Mad Max II – Der Vollstrecker

War Mad Max noch ein – gutes – Drama, das die Postapokalypse, in der es spielt, nur andeutete, schuf George Miller mit dem zweiten Teil der Trilogie ein Werk, das ein ganzes Genre definierte und ganz nebenbei auch Kinostandards ins Wanken brachte. Jetzt, da der Trailer zum neusten Teil veröffentlicht wurde, ist es an der Zeit, einen Blick auf diesen Klassiker zu werfen.


Everybody is looking for something.

Story

Drei Jahre sind vergangen, seit Max Rockatansky Frau und Kind verlor. Seitdem rollt er mit seinem Ford Interceptor durch eine Welt, die mehr und mehr auseinanderfällt. Wasser und Benzin sind rarer dennje und das matte, damals schon ungesunde Grün wich ewiger Wüste. Max ist abgeklärter, aber auch gefasster.
Als er einen Tragschrauber inspiziert, wird er von dessen Besitzer überrumpelt, aber Max geht siegreich aus der Auseinandersetzung hervor. Um sein Leben zu retten, bietet der Pilot eine wertvolle Information im Austausch für seine Unversehrtheit an. Wenige Meilen entfernt soll eine zur Trutzburg umfunktionierte Raffinerie große Mengen an Treibstoff lagern.
Die Geschichte stellt sich als wahr heraus, doch befindet sich die kleine Siedlung in einem permanenten Belagerungszustand. Humungus und seine marodierenden Krieger wollen ebenso an das Benzin.

Kritik

Mad Max II – Der Vollstrecker ist ein rundes, ungemein unterhaltsames Stück Film. Das ist die Kritik in aller Kürze und das ist es, was unten im Fazit ein zweites Mal zu lesen sein wird.
Schon das clevere Intro, das aus entkontextualisierten Historienaufnahmen und – gleichwertig als Vergangenheit markiert – Sequenzen des ersten Mad Max verklebt ist, introduziert ohne Umschweife in die Diegese und gibt mit seiner scheinbar schwerelosen (was nicht bedeuten soll ‚unbekümmerten, im Gegenteil) Direktheit den Ton des ganzen Filmes an. Aus diesem Intro setzt sich der Werdegang der Welt und jener des Protagonisten zusammen, um dann direkt in eine Actionsequenz überzugehen, die alles bietet, was Ikonisch an der Mad-Max-Reihe ist. Nämlich aus Restfetzen der Zivilisation zusammengetrümmerte Selbstbauboliden, atemberaubende Verfolgungsjagden mit eben diesen, schrille Figuren mit grellen Irokesenschnitten und sandige Steam-Punk-Stimmung par excellence.
Es ist direkte, aber nie überladene, recht authentische Action, die – genau wie die schrägen Gestalten – von sämtlichen Figuren des Films ebenso wie von der Inszenierung selbst ernst und für voll genommen wird. All das vermag Dean Semler (der danach etwas auf Abwege geraten ist) mit einem angenehm beherrschten Kameraauge zu durchschweifen, angereichert mit gänzlich unverkranften Schnitten, die einen sonderbaren, aber perfekt sitzenden Kontrast zu dem Geschehen ergeben.
Die Action ist die ganze Laufzeit über einfach schlichtweg sehr gut und ganz besonders die perfekt eingebundenen Verfolgungssequenzen sind grandios inszeniert und bis heute einmalig unterhaltsam. Hier kommt auch der Soundtrack voll zur Geltung, der herrlich altmodisch aus den Boxen scheppert und den alles andere als altmodischen Szenen ein sehr spezielles Flair verpasst. Brian Mays (der ebenfalls im Anschluss keine Glanztaten mehr verbuchen konnte) Instrumentalisierung ist fast immer angemessen pompös, trägt in einer ganz bestimmten Szene dann aber doch merklich zu dick auf. In einer so kuriosen, nach außen hin abstrusen, nach innen hin durchgängig stimmigen Welt von „zu dick auftragen“ zu sprechen, ist eine sonderbare Formulierung. Doch genau das macht den Mittelteil der Trilogie aus. War Part 1 noch recht gediegen und klassisch – deswegen aber auch die intensivste Erfahrung von allen dreien – und trieb es Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel in allen Belangen zu weit, besetzt Mad Max II die goldene Mitte, in der alle Zutaten perfekt abgemischt und im korrekten Zeitabstand zusammengetragen wurden. Kleine Makel machen sich bemerkbar, können das Gesamtbild aber nicht verschlechtern.
Es tut dem Film auch gut, bei seinem Protagonisten einen Schritt zurückzuweichen und Max zu einem Helden nach klassischerem Vorbild werden zu lassen, fort von dem gebrochenen, von Schmerz halb zersetzten Max, hin zu Mad Max, dem besonnenen, durchaus charismatischen Überhelden, einem Fremden mit solidem Ehrenkodex, der Tragik mit Dynamik ersetzt, aber trotzdem nicht ganz befreit von seiner Vergangenheit ist.
Alle Figuren neben der Hauptperson sind ziemlich einseitig und sämtlich auf eine einzige überspitzte Eigenschaft reduzierbar, doch dafür sind sie zahlreich und das Geschehen ist derart abwechslungsreich, dass man eine tiefere Charakterzeichnung gar nicht zu vermissen beginnt; auch deswegen, weil die komischen Wesen in ihrer Einseitigkeit doch irgendwie für sich und miteinander funktionieren können. Ein formaler Fehler, der in der Praxis nicht mehr als solcher zu erkennen ist.

