Star Wars: Das Erwachen der Macht

Es ist immer noch sehr schwer zu fassen, ja, skandalös. Da kommt ein junger New Yorker daher und haucht erst dem vor sich hin darbenden Star Trek neues Leben ein, um sich dann umzudrehen und in derselben Bewegung das untote Star Wars zu revitalisieren.
J. J. Abrams‘ Star Wars: Das Erwachen der Macht läuft heute in den Kinos an.

That’s not how the Force works!

Story

Nach der Zerstörung des Todessterns ist viel geschehen. Luke Skywalker verschwand in ein selbstgewähltes Exil und alle Welt sucht ihn vergebens. Das Imperium erstarkte erneut, die Splittergruppe Erste Ordnung ist radikaler und entschlossener unter der Führung eines mysteriösen Wesens namens Snoke.
Poe Dameron ist der beste Mann des Widerstands und gerade dabei, die vielleicht heißeste Spur zu Skywalker seit Dekaden zu verfolgen, als eine Division Stormtrooper unter dem Kommando des Anführers Kylo Ren angreift und Poe inhaftiert, der die wichtigen Informationen nur in letzter Sekunde seinem treuen Droiden BB-8 übergeben konnte.
Während Poe in der Zentrale der Ersten Ordnung auf einen desertierenden Stormtrooper trifft, der ihm zur Flucht verhelfen will, kugelt BB-8 der jungen Frau Rey über den Weg, die bald feststellen darf: Die Macht ist stark in ihr.

Kritik

Die Star Wars-Komponenten:

  1. Kleine Helden einer kleinen Widerstandsgruppe, die gerade erst damit beginnen, ihre „Macht“ zu entdecken, während sie ins Erwachsenenalter übergehen.
    Sie treten, moralisch gefestigt, ansonsten aber von großen Orientierungsschwierigkeiten geplagt, als Menschen aus einfachsten Verhältnissen gegen eine Technokratie an, die alles zu überwuchern droht und ihre Sporen aggressiv in alle Richtungen spuckt.
  2. Ihre Heldenreise führt sie zu Schauplätzen, die unvergleichlich reich sind an schillernden Figuren, skurrilen Details und exotisch-verspielten Nuancen. Schauplätze, die lebendig sind und keinen Zweifel daran lassen, nur ein kleines aber stellvertretendes Partikelchen einer großen Welt im großen Weltall voll mit weiteren großen Welten zu sein.
    Sie sind das Versprechen, dass das Abenteuer, das Fantastische, das zum Staunen Einladende nie aufgebraucht ist.
  3. Musik von John Williams, die nur Anlauf von wenigen Augenblicken benötigt, um einen tief in die dargestellte Welt zu saugen.
  4. Ein Schnitt im Einklang mit dieser Musik, der Establishing Shots für die Ewigkeit kredenzt. Es muss nicht Paul Hirsch sein. Aber wie von Paul Hirsch, das wäre in diesem Fall schon wichtig.
  5. Die Geschichte wird als Märchen erzählt. Das Märchenhafte: Ein Science-Fiction-Film, in dem die ‚Science‘ in ihrer Ausprägung nicht einfach nur Dystopie ist, sondern der komplette Gegenentwurf zum schwierigen, manchmal auch entbehrungsreichen, in jedem Fall bescheidenen, aber auch romantischen Leben in der Idylle. Die unterstützende Kraft ist etwas Fantastisches, eine Macht, die sich nicht erklären lässt – und wer etwas anderes behauptet, bezieht sich auf andere Star Wars-Filme -, aber das Substrat von allem ist. Die Technik der Guten ist morsch, überholt, zweckmäßig und spartanisch. Schrott, der aber eine Seele besitzt. Und selbst die Lichtschwerter sind Teil einer Tradition, mehr Symbol als Technik.
  6. Putzige Roboterflegel
  7. Laserschwertduelle

Star Wars ist nicht der Heilige Gral. Auch wenn das Franchise als Ausgangs- und Bündelungspunkt bizarr vieler popkultureller Phänomene als solcher behandelt wird. Es sind die aufgezählten Punkte, die in ihrer konkreten Kombination aber nicht einfach nur abgehakte Formalien sind, sondern von einer besonderen Leidenschaft für Filme zusammengehalten werden – die Magie, die der Filmreihe innewohnt. Und, aller Häme zum Trotz, wohl das, was George Lucas alleine zu verdanken ist.

