Paul – Ein Alien auf der Flucht

Paul – Ein Alien auf der Flucht (im Original kürzer und charmanter einfach nur Paul) ist zwar vom kindsköpfigen Komödien-Dou Simon Pegg und Nick Frost zusammengenäht, aber kein offizieller Teil der eigentlich inoffiziellen Blood-and-Ice-Cream-Trilogie.


What is this, nerd porn?

Story

Clive und Graeme sind Nerds aus dem Bilderbuch. Durch und durch Kind, dabei um die 40 herumschwirrend und gefangen in einer Parallelrealität, in der ein Autogramm von Anthony Daniels mehr wert ist als der Weltfrieden. Unsere Realität, könnte man sagen.
Die beiden Briten machen nach einem gelungenen Abstecher zur Comic-Con noch eine Art touristische Rundreise zu all den Plätzen, an denen UFO-Sichtungen sich häuften. Trotzdem trifft es sie nicht ganz vorbereitet, als sie plötzlich den hüfttiefen Außerirdischen namens Paul treffen, der kifft, trinkt, flucht und flieht. Letzteres tut er – wie könnte es anders sein – vor einer finsteren Regierungsbehörde namens FBI, die ihn wieder einfangen und gar nicht gut behandeln will.
Wie es sich für echte Nerds ziemt, greifen Clive und Graeme dem kleinen Kerl unter die grauen Arme, sobald sie den ersten Schock überwunden haben. Und wie es sich für ein echtes Road-Movie gehört, gabelt das Trio unterwegs noch Ruth auf, die Tochter eines fundamentalen Christen, die gerade ihre ganz eigenen Erfahrungen mit der gar nicht so christlichen Welt macht.

Kritik


Paul – Ein Alien auf der Flucht ist im Kern ein angenehmer, ungefährlicher Film, der sich gut nebenbei und zwischendurch einschieben lässt. Eine beschwingte Stimmung, harmlose Kalauer und die betuliche Chemie zwischen am animierten Grauling und seinen drei Reisebegleitern schaffen ein Seherlebnis, das man nicht unbedingt braucht, aber auch keinesfalls bereuen wird. Simon Pegg und Nick Frost liefern mit dem Drehbuch gewohnt gute Kost ab, die sich aus vielen spontan wirkenden Einfällen zusammensetzt und dabei auf leichtfüßige Weise die alte Geschichte von den beiden Verlierern erzählt, denen plötzlich, unerwartet und nicht ganz so angenehm wie erhofft, ein Lebenstraum erfüllt wird. Greg Mottola, der sich durch Filme wie Superbad und Adventureland in erster Linie als Indie-Komödien-Filmer einen Namen machte, verpackt das Ganze routiniert, aber erfreulich spritzig in einen inszenatorischen Rahmen.
Doch leider ist sich der Film nicht zu schade, hie und da ein paar zu plumpe und zotige Gags einzubauen. In die Kamera schreiende Gesichter von Autofahrern, die zu lange in die falsche Richtung geblickt und deswegen das witzige Hindernis übersehen haben, sind ebenso nervig wie die frivolen Witzeleien, die den gefährlich schmalen Grat zwischen ‚gelungen frech‘ und ‚albern platt‘ ein paar mal zu häufig überstolpern. An den Nerven zerren auch die übertrieben tölpelhaften Helfershelfer des windigen Oberagenten, aus dessen Jagd auf die Hauptpersonen sich der rote Faden der Story spinnt. In Summe ist alles im grünen Bereich, doch hätte der Film ohne Ausrutscher der Marke Holzhammer eine deutlich bessere Figur abgegeben. So aber erweckt er den Eindruck, sich immer mal wieder zwischen die Stühle zu setzen, wenn er bemüht ist, sämtliche Humor-Lager zu bedienen und dabei keines richtig zufriedenstellt.