Zur neuen Wüste kam die Westernausrichtung hinzu, die noch stärker als im ersten Teil zutage tritt. Mad Max II – Der Vollstrecker könnte auch als Town-Tamer-Geschichte im Italowestern-Gewand durchgehen. Fahrzeuge statt Pferde, Benzin statt Gold. Das sind die einzigen Elemente, mit denen das Genre verfremdet wurde. Der australische Outback als Kulisse, wodurch die postapokalyptische Welt nicht selten wie ein ganz anderer Planet wirkt, trägt seinen Teil dazu bei.
Wer zu lange draußen, jenseits der kargen Überbleibsel von Zivilisation, lebt, der wird Wahnsinnig – der endlos erscheinende Strom gieriger, barbarischer Punks und Wrestlern mit ihrem flatternden Blick und ihren wahnwitzigen Konstruktionen aus Rost und Nägeln, beweisen dies. Jene, die in der Stadt ausharren, sind noch halbwegs gefestigt, denn sie haben Strukturen und, wenn nicht eine Heimat, so doch einen Ort, für den es sich zu Kämpfen lohnt.
Bei den archaischen Glücksrittern des Ödlands regiert jener, der am skurrilsten, unberechenbarsten, mitleidslosesten und wunderlichsten ist. Zum Stammesanführer werden eingeölten Gladiatoren, die mit ihren Masken und mit ihren totalitären Neigungen wie besessen in die trockene Weite hineinbrüllen. Es gilt das Vorrecht der imposantesten Aura.
In der Siedlung waltet ein Anführer mit Verstand und einer absurd weißen Erscheinung, der seine Leute koordiniert zu administrieren weiß und sich mit Bedacht der Masse an Feinden zu widersetzen weiß. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Probleme auf ein Maß anschwellen, dem nur Mad Max gewachsen ist.
Während die Verstoßenen sich schon zu weit von der Zivilisation entfernt haben, um in einem zivilisierten System funktionieren zu können, sind Die Städter zu schreckhaft, naiv und regelverliebt, um den Gefahren der Wildnis zu trotzen. Fähig werden sie nur durch einen Helfer, der zu gleichen Teilen Wildnis und Zivilisation ist. Auch hier tritt wieder in aller Deutlichkeit der Western hervor, der eine Aufgabe zu erfüllen hat, zuvor und im Anschluss aber alleine mit der Feststellung bliebt, keiner der Fraktionen angehören zu können und deshalb ewig getrieben durch die Winde pilgern muss, unentwegt auf der Suche nach neuen Aufgaben.
Dass das einzige Kind im Film in der Siedlung lebt, zugleich auch das tierhafteste Wesen im gesamten Film ist, das nur aus purem, empathielosen Instinkt heraus zu handeln scheint, ergänzt dieses Bild um eine ungewöhnliche wie wertvolle Facette. Nicht mehr lange und auch die wenigen Reste der Kultur, die jetzt noch mühsam aneinandergehalten werden, werden vollkommen dekonstruiert und auf ein primitives Grundgerüst runtergebrochen sein.
In Anbetracht dieser Sichtweise hat es eine traurige Ironie, dass Max ein ehemaliger Polizist ist, bevor die Anarchie in ihrer nihilistischsten Form ihm alles entriss, was Wert für ihn besaß.

Fazit

Mad Max II – Der Vollstrecker machte die staubige Postapokalypse erst so richtig salonfähig. Damals wie heute ist der Film ein Highlight des Genres, hat keine einzige Länge und ist trotz seines speziellen Settings fast immer ernst zu nehmen. Mel Gibson verleiht dem gebrochenen Max eine neue, gefestigtere Identität und lässt den wüsten Ausflug des Road Warriors unter Millers Regie zum vielleicht effizientesten Western der 80er werden.
Mad Max II – Der Vollstrecker ist ein rundes, ungemein unterhaltsames Stück Film, ist Abenteuerlust mit ganz viel detailversessener Einfallsreichtum, noch mehr Passion und gesalzen mit einer ordentlichen Prise Irrsinn.

Farscape – The Peacekeeper Wars

Wie bei Serien üblich, die etwas auf sich halten, endete die vierte Staffel Farscape mit einem Ungeheuer von einem Cliffhanger. Und wie viele Serien, die etwas auf sich halten, wurde Farscape, Auge in Auge mit diesem Ungeheuer, einfach abgesetzt.
Wirklich gute Dinge macht aus, dass sie beharrliche Fans haben. Nach langen und heftigen Protesten gab der Sci-Fi Channel nach und bestellte drei weitere Stunden Farsacape. Eine Gnadenfrist, um Anhänger zu beglücken und – vielleicht – der Serie noch eine Chance zu geben, wenn die Zahlen stimmen.
Ersteres gelang.

Prepare for Starburst, people.

Story

Wir erinnern uns. Ein ziemlich kräftiges Schiff mit ziemlich hässlichen Faltaliens machte Johns Heiratsantrag einen frostigen Strich durch die Rechnung. Das Paar wurde kristallisiert, zersprang in Tausende von Splitter und versank im Meer. Ein typischer Crichton. Außerdem tobt der Krieg zwischen Scarrans und Peacekeepern, nur damit der Sieger sich den – laut Plan noch menschen- und nicht würfelförmigen – Erdenpiloten schnappen und ihm endlich die allmächtige Wurmlochtechnologie entreißen kann.
Nachdem das Unglück mit den geborstenen Protagonisten bereinigt wurde, trifft man auf die eigentlichen Bewohner des Wasserplaneten: Eidolons, fortschrittliche, auffällig bängliche Wesen, bei denen die Hochzeit zwischen den nun offiziell Verlobten endlich zelebriert werden soll, bevor der nächste Zwischenfall von galaktischer Dringlichkeit wieder aller Leben bedroht.
Doch seit der Kristallisierung und Rekonstruktion von Aeryn ist die herangewachsende Leibesfrucht einfach fort. Und das ist beileibe nicht das einzige Problem, das auf die Crew von Moya und eine Schiffsladung Ehemaliger wartet.

Kritik

Liebes Farscape, danke Für 4184 Minuten voller Irrsinn und Schönheit. Ach du Wunder dramaturgischer Schreibarbeit. Selbst die olle Kamelle der gescheiterten Hochzeit funktioniert als Running Gag noch wie beim ersten Mal. Und nein, man lächelt nicht nur, man ist auch jedes Mal aufs Neue berührt. Immer noch.
Auch Staffel Nummer 5, die eigentlich eine Miniserie ist, die eigentlich ein langer Film ist, der auf zwei Fernsehfilme aufgesplittet wurde, holt die vertrauten Zutaten wieder in den fast noch vertrauten Topf und braut etwas daraus, das schmeckt, als wäre es das Frischeste und Beste, was man seit über einem Zyklus (Für Uneingeweihte, die sowieso nicht bis hierhin lesen durften: 4,8 Zyklen sind etwa fünf Jahre) gefrühstückt hat.

The violent path to peace.

The Peacekeeper Wars als Name zu wählen ist eine eigentlich überdeutliche Anssage. Die Ereignisse spielen sich vor dem Hintergrund eines gewaltigen interstellaren Krieges ab. Dementsprechend laut ist die Serie, die in den meisten Regionen ihres Hauptkorpus so grazil und entschleunigt daherkam. Das stille, betuliche, behutsame Vorgehen ist nicht vollkommen verbannt, das fehlt doch zu sehr, um den Glanzstunden der genialen Science-Fiction-Serie wirklich zur Gänze ein durch und durch würdiges Denkmal zu setzen. Es ist, wie gesagt, nicht alles wüst, es gibt die etwas stilleren und dringend notwendigen Momente, wo sich Figuren, Geschichte und Zuschauer entspannen dürfen, doch werden sie sehr oft von sehr langen Kämpfen unterbrochen. Aber das ist wohl ein Eingeständnis, das unvermeidbar war, da die Essenz von 22 Folgen in die Länge von zwei Filmen gebracht werden musste.
Ausstattungstechnisch bleibt sich Farscape bis zum Ende treu, einzig am Anfang findet sich eine für die Serie ungewöhnliche, aber liebevoll animierte Szene. Ansonsten wirkt Problempartei 1, als wäre sie einem Power Rangers-Film entsprungen und Problempartei 2, als würde sie von einer Messe für Regenjacken kommen. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Das ist gut so, das gehört so. Es klingt blöd, aber dies ist essenzieller Bestandteil der empfindlichen Farscape-Zusammensetzung.