Heute läuft Star Wars: Das Erwachen der Macht in den Kinos an. Das Embargo für Kritiken ist gefallen und die ganze Welt spuckt aus, was sie von einem der meisterwartetsten Werke aller Zeiten hält.
Der Film befindet sich in einer günstigen Position. Lucas‘ Prequel-Trilogie hatte es gleich doppelt schwer. Die Erwartungen waren aufgrund des Kults um die originalen Teile völlig überhöht und die Filme selbst missraten. Damit fiel das 99 angepeilte Sternenkrieg-Revival gleich zweimal rabiat aufs Gesicht.
Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass man heuer weitaus vorsichtiger an den neuesten Teil der Reihe geht. Und da J. J. Abrams das Erbe zu einem wirklich sehenswerten Film geballt bekommt, ist es gleich doppelt besser um Star Wars: Das Erwachen der Macht bestellt als seinerzeit bei Die Dunkle Bedrohung.

Abrams‘ Version hält sich dabei beinahe schon sklavisch an das Erfolgsrezept der alten Filme, verfällt aber nicht in einen selbstzweckhaften Zitaterausch und weiß im richtigen Maße eigene Akzente zu setzen und Inhalte neu auszurichten.
Wieder ist es ein Niemand aus ärmlichen Umständen, der sich irgendwie durchs Leben schlägt und viel tagträumt, bis er schicksalshaft darüber stolpert, für die Machtnutzung prädestiniert zu sein. Schicksalshaft drüber stolpern, heißt in diesem speziellen Fall, dass gerade zu Beginn sehr viele Zufälle akzeptiert werden müssen, bis sich alle relevanten Figuren gefunden haben. Man mag das als „Macht-Fügung“ billigend in Kauf nehmen, kann aber mit Fug und Recht ebenso sagen, dass das Drehbuch hier ein bisschen nachlässig ist. Trotzdem flutscht der Film von Anfang an und wird tatsächlich mit jeder Szene etwas besser, bis sich die Geschichte in einem würdigen Schlussbild auflöst.
Apropos Bilder: Es wird, wie es zu erwarten war, viel fürs Auge geboten. Die Schauplätze sind ohne Ausnahme schön gewählt und ebenso schön gestaltet, auch wenn man aus ihnen mehr rausholen könnte. Die meiste Schönheit ist leider nur Kulisse, obwohl sie mehrmals das Potenzial hätte, auch aktiv ins Geschehen eingebunden zu werden. Dass man sich in Sachen CGI bewusst zurückgehalten hat und Sets und Figuren häufig von Hand entstanden sind, ist dabei allerdings die größte Wohltat. Nur bei wenigen Figuren fiel die Entscheidung doch zugunsten von CGI aus. Das charakteristische Art Design von Star Wars konnte ohne Schäden übertragen werden, auf die charmante Pappigkeit der Ausführung wurde dabei aber natürlich verzichtet. Dafür werden aber Variationen beliebter Schauplätze besucht, was auf dem Papier vielleicht nach feigem Recycling klingt, in Aktion dafür aber eine wahre Freude ist. Von der dunstigen Alien-Kneipe bis hin zum labyrinthischen Stahldarm eines gigantischen Imperiumflaggschiffs ist alles dabei.
Getrübt wird das Sehvergnügen manchmal von einer etwas zu zackigen Kamera, die mit weniger Schwenks und Fahrten einen stimmigeren Eindruck der Welt geboten hätte. Die Szenerien waren schon damals immer dann am erfreulichsten, wenn die Bewegung in den Bildern selbst entsteht und nicht nur die Perspektive. Ein wenig fehlt es der sich eh sehr schnell entwickelnden Geschichte hier an einem Ruhepol.
Hier merkt man aber bereits, dass bei allem nur auf hohem Niveau gekrittelt werden kann. Die Action-Sequenzen sind dafür durchweg übersichtlich und angenehm geschnitten, sodass nie die Orientierung verloren geht.
Die Geschichte selbst klappert, wie erwähnt, mehrere Stationen ab, wo immer ein Abenteuer darauf wartet, erlebt zu werden. Das ist durchaus durch die Star Wars-Tradition legitimiert. Auch The Empire Strikes Back ist genaugenommen nur eine ausgedehnte Actioneinlage gewesen, die von etwas Sumpf unterbrochen wurde. Deswegen kann man Episode 7 wahrlich nicht vorwerfen, hier einen falschen Kurs einzuschlagen.
Etwas schade ist es, dass der Film dafür gerade in Sachen Humor ein bisschen steif in der Hüfte ist. Denn neben einer Handvoll wirklich gelungener Reminiszenzen an alte Tage wird sich sehr auf den neuen Droiden-Begleiter DD-8 verlassen, dessen humorige Seiten sich aber in der Regel darauf beschränken, ganz ungeheuer putzig in der Gegend rumzukugeln. Auch sonst kommt der Film dann und wann etwas arg albern daher – die geistreichen, ins Schwarze zielenden Sprüche des Originals findet man nur vereinzelnd.
Daisy Ridley als neue Protagonistin und Macht-Hoffnung Rey macht ihre Sache ausgesprochen gut, kann aber auch mit starkem Spiel nichts daran ändern, dass die Lernkurve ihrer Figur ein bisschen sehr zackig vonstattengeht. Zwischen „Ich sammele und verkaufe Schrott, während ich mich selbst belüge“ und „Ich bin selbst dem stärksten Krieger der Dunklen Seite überlegen“ ist der Weg nämlich sehr kurz und die Entwicklung nicht so ganz nachvollziehbar.
Aber das ist nur Kleinkram. Die neue Generation der Machtjünger macht ihre Sache mehr als gut, die Anknüpfungspunkte zur alten Trilogie sind logisch und mit gut dosierter Sentimentalität eingebaut und auch ansonsten ist die Angelegenheit schweineunterhaltsam. Und trotz aller Freude darüber, dass es eine Art Wiedersehen ist, mit den Figuren, mit der Welt, mit Star Wars, ist es auch etwas Neues.
Laserschwertduelle gibt es dafür überraschend wenig. Und das ist vielleicht eine verblüffend gute Nachricht. Denn wenige wuchtige Konfrontationen mit wuchtigen Schlägen dieser tödlichen Lichtsäbel sind ehrfurchtgebietender als ausufernde Choreographien, bei denen die Waffen zu Tanzstäben verkommen. So bekommt auch der ganze Ritter-Aspekt wieder mehr Gewicht.

