Monsters: Dark Continent

Jemand, der quasi ausschließlich durch die Serie Misfits bekannt ist, dreht einen zweiten Teil zu Monsters, dem Film, mit dem Gareth Edwards (Godzilla) zurecht in Hollywood wie eine Bombe einschlug.
Ein Kriegsfilm als Sequel zu einem stillen Liebesfilm vor Sumpfkulisse. Mit längerer Laufzeit als das Original. Wenig verwunderlich, dass Fans und Presse Tom Greens Film gierig zerfleischen.
Was hingegen verwunderlich ist: Sie tun ihm Unrecht.

Why am I here!?

Story

10 Jahre sind vergangen, die Monster haben sich ausgebreitet, sind aber auch zum Teil des menschlichen Alltags voller Feindbilder geworden.
Vier Freunde ziehen zum ersten Mal in den Nahen Osten in den Einsatz, wo die außerirdischen Riesen genaugenommen nur ein Nebenproblem darstellen. Zusammen mit den Offizieren Forrest und Frater werden sie auf eine Rettungsmission geschickt, die sie direkt ins Herzen des pulsierenden Nahost-Konflikts bringt. Immer im Schatten der durch die Wüste wogenden Ungetüme.

Kritik

Monsters – Dark Continent ist ein Kriegsfilm; und damit nicht unbedingt die logische Fortsetzung zu Edwards Indie-Perle, die auf eine Handvoll Personen und viel Grün setzte. Und irgendwie doch. Zum einen ist dem Film zu danken, dass er das Rezept des ersten Teils nicht einfach noch einmal kocht und damit schon Vorhandenes in schlecht aufgewärmt abliefert. Zum anderen sind sich die Filme, auf das Wesentliche reduziert, beim näheren Hinsehen keineswegs so unähnlich wie behauptet. Erneut befinden wir uns in einer lebensfeindlichen aber brisanten Umgebung, die Herd eines Konflikts ist. Wieder sind die Monster eigentlich nur die bedeutungsschwangere Kulisse dafür, dass sich vor ihr etwas dezidiert Menschliches abspielen kann. Nur dass dieses in Monsters – Dark Continent der Krieg ist.

Anfangs lernen wir Michael kennen, der von seiner fadenscheinigen Motivation berichtet, gegen die Aliens in den Krieg zu ziehen. Was er dabei zwangsläufig auch erzählt, ist, wie der Zustand der dargestellten Welt ist.
Viel Zeit vergeht nicht, bis klar wird: Die Hauptperson ist genau wie alle anderen seines Trupps ein dümmlicher Widerling Wir folgen keinem Helden und stetig tritt stärker hervor, dass Michael ein reichlich verblendeter Fan seines Arbeitgebers ist. Die Idee, in der Armee zu sein, ist für ihn ohne Konkurrenz.
Und an diesem Punkt nimmt der Film sich die Zeit für Orientierung – etwas, das er ebenso vom Zuschauer einfordert. Denn nach einer Weile kann man skeptisch werden.
Wieso werden die so kritisch anmutenden Szenen blindwütiger Soldaten mit fetziger Rockmusik unterlegt? Wieso bekommt die Harte-Männer-Sind-Freunde-Romantik, die zum Militär als Tempel der Jungenfreundschaften gehört, keinen einzigen richtigen Riss? Werden hier vielleicht doch auf die dreisteste Art und Weise die weißen Soldaten als Friedensengel und Philanthropen inszeniert; handelt es sich um einen eigentlich gar nicht getarnten Propogandafilm?
Wäre dem so, dann wäre dies das Perverseste, was man aus der Prämisse von Monsters machen konnte.