It’s kind of a twisted story.

Einer der Höhepunkte ist ein spektakulärer Ausbruch mitsamt einer Rückbefruchtung, doch Höhepunkte bei einem dreistündigen Finale aufzuzählen, ist in einer Besprechung eigentlich der eindeutig falsche Weg. Und obwohl es laut ist und obwohl viel passiert, stehen die die Tugenden der gloriosen Sci-Fi-Serie wie Monolithen unverrückbar im Zentrum von allem. Witzig ist es, melancholisch ist es, spannend ist es und selbst im gröbsten Getümmel entwickeln sich die Figuren ein kleines Stücken weiter. Und das für viele vielleicht wichtigste geschieht auch. Man gibt sich redlich Mühe, die großen Fragen zu beantworten. Aber auch so manche kleine bekommen endlich ihre Auflösung. Fragen, von denen man womöglich schon vergessen hatte, dass sie existieren.
Da darf es auch nicht fehlen, dass viele wichtige Gesichter noch einmal vor die Kamera geschoben werden. Der coolste Doktor des ganzen verdammten Universums ist ebenso mit von der Partie wie so mancher Überraschungsgast. Und viele springen auf gewohnt unorthodoxe Weise aus der Jubiläumstorte.

Everybody hang the frell on!

Die Glocke läutet. Die letzte Runde für die Crew der Moya. Ein letztes Mal wird Vertrauen getestet, werden Rechnungen beglichen, wird Wahnsinn zelebriert, Liebe gelebt, Freundschaft gepflegt und erneuert. Es wird gelacht, geweint und geschwiegen. Vor allem wird gefeuert.
Es wird Abschied genommen, weil einige sterben müssen und weil alle ihren Weg gegangen sind, weil für manche einfach kein Platz mehr gewesen ist oder das blaue Ganzkörper-Make-Up die Gesundheit angriff und, vor allem, weil die wunderbaren Irren des Farscape-Universums nach diesem finalen Ritt nur noch in Comicform weiter wildern durften.
Dich, Moya, mit deinen wuseligen, bis in den Tod treuen DRDs werden wir nicht vergessen.
Abschied zu nehmen galt auch es von einer Priesterin, einem Magier, einem schmierigen Ex-Captain der Peacekeeper und vielen weiteren, die alle auf ihre Weise vom Zuschauer liebgewonnen wurden. Genaugenommen war diese Erkenntnis bei fast sämtlichen Figuren erst einmal eine Überraschung, weil Farscape seine Recken stets so einzuführen wusste, dass man ihnen überwiegend Befremdlichkeit entgegenbrachte, ehe man sie später und ohne es zu merken in sein Herz aufnahm.
Nun geht auch der Rest.

Zwar hoffte man lange Zeit noch auf Moyas Rückkehr auf die große Leinwand und ein Kinofilm wurde zumindest auch in Betracht gezogen. Doch obwohl der Sci-Fi-Channel für die zwei Tage lang alleine die Sportsender vor sich hatte, reichten die Zuschauer trotzdem nicht, dieses finanzielle Wagnis zu rechtfertigen. Im Hause des Senders hat man nämlich hohe Erwartungen an seine Miniserien.
Aus rein monetären Gesichtspunkten sicherlich auch eine gute Entscheidung. Denn wer nicht tapfer Folge für Folge mitgefiebert hat, der kann bei einem Experiment wie Farscape nun einmal nicht mal eben quer einsteigen. So viel auf die Serie auch zutreffen mag, Kompromissbereitschaft gehört sicher nicht zu den ersten Dingen, die einem bei einer Rückbetrachung in den Sinn kommen.

Fazit

Ein toller Fanservice, der die offene Sendung innerhalb seiner zeitlichen Möglichkeiten abrundet und zu einem Ende bringt. Ein Ende, das all die positiven, aber auch die weniger guten Aspekte von Farscape neu und gleichzeitig das letzte Mal zum Erstrahlen bringt.
Ein wenig zu unruhig, nicht jederzeit so taktsicher wie in den goldenen Jugendjahren, aber ein absolut würdiger Abschied.

Farscape – Staffel 4

Nicht nur die Biographie von Moya und Crew, auch die Serie hatte qualitative Hochs und Tiefs und natürlich am Ende nicht so viele Zuschauer erreicht, wie gefordert war, um die Geschichte mit der fünfen Staffel nach Plan zu beenden. In Deutschland ist Season 4 nicht einmal veröffentlicht worden, weshalb bis heute auch keine synchronisierte Version existiert. Dies ist auch der Grund, weshalb der hübsche Stil der Coverartworks hier nicht fortgeführt wird. Doch wie immer lohnt sich ein Abstecher auf den sensiblen Leviathan, denn auch das letzte Viertel hat einiges zu bieten.
Vielleicht lag der Misserfolg am folgenden Trailer, mit dem sich die Serie wahrhaftig einen Bärendienst erwiesen hat.

I know you can see me. The bad guys always see me. Cause my plans suck. People die. It’s always a mess.

Story

Moya ist fort, Chrichton sitzt ohne Treibstoff auf einem Weltraumfriedhof für Leviathan-Schiffe fest
und wartet, wartet, wartet. Seine einzige Gesellschaft ist ein Schiff, das sich auf den interstellaren Totenacker begeben hat, um gemeinsam mit seinem greisen Pilot den Tod zu empfangen.
Als Chiana und Rygel völlig unerwartet auftauchen, sind sie alleine. Die treue Moya ist verschwunden und mit ihr die restliche Besatzung. Chrichton wünscht sich derweil nichts sehnlicher, als bei der schwangeren Aeryn zu sein.
Die erhoffte Wiedervereinigung wird nicht nur spät, sondern auch unter überraschenden Umständen stattfinden.
Und wie gewohnt geht nach und nach alles noch viel schiefer als man fürchtet. Drogen spielen eine Rolle, ein Crewmitglied erhält eine außergewöhnliche Gabe zu einem außergewöhnlichen Preis, weite Reisen stehen bevor und Gut wie Böse, Freund wie Feind sind schwieriger zu trennen als je zuvor.