Vielleicht kann man in nerdiger Eingeschworenheit munkeln, dass man das Fehlen von George Lucas nichtsdestoweniger spürt. Denn der Flair, diese Quäntchen Magie, die halsstarrige Leidenschaft des Exzentrikers, die vermisst man an manchen Ecken dieses Abenteuers. Doch auch, wenn dies ketzerisch klingen mag – dass dies allein nicht reicht, sah man insbesondere bei Die Dunkle Bedrohung und Angriff der Klonkrieger.

Fazit

Star Wars. Neue Lieder, die nach alten Klingen, alte Gesichter, die mit der Zeit gingen, neue Helden, neue Abenteuer, eine neue Order. J. J. Abrams hat eine Saga wiederbelebt und dabei mit Bedacht alle Zutaten, die schon in der Vergangenheit funktionierten, wiederverwendet. Dass dabei Wiederholungen mehr Grund zur Freude als zur Klage sind, ist wohl das beste Zeichen, dass Star Wars: Das Erwachen der Macht eine würdige Fortsetzung ist. So wie die Originale ist auch der neueste Film nicht fehlerfrei. Eine Wiederholung des elektrisierenden Gefühls, das man damals beim ersten Star Wars-Kontakt hatte, ist weder zu erwarten noch zu leisten. Stattdessen ist auch Das Erwachen der Macht ein durch und durch unterhaltsames Sci-Fi-Märchen mit tollen Schauwerten und dem nötigen Respekt seinen Vorfahren gegenüber. Und das ist alles, was es sein muss.

