Gantz – Spiel um dein Leben

Der Manga Gantz von Zeichner Hiroya Oku brachte es auf viele Bände, wurde aber erst durch die Anime-Umsetzung durch Studio GONZO weltweit berühmt. Eine Berühmtheit, die neben Romanen und einem Videospiel im Jahr 2011 auch den ersten Realfilm hervorbrachte. Die Überraschung: Dieser funktioniert in entscheidenden Punkten besser als die Serie.

Ich geb‘ euch meine Zwiebel.

Story

Ein alkoholisierter Passant stürzt auf die Gleise einer U-Bahn und bleibt regungslos liegen. Als Schüler Kei Kurono beherzt auf die Schienen springt, um den verunglückten Trunkenbold vor dem nahenden Untergrundzug zu retten, befindet er sich plötzlich selbst in großer Lebensgefahr. Denn niemand der herumstehenden Passanten fühlt sich dazu berufen, ihm wieder auf den Bahnsteig zu helfen.
Erst in letzter Sekunde reicht ihm Mitschüler Masaru Kato die Hand. Doch in anstatt Kei in Sicherheit zu bringen, zieht dieser ihn unbeabsichtigt mit auf die Gleise. Der Zug erfasst beide.
Im nächsten Augenblick finden sich die Jungen im Appartement eines Hochhauses wieder, zusammen mit anderen Personen, die allesamt eigentlich tot sein sollten. Das Zimmer ist leer bis auf eine große schwarze Kugel mit glatter Oberfläche.
Während die Gruppe Quasi-Toter noch über Grund und Art ihres Aufenthalts rätselt, erscheinen Order auf dem schwarzen Artefakt.
Zu verrauschter Volksmusik öffnet sich das Rund und stattet die Anwesenden mit futuristischen Waffen und Rüstung aus. Im Inneren kauert ein nackter Mann, der mit Schläuchen am Leben gehalten wird.
Die Vorgabe: Innerhalb eines bestimmten Zeitlimits sollen außerirdische Ziele eliminiert werden. Für jeden Abschuss gibt es Punkte. Weigerung ausgeschlossen.