Kritik

Staffel 4 beginnt so, wie Staffel 3 endete: Bizarr. In Folge 1 ist nicht nur ein Aufeinandertreffen von Peter Pan, Robinson Crusoe und klingonischen Invasoren zu bewundern, sondern auch das erste rein computeranimierte Wesen. Ein Bruch mit der Tradition, der später, z.B. in Folge 14, leider Wiederholung finden wird.
Außerdem präsentiert die erste Episode jedem, der in Staffel 2 darüber gemeckert hat, dass die Zitationsdichte abnimmt, genug Filmreferenzen für zwei vollständige Serien. Vergiss, was dir in der letzten Staffel durch den Kopf ging, Fan – die Luft ist noch lange nicht raus.
Auch sonst kriegt Farscape vorerst genau das, was der Science-Fiction-Serie noch fehlte: Eine Frau, die an der Decke gehen kann.

Die ausgetüftelten, wendungsreichen Storyfolgen sind dramatisch wie eh und je, während die inhaltlich eher schwächeren Einzelabenteuer ganz auf den anarchistischen Humor der Science-Fiction-Serie setzen und so trotz narrativer Flaute im Regelfall erfolgreich für Kurzweil sorgen.
Die Serie bleibt der in Staffel 3 eingeschlagenen Spur treu, der Rahmenhandlung den Vortritt gegenüber Minigeschichten zu lassen. Der Grund hierfür mag in der Tatsache zu finden sein, dass der Stoff für bedeutsame versiegelte Plots einfach aufgebraucht ist. Folge 4 gibt ein gutes Beispiel dafür – eine kollektive Magenverstimmung dient als Aufhänger für eine durch und durch generische Geschichte. Sogar eine Schrumpf-Folge hat es nun ins Programm geschafft.
Aber natürlich haben die Schreiberlinge nicht ihr Erfolgsrezept vergessen – je schwächer die Geschichte, desto großartiger der Humor, weshalb auch die banalste Kurzerzählung durch Komik zum sehenswerten Exkurs wird. Es wird sich also weiterhin, wenn auch nicht ganz so inflationär wie bisher, auf fremde Dinge verlassen, die in Moyas heimelige Sphäre dringen und die Crew auf die eine oder andere Weise beeinflussen. Das ist nach wie vor verzeihbar, weil eine Geschichte, die von einer Handvoll Personen auf einem kleinen Schiff handelt, sich einfach nicht anders vorantreiben kann. Bei jeder anderen Serie wäre es trotzdem enervierend, immer wieder dasselbe Spiel in anderen Farben zu sehen. Farscape schafft es aber irgendwie, jedes Mal wie das erste sein zu lassen. Immer noch wirkt die Reaktion der Figuren auf den irgendwie gearteten Eindringlich frisch und natürlich, intensiv und smart.
Das geht bis zu einer riesigen Spinne, die die promineste Charaktereigenschaft einer jeden Figur stiehlt. Normalerweise hochgradig plemplem, im Farscape-Universum aber quasi Alltag.
Trotzdem merkt man deutlich, dass die Quelle der Monster-of-the-Week-Episoden langsam am Versiegen ist, denn auch eindeutige Füllerfolgen haben ihren Platz in der Staffel; etwas, das insbesondere Season 2 schlicht nicht nötig hatte.
Wie immer ist Farscape  nicht nur mit allerhand klug platzierten Zitaten und Filmanspielungen gespickt, sondern bietet in beinahe jeder Folge selbst äußerst zitierwürdige Linien. Was sich hingegen nur schwer zitieren lässt, ist das phänomenale Timing der Dialoge, das seit jeher Markenzeichen der Serie war. Ansonsten protzt man fortwährend mit meisterhaft geschriebenen Diskussionen und Witzen, die Stück um Stück in Schwarze treffen. Dazu gehören auch weiterhin die Schlagabtausche zwischen Crichton und dem auf Moya inhaftierten Scorpio, bei dem es die Serie auch in der vierten Runde immer noch schafft, einen Großteil seiner Persönlichkeit im Zwielicht zu lassen.
Die Farscape-Magie, das unvergleichliche Flair der Serie, das unikale Taktgefühl, all das ist also noch enthalten, wenn auch sich ein leicht fader Nachgeschmack einschleicht. Erwähnte Füllerfolgen, erzählerische Redundanzen und eigenartige Geschehnisse, deren Gründe teils im Verborgenen bleiben.
Irgendwann muss sich die Serie die Frage gefallen lassen, wieso plötzlich diese seltsamen neuen Figuren in die Gruppe mit ihrer perfekten Dynamik gepresst werden. Eine Saft-Alchemistin, deren Aussehen zwar in bester Farscape-Tradition steht, deren Herkunft aber zum einen nie so ganz klar wird und die zum anderen selten mehr als eine faltige Deus ex machina für jede zweite Folge darstellt. Auch mit der hohen Fluktuation der weiblichen Gäste auf Moya tut sich die Serie keinen Gefallen. Möglicherweise hätten die Elemente in Staffel 5 ihren Sinn erhalten – aber Staffel 5 hat es nun mal nie gegeben.
Ab der Mitte hält man voller Kraft aufs Finale zu, strandet an einem markanten Ort (Chrichton-Darsteller Ben Browder darf hier beweisen, welch eindringliche Erzählstimme er besitzt) – und erlebt trotzdem den ärgsten Tiefpunkt seit Staffel 1, weil Tempo und Rhythmusgefühl während des eigentlich aufreibendsten Abenteuers unseres Erdmenschen plötzlich ins Stocken geraten.
Hat man das Tief überwunden, fängt sich die Story allerdings und rüstet sich in bester Manier für den Abschied.
Wieder einmal fährt die Serie alle nur denkbaren Geschütze auf, um ein dramatisches, die vorherigen Ereignisse ganz in den Schatten stellendes Ende zu zelebrieren.

Sagen wir einer außergewöhnlichen Science-Fiction-Serie Dank, die geschafft hat, was man eigentlich nicht schaffen darf. Sympathie für Leute in Kostümen, die in jeder anderen Serie lachhaft wären. Sympathie für grausame Egomanen, Helium furzenden Puppen, gedungene Verräter, Mörder und den reinen Irrsinn. Sympathie für das Besondere. Etwas, das nur sehr wenige Serien von sich behaupten können.
Umso bedauerlicher, dass die Serie nicht nach Plan beendet werden konnte. Fürchtete man nach der (nichtsdestotrotz tollen) dritten Staffel noch, Farscape könnte den Zenit überstiegen haben, zeigt das letzte Viertel dieser Staffel, wie viel Potenzial tatsächlich noch in dem Konzept schlummert. Ein Jammer, dass die geplante Endigung niemals realisiert wurde, in Anbetracht der kleineren Schwächen in der Staffelmitte vielleicht aber auch ein Segen.
Doch sagen wir genau deshalb Dank für den Umstand aus, dass mit der Miniserie Peacekeeper Wars dafür ein dreistündiges Mammutwerk entstehen durfte, das die Serie mit der angemessenen Würde verabschiedet und die noch bestehenden Fragen befriedigend schließt.

