarsteller sind auch gar nicht die nichtsahnenden Militärs oder Kameramann Dimitri, sondern die schaurigen Gestalten, deren Körper Waffe ist. Das Geld, das eigentlich für Schauspieler und Drehbuch ausgegeben wird, floss hier zur Gänze in Kreaturendesign und Maske. Was Frankenstein’s Army auszeichnet und zu dem Spaß macht, der der Film ist, ist die unglaubliche Liebe zum Detail. Über 30 Biester wurden erdacht und in Handarbeit zusammengeklebt, -geschraubt und -genäht. Und sämtlich sehen sie zu niederknien gut aus. Von der mordenden Tauchglocke und der Schnapp-Kopf-Ab-Falle auf den Schultern bis hin zum Propeller als Kopfersatz hat man nichts ausgelassen, um den Freund altmodischer Effekte selig zu stimmen. Und das mit enormem Erfolg: Die Kuriositätenschau scheint kein Ende zu nehmen, jedes neue Ungeheuer überrascht mit seiner einfallsreichen Aufmachung und jede kommende Idee ist noch ein wenig irrer und abgefahrener als die vorangegangene. Bis zum Kochtopf auf Beinen. Doch nicht nur hier, auch an allen anderen Stellen zeugt jede Einstellung von liebevoll entworfener Ausstattung. Es werden Räume durchquert, die man nur für wenige Sekunden zu Gesicht bekommt, an deren verschwenderischer Steampunk-Einrichtung man sich aber gar nicht sattsehen kann. Dabei nimmt sich der Film ernst genug, um oben erwähnte Intensität zu wahren, aber weißt auch immer, dass er eigentlich großen Unfug darstellt. Die Spitze dieses augenzwinkernden Eingeständnisses ist fraglos das herrlich dämliche Vorhaben des für die Misere verantwortlichen Doktors, den Konflikt zwischen Nazis und Kommunisten auf ewig beizulegen.
Im Großen und Ganzen spiegelt der Film auf seine eigene bizarre Weise ein wenig den Wahnsinn wider, der in einem fanatischen Dr. Frankenstein wüten könnte. Und das Ganze bezeichnenderweise in und unter einer Kirche. Welcher Ort könnte passender sein, um einem Menschen das Feld zu bieten, sich als Gott aufzuspielen?
Am Ende gibt es zur Abrundung noch eine fies-schöne Reminiszenz an Mary Shelleys Roman.

Fazit

Frankenstein’s Army wirkt wie ein schelmischer Abgesang auf das Zeitalter digitaler Effekte. Alles ist handgemacht und alles sieht superb aus. Wer sich damit arrangieren kann, dass nicht irgendwelche inneren Werte wie eine Story zählen, sondern das furiose Schaulaufen eines obskuren Monsterkabinetts des Filmes Herzstück darstellt, erlebt eine 84-minütige Geisterbahnfahrt, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Inklusive einem von Sinnen seienden Doktor, Bloßstellung von Naziideologie und herzhaftem Splatter.

Alarm im Weltall

Shakespeares Der Sturm im 23. Jahrhundert. Die Insel wird ein Planet, Ariel wird zum Roboter, Prospero zum größenwahnsinnigen Wissenschaftler und der Protagonist wird von niemand geringerem als Leslie Nielsen in seiner ersten großen Rolle gespielt. Warum die gewagte Adaption eines der wichtigsten Sci-Fi-Werke überhaupt ist, dazu mehr im ausgelagerten Blogeintrag zur historischen Bedeutung von Forbidden Planet.


Quiet please. I am analyzing.

Story

Vor 20 Jahren landete das Raumschiff Bellerophon mit Kolonisten auf der Planetenoberfläche von Altair 4. Der Kontakt brach ab und irgendwann verfestigten sich die Befürchtungen, dass der Besatzung etwas zugestoßen sein muss.
Kapitän Adams hat den Auftrag, mit seinem Raumkreuzer auf Altair 4 zu landen und herauszufinden, wieso es nie wieder ein Lebenszeichen gab.
Als sie in den Orbit des Planeten kommen, können sie über Funk einen der Kolonisten erreichen. Er heißt Dr. Edward Morbius und rät dem Suchtrupp nachdrücklich davon ab, zur Landung anzusetzen. Doch da man die lange Reise nicht umsonst gemacht haben will, schlägt man die Warnung in den Wind.
Sie staunen nicht schlecht, als nach der reibungslosen Landung ein Roboter mitsamt Roboterauto angeflitzt kommt und den Kapitän und zwei seiner Besatzungsmitglieder zur Residenz von Dr. Morbius transportiert.
Dieser überrascht nicht nur mit seiner reizenden Tochter Altaira, sondern auch mit der Auskunft, dass die gesamte Besatzung der Bellerophon kurz nach der Landung von einer unbekannten Macht auf brutalste Weise getötet wurde. Nur er und seine mit Altaira schwangere Gattin, die jedoch weniger später eines natürlichen Todes starb, blieben verschont. Seither lebt er alleine auf dem Planeten und erforscht die technischen Relikte der ehemaligen Planetenbewohner: Die vor Jahrtausenden ausgestorbene hochentwickelte Alienrasse der Krell.
Da Morbius fürchtet, den Neuankömmlingen werde ein ähnlich grausames Ableben bevorstehen, wenn sie zu lange auf dem Planeten verweilen, drängt er sie, schnellstmöglich wieder abzuziehen.