Kritik

Der Sci-Fi-Anime Gantz warb mit einer tollen ersten Folge und besaß so manchen guten Ansatz, konnte über die Laufzeit aber mit zu wenig Substanz dienen. Erklärt wurde wenig, stattdessen gab es repetitive Strukturen, unpassende Sexismus-Eskapaden und ein irgendwie sehr hohles Finale der ersten Staffel.
Der Film hat von Vornherein also keinen leichten Stand. Nicht nur, dass die ursprüngliche Adaption kein glänzendes Stück Animegeschichte ist, auch das Setting ist eigentlich viel zu abgehoben, um einen ernsten Film mit ernsten Schauspielern daraus zu machen, der am Ende funktioniert. Gantz versucht dies trotzdem und und allein der Versuch darf positiv angerechnet werden. Vor allem deshalb, weil man tatsächlich das Risiko eingeht, ungeheuer eng an der Serie zu kleben. Szenen, oft auch einzelne Bilder, sind identisch und geben der Geschichte daher – wenn man mit der Geschichte bereits vertraut ist – einen Wiedererkennungswert, der gleichermaßen negativ wie positiv wirken kann. Verblüffend ist es darüber hinaus, wie akkurat man sich auch bei den Aliens an den zugrundeliegenden Zeichnungen orientiert hat. Die hinterhältigen Zwiebel- und Musik-ETs besitzen auch in der Live-Action-Adaption ihre skurrile wie verstörende Aura. Auch auf die comichafte Brutalität wurde nicht verzichtet und so platzen Kinder, fliegen Beine und sprühen die Blutwolken nur so durch die Räume, dass man sich bei der Altersfreigabe von 16 Jahren eigentlich an den Kopf fassen möchte.
Bei aller Vorlagentreue schafft man es aber trotzdem, den Film an entscheidenden Momenten besser zu machen als den Anime. Und wie oft kann man das schon von einer Verfilmung sagen?
Das Tempo stimmt und Regisseur Shinsuke Sato besitzt das richtige Gespür für Suspense, was aber auch der einfachen Tatsache zu verdanken ist, dass Stimmungen durch Schatten in der echten Welt viel leichter als in ihrem Zeichentrick-Pendant zu generieren sind. Und manchmal funktioniert selbst der Humor. Zudem sind die Actioneinlagen deutlich dynamischer gestaltet und der Ghettoblaster liebende Plastik-Nussknacker-Androide ist noch einen Zacken wunderlicher als eh schon. Außerdem nutzt der Film Möglichkeiten, die auch in der Serie schon völlig offensichtlich waren, von dieser unbegreiflicher Weise aber ungenutzt geblieben sind. Hier wie da kann aber nicht verhindert werden, dass es schnöde wird, wenn die – zum Glück nur seltenen – emotionalen Redundanzen aufkommen und mit aufgesetzter Rührseligkeit à la „ich wollte schon als Kind so sein wie du, stirb doch noch nicht!“ zu punkten versuchen. Dramatik kann die hölzerne Stereotypen-Konstellation im trashigen Action-Szenario einfach nicht leisten. Zum Glück unternimmt man diese unbeholfenen Versuch aber wirklich nur am Rande und geht schnell wieder dazu über, nett auszusehen und anständig die Fetzen fliegen zu lassen. Nur am Ende muss man ein wenig Kitsch-Toleranz hochschrauben. Oder einfach 10 Minuten früher abschalten.
Trotz der positiven Seiten kann der Film es nicht vermeiden, dass das Präsentierte aufgrund des absurden Mischverhältnisses aus Science-Fiction, Mystery, Surrealismus und schwankender Comedy zwar immer noch bedrohlich, durch den erhöhten „Sonderbar-Anteil“, weil der schlichtende Anime-Stil hier einfach fehlt, aber auch ein wenig harmloser und dafür eben skurriler wirkt. Gerade deswegen ist es aber beachtlich, dass Blödsinn, der sich selbst so ernst nimmt, sich dergestalt inszenieren kann, ohne sich zugleich der Lächerlichkeit preiszugeben. Und das ist vielleicht die größte Schwierigkeit gewesen, vor der der Film stand – und die er im Endeffekt relativ souverän meistert. Es mag aber auch gut angehen, dass Zuschauer, die mit der Vorlage nicht vertraut sind, einen ganz anderen und womöglich weniger nachsichtigen Blick auf das Produkt haben.
Die Schauspieler sind Mittelmaß und haben sich außerdem nicht nur mit sehr gestelzten Dialogen, sondern bei uns auch mit der üblichen lieblosen, unglücklich auf albern getrimmten Synchronisation zu kämpfen.
Was die Figuren für einen Unfug von sich geben, ist teils schon fast lähmend. Wenn ein knurrendes Ungeheuer die Protagonisten in eine Ecke drängt, soeben einen Kameraden pulverisiert hat und sich nun daran macht, dem Rest ein ähnliches Schicksal zu bescheren, wird allen Ernstes Vorgeschlagen, die Polizei zu rufen.

Fazit

Die geheimnisvolle Jagd auf die extraterrestrischen Gemüsemutanten funktioniert in zwei Stunden Film einfach besser als auf Serienlänge. Viele, wenn auch bei weitem nicht alle Schwächen der Vorlage konnten entschärft werden, was bleibt, ist ein manierliches und durchaus auch hübsches Action-Spektakel, das alles aus seiner Vorlage rausholt.

Die ähnlich unterhaltsame Fortsetzung schloss ein Jahr später an und hört auf den vollmundigen Titel Gantz – Die ultimative Antwort.

Das verschwundene Zimmer

Der Sci Fi Channel/SyFy ist berüchtigt für viele schlechte Filme und bekannt für viele gute Science-Fiction-Serien. Auch Hochkaräter wie Battlestar Galactica, Firefly, Babylon 5 und Farscape gehen auf das Konto des Senders. Weniger bekannt sind die produzierten Miniserien. Eine davon ist Das verschwundene Zimmer aus dem Jahre 2006, das bei Erscheinen einige  Nominierungen entete, unter anderem für den Emmy und den Writers Guild of America Award.

Timmy brought in a huge earthworm. I touched it.