Gelungen sind dafür sehr nette Anspielungen auf die Nerdkultur, Augenzwinkerei in Richtung Alien-Mythen und ein paar mehr oder wenige filigrane Bezüge zu einschlägigen Filmen und Serien. Insbesondere Star Wars-Fans bekommen eine reiche Palette an liebevollen Zitaten geliefert, die von adaptierten Dialogen bis hin zu aufgegriffener Kameraarbeit reicht.
Wirklich schön geschrieben ist die Figur des Paul, der mit seiner dominierenden Lässigkeit nie nervt, dessen Anzüglichkeit immer angemessen dreist wirkt und der an den richtigen Stellen notwendige Zerbrechlichkeit durchschimmern lässt. So mausert sich der hübsch animierte Knirps schnell zur Figur, der man das herzliche Kumpel-Dasein sofort abnimmt.
Bei einer Produktion, die sich selbst nicht für voll nimmt und in erster Linie nur Schabernack sein will, ist das keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Fazit

Wie erwartet, ist Paul – Ein Alien auf der Flucht keine komödiantische Großleistung, sondern eine Fingerübung der britischen Schelme Pegg und Frost. Dafür ist die Angelegenheit aber ein grundsolides und sehr sympathisches Road-Movie geworden, das dem Faible der Sci-Fi-Nerds mit großen Zitatereichtum gebührend Rechnung trägt, in Sachen Humor letztlich aber eine zu große Bandbreite abdecken möchte, was nicht immer gelingt.

It’s all about Love

Thomas Vinterberg ist neben Lars von Trier der wohl bekannteste Mitbegründer der Dogma-95-Bewegung. Sein erstes richtiges Projekt nach seinem Erfolg von Das Fest war dann gleich ein internationales, das wie so häufig nie so richtig bekannt wurde. Mit It’s all about Love hat es der Däne seinem Publikum aber auch nicht leicht gemacht.

I don’t want to fly. We are not Angels. We are human beings.

Story

John will im Jahre 2021 eigentlich nur kurz in New York zwischenlanden, damit seine Ex-Frau, die weltberühmte Eiskunstläuferin Elena, die Scheidungspapiere unterschreiben kann. Am Flughafen trifft er nicht sie, sondern zwei Anzugträger, die John in ihrem Auftrag dazu anhalten, sie zu begleiten, denn Elena sei verhindert, da sie am gleichen Abend eine Premiere habe.
Der Kurze Zwischenstopp weitet sich auf mehrere Tage aus, als John feststellt, dass irgendetwas Eigenartiges im Gange zu sein scheint. Die Idylle, die die Familie seiner Ex-Frau ausstrahlt, zeigt deutliche Risse, ja, die gesamte Umgebung strahlt Unheimliches aus und die psychisch labile Elena immer wieder ängstlich deutet an, sich in großer Gefahr zu befinden.
Dies alles geschieht in Zeiten sonderbaren Wandels. In Uganda fangen die Menschen plötzlich an zu fliegen, an einem Tag im Jahr gefriert sämtliches Süßwasser und überall auf der Welt sterben die Leute an gebrochenem Herzen.

Kritik

Von einem Film, in dem unter anderem Joaquín Phoenix, Claire Danes, Sean Penn und Marc Strong mitspielen, darf man wohl zu Recht eine erstklassige Darbietung der Mimen erwarten. Ein Film, der It’s all about Love heißt, schürt aber auch Erwartungen in eine andere Richtung. Sie alle werden erfüllt. Geboten wird nicht nur tolles Spiel, sondern auch ein sehr experimentelles Grundkonzept mit ungewöhnlichem Drehbuch, expressivem Bühnenbild und inszenatorischer Raffinesse. Doch verliert der Film bei seiner Liebe zum Außerordentlichen nicht nur seine Geschichte aus den Augen, sondern zunehmend auch die Bodenhaftung.
Der Anfang ist eine Freude. Eine sonderbare Grundstimmung in einer sonderbaren Welt und eine der unheimlichsten Szenen jüngerer Filmgeschichte. Das sehr eigene Kompositum aus skurrilem Humor, Gruselstimmung und zynisch-dramatischen Bildern von Toten auf der Straße lässt am ehesten den Eindruck einer Satire entstehen. Und eine Satire ist It’s all about Love auch, allerdings eine, die bitterer als heiter ist und mit viel Symbolik und Theatralik daherkommt.
Mit seiner bedeutungsschwangeren Art treibt es der Film gerne auch zu weit. Das ist über weite Strecken nicht schlimm, denn vor allem anderen ist die dystopische Liebesgeschichte ein inszenatorisch ungeheuer erhebendes Stück Wertarbeit, gegen Ende öffnet sich die Kluft zwischen Anspruch und Ergebnis aber immer weiter.
Bis dahin ist es aber eine Freude, dabei zuzusehen, wie der Film fast schon spielerisch hin und her hoppst zwischen Mystery, Grazie und Drama und dabei scheinbar mühelos jederzeit stringent und in sich schlüssig wirkt, während die einzelnen Stimmungen, die einander eigentlich so fremd, ineinander aufgehen. Das spiegelt sich auch auf klanglicher Ebene wieder, wenn immer wieder zärtliche Harmonien Zbigniew Preisners auf unheilvolles Dröhnen gelegt werden, beide Spuren einander aber nicht bekämpfen, sondern sich in spezieller Weise aufeinander beziehen.

