RoboCop 2 war in diverser Hinsicht eine Beleidigung des Originals. Für den dritten Teil wurde Regisseur Irvin Kershner (Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück) von Fred Dekker (Die Nacht der Creeps, House) ersetzt. Wie schon beim ersten Sequel steuerte Comic-Legende Frank Miller das Drehbuch bei.
Es wird kein Zufall gewesen sein, dass er kurz danach verkündete, dass niemals jemand einen seiner Comics verfilmen dürfe.
As loyal as a puppy.
Story
Omni Consumer Products, der Riesenkonzern, der quasi alles fabriziert, was ein Mensch kaufen kann (und auch ein paar Dinge, die nicht direkt käuflich sind, z.B. den gesetzestreuen RoboCop), steht vor einer handfesten Krise. Nichts läuft, wie es sollte, die japanischen Investoren machen misstrauische Gesichter und das Geld geht sowieso aus.
Also macht OCP das einzige, womit man sich in solch einer Situation noch retten kann, ohne gleich den guten Ruf einzubüßen: Eine Truppe aus kaltblütigen Schurken wird zusammengetrommelt, um die Slums namens Old Detroit mitsamt Einwohnern dem Erdboden gleichzumachen und so Platz zu schaffen für die Stadt der Zukunft, das glamouröse Delta City.
Natürlich könnte man Delta City auch einfach neben Old Detroit bauen. Oder ganz woanders. Ohne Massenmord, Söldnerarmee, viel PR-Beschwichtigung und Stadtteilbeseitigung würde man die knappen Finanzen auch gleich etwas schonen. Aber in der Zukunft ist Platz wohl Mangelware und arme Leute stören schließlich auch das Rundum-Sorglos-Paket, das die neue Funkelmetropole bieten soll.
Doch zum Glück ist RoboCop ja nicht bloß „Robo“, sondern auch zum Teil Mensch mit Seele und Gewissen, weshalb er sich bald der Widerstandsbewegung des bedrohten Viertels anschließt.
Die niederträchtigen Investoren aus dem Fernen Osten ahnen bereits, dass OCP ihren dämonischen Plan nicht reibungslos in die Tat umsetzen können werden und schicken sicherheitshalber waschechte Ninja-Roboter als Verstärkung.
Kritik
Puh. Der Kultstatus, den RoboCop aus dem Jahre 1987 genießt, kommt nicht von ungefähr. Eine simple Grundidee, die ihrer Absurdität zum Trotz bewundernswert umgesetzt wurde. Ein Film, bei dem Dramaturgie, Charakterzeichnung und Action perfekt harmonieren. Ein Klassker, der auch heute kaum Staub angesetzt hat. Die Figur des von Gangstern gerichteten Polizisten, der ohne vorherige Einwilligung zu RoboCop verarbeitet wird und sich an seine verbliebene Menschlichkeit klammert, ist tragisch und einzigartig. Die Gewaltdarstellung, die zu nicht geringen Teilen zum Bekanntheitsgrad des Science-Fiction-Filmes beigetragen hat, ist roh, vielleicht plakativ, aber nie reiner Selbstzweck.
Doch, Hand aufs Herz, bereits RoboCop 2 war infamer Blödsinn. Trotz hohem Bodycount war die clever eingesetzte Brutalität fast schon kinderfreundlichen Slapstikeinlagen gewichen, denen in Sachen Einfallslosigkeit niemand was vormachen konnte und kann. Lahm, platt, langweilig und mit miserablem Timing.
RoboCop 3 setzt da an, wo RoboCop 2 aufhörte, ist aber trotzdem nicht noch furchtbarer als sein direkter Vorgänger. Zumindest dann nicht, wenn man sich überreden kann, den Film als Sequel zum zweiten Teil und nicht als Ausschlachtung des Ursprungsfilms zu sehen.
Eine Voraussetzung, die durch den Fakt erschwert wird, dass die inflationären Rückblenden am Anfang immer wieder daran erinnern, wie steil das Gefälle von Original zu Sequels ist.
Wenn RoboCop das Bild betritt, begleitet ihn ein Orchester, das man so vielleicht im Abspann eines Westerns der 50er erwarten würde. Bloß dass ein Western der 50er sein Thema nicht gefühlte 1000 Mal wiederholt hätte.
„My Friends call me Murphy, you call me RoboCop.“, frotzelt der Blechscheriff. Wenn er nach ungewöhnlich langem Vorgeplänkel endlich auftaucht und wie ein Springteufel aus einem Autodach ploppt (siehe Trailer), visiert er die bösen „Splatterpunks“ an, drückt ab und schießt… in gnädigen Halbkreisen an den Zielen vorbei. Übermenschlichen Reflexen und maschineller Präzision zum Trotz, ist der stählerne Cop nicht mehr in der Lage, geradeaus zu schießen. Wie schon Teil 2, so ist auch RoboCop 3 weit entfernt vom zynischen und fiesen Ton des ersten Filmes. Man will eine niedrige Altersbeschränkung, ist familienfreundlich und orientiert sich auch sonst an dem einen Rezept, nach dem sich alle unproblematischen „Actionkomödien für die ganze Familie“ der 80er und 90er richten.
RoboCop trägt eine sterbende Kollegin durch eine Kirche, RoboCop probiert sich als praktischer Philosoph und Kinderfreund, RoboCop ist sentimental. Eigentlich sind alle sentimental, am allermeisten die Filmmusik.
