The OA

Brittany „Brit“ Heyworth Marling (Another Earth) und Zal Batmanglij bekamen von Netflix grünes Licht für ihre eigene „Autoren“-Serie. Geschrieben, inszeniert und gedreht wird The OA von diesem Tandem und erzählt mit außergewöhnlichen Mitteln eine außergewöhnliche Geschichte.

When I say it out loud it all falls apart.

Story

Seit sieben Jahren sind die Adoptiveltern von Prairie Johnson im Unklaren darüber, was mit ihrer blinden Tochter geschah, die eines nachts einfach verschwand. Entsprechend groß ist der Schock, als sie feststellen, dass genau sie es ist, die sie in einem YouTube-Video von einer Brücke springen sehen.  Prairie überlebt und kehrt heim. Doch einiges ist anders. Sie hat ihr Augenlicht wieder, hat gewaltige Narben auf dem Rücken und kann oder will ihr Verschwinden nicht erklären. Dann aber trommelt sie 5 Personen aus der Nachbarschaft zusammen, schafft ein Band zwischen ihnen und beginnt, der Gruppe in nächtlichen Sitzungen ihre Geschichte zu erzählen.

Kritik

Die größte Leistung der Serie ist vielleicht die gelungene Ambition, eine Grundambivalenz als tragendes Prinzip der gesamten Serie zu halten und zu pflegen, ohne dass diese jemals zu nerven oder zu verderben beginnt. The OA schwebt irgendwo zwischen Profanem, Religiösem, Science-Fiction und Posthumanismus. Während also in erster Linie die Geschichte von ein paar Jugendlichen und anderen Verlorenen und Suchenden erzählt wird, liegt der Schwerpunkt des Plots mit erstaunlicher Ruhe in der Mitte der aufgezählten Spannungsfelder und macht dort eine erstaunlich gute Figur. Und so entschlossen unentschlossen verhält es sich auch mit den weiteren Bausteinen von The OA. Angefangen beim vieldeutigen und deswegen im Zuge dieser Staffel auch gleich mehrmals anders erklärten Seriennamen selbst. Seltsame, die Esoterik berührende Momente wechseln sich ab mit Entwicklungen, die das Geschehen immer wieder erden und auf Augenhöhe mit den Zuschauern zu bringen versuchen. Die Figuren werden von passend gewählten Schauspielern verkörpert, die diesen Wechsel mitmachen, manchmal in ihren ätherischen Anwandlungen unnahbar scheinen und Kitsch befürchten lassen, dann aber immer wieder mit den Füßen auf den Boden gelangen und die Geschichte zu ihrem speziellen Gleichgewicht verhelfen, welches ihr ihre merkwürdige Anziehungskraft verleiht. Brit Marling, die nicht nur die Hauptrolle bekleidet, sondern auch die Serie gemeinsam mit Zal Batmanglij schuf und an der Hälfte der Drehbücher mitschrieb, macht eine gute Figur, wird aber vor allem von Emory Cohen als Homer (The Place Beyond the Pines, Smash) in den Schatten gestellt, der eine wirklich außerordentliche Performance darbietet. Erfrischend ist darüber hinaus, wie der Bösewicht der Geschichte dargestellt wird. Nicht nur handelt es sich keinesfalls um einen klassischen Antagonisten, auch befinden sich seine Motive, wie nach und nach deutlicher wird, ebenfalls in einer moralischen Ambivalenz, die ihre Prägung mit der eingenommenen Perspektive gänzlich ändert. All der gelungenen Stimmung und des erfolgreich umgesetzten mutigen Konzepts zum Trotz ist The OA aber nicht sicher vor einigen Ungereimtheiten und logischen Brüchen, ohne die die Geschichte so nicht funktionieren könnte. Es sind diese Punkte, die darauf hinweisen, dass das Drehbuch ohne gewisse Krücken nicht auskommt; Krücken, die mit ein wenig kreativer Zuarbeit in dieser Form und Offensichtlichkeit aber nicht notwendig gewesen wären. Der Grund ist folgender: Die Regie von The OA ist blendend, sie sieht die Gefahrenstellen des Stoffs, bringt die Folgen gerne an deren Ränder, umgeht die kritischen Stellen dann aber und schafft damit etwas Besonderes. Sie ist gewieft, selbstbewusst und zugleich sehr stilecht. Das Drehbuch hingegen spielt nicht in dieser Klasse und macht wirklich ausschließlich der sensiblen Inszenierung Spaß. Dass dies gut geht, ist der ungewöhnlichen Thematik, den unverbrauchten Schauspielern und dem Format als Serie. Die Frage, ob und wie sich dies in einer etwaigen zweiten Staffel fortsetzt, steht nun wartend im Raum. Staffel 1 jedoch ist so offen, wie eine Geschichte mit dieser Thematik wohl sein muss, bringt die zentrale Geschichte aber trotzdem zu einem befriedigenden Ende.

Fazit

Mit The OA hat das Duo Marling und Batmanglij eine spezielle, gefühlvolle Mixtur aus Drama, Thriller, Esoterik und Science-Fiction geschaffen, die tatsächlich aufgeht. Besonders die Schauspieler und die sensible Regie ermöglichen es, dass die wunderliche Welt der Ambivalenzen fesselnd und hochspannend ist – und definitiv Lust auf Mehr macht.