Das Leben des Budori Gusko

Japan-Filmfest Hamburg Special 8

Story

Gemeinsam mit seiner Schwester und den fleißigen Eltern lebt Budori ein glückliches Leben im Wald nahe eines kleinen Dorfes, wo er täglich und lernwillig die Schulbank drückt. Das beschauliche Leben ändert sich, als auf den Winter irgendwann kein richtiger Frühling mehr folgt und die Ernte über Jahre hinweg bestenfalls kümmerlich ausfällt. Nachdem Mutter und Vater verschwunden sind, erscheint ein unheimlicher Zauberer im Haus bei den hungernden Kindern und nimmt Budoris Schwester mit.
Da ihm nichts mehr bleibt, macht sich der junge Kater auf die Reise, um sein Glück zu finden. Er begegnet hilfsbereiten, aber auch wunderlichen Personen, wächst langsam heran, der ausbleibende Frühling bleibt aber eine stete Bedrohung in seinem Leben und der Welt.

Kritik

Schon in Nacht auf der galaktischen Bahnlinie sind die meisten Figuren in Gisaburō Sugiis Das Leben des Budori Gusko anthropomorphe Katzen. Bekanntheit hat der Regisseur nicht nur durch den genannten modernen Klassiker erlangt, sondern unter Freunden des anspruchsvollen Zeichentrickkinos auch dank dem ungemein lohnenden Sci-Fi-Anime Serial Experiments Lain. Auch in seiner zweiten Interpretation eines Miyazawa-Werkes (die Novelle stammt aus dem Jahr 1932) begegnet man sofort dem vertrautesten Stilmittel des Regisseurs – der Protagonist ist, wie auch seine ganze Familie und sämtliche Dorfbewohner – so unfassbar niedlich, dass man, gleich wie Hart das eigene Herz auch sein mag, gar nicht anders kann, als Sympathie und Mitleid für das selbstlose und durch und durch unschuldige Kerlchen aufzubauen. Denn natürlich ist nicht eine Katze die Hauptperson, sondern ein Mensch reinen Herzens, der lediglich die Gestalt einer Katze hat. Der so geweckte Beschützerinstinkt, ist aber ein hervorragendes Instrument, eine Bande zu der Figur aufzubauen. Dass es sich beim Protagonisten um ein Tier handelt, hat also durchaus seinen Sinn – und fällt ansonsten nicht weiter auf, denn schnell hat man sich an den, für westliche Augen, ungewöhnlichen Hauptcharakter gewöhnt und seine spitzohrige Präsenz als normal und unproblematisch akzeptiert.
Dass das gerade zu Beginn so reibungslos funktioniert, liegt einerseits an den wirklich prächtigen Zeichnungen, mit denen der Heimatwald lebendig wird und die sofort ein Gefühl von Sehnsucht und herzlicher Gemütlichkeit wachrufen. Genau wie die Charakterdesigns, evoziert der heimelige Forst mit seiner Detailfülle und den vielen entdeckungswerten Orten ein Gefühl von naturalistischer Märchenhaftigkeit, wobei die gewählten Perspektiven diese Stimmung gezielt verstärken. Wenn sich dann herausstellt, dass das hier erzählte Märchen ein sehr finsteres ist, wirkt die Schwere des Schicksals der Familie Gusko umso stärker. Der Zauber des Gehölzes macht nun Platz für eine Welt, die jenseits des Märchens existiert.
Die Odyssee, die Budori Gusko durchlebt, ist die eines Kindes, das durch Tücke und Missgunst von seiner immer nur passiven Unschuld zu einer selbstständigen Person heranwächst – erzogen nicht mehr nur im behüteten Heim der Eltern, sondern auch von einer Welt, in der der Kapitalismus mit Strenge regiert.
Allerorts spürt man den Versuch, ein Werk zu schaffen, dass die Strahlkraft und den freigeistigen Reichtum eines Studio Ghibli-Filmes besitzt.