Was irritiert, ist, dass immer wieder klingen Zwischentöne anklingen. Soldaten sind dann plötzlich doch arme Würstchen und nervliche Wracks, außer Kontrolle geratene, aber auch alleingelassene Kinder. Die Selbstsicherheit, Weltpolizei zu sein, eine gefährliche Droge, Krieg kein keimfreies Zuckerschlecken. Entsprechende, teils sehr schockierende Szenen gibt es als Beweis in erschreckend effizienter Inszenierung, die eine markerschütternde Eindringlichkeit an den Tag legen kann. Tom Greens Händchen für intensive Atmosphäre ist ohne Zweifel bemerkenswert, auch abseits von drastischen Schockszenen.
Orientalische Gesänge, zwischen von Sand zerriebenen Häusern huschen in einer Welt der Braun- und Orangetöne durch körniges Bild finster blickende, dunkelhäutige Männer mit Turbanen. Tonnenschwere Ungetüme aus dem All stampfen über die Erdoberfläche, aber die wahren Kernprobleme zwischen den Menschen sind eigentlich unverändert, als wäre der ewige Zank und Symbole etwas untilgbar Athropologisches. Die Bilder sind staubig, die Gesichter ängstlich, das Gefühl von Fremde und Verlorenheit wächst schnell. Monsters: Dark Continent ist ein stimmungsvoller Streifen, der viel aus seinem Nahost-Setting holt und damit ein stark trauriges Bild zeichnet. Dass man, wenn man es konnte, gut sichtbar auf handwerkliche Effekte setzte, macht die Sache außerdem angenehm anzusehen.
Bedient wurde sich an einer großen Tugend, die Gareth Edwards Monsters ausmachte: Die außerirdischen Besucher sind meist nur kurz und verschwommen im Hintergrund, mal aus großer Höhe, mal knapp in Miniaturversionen zu sehen, bleiben sie aber immer seltene Gäste. Nicht nur von dem Soldatenteam, auch vom Film wird die Tatsache, dass es überhaupt eine Alienbedrohung gibt, zeitweise kaum noch bemerkt. Trotzdem bleibt sie präsent – allem voran das macht den Film zu einem letzten Endes irgendwie doch sehr außergewöhnlichen. Dadurch, dass die fremdartigen Titanen nicht ständig das Bild dominieren, stellen sie stets eine Besonderheit dar und teilen etwas von der geheimnisvollen Aura ihrer Verwandten aus dem Erstling.
In solchen Momenten meint man zu wissen, wieso gerade solch ein Film den Indie-Hit Monsters fortsetzt. Die Titelgebenden Monster sind mehr denn je die Menschen, unfähig, aus ihrem Käfig zu kommen, sich in ihm selbst zugrunde richtend und selbst in Gefahrensituationen, die die gesamte Spezies betreffen, bleiben sie kleben an ihren belanglosen, aufgesetzten Konflikten, als bräuchten sie sie, um sich selbst zu erkennen. Kommt mal ein Alien vor, wird es verhöhnt, verachtet, überfahren. Road Kill! Auf eine Weise, die gänzlich unerwartet ist, hat Monsters: Dark Kontinent eine subtile Seite, ein starkes Konzept das dem Vorgänger auf sehr aufrichtige Weise treu bleibt, obwohl doch bis über das Genre hinaus so viel verändert wurde.
Lange Zeit ist unklar, ob der Film sich für die extraterrestrischen Einwanderer mit der fremdartigen, unangenehmen, aber auch seltsam anmutigen Anatomie mehr als nur als exotische Bedrohungskulisse schätzt. Schließlich wurde spätestens im Finale von Monsters überdeutlich, dass in den Wesen durchaus Potenzial steckt.
Das bedeutet aber nicht, dass es bei Monsters: Dark Continent keine Schauwerte gäbe. Der Film ist durchweg superb geschossen und liefert vor allem in der zweiten Hälfte einige fast schon poetische Shots.

Dennoch setzen immer wieder auch befremdliche Zeitlupenmomente ein, während fast schon würdigende Rockmusik so manche Aufbruchs- und Konfliktsituation untermalt. Fast wirkt es so, als hätte man die Army als Sponsor gehabt und sich dadurch verpflichtet, ein gewisses Werbeniveau zu gewährleisten. Spätestens dann, wenn das Feindbild zwar bestätigt wurde, unsere Soldaten aber mit keinem Deut Heldenhaftigkeit, sondern in einer Drastik reagieren, die der der Gegner in gar nichts nachsteht, nimmt die Situation in ihrem schizoid anmutenden Darstellungskontext verstörende Ausmaße an.