Ghost Rider: Spirit of Vengeance

Erinnert sich jemand an Ghost Rider? Wenn nein, dann Gratulation. Der Schmarrn ist nicht nur die schlechteste Marvelverfilmung aller Zeiten, sondern vielleicht auch der schlechteste Film mit Herrn Cage. Und das ist wirklich eine Leistung, wenn man sich in einem schwachen Moment mal die filmische Biographie des Herren mit Vorliebe für manische Rollen anschaut.
Der Vorteil: Für den zweiten Teil herrschte keinerlei Erwartungsdruck. Und siehe da, es funktioniert.

Um, I know that it’s a little awkward.

Story

Ein junge wird vom Teufel gejagt und entführt. Der perfide Plan des nicht minder perfiden Finsternisfürsten: Durch eine seltene Empfänglichkeit des Knirpses will er in dessen Körper als neue Inkarnation auf der Erde wandeln, um mit alter Stärke seine, nun ja, teuflischen Pläne umzusetzen. Moreau, eine Art Priester in ziemlich cool, ersucht Johnny Blaze alias Ghost Rider um Hilfe. Dieser ist allerdings vollständig damit ausgelastet, seine Kräfte und damit auch sich selbst vor dem Rest der Welt zu verstecken. Erst als Moreau  ihm die Rückerlangung seiner Seele in Aussicht stellt, lässt sich der ehemalige Stuntfahrer überreden, würde er so doch auch sein feuriges Alter Ego los.
Gemeinsam mit der Mutter des Jungen macht sich der mürrische Blaze auf die Suche nach Teufel und Teufelsbraten. Unterwegs macht ihnen nicht nur eine Horde von finsteren Schurken das Leben schwer, die im Auftrag des Höllenherren arbeiten, sondern auch der Ghost Rider, der von Blaze kaum noch unter Kontrolle zu halten ist, sich ständig an die Oberfläche drängelt und wenig mehr als Rache im Sinn hat.

Kritik

Eine knappe Vorstellung von Ort, Figuren und dem Stand der Dinge und nach gerade mal 13 Minuten hinterlässt der Ghost Rider seine rauchende Feuerspur im Asphalt.
Einer der vielen Fehler des ersten Teils, die bisher immer noch niemand alle zählen konnte, war der offensichtliche Umstand, dass man dem in die Jahre gekommenen Cage sein Dasein als heißblutiger Motorrad-Stuntman um keinen Preis der Welt abnehmen wollte, konnte und durfte.
In der Fortsetzung sieht es so aus, als wäre sehr viel Zeit ins Land gegangen und Johnny Blaze hält nicht aus Berufsgründen an seinem Teufelsofen fest, sondern weil in seinem verfluchten nichts anderes zum Festhalten übrig geblieben ist. Ein wenig wie Cage selbst, der sich mit steigendem Alter krampfhaft mehr und mehr Actionrollen zumutet und in jedem Film ein anderes schlechtsitzendes Toupet trägt und sein jüngeres Ich damit auf vermutlich ungewollte Weise tragisch durch den Kakao zieht.
Señor Cage hat bei alledem sichtlich Spaß und sitzt viel erträglicher und lockerer im Sattel als im Debakel, das der erste Ghost Rider war. Vermutlich deshalb, weil er dank halbiertem Budget und verschwundenen Erwartungen nicht mehr an der kurzen Leine gehalten wird und einfach machen kann, was er will und am besten kann. Das heißt nicht, dass er hier auch nur annähernd an seine guten Filme anknüpft, doch Cage ist nun mal Cage. Und hier und da darf er so richtig ausbrechen und seinen patentierten Wahnsinn rauslassen, der ihn so unvergleichlich macht – im Gegensatz zu allen anderen Overacting-Kandidaten.
Das in Verbindung mit dem Dämon, der aus ihm auszubrechen versucht, macht den Film an kurzen Stellen sogar richtig interessant.
Dass die Kämpfe zu peinlich kitschigen Heavy Metal-Riffs stattfinden, gehört ebenso zum guten Ton wie das Verpuffen  in mittelmäßigen Feuereffekten der armen Irren, die sich dem grimmen Unterweltbiker in den Weg stellen. Generell bewegt sich die Kamera bei Auseinandersetzungen um ein vielfaches schneller und häufiger als die mehr oder weniger agilen Kämpfenden selbst es tun.
Aber, und hier überholt der Film seinen Vorgänger im ersten Gang, der gebotene Trash ist niemals langweilig. Ghost Rider: Spirit of Vengeance ist, wie der Titel ja schon hinreichend versichert, allerfeinste B-Ware der hirnlosen Sorte.
Als netten Zusatz gibt es sogar ein paar akzeptable Erklärungen, ein bisschen religiöse Unterfütterung, Abwechslung in Sachen Tempo, Handlungsort und Stimmung, jede Menge stilisierte optische Spielereien und, ich glaube, es wurde noch nicht erwähnt, eine wohltuende Prise Cage-Manie. Über zehn, zwanzig Ungereimtheiten stolpert man natürlich, unterm Strich aber stellt der Film eine überdeutliche Steigerung zum schmerzhaft schlechten ersten Teil dar

Fazit

Tatsächlich kann der zweite Ritt des Ghost Riders Freude bereiten. Cage wirkt nicht mehr so traurig deplatziert wie im Vorgängerfilm, sondern hat sichtlich Freude an der Darstellung des gebrochenen Antihelden mit okkultem Anhängsel. Tempo und Geschichte sorgen für Kurzweil, sofern man mit der richtigen Einstellung an den Film geht, der sich selbst ebenso wenig ernstnimmt, wie der Zuschauer dies tun sollte. Für einen geselligen Abend durchaus tauglich, zudem man auch nicht viel verpasst, wenn man mal 20 Minuten aufs Klo verschwindet oder ungeplant an Stierkämpfen teilnimmt.