Story

Detective Millers Frau ist über alle Berge und das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter droht ihm entzogen zu werden. Von seiner Ausweglosigkeit geplagt, stürzt er sich in Arbeit. Ein jugendlicher Kleinkrimineller, dem er früher geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen, stirbt vor seinen Augen – und hinterlässt ihm einen unscheinbaren Motelschlüssel, der sich in jedem beliebigen Schloss herumdrehen lässt. Dies getan, gelangt man durch die entsprechende Tür in ein mysteriöses Zimmer mit der Nummer 10, das abseits der Gesetze von Raum und Zeit zu existieren scheint. Von dort aus lässt sich jede vorstellbare Tür auf der ganzen Welt erreichen.
Gemeingefährliche Kriminelle eröffnen die Jagd auf den Detective und zu allem Überfluss verschwindet seine Tochter in dem Motelzimmer. Er wird der Entführung seines eigenen Kindes bezichtigt und Gut wie Böse sind daraufhin auf seinen Fersen.
Viele Parteien schlecken sich die Finger nach dem wertvollen Schlüssel und wie von selbst stößt der leiderprobte Vater auf weitere kuriose Artefakte. Von einem teleportierenden Fahrschein über eine eierkochende Armbanduhr bis hin zum todbringenden Kugelschreiber. Alle hängen sie irgendwie mit dem geheimnisvollen Raum zusammen, besitzen einzigartige Kräfte und haben fanatischen Sammler, die es um jeden Preis auf sie abgesehen haben.
Miller wird klar, dass er das Zimmer und die Objekte verstehen und beherrschen muss, um seine Tochter zurückzubekommen.

Kritk

Das verschwundene Zimmer Startet ziemlich temporeich, aber auch ein wenig unbeholfen. Generell sind die darstellerischen Fähigkeiten nicht die Stärke der Serie und auch die Dialoge verdienen ganz gewiss keine Preise. Eine Ausnahme – jedenfalls was den ersten Punkt angeht – bilden Protagonist Miller und seine hinreißende kleine Tochter, gespielt von Elle Fanning, die 2001 mit J.J. Abrams 80er-Jahre-Sci-Fi-Hommage Super 8 weltweite Berühmtheit erlangte. Und das zu Recht.
Bemerkenswert ist, wie man mit einfachsten Mitteln so viel Mystery zu erzeugen imstande ist. Von ein paar simplen, sorgsam eingenähten Effekten abgesehen, kommt Das verschwundene Zimmer ohne großen Budenzauber aus. Was für das Verständnis und Glaubwürdigkeit benötigt wird, das wird auch gezeigt, doch entwickeln sich die meisten Verstrickungen und auch der Hauptteil der Spannung aus den Gesprächen und Begegnungen heraus.
Dies darf man nicht missverstehen. Zwar wird viel gesprochen, trotzdem geht es für eine Miniserie ausgesprochen turbulent zu. Ständig passiert irgendetwas und alles ist immer in Bewegung. Über Langeweile und ereignislose Durststrecken wird man sich bei der Sci-Fi-Mystery-Serie unter Garantie nicht beschweren. Der Preis hierfür sind natürlich massenhaft Zufälle. Dass dies nicht zu sehr zulasten der Plausibilität geht, liegt an der simplen Eigenlogik der Serienwelt, die die meisten aufkommenden Fragen mit mystischem Objektdeterminismus beantwortet. Dass man es sich hier sehr einfach gemacht hat, ist kaum von der Hand zu weisen. Gerechtfertigt wird das Schlupfloch aber durch die angenehme Tatsache, dass die Erzählung herrlich straff vorgetragen wird. Das sorgt nicht nur dafür, dass der Zuschauer ständig mitgezurrt wird, sondern kaschiert zudem geschickt die eine oder andere Ungereimtheit. Auch der trockene Humor trägt seinen Teil hierzu bei. Fragen wie „Wie zum Geier passt der Schlüssel in jedes Schloss?“  oder „Was geschieht, wenn man eine Tür als Ankunftsort auswählt, die bereits geöffnet ist und in der jemand drinsteht?“ sollte man dennoch nicht zu laut stellen.
Die Serie tut einfach gut daran, ihre Geschichte in nur 6 Episoden zu erzählen. Anderswo hätte man sich 18 Folgen für denselben Plot genommen und wäre gescheitert.
Vor allem die tragische Spirale, dass mit jedem scheinbar durchdachten Schritt alles ein klein wenig schlimmer wird, funktioniert für eine ganze Weile mustergütig. Die an sich mittelmäßige, aber geschickt eingesetzte Musik tut ihr übriges. Überhaupt ist die Sache technisch sehr solide umgesetzt – auch wenn man weiß, dass der Sci Fi Channel eigentlich zu mehr in der Lage ist. Besonders die Kamera überrascht an einigen Stellen mit einer interessanten Eigenwilligkeit.
Das Wichtigste ist, dass Das verschwundene Zimmer es gelingt, spielend eine sehr spezielle Atmosphäre heraufzubeschwören, die von Folge von Folge aktualisiert wird. Dadurch stellt sich bereits in den ersten Minuten ein markantes Gefühl ein – ein Individualismus, den die meisten Serien einfach nicht erreichen.
Nach Folge drei könnte man zu glauben beginnen, dass die kleine Produktion davor stünde, sich in einen Leerlauf zu begeben. In der nachstehenden Episode geht es aber wieder steil nach oben, das Tempo überschlägt sich fast und es folgen noch ein paar bemerkenswert unterhaltsame Ideen, bis man mit einem Finale endet, das die Sache nicht toterklärt, aber hinlänglich befriedigend abschließt.
Als richtiger Schandfleck stellt sich leider Dennis Christopher heraus, dessen Charakter Martin Ruber sich früh als niederträchtiger Schuft im Forensiker-Fell herausstellt. Hier ist derart viel Overacting im Spiel, dass man den Kerl zwar automatisch unsympathisch findet, aber aufpassen muss, dieses Gefühl nicht im nächsten Schritt auf die restliche Serie mit zu übertragen, so schmerzhaft neben der Spur ist sein Schauspiel. Und auch der anfangs so gerissene passionierte Sammler Karl Kreutzfeld scheint im späteren Verlauf aus irgendeinem Grund eine gehörige Portion Intelligenz eingebüßt zu haben, wird zunehmend passiver und unwissender und verspielt damit einen Gutteil seines Charismas. Gerade bei einer charakterbetonten Serie wie dieser fallen solche Patzer überdurchschnittlich schnell auf und schwer ins Gewicht.