Das alles sind Dinge, die ziemlich gut darüber hinwegtäuschen können, dass Thomas Vinterbergs Sci-Fi-Fabel kaum Geschichte und Substanz hat. Ja, es passiert viel. Da wird immer mal wieder weggerannt und dann sofort wieder intrigiert, Nachrichtenausschnitte geben Kostproben von globalen Merkwürdigkeiten, komische Gestalten halten komische Ansprachen, man sieht einiges an Eiskunstlauf und regelmäßig finden die Liebesspiele zwischen John und Elena an diversen Örtlichkeiten statt. Doch ist die Geschichte selbst verhältnismäßig dünn und kommt kaum voran. Das macht den Film nicht kaputt, denn unterhaltsam ist er aufgrund seines perfektionistischen Stils und dem ganzen Hin und Her in Sachen Details- und Stimmungen ja schon, wünschenswert wäre es aber gewesen, wenn der eigentliche Erzählstrang mehr zu bieten hätte. So ist die Story nicht nur ziemlich schmächtig, sondern auch nur mäßig interessant ausgefallen. Schade ist außerdem, dass die durchgehend tadellose Ausführung zum Ende hin merklich nachlässt und das Geschehen darüber hinaus im letzten Viertel plötzlich sehr gehetzt wirkt, was dem Gesamteindruck einen kleinen Stoß versetzt. Wenn dann auch die unterschwellig sowieso schon immer drohende Theatralik auch noch die Überhand gewinnt, während Symbolträchtigkeit, Kitsch und künstlich aussehendes Schneegestöber aufeinanderprallen, dann können die vielen Schönheiten des Filmes das nicht mehr überdecken. Die formvollendete Kameraarbeit Anthony Dod Mantles (Dredd) tritt zu diesem Zeitpunkt ebenso die Talfahrt an, wie der Rest. Dieser akute Nachlass an Qualität ist derart augenfällig, dass man fast meinen könnte, es wäre Teil des Konzeüts – und zu Vinterbergs Dogma-95-Hintergrund würde das durchaus passen. Doch ganz davon abgesehen, dass er selbst seinen Film als Anti-Dogma-Werk betitelt, lässt es sich auch einfach nicht schönreden, was da geschieht.

Und dann ist da noch Sean Penn als Johns reisender Bruder, der Schriftsteller ist, aber eigentlich nur redet. Laut in Headsets redet, inmitten vollbesetzter Flugzeuge, Sätze sagt, die der Tiefe und der Wahrheit, die in der Liebe der Protagonisten liegt, Flügel geben sollen. Wer der Meinung ist, Penns Rolle in The Tree of Life sei überflüssig, der wird dies nach It’s all about Love wahrscheinlich noch mal überdenken. Terrence Malick ist übrigens ein wohl gar nicht so verkehrtes Stichwort, wenn man transportierte Gefühle, vor allem aber die Ambitionen des Filmes an einem Vergleich festmachen möchte. Nur unterscheiden sich Malicks Werke und It’s all about Love gravierend voneinander, wenn es um die Umsetzung dieser Ambitionen geht.
Zurück aber zu Johns Bruder. Sein großes Ziel ist es, einen Bricht über den Zustand der Welt zu schreiben. Und ja, dafür gibt es diese Figur, denn das möchte der Film – wie ja so viele Science-Fiction-Werke – gerne sein: Ein Bericht über den Zustand der Welt. Doch auch, wenn sicher viel Wahres in den kleinen und großen Problemen, die im Film auf mannigfaltige Weise thematisiert werden, so sollte ein solcher Bericht, wenn er Wahrheit für sich beansprucht, doch Abstand nehmen von zu viel Kitsch. Denn leider Gottes ist in dieser Welt für den wahren Nicht-Vorweihnachtskitsch einfach kein Platz.