Fazit

Noch nicht ganz, aber fast zu Ende. Die letzte Staffel von Farscape ist nicht der Serienhöhepunkt, aber fügt sich nahtlos in den außerordentlich hochwertigen Schnitt der Serie ein. Neben jeder Menge sympathischen Unfug und großen Charaktermomenten gelingt es die Serie auch zum vierten Mal, eine mitreißende Geschichte zu erzählen und zu beweisen, dass großartige Science-Fiction alles andere als scheu und bieder zu sein hat, um erfolgreich zu sein.

Farscape – Staffel 3

Staffel 3 bewegt sich weg von den kleinen Folgen mit Einzelgeschichten und konzentriert sich noch viel stärker als in Staffel 1 und 2 auf die dicke rote Kordel, die sich als Geschichte durch die Serie zieht. Die erste Änderung kündigt sich direkt am Anfang an und dürfte bei jedem Fan Genugtuung verursachen: Endlich ein Vorspann, der der Serie auch gerecht wird und ihren Ton hervorragend trifft.


Yotz!

Story

Crichtons alter Begleiter Harvey stellt sich als nicht lösch-, wohl aber kontrollierbar heraus und wandelt sich somit von einer unberechenbaren Gefahr zu einem unberechenbaren Berater. Das in fast jeder Hinsicht ungleiche Paar Chiana und D’Argo muss eine schwere Probe bestehen, Sohnemann Jothee sorgt für Zündstoff und die gefrorenen Mitbringsel aus dem letzten Staffelfinale springen nach und nach aus ihren Kapseln.
Als John geklont wird und die Peacekeeper unseren Helden gefährlich nahekommen, sieht die Mannschaft sich gezwungen, getrennt zu reisen. Aufgeteilt auf Moya und Talyn scheiden sich die Wege unserer Protagonisten, vielleicht für immer. Währenddessen wird Tod gegen Leben getauscht, anderes Leben verdoppelt und Crais endgültig zur tragischen Figur.

Kritik

Die formidable Staffel 2 hat die Latte nicht nur enorm hoch gelegt, auch das volle Fantasy-ABC ist mittlerweile einmal durchkonjugiert. Unter anderem liegen diverse Körperfresser-Varianten, Kannibalen, Zeitreisen und sogar eine Bodyswitch-Folge hinter den Helden. Es steht zurecht die Frage im Raum, was nach alledem bitteschön noch kommen soll. Und anfangs scheint es so, als sei bei Farscape tatsächlich ein klein wenig die Luft entwichen. Zwar wird mehr fortlaufende Story geboten und die Einzelfolgen rücken in Konsequenz in den Hintergrund –  aber der allgemeine Spannungsbogen ist dennoch nicht mehr so straff, wie noch zuvor. Ein wenig wirkt es so, als habe man in Staffel 1 und 2 die Weichen gelegt und wäre sich nun unsicher, wohin die Reise eigentlich gehen soll.
Dies ist natürlich nicht die Verkündung, dass Farscape nach der Hälfte nicht mehr attraktiv sei, sondern nur, dass Staffel 2 so gut ist, dass es ganz natürlich ist, dass die Fortsetzung auf hohem Niveau abknickt.
Das wirkliche Hauptproblem ist, dass man den Fan ein paar Mal zu oft genasführt hat. Es gab zu viele faule Cliffhanger, welche die Dramatik ein wenig ihrer Glaubwürdigkeit  – und damit ihrer Wirkung – beraubt haben. Das klingt verhängnisvoller, als es tatsächlich ist. Schließlich ist Farscape immer noch Farscape und wer bis zu diesen Punkt gekommen ist, hat nicht nur ein dickes Fell, sondern außerdem eine bewegte Freundschaft mit sämtlichen Figuren der grandiosen Sci-Fi-Serie geschlossen.
Ohne damit zu viel zu verraten: Der größte Fehler der Staffel entspringt einer Idee, die trotz ihrem genial-dämlichen Konzept dazu führt, dass man als Zuschauer früh mit dem möglichen Ableben eines Protagonisten rechnet – und zusätzlich von Beginn an weiß, dass die Konsequenzen sich selbst aufheben.
Natürlich gibt es immer noch fantastische Einzelepisoden und auch die Rahmenhandlung ist trotz leicht abgeflachter Spannungskurve alles andere als uninteressant. Coole Mad Max-Anleihen mit alten Bekannten sind ebenso integriert wie eine haarsträubende Hangover-Episode, bei der Stil und Inhalt miteinander korrespondieren und ganz Nebenbei ein paar interessante Fragen bezüglich erzählerischer Perspektiven aufgewühlt werden,  während man aus dem Handgelenk ein paar einzigartige Slapstick-Einlagen schüttelt. Das muss man erst mal nachmachen. Und dass die Serie sich auch in hochdramatischen Sequenzen nie zu schade ist, einen aufsässigen Witz dreist zum Besten zu geben, lässt kleine Temposchwierigkeiten schnell vergessen werden.

Farscape bleibt immerhin auch in Runde drei dem wunderbaren Erfolgskonzept treu, die kaputtesten, und ausgeflipptesten Ideen erst rücksichtslos auszuformulieren, sie dann hartnäckig als Standard zu etablieren und sie dem Zuschauer schließlich so lange um die Ohren zu schleudern, bis er sie als Normalzustand akzeptiert und beobachten kann, wie die außerordentlichsten Triebe aus ihnen keimen.
All den abgedrehten Absurditäten zum Trotz nimmt dieser mit Puppen und Wahnsinnigen bestückte Space-Kompost sich selbst in jeder Minute ernst und vollbringt das Kunststück, auch vom Zuschauer in den richtigen Momenten auf den richtigen Ebenen ernstgenommen zu werden. Nie wird vergessen, dass jede Ausgelassenheit, jeder unbekümmerte Jux in die vielschichtige Tragik der Geschichte eingelassen ist. Und das ist einfach das Besondere an Farscape und macht die Serie zu einem wirklich einzigartigen Kunstwerk.

Die Serie wird auch größer. Mehr überzeugende Handlungsorte, mehr von dem aufregend finsteren Design. Schiffe und Planeten sehen gleichsam düster und gut aus. Alles wird einen Deut epischer, während das Private gewahrt bleibt – großteils zumindest, denn einen bisschen unpersönlicher ist der ganze Umzug schon, da das typische Moya-Kammerspiel zurückweichen muss, damit die Serie sich nicht in Wiederholungen verliert. Aber wirklich nur ein bisschen.
Die schweren, mächtigen Momente, die durch die Kursänderung hervorgerufen werden, fängt die Kamera mit  angemessener Dramatik ein und wenn es drauf ankommt, steht die kleine, immer schon leicht trashige Serie den großen Kinoproduktionen in nichts nach. Das eindringliche Aufeinandertreffen in Folge 20 beispielsweise wirkt durch und durch erhaben. Jede Einstellung sitzt, jeder Blick hat seine Berechtigung und die Musik ist sich trotz ihrer charakteristisch charmanten Zweitklassigkeit in jeder Note absolut sicher. Angenehm ist, dass trotz der erzählerischen Breite und den weitrechenden Konsequenzen der Ereignisse von Staffel 3 nie emotional, pathetisch oder kitschig, nie peinlich wird. Auch die großen Schritte erfolgen zumeist im Stillen.