Monsters: Dark Continent profitiert sehr von seinem Vorgänger. Von der Welt und dem Hintergrund, die aufgebaut wurden. Gleichzeitig tut es dem Film gut, wenn er nicht mit Teil 1 verglichen wird. Gemein ist den Filmen nicht ihr Setting, nicht ihr Genre, sondern einzig der Wille, etwas über den Menschen auszusagen. Dies, so könnte man argumentieren, war ja seit Anbeginn des Genres das Bestreben von Science-Fiction, doch drangen die eigentlichen Sci-Fi-Elemente selten so weit in den Hintergrund wie hier. So könnte man Monsters: Dark Continent einen Etikettenschwindel vorwerfen. Doch würde man dann eine flirrende Mischung aus Jarhead, Starship Troopers, Black Hawk Down, The Hurtlocker und sogar ein wenig Apocalypse Now versäumen, die Krieg auf eine ehrliche, irritierende, schlimme Weise darstellt, ohne je prätentiös zu wirken – einen Film, der eine durchaus beachtliche Reflektion auf das Thema Krieg liefert.

Fazit

Dass ausgerechnet dieser Film den Wahnsinn des Krieges mit solcher Nachdrücklichkeit offenlegt, war kaum zu erwarten. Zwar irritieren patriotisch anmutende Ausflüge, doch ist auch gerade diese Irritation, diese verstörende Ambivalenz von Monsters: Dark Continent, die die Kraft des Filmes ausmacht.
Mit außerirdischen Störenfrieden aber hat Tom Greens Sequel noch weitaus weniger zu tun als schon der sehr aufs Zwischenmenschliche konzentrierte Vorgänger. Hier dienen sie tatsächlich nur noch als Metapher und einnehmende Kulisse.

Godzilla

Dass Gareth Edwards, der zuvor lediglich den günstigen, aber ungemein erfolgreichen Film Monsters vorzuweisen hatte, zum Regisseur der neusten amerikanischen Godzilla-Verfilmung erhoben wurde, war eine mittelschwere Überraschung. Auf den zweiten Blick aber erschien die Wahl alles andere als abwegig, denn Monsters hatte gewissermaßen all das, was Emmerchs Godzilla aus dem Jahre 1998 fehlte, um kein furchtbar schlechter Film zu sein.

You have no idea what’s coming!

Story

Joe Brody glaubt nicht, dass der Tod seiner Frau während einer Atomkraftwerkkatastrophe durch ein Erdbeben ausgelöst wurde. Er glaubt an etwas Anderes. Etwas Größeres. Fünfzehn Jahre später sucht er wie besessen in Japan nach den Antworten und gerät in Konflikt mit den Behörden.
Was gemeinsam mit seinem entfremdeten Sohn Ford in einem Sperrgebiet findet, übertrifft seine kühnsten Erwartungen. Ein prähistorisches Monster – Muto genannt – erwacht und hinterlässt eine Schneise der Zerstörung.