Fazit

Auch wenn die tatsächliche Geschichte nur eine hauchdünne Membran zwischen Stimmung und Ästhetik ist, ist It’s all about Love in erster Linie interessant und durchaus kurzweilig. Es ist ein Essay über die moderne Gesellschaft, mit all ihren Tücken, Prioritäten und Begleiterscheinung, geschrieben in einer Sprache, die bisweilen arg pathetisch klingt und versetzt mit Metaphern, die zu oft den Eindruck erwecken, vorrangig um ihrer selbst zu existieren.
Freude bereitet Vinterbergs Parabel allein schon wegen ihrer technischen Perfektion und dem gekonnten Spiel mit Stimmungen. Abgesehen davon, dass der Film zum Ende hin stark nachlässt, muss man aber damit leben, dass er einfach viel weniger ist, als er zu sein vorgibt.

Kick-Ass 2

Mark Millar schuf Wanted. Aus Wanted wurde ein Film und der Film war gut. Mark Millar schuf Kick-Ass. Aus Kick-Ass wurde ein Film und der Film war gut.
Nun, Regisseur und Autor von Kick-Ass war Matthew Vaughn, der schon Film wie Der Sternenwanderer, Harry Brown, Layer Cake und X-Men: Erste Entscheidung veredelte. Regisseur und Autor von Kick-Ass 2 ist Jeff Wadlow – und das ist das Problem.

I try to have fun. Otherwise, what’s the point?

Story

Dave Lizewski aka Kick-Ass wollte das Kostüm eigentlich an den Nagel hängen. So ein rein ziviles Leben ist aber langweilig und wenn man einmal Superhelden-Luft geschnuppert hat, Adrenalin schmecken lernte und omnipräsentes Medienphänomen war, dann erst recht.
Folglich will Dave wieder in das grüne Polyesterkostüm schlüpfen. Er weiß aber auch, dass er alleine es nicht mal mit einem lausigen Taschendieb aufnehmen kann. Hit-Girl muss zurückkehren.
Doch Mindy denkt nicht dran, die lila Perücke aus dem Schrank zu nehmen, und bemüht sich redlich, ein normales Teenager-Leben mit all den wundervollen Problemen aufzubauen.
Da kommt es fast gelegen, dass  Chris D’Amico, der im ersten Teil als Red Mist schon Stunk machte, den Tod des Vaters rächen will und seinen Rachefeldzug gegen die persönliche Nemesis Kick-Ass ausbaut..
Jeder von beiden scharrt ein Rudel überengagierter Schläger um sich, um als Helden- bzw. Schurkentruppe das Gesicht der Stadt zu verändern.

Kritik

Kurz innehalten, um den ersten Kick-Ass zu rekapitulieren. Der erste Teil brachte frischen Wind durch unkonventionell aufbereitete Selbstironie auf das Superhelden-Genre in die überbevölkerte Welt der kostümierten Wundermänner. Dabei nahm der Film sich selbst und seine Figuren durchwegs ernst. Das Absurde erhielt eine tragische Note und wurde ungemütlich direkt und realistisch. Ein Film, der nicht nur inszenatorisch durch perfektes Timing bestach, sondern auch historisch: Inmitten abgehobener Geschichten über abgehobene Capeträger holte Kick-Ass ein ganzes Subgenre wieder auf den Boden zurück.  Der ganz spezielle Coup war aber Nicolas Cage, der mit Big Daddy und seinem grässlichen Porno-Schnurbart eine seiner schönsten Rollen hatte.

Wie es unter Sequels Brauch ist, versucht auch Kick-Ass 2 alles, um den Vorgänger gleichzeitig zu reproduzieren und ihn zu überbieten. Und wieder einmal kentert das Vorhaben. Dabei standen die Sterne anfangs noch ganz gut. Die Comic-Vorlage hatte tatsächlich ebenfalls Fortsetzungen, an denen man sich bedienen konnte, die alte Crew konnte zusammengerottet werden und was in Teil 1 Nicolas Cage (Ghost Rider: Spirit of Vengeance) war, sollte nun Jim Carrey werden.
Nur leider bringt all das nichts, wenn auch die Vorlage schon qualitativ nicht mit dem Original mithalten kann, der Knalleffekt des ersten Mals fehlt und Jim-Carreys Colonel Stars and Stripes aller Sinn und Tiefe fehlt. Darüber hinaus – und das ist vielleicht das Traurigste – wurden die klugen ironischen Spitzen durch platte und einfallslose Kalauer ersetzt. Offenbar hatte man den Plan, all die Makel auszugleichen, indem man einfach den Gewaltschraube ordentlich anzieht, doch führt auch das nur dazu, dass Kick-Ass 2 neben planlos und peinlich zusätzlich noch geschmacklos wurde. Dass die minderjährige Mindy als Hit Girl reuelos Menschen richtete, war eingangs geschicktes Stilmittel, um den Zuschauer zu irritieren und dazu zu zwingen, sich moralischen Zweifeln zu stellen. Nun ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit nur noch vorgeschoben, um das Mädchen als fleischgewordene Misantropie möglichst brachial in Szene zu setzen.
Die Handlanger des Bösen sind ebenso abgegriffen und völlig arm an Eigenschaften, die über unerträglichen Klamauk und rassistische Klischees hinausgehen.
Ein paar gelungene Ideen sind dabei, ein paar Schmunzler ebenso, aber diese Minderheit steht in einer großen Pfütze aus fader Einfallslosigkeit und bekommen nasse Füße.
Am unerträglichsten sind aber die nervigen Dialoge. Selten viel so oft die Frage „Wie war das noch mal?“, damit jemand für den Zuschauer die Lage erklären kann. Und selten waren Schlagabtausche uninspirierter und höhepunktärmer als hier.