Fazit

Wenn der gute John eingepfercht mit dem Bösen in einem winzigen Flieger durch ein Wurmloch braust und sinniert „Yes, this is a real kodak moment.“ fasst das nicht nur die Situation, sondern gleich die ganze Serie mit köstlicher Farscape-Eleganz zusammen.
Auch wenn Staffel 2 stets der Höhepunkt der Serie bleiben wird, so muss sich auch der Rest in keiner Sekunde verstecken.
Viel Charakterarbeit, Witz, Spannung, Dramatik und Wahnsinn bilden auch nach drei Staffeln ein unwiderstehliches Gebräu, das ziemlich komisch riecht und absolut süchtig macht.

Farscape – Staffel 2

Nachdem die 1. Staffel der Ausnahmeserie ziemlich schwach begann und in der Mitte eine qualitative Kehrtwende vollzog, um mit einigen spritzigen wie originellen Einzelgeschichten und einem starken Finale inklusive großem Cliffhanger auszuklingen, durfte man gespannt sein, in welche Richtung sich die Serie nun entwickeln würde.
Und tatsächlich kann das hohe Niveau gehalten werden. Das zweite Viertel von Farscape bleibt so sympathisch und unverbraucht, wie es das Ende von Staffel 1 versprach, bereichert die schräge Mythologie um ein paar mutige Facetten und versteht es, die Emotionen des Zuschauers an den richtigen Stellen gekonnt in Wallung zu versetzen.

Story

Crais’ Entwicklung setzt sich beständig fort. War er anfangs noch der große Schrecken von Moyas Crew, dessen erklärtes Daseinsziel es war, Crichton das Leben auszuhauen, scheint er nun weitestgehend geläutert und von seiner Vergangenheit als Peacekeeper befreit. Der von Wut und Trauer verblende Racheengel beeindruckt mittlerweile mit einer abgeklärten, sehr pragmatischen Weisheit. Trotzdem bleibt das Verhältnis zu den Protagonisten angespannt, da er Moyas Baby Talyn unter seine Kontrolle bringt, um mit ihm einen Neuanfang in kontemplativer Einsamkeit zu wagen.
Fortan wird er hauptsächlich als eine Art hämische Deus ex machina auftreten und den Weg des liebenswerten Leviathans immer wieder kreuzen.
Der wahre Antagonist bleibt Scorpius, der alle Hebel in Bewegung setzt, um an Crichton zu kommen, damit er die tief in seinem Hirn versteckte Wurmlochtechnologie endlich aus seinem Schädel pellen kann. Diese Verfolgungsjagd, die hauptsächlich auf psychischer Eben stattfindet, formt den Hauptplot von Staffel 2 und hat so manche Überraschung in der Hinterhand.
Die Crew, die mit der fahlen Diebin Chiana nun um eine zusätzliche Person bereichert ist und im späteren Verlauf noch weitere Änderungen erfährt, wird durch die gemeinsam bestandenen Abenteuer stetig fester zusammengeschweißt,  muss aber auch die Prioritäten ihrer Mitglieder abwägen und einer Rangfolge unterwerfen. Soll die Verfolgung Talyns intensiviert werden, die Suche nach D’Argos versklavten Sohnemann endlich beginnen oder sich doch ganz auf die Flucht vor Scorpy konzentriert werden?
Dass Chrichton immer unzurechnungsfähiger und von wiederkehrenden Visionen seines ledergesichtigen Erzfeindes geplagt wird, macht  die Dinge nicht unbedingt einfacher.

Kritik

Grundsätzlich wird das Erfolgsrezept weiter genutzt und vorsichtig verfeinert. Die Mischung aus tollen Charaktermomenten, frischem Humor und dem richtigen Schuss Dramatik glückt anstandslos und macht den hauptsächlichen Reiz der Serie aus.
Wirkliche Kritikpunkte müssen mit der Lupe gesucht werden, sind aber vorhanden.

Die gute Eigenschaft, den Zuschauer gleich zu Beginn mitten in die Handlung zu schleudern, wurde beibehalten, nimmt bisweilen aber störende Züge an. Ein Charakter  fehlt zum Beispiel ohne Erklärung mehrere Folgen, um dann deutlich später und ähnlich erklärungsfaul einfach wieder aufzutauchen. Eine Begründung, wie dieses doch recht unstete Reiseverhalten in den unerforschten Gebieten des Alls zu bewerkstelligen ist, bleibt Farscape dem Zuschauer schuldig. Dass es sich hierbei um einen selten coolen Charakter handelt, dürfte mögliche Nörgler aber schnell wieder milde stimmen.
Ferner wird gleich zu Beginn ein Großteil der Dramatik, mit der die erste Season den Betrachter entlassen hatte, als fauler Zauber entlarvt. Durch diese Finte, auf die die Serie nicht zum letzten Mal zurückgreift, fühlt der Zuschauer sich schlimmstenfalls betrogen und vorgeführt.

Die Folgen, die sich ganz dem Fortgang des Hauptplots verschrieben haben, sind über jeden Zweifel erhaben und strotzen nur vor guten Drehbuchmomenten.
Auch den narrativ in sich geschlossenen Episoden wird häufig eine mehr oder minder große Bedeutung für das große Ganze zugestanden. Doch manchmal wirkt dieses Vorgehen etwas bemüht. So zum Beispiel gen Ende, wenn für die alles entscheidende Schlacht Figuren vergangener Abenteuer aus der Versenkung geholt und als widerspenstige Söldner angeheuert werden, die beinahe schon vergessen wurden. Aber auch diese etwas forcierte Kontextuierung geht letztlich mit dem eigentümlichen Charme der Außenseiterserie konform.
Gänzlich abstreiten lässt sich aber nicht, dass bei den kurzen Eskapaden der für sich stehenden Folgen eine gewisse Einfallslosigkeit das Zepter führt, verlaufen diese doch häufig nach recht ähnlichem Muster: Ein paar der hochgeschätzten Besatzungsmitglieder (in der Regel: alle oder nur einer) drehen am Rad, weil irgendein burleskes Weltraumphänomen Schindluder treibt. Und die verbliebene Vernunft hat den Tag zu retten. Dass trotzdem niemals Ermüdungserscheinungen auftreten, liegt an den erwähnten Ingredienzien von Farscape. Den humorigen Eskalationen und den einfallsreichen Variationen ist es zu verdanken, dass dieses Klonkonzept der Serie de facto in keiner Weise schadet. Inzwischen hat jeder Charakter so viel Profil und nicht zuletzt so viel Kredit beim Zuschauer, dass man die Pille lächelnd schluckt. Und obendrein birgt jede einzelne Verwicklung ein enormes komödiantisches Potential – je bizarrer die Probleme, desto heiterer das Resultat. Und da die Protagonisten sich oftmals auch selbst nicht allzu ernst nehmen, lacht man meist mit ihnen, nicht über sie.
Jede Folge hat außerdem dennoch ihre Alleinstellungsmerkmale, trägt einen relevanten Part zur Gesamtgeschichte bei und bringt die Charaktere schrittweise sich selber und dem Zuschauer näher. Genau das unterscheidet Farscape von vielen Serien deren Geburtsstunde vor der LOST-Ära liegt – am Ende einer Folge wird nicht alles zurück in den Ursprungszustand gezwungen. Jedwede Veränderung hat glaubwürdige Nachwehen und die wenigsten Prozesse enden mit der Episode, in der sie ihren Anfang nahmen.