Fazit

Das verschwundene Zimmer ist eine angenehme Sci Fi Channel-Produktion mit eigenem Charme, hübschen Ideen, einer charakterbetonten Umsetzung und hohem Tempo. Aufgrund der sehr konzentrierten Erzählung lässt sich die Miniserie perfekt an einem Wochenende beenden und bleibt trotz kleinerer Schwächen gut im Gedächtnis.

Übrigens ist eine Fortsetzung in Comicform geplant, wurde trotz des versprochenen 2011er Termins aber bisher nicht eingehalten. Red Five Comics beteuern, dass sich das Projekt weiter in Entwicklung befinde.

Love

Love ist bekannt, weil Finanzen und Musik von der Rockband Angels & Airwaves stammen. Angels & Airwaves  sind bekannt, weil blink-182-Frontmann Tom DeLonge mitmischt. Love heißt dieser Film, weil das 2009er Album der Band diesen Namen trägt. Dieses gab es kostenlos als Download. Der gleichnamige Film war nicht ganz so günstig, mit einer halben Million US-Dollar aber immer noch ein echtes Schnäppchen.

FK these noises.

Story

20 Jahre lang hat kein Mensch mehr die Erde verlassen. Am 07.07 2039 wird diesem Missstand ein Ende gesetzt und Astronaut Lee Miller ins All geschossen. Genauer gesagt auf die 360 Kilometer entfernte Raumstation L-E-O, um dort nach dem Rechten zu sehen.
Anfangs sieht alles gut aus und Lee, der dort unten eine kleine Berühmtheit ist, erledigt seine Aufgaben mit routinierter Gelassenheit.
Kurz darauf bricht der Kontakt zur Erde ab und der junge Raumfahrer sitzt vollkommen isoliert auf der beengenden Station fest. Aus Stunden werden Tage, aus Tagen Jahre. Die Lebenserhaltungssysteme funktionieren weiter, Luft und Verpflegung sind gewährleistet, alles weitere nicht.
Vielleicht stimmt etwas auf der Erde nicht, vielleicht stimmt etwas nicht in der lebensfeindlichen Schwärze des Alls; vielleicht sowohl als auch. Womöglich stimmt auch einfach mit Lee selbst etwas nicht, der zusehends durch die Einsamkeit eingeht.
Während einer Reparatur entdeckt er ein sorgfältig verstecktes Tagebuch aus Bürgerkriegszeiten, das einen außergewöhnlichen Fund dokumentiert.