Übers Schauspiel kann man sich kaum beklagen Aaron Taylor-Johnsons gibt den namensgebenden Anzugträger so tapsig und verdreht wie noch in Teil 1. Hit Girl darf mehr zeigen und kommt als Charakter damit schlechter weg, weil die kunstvolle Vereinigung von Zerbrechlichkeit und Stahleshärte hier durch strikte Trennung abgelöst wird und die Figur damit ihre spannende Ambivalenz  einbüßt. Werbefigur Jim Carrey, der sichtbar Spaß hat und am Ende für Aufsehen sorgte, weil er sich wegen des Gewaltgrads (und vermutlich fehlender Qualität) vom Film lossagte, schafft es auch mit seinem ambitioniertem Spiel nicht, die lahme Figur seines Colonels im Ansatz interessant zu machen, so furchtbar ist das Script geraten.
Der definitive Tiefpunkt des Filmes ist ein Kotz- und Fäkalballett in der Schule, aber auch Späße über Vergewaltigungsversuche und Tetrismusik zu Polizistenmorden sind pietätlos ohne im Ansatz witzig zu sein. Wo das Original noch durch kesse Provokation aber dem Herz am rechten Fleck punktete, ist Kick-Ass 2 an vielen Stellen bloß noch erbärmlich.
Es ist schon zum Weinen, wie sehr sich der Film in fast jeder Szene darum bemüht, den Stil des Vorgängers zu erreichen und in jeder Szene tief fällt. Der vormals geniale Musikeinsatz ist nun kaum mehr als beliebige Begleitung zu beliebigen Szenen. Selbiges trifft auch auf die Kämpfe zu, die in Matthew Vaughns Umsetzung so wunderbar direkt inszeniert waren, dass sie gleichzeitig der Schalk im Nacken und die Faust im Magen waren. Jetzt regiert Austauschbarkeit.
Die Ursprungsprämisse, die Superhelden so aussehen zu lassen, als agierten sie in der echten Welt, wird ebenso verraten, weil die Welt von Kick-Ass 2 nun unverkennbar eine Comicwelt ist. Polizisten, die nicht mal mit einem Verkehrsdelikt gewachsen wären, eine Heerschar an Comic Reliefs und quietschige Sidekicks rauben dem Szenario die für das Konzept so wichtige Authentizität.

Fazit

Wenig vom wertvollen Geist des ersten Teils steckt noch in Kick-Ass 2. Stattdessen bietet der Film plumpe Unterhaltung mit niederem Humor, unmotivierten Charaktermomenten und sonderbaren Handlungsverläufen. Wegen fehlender Intensität geht das Geschehen nie nahe und die vormals markanten Figuren und Situationen weichen blasser Beliebigkeit.
Kick-Ass 2 ist musterhaftes Beispiel dafür, wovon Helden sich in Acht nehmen müssen: Sich den Erfolg zu Kopf steigen zu lassen und durch Übermut selbst zu erniedrigen.

Iron Sky – Wir kommen in Frieden!