Ein vorläufiger Staffelhöhepunkt findet mit der Folgen-Trilogie kurz nach der Halbzeit statt, die in einem Mix aus purem Aberwitz und selbstreflexiv-ironischem Trash kulminiert, der definitiv seines Gleichen sucht.
Dass Farscape auch anders als abgedreht und hektisch kann, zeigt die Episode „Das Bild in deinem Medaillon“ vorbildlich. Hier schafft es die Kultserie, innerhalb von knapp 10 Minuten die Tragik eines ganzen Lebens zu vermitteln, spricht eine gefühlvolle Liebeserklärung an die Geißel des Alters aus und ist bei all dem in jeder Sekunde entwaffnend aufrichtig. Ein Kunststück, das ansonsten nur Pixars Oben gelingen konnte. Aber auch das eigentliche Finale ist ein Lehrstück in Sachen Dramatik und bietet zudem ungewohnt opulente Schauwerte.

Fazit

Die zweite Staffel bietet von allem mehr. Mehr Aberwitz, mehr Skurrilitäten, mehr Dramatik und mehr Ebenmaß. Reifer ist die Serie geworden und funktioniert mittlerweile in den lauten Augenblicken genauso tadellos wie in stillen Charaktermomenten. Die Figuren, das Herzstück der Serie, werden weiter ausgebaut und wirken in ihrem Verhalten stets authentisch. Einzig Rygel wird im Vergleich zum Rest eher vernachlässigt und entwickelt sich kaum. Dies ist überraschend, weil der Gnom zuvor noch das größte Potential versprach. Doch irgendetwas muss sich Farscape ja auch noch für die nächsten zwei Staffeln aufbewahren.

Farscape – Staffel 1

Ende der 90er stehen Science Fiction-Serien wie Akte X und Babylon 5 in voller Blüte. Sie sind symptomatisch für eine Zeit des Umschwungs, in der die digitale Tricktechnik Tag für Tag potenter wird und man auch mit schmalerem Geldbeutel in der Lage ist, fantastische Elemente glaubhaft darzustellen.
1999 entsteht mit Farscape eine Serie, die diesen Trend ganz bewusst missachtet. Die meisten Ereignisse spielen sich auf engstem Raum in einer beinahe neutral anmutenden Umgebung ab, statt futuristischem Bombast gibt’s zeitlose Schlichtheit und anstelle von aalglatten CGI-Figuren geben sich klassische Puppen die Ehre.

Story

John Chrichton ist ein verhältnismäßig junger und talentierter Astronaut. Während einer Erdumrundung wird sein Shuttle unvermittelt von einem Schwarzen Loch eingesogen und in einem unbekannten Bereich des Universums wieder ausgespuckt. Prompt kollidiert er einem fremden Transporter und zerstört diesen so. Direkt danach verschlägt es ihn an Bord eines seltsam aussehenden Raumschiffes.
Chrichton erfährt im Laufe der Pilotfolge, dass dieses Schiff eigentlich eine biomechanoide Kreatur ist, ein sogenannter Leviathan. An Bord befinden sich außerdem noch der kriegerische Luxaner Ka D’Argo, der Hynerianer Rygel XVI und die delvianische Priesterin Pa’u Zhoto Zhaan. Die Navigation und Kommunikation mit dem weltraumtauglichen Lebewesen übernimmt Pilot, Abkömmling einer Rasse, die nur für diesen einen Zweck existiert. Ein Pilot verwächst auf Lebzeiten mit einem Leviathan, um mit ihm zu existieren und unterzugehen, während er primär als Mittler zwischen Schiff und Crew fungiert.
Diese spezielle Crew hat gerade einen Gefängnisausbruch hinter sich und befindet sich auf der Flucht vor den Peacekeepern. Eine Rasse, die mit eiserner Hand eine intergalaktische Diktatur betreibt.
Wie der Zufall es will, beherbergte der von Chichton unabsichtlich zerstörte Transporter eine hochrangige Führungsperson der Peacekeeper. Drum gerät der verirrte Erdling nicht nur ebenfalls auf die Fahndungsliste der Verfolger, sondern steigt auch automatisch zum persönlichen Erzfeind des Bruders des Verstorbenen auf: Peacekeeper-Captain Bialar Crais.
Kurz nachdem Chrichton mehr oder weniger freiwillig auf Moya Asyl gewährt wurde, stößt während der hektischen Flucht noch die verstoßene Peacekeeperin Aeryn Sun zur Besatzung.

Der wild zusammengewürfelte Trupp muss schnell lernen, als Team zu funktionieren, um den in jeder Beziehung überlegenen Häschern wenigstens vorerst entrinnen zu können. Gemeinsam bereist dieser doch sehr heterogene Haufen die „Unbekannten Territorien“ des Alls, die allerhand Überraschung und Abenteuer bereithalten, aber auch neue Feinde und Verbündete. Jeder der vielen Charaktere  arrangiert sich nur zögernd mit der improvisierten Zweckgemeinschaft, während die Peacekeeper wie ein finsterer Schatten in jedem Winkel zu warten scheinen.