Kritik

Eigentlich würde es genügen, den überwältigenden Vorspann zu zeigen, der viel besser wiedergeben kann, was dieser Film ist, als jede Rezension es vermag. Wabernde, bedrohliche und zugleich lockende elektronische Geräusche, die sich wie von alleine zum eigentümlichen Score des Filmes zusammenfügen. Währenddessen läuft der Vorspann in Star Wars-Gelb.
Nicht nur das Sounddesign, auch die Ausstattung und die fabelhaften Sets sorgen dafür, dass die Diegese perfekt sitzt. Altair 4 ist ohne Frage ein ziemlich wundersamer Planet. Er wirkt fremdartig, aber nicht bedrohlich, obwohl stets eine animalische Gefahr im Hintergrund zu spüren ist. Dafür sorgen auch die kontrastreich dargestellten semantischen Räume. Das Anwesen von Morbius und Tochter ist edel und prunkvoll und von einem beinahe paradiesisch anmutenden Garten umgeben. Der robotische Hausdiener Robby ist zugleich Butler und Freund. Der Rest des Planeten scheint dagegen aus einer gigantischen Wüste aus Sand und Fels zu bestehen. Die unbekannte Weite, in der Raumkreuzer C57D landete, bietet den Besuchern keinerlei Schutz vor den verborgenen Gefahren des Planeten.
Das Raumschiff selbst hat die Form eines klassischen UFOs und lässt keinen Zweifel daran, dass die Protagonisten in diesem Film die eigentlichen Invasoren sind und einen Einsiedler behelligen, der eigentlich nur in Frieden seinen Forschungen nachgehen möchte. Auch wenn am letztlich natürlich alles anders kommt und der geniale Dr. Morbius etwas Entscheidendes übersehen hat, was nur unsere Helden aufdecken können, bleibt am Ende die Frage offen, ob nicht alles deutlich besser verlaufen wäre, wenn das Raumschiff unter dem Kommando von Kapitän Adams nach den anfänglichen Warnungen einfach kehrtgemacht hätte.

Etwas absonderlich und trotzdem in gewisser Weise passend ist das obskure Verhalten der Figuren, wenn es um die Annährung von Mann und Frau geht. Als die drei Gesandten der Erde unerwartet auf die wimpernklimpernde Tochter des Doktors treffen, verfallen sie allesamt ohne Umschweife in den Balzmodus und übertreffen sich ständig gegenseitig in Sachen unverfrorene Anmache.
Überhaupt ist das Frauenbild in Alarm im Weltall ein eigenartiges. Altaira ist das unbekümmerte Naivchen ohne Scham und Ahnung, das ganz aus Versehen verführt wird. Ihr weltfremdes Verhalten – und somit ihre Figur –  wird aber dadurch gerechtfertigt, dass sie die Welt und die dortigen Gebräuche überhaupt nicht kennt und ihr Vater der einzige Mensch ist, den sie in ihrem Leben gesehen hat. In ihrer Unschuld erinnert sie etwas an die von Zivilisation abgeschotteten Naturvölker, auf die die Expeditionsteams in unzähligen Abenteuerfilmen vergangener Tage stoßen.
Abgesehen davon geben sowohl die Figuren als auch ihre Darsteller keinen Grund zur Klage.
Besonders sorgfältig ausgebaut ist der Doktor, der einerseits ungesund intensiv an seine neue Heimat gebunden ist, trotzdem aber schmerzhaft die Konversationen mit anderen Menschen vermisst.
Die Crew besteht nicht nur aus einem Haufen Raumfahrer, die ihr Leben der Wissenschaft verschrieben haben, sondern ist in erster Linie eine Meute von Männern, denen die Einsamkeit des Alls schwer zu schaffen macht.

Lange Zeit war es Gang und Gäbe, wirkliche Monster zwar zu erwähnen, sie aber nicht zu zeigen, sondern es der Fantasie des Publikums zu überlassen, sich die bestialischen Einzelheiten auszumalen. Zu groß war die Gefahr, dass das präsentierte Ungeheuer lächerlich wirkt und dieser Effekt ganze angezielte Stimmung des Filmes unter sich begräbt. Alarm im Weltall folgt dieser Devise und weicht trotzdem von ihr ab. Die außerirdischen Krell bekommt man kein einziges Mal zu Gesicht – nur die dreieckigen Türrahmen lassen vage Schlüsse auf ihre Anatomie zu und verführen den Zuschauer dadurch zu den waghalsigsten Spekulationen über das Erscheinungsbild der ausgelöschten Rasse. Die gegenwärtige Gefahr, nämlich das mysteriöse Monster, das die Crew später heimsucht, ist unsichtbar und anfangs geben nur die tiefen Fußabdrücke im Sand und das sich unter seinem Gewicht biegende Metall Aufschluss über die Beschaffenheit des Dings. Völlig überraschend wird es später aber doch gezeigt – und wirkt dank eines gerissenen technischen Kniffs tatsächlich so schauerlich, wie man es sich ausgemalt hat.

Nicht bloß die aufwendigen handgemachten Effekte unterhalten heute noch, ohne dass sie große Verschleißspuren aufweisen, auch die eigentliche Geschichte war damals so ideenreich und modern, dass sie dem Plot neuerer Werke in nichts nachsteht.

Fazit

Alarm im Weltall überzeugt sowohl im Detail als auch im Gesamtbild. Die beeindruckende Ausstattung, das Gleichgewicht zwischen Anspannung und lustigen Sprüchen, die interessante Geschichte und die unzähligen überraschenden Details sorgen dafür, dass der Sci-Fi-Klassiker nicht nur historisch interessant ist, sondern auch aus heutiger Sicht ein außerordentliches Filmerlebnis verspricht, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Und sei es nur, um das erstaunliche Experiment zu beobachten, in dem William Shakespeare, Siegmund Freud, Leslie Nielsen und Science-Fiction miteinander gekreuzt werden.