Es ist schon einige Jahre her, da hatte ein junger Filmemacher die Idee, die alte Verschwörungstheorie von den Nazis auf dem Mond und ihren Reichsflugscheiben, die mit überlegener Nazi-Technologie über die Erde schwirren, in einen Film zu packen, der so albern sein sollte, wie die Grundidee klingt. Erste Filmszenen wurden im Trailer-Stil auf das Internet losgelassen und huschten im Nu im die Welt – die flink anschwellende Fangemeinde wurde durch ein Crowdfunding-Projekt nie dagewesenen Ausmaßes mobilisiert. Mit Spendengeldern und Merchandise-Einnahmen nahm Regisseur Timo Vuorensola umgerechnet 7,5 Millionen Euro ein. So wurde aus einer launigen Drehbuchidee ein finnisch-deutsche Großproduktion. Fans aus aller Welt konnten sich am Entstehungsprozess beteiligen und ihre Ideen beisteuern. Ähnlich hoch wie das Etat waren am Ende auch die Erwartungen, die der finale Film durchgängig enttäuscht.

Story

Amerikanischer Wahlkampf im Jahre 2018. Die amtierende US-Präsidentin braucht dringend ein paar gute Argumente für ihre Wiederwahl. Da der Mond schon ein paar Jährchen vernachlässigt wurde, ruft sie ein Programm ins Leben, den guten alten Erdtrabanten mal wieder anzureisen. Ihr Mann hierfür ist James Washington – nicht, weil er ein guter Raumfahrer ist, sondern weil seine dunkle Hautfarbe medienwirksam dafür sorgen soll, dass man der Präsidenten ihre großmütige Toleranz abkauft.
Als Washington den Mond betritt, stößt er nach ein paar Metern auf eine gewaltige Basis in Hakenkreuzform: Die Nazis wohnen hier. 1945 türmten sie aus Neuschwabenland und errichteten auf dem Weltraumgestein ihre Kolonie. Fortan wird die Ideologie an die heranwachsenden Generationen weitergegeben und man rüstet sich, zur Erdheimat zurückzukehren und sie mit einer ganz eigenen Interpretation von Frieden zu beglücken.
Washingtons Smartphone scheint die perfekte Energiequelle zu sein, um die von langer Hand geplante Invasion zu starten. Nur mehr braucht man von diesen wundersamen Taschencomputern, viel mehr. Also wird ein kleiner Stoßtrupp Richtung Erde geschickt, um die Offensive einzuleiten. Mit von der Partie ist nicht nur der inzwischen gebleichte Washington, sondern auch Renate Richter, Liebchen des angehenden Führers, deren Überzeugung, dass die Nazis die großen Friedensbringer sein werden, aber zusehends bröckelt.

Kritik

Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Iron Sky ist beträchtlicher Murks, und das auf allen Ebenen. So herrlich debil die Prämisse ist, so desillusionierend fällt die Umsetzung aus. Bei unzähligen kreativen Köpfen, die jahrelang aus purer Leidenschaft heraus über diesem Projekt gebrütet haben, um abstruse Plottwists und pointierte Witze zu ersinnen, war vielleicht nicht die komödiantische Offenbarung, sicherlich aber eine spaßige Satire zu erwarten, die mit allerhand Aberwitz und schelmischer Provokation unterhält. Und doch ist Vuorensolas Herzensprojekt eigentlich nur als filmische Katastrophe zu bezeichnen.
Zwar gibt es Gags am laufenden Band, doch sind diese allesamt ausgelutscht, schal und rundweg uninspiriert. Über ein traniges Wiederverwerten uralter Klischees kommt Iron Sky humoristisch nie hinaus. Auch der einzig passable Gag, dass die Nazis Charlie Chaplins Der große Diktator vollkommen missverstehen, da sie nur Bruchstücke von ihm kennen, kann im Rahmen des Filmes kaum bestehen.