Kritik

Am Anfang ist Farscape ein Ärgernis. Nicht etwa, weil das Gezeigte durchgehend miserabel ist, sondern weil es scheinbar alles daran setzt, nicht geliebt zu werden. Wie ein dummes, stures Kind provoziert die Serie den Zuschauer mit vielen kleinen Unzulänglichkeiten und strapaziert seine Geduld in unmöglichem Ausmaß, gibt sich spröde und sperrig. Für den Einstieg in diese Welt muss man in erster Linie also Geduld und Toleranz mitführen. Und den Glauben daran, dass es sich lohnt, die pubertäre Phase auszusitzen.
Zum Glück purzelt aber immer dann, wenn man gerade die Segel streichen will, ein wenig von dem besonderen Charme hervor, der später leuchtendes Merkmal von Farscape werden soll. Es sind Kleinigkeiten, die den Zuschauer bei der Stange halten: Ein ganz besonders gelungenes Geschöpf, ein paar markige One-Liner oder wirklich unerwartete Wendungen sind es, die aus dem Sumpf der anfänglichen Mediokrität hervorstechen und einen immer wieder dazu veranlassen, der Serie eine weitere letzte Chance zu geben.
Ja, Farscape braucht Zeit, um in die Gänge zu kommen. Doch spätestens ab Episode 10 zeichnet sich ab, dass das australische Filmteam mehr und mehr sein eigenes Tempo findet. Die Geschichten werden kontrastreicher, die Episoden stehen immer seltener nur für sich alleine und auch die Witze, anfangs noch sehr unbeholfen, treffen immer häufiger sicher ins Schwarze. Auch technisch gewinnt die Serie ab diesem Punkt an Anziehungskraft. Stille Aufnahmen des Weltraums betören mit pittoresker Farbgebung, Schnitte und Kamerawinkel werden experimenteller und selbst die Schauspieler scheinen sich mehr und mehr in ihre Rollen einzuleben.
Ab der Mitte erklimmt die Serie dann urplötzlich ein hohes Niveau, das ab dort fast ungebrochen gehalten wird.

Farscape gehört definitiv zum Kauzigsten, was die SciFi-Welt zu bieten hat. Alle Charaktere, deren Statur nicht humanoid ist, sind entweder (leider recht selten) vollständig animatronische Kreationen, deren verblüffende Gestaltung nur erahnen lässt, wie viel Arbeit in ihnen steckt, oder Puppen aus dem Fundus  von Jim Henson’s Creature Shop, den Künstlern hinter den Muppets. Jene Puppen zeichnen sich durch ein so ausgeprägtes Minenspiel aus, dass der Zuschauer nach höchstens 15 Sekunden vergessen hat, dass es sich überhaupt um solche handelt. Rygel und Pilot können mit ihren Puppenkörpern auf eine derart facettenreiche Palette von Emotionen zurückgreifen, dass man sie ohne Mühe als vollwertige Hauptcharaktere akzeptiert. Zudem leisteten die Sprecher, die den beiden ihre charakteristischen Stimmen liehen, hervorragende Arbeit. Wenn z.B. der so gierige wie liebenswerte Rygel, ein krötenartiger grüner Pfropfen mit narzisstischer Grundhaltung und von einem knappen Meter Größe, mit wehleidigem Brummen und unverkennbarer Gesichtsarbeit Reue zeigt, nimmt man ihm diese Gefühlsregung nicht weniger ab als einem Schauspieler aus Fleisch und Blut.
Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass jedes Besatzungsmitglied ähnlich viel Raum zur Charakterentwicklung bekommt – dem heimatfernen Menschen wird nur wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem insektoiden Pilot oder gar dem Leviathan selbst. Es sind Charaktere, die eine gewisse Loyalität zueinander pflegen, im Zweifelsfall aber ihre eigenen, durchaus sehr egoistischen Ziele verfolgen. Dass sich schon früh herausstellt, dass jeder einzelne Charakter dieses unsolidarische Potenzial in sich trägt, macht einen Großteil des Reizes aus. So gut die Crew auch zusammen funktionieren mag, strebt doch jeder einem anderen Ziel entgegen. Die Frage ist nur, wie groß die Opfer sind, die die Figuren dafür zu erbringen bereit sind.
Den vielschichtigen und durchweg interessanten Charakteren ist es zu verdanken, dass gerade jene Folgen die intensivsten sind, die überwiegend auf dem Schiff spielen – die beinahe kammerspielartigen Geschichten, die die sich wandelnden Beziehungen zwischen den Besatzungsmitgliedern thematisieren oder deren bewegte Vergangenheiten durchleuchten.
Auffällig ist insbesondere die Wandlung, die Chrichton durchmacht – vom fast schon exemplarischen Helden der Marke „US-Soldat“ reift er zum launenhaften Zyniker heran, durch dessen dünne Oberfläche immer wieder eine verstörende Manie platzt.

Trotz all der schrägen Einfälle, auf denen die Serie fußt, ist man stets darauf bedacht, Glaubwürdigkeit zu wahren. So wird gleich zu Anfang geklärt, wieso die völlig verschiedenen Spezies überhaupt in der Lage sind, problemlos miteinander zu kommunizieren. Und bereits vor Firefly und Battlestar Galactica hat man herkömmliche Schimpfwörter durch Neologismen ersetzt, um die Charaktere im Free-TV nach Lust und Laune fluchen zu lassen.
Auch ist Farscape die Serie der unvermittelten Einstiege. Häufig setzt eine Episode nicht nur direkt am Kernproblem der Folge, sondern gerne auch inmitten eines Gesprächs ein. Nicht selten drückt man auf Play und wird sofort von einem schweißnassen Alien angebrüllt. Trödelei ist wahrlich keines der Laster dieser Serie.
Und abschließend sei noch anzumerken: Keine Folge vergeht, in der Crichton nicht ein paar Anspielungen auf die Film- und Fernsehwelt der 70er und 80er Jahre – seiner eigenen Kindheit – einstreut. Dies verspricht gerade für Cineasten den einen oder anderen goldenen Moment.

Fazit

Die erste Staffel Farscape verlangt vom Zuschauer nicht nur den Mut, sich auf Ungewohntes einzulassen, sondern kann in der ersten Hälfte auch als wahre Geduldsprobe erscheinen. Es sei euch jedoch gesagt: Es lohnt sich. Wirklich.
Hat sich die Serie erst einmal gefangen, ist jede Folge eine Freude – man lacht und leidet und mit der liebenswerten Crew der Moya. Und spätestens wenn in den letzten Folgen ein ganz bestimmter Antagonist die Bildfläche betritt und die Serie in ein intensives Finale mündet, kommt man unmöglich umhin, der 2. Staffel entgegenzufiebern.

Ein Appell am Rande: Schaut’s auf Englisch.
Nicht nur deshalb, weil dem O-Ton grundsätzlich der Vorzug gewährt werden sollte, sondern weil Farscape dieser Erwähnung ganz besonders bedarf. Zum einen fällt die Synchronisation durchwachsen aus und viele gezielt eingesetzte Dialekte gehen verloren, zum anderen haben lediglich die ersten drei Staffeln überhaupt eine Übersetzung ins Deutsche erfahren. Spätestens bei Staffel 4 muss man sich an den englischen Ton halten, wenn man die Serie nicht aufgeben will.