Kritik

Spätestens seit Kubriks Monolith 2001 – Odyssee im Weltraum dienen cineastische Ausflüge ins All nicht mehr nur Thrill und Staunerei. Der Weltraum ist längst nicht mehr nur voll mit Wunder und exotischen Planeten, sondern allzu oft auch leer, karg und beispiellos einsam.
Der erste gute Punkt: Love ist keine Promotion für Angels & Airwaves. Deren Musik untermalt immer mal wieder unaufdringlich aber passend die Szenen und baut in Einklang mit den Bildern eine aufgekratzte Stimmung der Isolation und Unsicherheit, ohne dabei zu dominant oder anstrengend zu werden.
Künstlerische Vollmacht bekam der relativ junge William Eubank, der mit Love nicht nur sein Spielfilmdebut als Regisseur ablieferte, sondern sich außerdem auch für Drehbuch, Kamera und so manches anderes verantwortlich zeigt.
Da man sich vom krümeligen Budget nicht wie geplant das Set von Apollo 13 mieten konnte, baute der Herr einfach den Garten seines Elternhauses um. Nicht nur die gesamte Raumstation bastelte er aus Baumarktutensilien zusammen, auch hob er in dreiwöchiger Arbeit eigenhändig die Schützengräben für die kurzen Kriegsszenen aus.
Und so sieht das 500.000 Dollar-Projekt aus: Nicht billig, sondern nach Liebe, Schweiß und Herzblut. Die Raumstation ist vollends überzeugend und wirkt bis ins Detail glaubwürdig. Einziges Manko: Genaugenommen müsste  in L-E-O Schwerelosigkeit herrschen. Dieser Fakt wird ein paar Mal angedeutet – etwa wenn Lee auf seinem Funkstuhl mit einem Gurt festgeschnallt ist – aber niemals gezeigt. Schon eine Szene später bewegt er sich durch seine Bleibe als herrsche normale Erdanziehungskraft und schwitzt bei Liegestützen. Doch verzeihen wir dem Film das und setzen eine künstliche Schwerkraft voraus.
Vor allem als Kameramann brilliert Eubank auf ganzer Linie, indem er pausenlos stimmungsvolle Eindrücke festhält, die primär nicht durch ihr Motiv, sondern durch tolle Farben Atmosphäre schaffen. Love ist ein Film wirklich starker Bilder.
Diese sorgen dafür, dass die quälende Einsamkeit des völlig abgekapselten und ahnungslosen Protagonisten nachvollziehbar wird. Es ist beeindruckend, wie abwechslungsreich und vielfältig die beschränkte Umgebung präsentiert wird, indem immer wieder neue ungewöhnliche Kamerapositionen gefunden werden und trickreiche Schattenspiele dem eigentlich sterilen Ort etwas sehr Dunkles und Verstörendes geben.
Die sehr langsam aber auch stimmungsvolle Geschichte macht neugierig. Inhaltlich wird diese Neugierde am Schluss ausreichend befriedigt, wenn das auch nicht jeder so sehen mag.
Love ist mehr Atmosphäre denn Geschichte. Die meiste Zeit ist es ruhig, drückend und angespannt. Die einzige richtige und nur wenige Sekunden andauernde Actionsequenz in der Filmmitte wirkt dadurch doppelt so intensiv. Die komplett in Zeitlupe ablaufenden Schlachtensequenzen des Bürgerkriegsszenarios laufen konsequent sphärisch und überstilisiert ab, sodass sie eher einem traurigen Tanz als Kriegsgeschehen gleichen. Auch wenn die beunruhigende Stille und die erdrückende Eintönigkeit auf der Station an manchen Stellen etwas zu sehr auf die Spitze getrieben werden, wird das Ziel erreicht: Der Sci-FI-Film ist nicht nur überdurchschnittlich schön, sondern auch ungemein stimmungsvoll.
Thematisch orientiert man sich vor allem an Genrevertretern wie Solaris, Lautlos im Weltraum und immer wieder an obengenanntem 2001 – Odyssee im Weltraum, bei dem Love auch unverhohlen zugibt, dass er als klares Vorbild diente.
Und eindeutiges Zitieren von Stanley Kubricks Sci-Fi-Epos ist nie verkehrt – vor allem dann nicht, wenn es so gelungen geschieht, wie im Finale.
Kaum zu verleugnen ist außerdem ist die nahe Verwandtschaft zu Duncan Jones‘ Moon, der gerade erstes Kritikerlob einheimste, als die Produktion von Love sich dem Ende näherte.