Gemeinsam mit dem Humor pendelt auch die Handlung zwischen albern und banal. Als sich die Nazischergen nach der noch halbwegs tragfähigen Einführung auf den Weg zur Erde machen, verkommt der Rest des Filmes zu einem Vehikel für Unnötigkeiten, bis die aufgeplusterte Schlacht am Ende deutlich macht, wohin das ganze Geld geflossen ist. Die langen 92 Minuten wirken die meiste Zeit, als dienten sie nur dafür, die konstruierten Slapstikeinlagen miteinander zu verbinden.
Gut sieht er aus, der Film über die Mondfaschisten, und kann sich an so mancher Stelle im Effektbereich mit deutlich kostspieligeren Großproduktionen messen – doch ist er nun mal weder interessant noch witzig. Und abseits der Optik bekleckert sich die formale Seite ebenfalls nicht mit Ruhm. Die Szenenübergänge sind teilweise katastrophal, das Schauspiel befindet sich trotz und wegen gewolltem Overacting stets an der Grenze zur Peinlichkeit und selbst die musikalischen Referenzen wollen nicht so recht zünden, weil sie einfach viel zu plump eingebunden wurden.
Beachtenswert ist, wie sehr die deutsche Synchro sich bemüht, das Filmerlebnis zusätzlich zu sabotieren. Iron Sky findet sich selbst am Komischsten, wenn die braunen Seleniten Deutsch sprechen und englischsprachige Erdbewohner darauf reagieren. In der deutschen Synchro geht die gesamte Ebene des Filmes natürlich flöten. Das kann man ihr schwerlich vorwerfen, schließlich muss der Film ja irgendwie ins Deutsche übersetzt werden, trotzdem wird Iron Sky damit auch der letzte Rest Daseinsberechtigung gemaust.
Das einzig Geglückte sind ein paar subtil eingebaute Referenzen an namenhafte Science Fiction-Klassiker, die dem Zuschauer nicht sofort aufs Auge gedrückt werden und deshalb bei Erkennen durchaus ein anerkennendes Nicken verursachen. Wenn die einzige Stärke eines Filmes das Zitieren fremder Stärken ist, spricht das aber nicht unbedingt für ihn.

Fazit

Dieses deutsch-finnische Spezialwerk erhebt den Anspruch auf Kultstatus und scheitert kolossal. Iron Sky vereint das Schlimmste aus defizitärem deutschen Gleichformkino und seelenloser US-Massenware. Einen Hauch von Kult umgab das Projekt während der Produktionsjahre – im tatsächlichen Ergebnis ist davon rein gar nichts zu finden. Der Film über die Mondnazis ist ein zotiges Nichts, das nicht nur stellenweise, sondern absolut hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Umso ernüchternder, dass Pre- und Sequels bereits in Planung sind.

Demolition Man

Steven Seagal, Jean-Claude Van Damme und Jackie Chan verabschiedeten sich allesamt von diesem Projekt, fürchteten sie doch um ihren guten Schauspielerruf, da ihnen nach und nach nur die Rolle des Antagonisten angeboten wurde. Schließlich wurden zwei Männer ins Boot geholt, die sich definitiv für nichts zu schade sind. Sylvester Stallone und Wesley Snipes bekriegen sich in dieser futuristischen Actionkomödie, die in gleich mehrfacher Hinsicht ein ziemliches Kuriosum ist.

Story

Detective John Spartan ist ein Mann der Tat, ein kompromissloser Haudrauf, wie er im Buche steht und außerdem erklärter Erzfeind des wahnsinnigen Kriminellen Simon Phoenix. Nach Jahren des Katz-und-Maus-Spielens hat Spartan seinen Widersacher 1996 endlich aus der Reserve gelockt. Doch ein kurzer Moment der Unbedachtheit verursacht den Tod vieler Zivilisten inmitten des großen Showdowns. Bösewicht Phoenix ist zwar gefangen, doch Spartan landet neben ihm auf der Anklagebank, da der tödliche Ausgang des Unterfangens seiner fahrlässigen Vorgehensweise zugeschrieben wird. Wie es 1996 nun mal Brauch ist, werden beide zu einer langen Haftstrafe im Kälteschlaf verdonnert, während derer sie mit mentalen Botschaften berieselt werden, die ihre Resozialisierung fördern sollen.
Im weit entfernten Jahre 2023 wird Phoenix aufgetaut, das Resozialisierungsprogramm gilt als geglückt. Keine 10 Sekunden später sind die Wärter ermordet und Phoenix befindet sich mit der fixen Idee auf freiem Fuße, sein kriminelles Regime schnell wieder instand zu setzen.
Die geordnete Welt der Zukunft weiß sich nicht gegen diesen anarchistischen Anachronismus zu behaupten und so wird auch Raubein John Spartan aus dem Eis gekratzt, um Feuer mit Feuer zu bekämpfen.
Dieser muss sich aber erst einmal in einer Stadt zurechtfinden, die mit seinem L.A. kaum noch was gemein hat. Dass fast alle, die er kannte, mittlerweile verblichen sind, ist eine Sache. Dass restlos alles, was Spaß macht, unter Strafe verboten ist und selbst harmlose Kraftausdrücke mit Geldbußen geahndet werden, ist eine ganz andere.