Kritik

Mit dem Independentfilm Monsters aus dem Jahr 2010 bewies Gareth Edwards, dass er verstanden hat, was einen Monsterfilm – was überhaupt einen Film – ausmacht. Der Film nimmt seine Figuren ernst, räumt ihnen den nötigen Platz ein, macht sie notwendig, lebendig, glaubhaft, leidensfähig und nachvollziehbar. Dieser Regel bleibt er auch in Godzilla treu. Ein Monster ist nur dann zum Fürchten, wenn das Bedrohte es nicht verdient. Die Welt mag den grünen Götterkoloss verdient haben, die Protagonisten des Filmes jedoch nicht. Es sind tragische Wesen, deren Schicksal eng mit dem Ungeheuer verwoben ist. Dies ist phasenweise eine Spur zu dramatisch inszeniert, ist aber fortwährend bewegend. Auch deshalb, weil die Charaktermomente ebenso brillant fotografiert sind wie die große Destruktion und sich klug eingesetzte Point-of-View-Perspektiven durch den ganzen Film ziehen, um das Geschehen drastisch zu intensivieren.
Bis zum Auftritt der Giganten vergeht einiges an Zeit – und bis Godzilla höchstselbst die Bildfläche betritt, dauert es umso länger. Die Zeit davor ist aber kein ungeduldiges Warten, kein sinnloses Hinhalten, sondern Spannungsaufbau par excellence, der genauso hübsch, relevant und unterhaltsam ist, wie der eigentlich zentrale Akt. Das alles ist nicht nur Vorbereiten, sondern Essenz. Nur deswegen sind die folgenden Bilder der Zerstörung auch nicht imponierend, sondern ergreifend, und nur auf diese Weise können Katastrophenszenarien mehr bedienen als die bloße Schaulust.
Wenn es dann aber so weit ist und die Ungetüme ansetzten, die Welt in Schutt zu verwandeln, erwartet einen keine Emmerich-Zerstörung wie in seinen sich zu Tode leiernden Katastrophenschinken, sondern ein durchkomponiertes, durchdacht aufgebautes Zusammenfallen. Godzilla ist wie eine Oper, nur wird nicht gesungen, sondern Dekonstruiert, und das in biblischen Bildern. Unterstrichen wird dies von den wunderschönen Designs der Kreaturen, das, brachial insektoid, unendlich fremd, ehrfurchtgebietend und furchteinflößend zugleich wirkt.
Mit Zunahme der Wuchtigkeit und Erhöhung der Monsterpräsenz rund um den Globus im zweiten Teil des Filmes geht der Fokus zwangsläufig zurück, vergrößert sich und kann nicht mehr dauerhaft auf seinen singulären Figuren verharren. Die Untergangsimpressionen gehören zu dem Besten, was das Kino zu bieten hat. Es wird nie so laut und dynamisch wie bei Pacific Rim, dafür speisen die gezeigten Bilder aber von ihrem eindringlichen Realismusanspruch. Somit bleibt die Intensität erhalten, die Spannung fällt aber etwas ab, weil die Protagonisten sich das Bild plötzlich mit der Geißel der Welt und dem von ihr verursachten Leid teilen müssen. Um sie nicht vollends aus den Augen zu verlieren, kreuzen sich die Wege von Hauptfiguren und prähistorischen Amoktieren öfter, als der Zufall es gestatten würde. Etwas weniger Willkür beziehungsweise raffiniertere Erzählweise wäre wünschenswert gewesen, doch stört dieser Umstand nur auf formaler Ebene, während das Sehvergnügen nur marginal berührt wird.
An einem Godzilla-Film zu bemängeln, er wirke an wenigen Stellen einen Deut zu überdramatisiert und konstruiert, ist fast schon lachhaft. Dass es hier dennoch angebracht ist, beweist nur, mit wieviel Geschick und Eleganz der ikonische Rüpel seinen Thron nach vielen Jahren wieder erklommen hat. Puristen könnten bemängeln, dass Godzilla zu wenig Raum in seinem eigenen Film bekäme. Doch was ist schon zu viel und zu wenig, wenn ein Werk so gut funktioniert wie dieser. Zudem gerade Puristen dank der vielen Anspielungen und Zitate früherer Auftritte des Wüterichs besonders zufriedengestellt sein dürften.
An Roland Emmerichs beinahe geglückten Versuch des Jahres 1998, den Godzilla-Mythos für immer zu Grabe zu tragen, sollte hier wie sonst irgendwo eigentlich nicht erinnert werden. Trotzdem sei hier gesagt, dass ein Godzilla-Film wohl sich wohl kaum besser in die Gegenwart übersetzen lässt, als es hier geschehen ist. Vergessen Emmerich. Vorhang auf für Edwards.

Fazit

Ob nun im stadtgrößten Kinosaal oder der besten Heimkinoanlage des Bekanntenkreises – Godzilla ist groß, das Monstrum wie der Film; und sie wollen groß genossen werden. Senkrechtstarter Edwards formte den unzählige Male wiederverwerteten Godzilla-Stoff zu etwas Ernstem, Düsterem, Frischem, das sich verflucht unverbraucht anfühlt. Dass die Figuren ab der zweiten Hälfte nicht mehr ganz im Fokus gehalten werden können, ist verschmerzbar und wohl kaum zu vermeiden. Das ändert nichts daran, dass mit Godzilla feines Atmosphärekino geschaffen wurde, dem es gelingt, große Zerstörung auf ein neues Level zu heben, ohne dabei nur plump die Quantität hochzuschrauben.