Wenn Lee später immer stärker in eine Schizophrenie hineindriftet, erringt das Klischee allerdings einen kleinen Sieg.  Es gibt einfach bessere Wege, Einsamkeit erzählerisch zu intensivieren, als mit gespaltener Persönlichkeit um die Ecke zu kommen. Und das trifft letztlich auf den ganzen Film zu. Obwohl das Ganze niemals spannungsarm ist, sind die einzelnen Elemente häufig einen winzigen Tick zu abgedroschen. Nie so sehr, dass es ernsthaft ärgerlich zu werden droht, aber immer genug, um sich dessen bewusst zu sein.

Eigentlich versteht sich Love aber sowieso als Abhandlung über den Menschen als soziale Kreatur, die ihresgleichen Bedarf. Die Zwischenmenschlichkeit als funktionelle Bedingung, die Herde, das Kollektiv, die Notwendigkeit, gemeinsam zu sein. Während Love atmosphärisch brilliert und auch eine durchaus passable Geschichte erzählt, schrammt die Motivation, darüber hinaus eine existenzielle Botschaft zu vermittelt, nah am Scheitern vorbei, weil das Mitgeteilte viel zu abgeschmackt und flach ist.
Das liegt zuvorderst daran, dass irgendwelche Personen, die vermutlich Lees Vorgänger darstellen sollen, in kurzen Einschüben immer mal wieder lehren, wie wichtig Kommunikation und Zwischenmenschlichkeit doch seien. Weshalb Love sich diesen Kunstgriff erlaubt, bleibt völlig im Dunkeln. Auch ohne die Vorträge der herumdrucksenden Gestalten, die sich offensichtlich in einer Interview-Situation befinden, wären die zentralen Themen des Filmes und die Probleme seines Protagonisten hinreichend evident gewesen. Die abgehackten Monologe wirken wie eine unnötige Erklärung der aussagestarken Bilder und sind deshalb überwiegend redundant. Es entsteht der Verdacht, man wollte mit dieser Zusatzebene vor allem die 80 Minuten vollkriegen.
Zum Glück hat man sich wenigstens dafür entschieden, die kitschigen Schicksalsgeschichten der drei Interviewten wieder rauszuschneiden, welche außerdem noch mit kaum zum Rest passender Angels & Airwaves-Musik unterlegt waren, die als einzige im Film Gesang enthalten hätte.

Unterm Strich bleibt eine Schwierigkeit. Love ist sehr schwer zu bewerten. Man kann das SciFi-Werk ihn nicht nur lieben oder hassen, sondern auch furchtbar mittelmäßig finden. Für jedes dieser Urteile befinden sich ausreichend Gründe im Film und jeder wird sie nach ganz eigenem Maßstab bewerten müssen. Die 7,8 Punkte oben könnten genauso gut 3 oder 9 sein.

Fazit

Love ist ein bemerkenswerter Film. Die sehr unterschiedlichen Puzzleteile passen nicht ganz perfekt zusammen, dessen ungeachtet entsteht am Schluss ein Gesamtbild, das sich sehen lassen kann. Ist man in der Lage, über ein paar Kleinigkeiten hinwegzusehen und stößt man sich nicht daran, dass die Handlung zugunsten der Atmosphäre sehr gemächlich vorangeht, ist der Film definitiv einen Blick wert.

Fantasy Filmfest Special: The Tall Man

Fantasy Filmfest Special 3

Als 2008 der Horrorfilm Martyrs in die Kinos (außerhalb Deutschlands) drang, wurde so mancher eines Besseren belehrt, der dachte, das französische Genrekino wäre in Sachen Härte und Schonungslosigkeit endgültig nicht mehr zu steigern.
Der Erfolg schwemmte Regisseur und Drehbuchautor Pascal Laugier in die USA, wo sein nächster Film The Tall Man mit bekannteren Schauspielern, weniger Ekel, aber ähnlichem Prinzip unter Beweis stellen soll, dass der Überraschungserfolg von Martyrs keine Einmaligkeit gewesen ist.


But that feeling didn’t last long.