Auch das freche Balg, das mit seinen technischen Fähigkeiten allen Erwachsenen überlegen ist, darf da natürlich nicht fehlen. Das vorlaute Wesen schafft es sogar, dem gefürchteten ED-209 aus dem ersten Film die Bedrohung zu nehmen, indem es ihn kurzerhand umprogrammiert und zum nach Belieben kontrollierbaren Spielzeug degradiert. Der typisch eindimensionale und typisch überzogene Bösewicht aus der Führungsetage ist natürlich frei von jeder bemerkenswerten Eigenschaft und überrascht am Ende nur ein einziges Mal, indem er völlig unerwartet resigniert und schulterzuckend sein Schicksal in Kauf nimmt. Da er mit einer hemmungslos albernen Darbietung von Schauspieler John Castle verkörpert wird, bleibt er aber trotzdem am längsten in Erinnerung.
Wobei es schon ein kleines Kunststück ist, trotz aller blutleeren Gelecktheit Gewalt immer noch als das Mittel zur Lösung zu predigen.
Allerspätestens dann, wenn RoboCop in einem pinken Cadillac die Verfolgung aufnimmt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen, dass er bloß noch eine Karikatur seiner selbst ist.
Obwohl unser Held neuerdings in der Lage ist, Pistolenkugeln aus dem Flug zu greifen, kriegt er arg auf die Mütze und kann natürlich nur von der einen Frau geflickt werden, die ihn versteht und an ihn glaubt. Und wer wäre besser dafür geeignet, mitten in die OCP-Zentrale zu schlendern und sie über einen OCP-feindlichen Stützpunkt zu informieren, als ein Kind. Das ist die Logik von Robocop 3, das ist das Drehbuch von Frank Miller.
Und der schauderhafte Gegner, der es mit RoboCop aufnehmen soll, nachdem er im letzten Teil den ebenbürtigen RoboCop 2, der angenehmer Weise so hieß wie der Film, bezwungen hat? Wer soll ihm nun noch die Stirn bieten können? Richtig, ein Japaner. Ein Roboter-Japaner, der raucht und eine Sonnenbrille trägt. Und dieser Japaner zeigt uns, warum wir uns vor seinem Volk in Acht nehmen sollten. Es ist rücksichtslos, fremdartig, gefühlskalt, feige, eine Bedrohung für den westlichen Lebensstil und zudem mit verdammt verdächtigen Kampfküsten ausgestattet. Zu allem Überfluss haben sie auch noch eine Technik, die der unsrigen weit überlegen ist. Und das alles machen sie mit Schwertern! Da überrascht es nicht, dass die Amerikaner, die mit den Fremdlingen kollaborieren, aussehen wie finsterste Nazischergen.
Aber RoboCop 3 lehrt uns auch, dass selbst der fieseste Japaner zu stoppen ist, wenn man ihm die Rübe von den Schultern pustet.
Wahrscheinlich war dieser irritierende Subtext so niemals intendiert – trotzdem sorgt diese eigenartig suggestive Darstellung für eine gehobene Augenbraue.
Witzig ist, dass man sich alle Mühe gab, den Schauspielerwechsel zu vertuschen. Wird RoboCop ohne Maske gezeigt, dann ist Murphys Gesicht immer noch Murphys Gesicht. Bei aufgesetztem Helm gehören Kinn und Mund jedoch einer ganz anderen Person. Nämlich Robert John Burke, der Peter Weller ersetzte, welcher sich klugerweise dafür entschied, den jungen Kult RoboCop nicht weiter zu demontieren und stattdessen als Protagonist in David Cronenbergs wunderbarem Naked Lunch aufzutreten.
Nicht nur an der ausgetauschten Gesichtshälfte erkennt man den Wechsel. Die unverkennbare Art und Weise, mit der Peter Weller seiner Figur mit durchdachten Bewegungen Leben einhauchte, findet sich hier nicht wieder. Ersatzmann Burke gelingt es nicht, RoboCop auf ähnlich glaubwürdige Weise agieren zu lassen.
Das Ganze ist aber ein solcher Blödsinn, dass sich zumindest niemand langweilen dürfte. RoboCop 3 ist für Robocop das, was Batman & Robin für Batman war. Schund im Vergleich zum Original. Und zwar ein derart immenser Schund, dass man sich auf eine schmerzvolle Art nicht langweilt.
Im Gegensatz zum drei Jahre älteren RoboCop 2 funktionieren immerhin ein paar kleinere Gags. Außerdem ist der Sci-Fi-Film im ersten Drittel nicht vollkommen spannungsos. Trotzdem ist die einzige Weise, auf die der Film funktioniert und halbwegs unterhält, eine ursprünglich keinesfalls beabsichtigte.
Das Finale löst ein, womit etliche Andeutungen im Vorfeld bereits drohten. RoboCop schnappt sich ein Robo-Raketenrucksack und zeigt, wie es aussähe, wenn The Asylum sich Iron Man vorknüpfen würden.
Zwischendurch gibt es den vielleicht absurdesten Match-Cut der Filmgeschichte und viele andere Gründe, die dafür sorgen, dass man sich mit seinem eigenen Kopfschütteln eine Art von Unterhaltung beschert, die nur ganz bestimmte Filme bescheren.
Fazit
Vorlaute Hacker-Gören, Schauspieler, die aus den tiefsten Verliesen der Traumfabrik herauf delegiert wurden, und ein Drehbuch, das nur aus Rachegefühlen heraus entstanden sein kann, führen dazu, dass kein Mensch sich ernsthaft darüber aufregen kann, dass RoboCop 2014 als Neustart frisch in die Kinos zurückkehrt.
Niemand erwartet oder wünscht auch nur, dass Paul Verhoevens Klassiker ersetzt wird, aber besser als die beiden Fortsetzungen des Kulthits kann José Padilhas modernisierte Interpretation eigentlich nur werden.