Kritik

Trügerisch deutet der Filmstart an, dass nun ein ganz normales Actionfilmchen anrolle, das rasch geschnitten ist, Testosteron versprüht und in jeder Einstellung den Geist der 80er inhaliert. Die Startsequenz zeigt Sly Stallone tatsächlich auch so, wie man ihn kennt. Rücksichtslos walzt er gleich einer Naturgewalt durch das zu infiltrierende Lagerhaus, um sich den schurkischen Phoenix vorzuknöpfen.
Erst nach diesem Vorgeplänkel beginnt der wahre Film und wirft auf den humorlos erscheinenden Anfang schließlich ein ganz anderes Licht. Denn sobald die Handlung knappe 3 Dekaden in die Zukunft springt, wird klar, dass Demolition Man eigentlich kein routinemäßiger Actionfilm, sondern in erster Linie eine sehr vergnügliche Variante von Generationskonflikt ist. Der alte Knochen Spartan findet sich in einer durch und durch pazifistischen Gesellschaft wieder, die den großen Traum vom großen Frieden derart radikal umsetzt, dass jeder ihrer Auswüchse hochgradig irrational wirkt. Alles, was irgendwie Aufregung verspricht, wird der Öffentlichkeit vorenthalten. Körperkontakt ist ebenso tabu wie Gewürze und kritisches Denken. Primär wird der Reiz des Filmes daher aus der enormen Diskrepanz zwischen der ungehobelten Lebenseinstellung des Protagonisten und den Zuständen der überdrehten Dystopie gewonnen. Glücklicherweise beinhaltet das Drehbuch viele große und kleine Ideen, dieses komödiantische Potential optimal auszuschöpfen, sodass Demolition Man in seinen besten Momenten eine gut funktionierende Komödie mit vielen absurden und denkwürdigen Momenten ist.
Das Ensemble ist sich dessen voll bewusst und spielt dem Umstand permanent in die Hände. Sowohl Wesley Snipes als schriller Psychopath als auch Silvester Stallone als mürrischer Neandertaler trumpfen mit deftig überzogenem Overacting auf. Gleichauf damit ist das Schauspiel Sandra Bullocks, die in der schönen neuen Welt ein naives Küken im Polizeidienst mit Sehnsucht nach brachialer Abwechslung verkörpert und über die gesamte Lauflänge ein sagenhaft debiles Grinsen zur Schau trägt, das der klebrigen Süffisanz ihrer biederen Gesellschaft ein ständiger Spiegel ist. Dass sie hierfür (nicht zum letzten Mal) mit der Goldenen Himbeere geadelt werden sollte, kann nur mit einer fatalen Fehlinterpretation der Foundation zu erklären sein. Trotzdem ist es genau dieser Streifen gewesen, dem sie all ihren anknüpfenden Erfolg zu verdanken hat.

Anerkennenswert ist außerdem die Fülle an Details, die sich auf den ersten und zweiten Blick entdecken lassen. Mehr oder minder offensichtliche Anspielungen auf andere Filme, ein hämischer Seitenhieb Richtung Schwarzenegger, womit sich Stallone für einen Witz auf seine Kosten in Last Action Hero revanchiert, und omnipräsente Parallelen zu Aldous Huxleys Brave New World lassen erahnen, dass Demolition Man für die Beteiligten beileibe keine Fließbandarbeit gewesen ist.

Leider besinnt sich der Film nicht in ausreichendem Maße auf seine Stärken. Immer dann, wenn die komischen und sehr selbstironischen Gefilde verlassen werden und es zu einer Konfrontation kommt, sinkt die Qualität rapide ab. Die Handgreiflichkeiten zwischen Spartan und Phoenix kommen in ihrer eintönigen Banalität nie über unteren Genredurchschnitt hinaus und führen dazu, dass jene Passagen sich redundant und überlang anfühlen, obwohl rein objektiv nur selten zur Waffe gegriffen wird. Dies kommt immer wieder im Film – oben erwähnte Anfangssequenz ausgenommen – und ganz besonders beim Finale zum Tragen, welches den Zuschauer mit einem Geschmack von Überflüssigkeit in den Abspann entlässt, der dem Gesamtwerk im Grunde nicht gerecht wird.

Fazit

Bei Demolition Man handelt es sich um eine so amüsante wie harmlose Science-Fiction-Satire, die sich letztlich von ihrem eigenen uninspirierten Actionanteil sabotieren lässt. Die Action ausgerechnet bei einem Stallone-Werk als Schwäche anzuführen, mag im ersten Moment etwas wunderlich erscheinen, zeigt aber auch auf, wie ideenreich und unbeschwert der zwanglose Science-Fiction-Film auf inhaltlicher Ebene daherkommt.