Story

Das Bergarbeiter-Kaff Cold Rock ist nah dran, eine Geisterstadt zu werden. Die Minen sind geschlossen, Arbeit ist rar und die Stimmung ist am Boden. Diese Probleme wirken aber vergleichsweise nichtig im Schatten der Geschehnisse, die sich seit Jahren in der Stadt abspielen.
Es verschwinden Kinder. Und das oft, absolut spurlos und auf ausgesprochen unheimliche Art und Weise. Eine großgewachsene, vermummte Gestalt mit Hut wird für den Missstand verantwortlich gemacht und in Cold Rock mit Flüsterstimme und unter vorgehaltener Hand nur ehrfürchtig „Tall Man“ genannt. Eine neue, kinderraubende Legende ist geboren.
Als der gefürchtete Entführer plötzlich im Haus von Krankenschwester Julia steht und den kleinen David quasi vor ihren Augen aus dem Bettchen raubt, nimmt sie die Verfolgung auf.

Kritik

Es scheint eine Masche von Monsieur Laugier zu sein, dass er zu Beginn seiner Filme so tut, als handele es sich um durch und durch typische Genrekost. Startete Martyrs einst ganz klassisch mit zwei durchschnittlichen Mädels in einem bedrohlichen Haus, so beginnt The Tall Man wie ein archetypisches Gruselfilmchen mit einer furchtbar mittelmäßigen Sagengestalt als Unhold, die sich ohne aufzufallen zwischen dem Schwarzen Mann, der Zahnfee und dem Klabautermann einreihen könnte.
Doch natürlich ist dann alles anders und nach dem anfänglichen, recht souverän aufgebauten Täuschungsmanöver überholen die unerwarteten Wendungen einander beinahe mit ihrem hohen Tempo.
Und genau hier liegt auch das Problem des Filmes. So gerissen The Tall Man auch tut, so schlecht durchdacht und inkonsequent fallen die mit viel Freude inszenierten Plot twists aus. Ein paar der Enthüllungen können für den ersten Moment durchaus die gewünschte Verwunderung beim Zuschauer erwirken, fallen meistens aber beschämt in sich zusammen, sobald man etwas eingehender über sie nachdenkt. Vor allem die beiden großen Trümpfe, die The Tall Man in seinem Ärmel wähnt, können selbst einer oberflächlichen Inspektion nicht standhalten. Selbiges trifft eigentlich auch auf die Ausgangssituation zu, die so verzwickt und unlösbar, wie sie in der Einführung dargestellt wird, eigentlich gar nicht ist.
Zum Glück verlässt sich der Film zwar sehr, aber nicht ausschließlich auf seine vermeintlichen Aha-Momente, sodass auch ohne sie immer noch ausreichend Substanz übrig bleibt, um einen halbwegs brauchbaren Film zu ergeben.
Sein Handwerk versteht der umstrittene Franzose nämlich ganz ohne Frage. Der Film hat ein Gespür für Timing, setzt seine Schockmomente halbwegs gut dosiert und ist professionell ausgeleuchtet. Auch die Schauspieler geben ihr Bestes, sind aber natürlich Gefangene des Drehbuchs. Jessica Biel, die dem Film ihr Gesicht verleiht, erzeugt mit ihrem seltsam unterkühlten Spiel ein paar nette Momente, wirkt an anderen Stellen aber ein wenig blass.

Fazit

Kein zweites Martyrs, sondern ein prätentiöser Einfallspinsel von einem Film, dessen viele Twists nur selten aufgehen. Ausgerechnet das Ende enthüllt Pascal Laugiers Drittwerk als schlecht durchdachtes Etwas, das dem eigenen Ehrgeiz kaum gerecht wird.
Dass der Film trotzdem nie in die wenig vergnüglichen Regionen eines M. Night Shyamalan stolpert und wenigstens bei der ersten Sichtung anständig unterhält, ist dem Können des Regisseurs auf formaler Ebene zu verdanken.

Fantasy Filmfest Special: After

Fantasy Filmfest Special 2

Und noch ein Langfilmdebut auf dem Fantasy Filmfest 2012, das passenderweise auch in der Kategorie Fresh Blood zu sehen ist.
Mit Steven Strait und Karolina Wydra bekommen außerdem zwei Darsteller eine Hauptrolle, die schon ein paar Filme in ihrem Lebenslauf stehen haben, bisher aber immer etwas unscheinbar geblieben sind.


Beyond the Veil

Story

Auf einer nächtlichen Busfahrt wirft der erfolglose Comiczeichner Freddy ein Auge auf die Krankenschwester Ana. Ehe er ihre Abfuhr akzeptieren kann, wird der Reisebus in einem schlimmen Unfall verwickelt.
Oder vielleicht auch nicht. Denn Ana wacht unversehrt, wenn auch merkwürdig behaart in ihrem Bett auf und macht sich, nichts Böses ahnend, auf den Weg ins Krankenhaus. Dort angekommen stellt sie fest, was ihr auf dem Arbeitsweg aus irgendeinem Grunde entgangen ist: Die ganze Stadt ist menschenleer und außerdem erzählt der Kalender, dass der 03.13.2012 sei. Auf ihren verwirrten Streifzügen durch die entvölkerte Stadt trifft sie schließlich auf den ähnlich ratlosen Freddy.
Während sie gemeinsam versuchen, die Ursache für das Verschwinden aller zu finden, stoßen sie auf eine weitere merkwürdige Erscheinung. Rund um die Stadt hat sich eine massive schwarze Nebelwand gebildet, die nicht nur ein Entkommen verhindert, sondern sich zudem stetig weiter Richtung Stadtzentrum ausbreitet, sodass die Beiden minütlich zurückgedrängt werden.

Kritik

After ist ein Mystery-Film unter vielen, der sich keine zu großen Patzer leistet, aber auch nichts bietet, was ihn klar hervorhebt.
Recht früh ist klar, wie der Hase läuft. Zum Glück hält das Drehbuch seine Charaktere nicht für dümmer als den Zuschauer, sodass der Film zumindest nicht in die Verlegenheit kommt, seine Figuren blind durch das Offensichtliche stolpern zu lassen. Dass die Suche nach Erklärungen schnell ihr Ende findet, ist für einen Mystery-Film nicht nur untypisch, sondern auch schädlich. Denn mysteriös ist das Ganze schon frühzeitig nicht mehr. Es gilt nur noch, die Sache bis zu ihrem Abschluss in möglichst einem Stück durchzustehen.
Und ganz ähnlich geht es auch dem Zuschauer.
After geht keine Risiken ein und hält sich sklavisch an die dem Bastelkasten für Mystery-Plots dritter Klasse beiliegende Anleitung. Das Ergebnis ist Stangenware, die keinem wirklich schadet, aber auch von niemandem vermisst werden würde.
Dass der Regisseur es grundsätzlich versteht, Spannung aufzubauen, zeigt besonders eine intensiv gestaltete Szene, die ein Ausflug in den Nebel beschert. Direkt im Anschluss an besagte Stelle wird der Film aber noch einen Zacken belangloser als er es zuvor schon gewesen ist.
Trotzdem ist das Werk gerade in Sachen atmosphärischer Darbietung beileibe keine Nullnummer. Die geisterhaft leere Stadt verfehlt ihre Wirkung ebenso wenig, wie die anrückenden Nebelschwaden, ein bestimmtes Mindestniveau wird hierbei aber nie überschritten.
Wirklich ärgerlich sind allerdings die häufigen Visionen, die den Protagonisten ihre Vergangenheit vorhalten. Hier weicht jede angedeutete Düsternis einer schwer zu ertragenden Rührseligkeit, die besonders am Ende in einen matschigen Kitsch abrutscht. Dies geschieht zum Glück nicht zu oft, genügt aber, um der handwerklichen Solidität des Filmes ein paar ordentliche Dämpfer zu verpassen.

Fazit

After macht wenig falsch und noch weniger richtig. Dadurch, dass der Film seine Figuren nicht als unnötig kurzsichtig präsentiert und außerdem ein paar gelungene Augenblicke in petto hat, ist ein Anhänger des Genres sicher nicht zwangsläufig an der falschen Adresse, zudem passable Mystery-Filmchen generell Mangelware sind.
Nicht so schlimm wie z.B. der ähnlich geartete The Deaths of Ian Stone, unterm Strich aber, das muss man ungeschönt sagen dürfen, einfach nicht nötig.
Im Auge behalten sollte man das Regisseur Ryan Smith dennoch. Mit einem brauchbarem Drehbuch in der Hand, könnte der Herr womöglich für die eine oder andere Überraschung gut sein.