Zudem tauchen Computeranimationen auf, die überhaupt nicht ins harmonische Bild der Zeichentrickwelt passen wollen und als hässlicher Fremdkörper die Atmosphäre verunstalten. Irgendwie passt dies, denn nach dem Austritt aus dem Wald der Kindheit strahlt Das Leben des Budori Gusko ein permanentes, aber kaum fassbares Unwohlsein aus. Die Geschichte läuft ab diesem Moment seltsam ziellos ab, Budori ist ein Charakter, der sich seinem ungnädigen Schicksal fortwährend hingibt, ohne merklich gegen es aufzubegehren. Stoisch lässt er Leid über sich ergehen und macht einfach dort weiter, wo der Wind ihn hinträgt. Durch die Fremdbestimmung der Hauptfigur wirken auch die bereisten Orte wie eine Aneinanderreihung von Zufällen. Die Geschichte, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt dabei unentwegt seltsam. Oftmals fesselt der Film weniger durch seinen etwas unmotivierten Verlauf, sondern durch die durchgehend schön gezeichneten Szenerien, in die es Budori verschlägt. Den Platz der anfangs herzigen Katzenwesen nehmen andere Gestalten ein, deren Äußeres mit Fortschreiten der Spieldauer immer alptraumhafter wird. Die Welt, in die man gemeinsam mit der Hauptfigur immer tiefer dringt, ist eine wunderliche, in der sich an Steampunk erinnernde Science-Fiction-Gerätschaften vor dem Hintergrund einer rückständigen Welt zeigen, in der Elend, Naivität Magie, bodenständige Wissenschaft und hungriger Kapitalismus eng beieinander existieren. Psychedelische Traumsequenzen bestärken die beunruhigende Stimmung des Filmes. Über allem liegt der Schatten des Magiers, der zu Beginn der Handlung Budoris Schwester mit sich nahm. Auch hier verwundert die eigenartig verstecke Motivation des Protagonisten – es wird an einigen Stellen klargemacht, dass er seine Schwester befreien will, doch aktiv dafür Eintreten sieht man ihn kein einziges Mal.
Die Krönung des sonderbaren, mulmigen Grundgefühls ist dann das Filmende selbst, das auf eine Weise bizarr einfach ist, aber auch viel Raum für Spekulation lässt.
So entlässt einen dieser eigentümliche Film auch mit dem seltsamen Gefühl, dass er seinen eigentlichen Kern erfolgreich verborgen halten konnte.
Ob das ganze Abenteuer nur der Traum eines sterbenden Kätzchens ist, ob die Geschichte eine Fabel darüber darstellt, dass sich gerade nicht in tatenloser Ergebenheit seinem Schicksal opfern sollte oder ob Gisaburō Sugiis hier tatsächlich einfach nur den sonderbaren Weg eines sehr einfachen Wesens in einer sehr komplizierten Welt zeigen wollte, auf solche Fragen gibt es keine eindeutigen Hinweise. Vielleicht bietet die Lektüre des Quellmaterials Aufschluss, vielleicht gibt es eine im Westen unbekannte Sage, die mit Unklarheiten aufräumen könnte.

Fazit

Trotz der – zum Glück seltenen – deplatzierten Computeranimationen ist Das Leben des Budori ein optisch weitestgehend herausragender Film, der viel von seiner besonderen Stimmung aus den wundervoll gezeichneten Szenerien zieht.
Die Pluralität von Botschaften, der eigentümliche Verlauf und die zugleich sehr schlichte als auch geheimnisvoll wirkende Geschichte sind etwas, das den Film interessant, aber auch ein wenig anstrengend macht.
Einen Blick ist der Film auf jeden Fall wert – doch wird er wohl einige seiner Zuschauer verschrecken. Und für Kinder ist der auf den ersten Blick putzige Animationsfilm sowieso eine Spur zu verstörend.

Die Stadt der verlorenen Kinder

Niemand in Frankreich, vielleicht niemand in ganz Europa, hat eine so unverkennbare Handschrift wie Jean-Pierre Jeunet. Von Delicattessen über Die fabelhafte Welt der Amélie bis hin zu Die Karte meiner Träume blieb er seinem Vexierblick auf seine ganz eigene Art von Universum treu.
Die Stadt der verlorenen Kinder ist sein zweites Werk, aus dem Jahr 1995, bei dem Marc Caro noch eng an seiner Seite war.

Die besondere Last der Einsamkeit bleibt niemandem erspart.

Story

One ist ein gutmütiger Riese, der mit der Weisheit eines Einfältigen seinen massigen Körper dafür nutzt, vor Publikum mit kleinen Zirkusnummer die Muskeln spielen zu lassen. Als sein kleiner Bruder gekidnappt wird, begibt er sich auf die Suche. Unter einer Gruppe von Waisenkindern, die zu kleineren Raubzügen gezwungen werden, findet er das flinkzüngige Mädchen Miette, das beschließt, gerührt von seinem Vorhaben, ihn bei der Suche zu unterstützen.
Die Spur der nicht abbrechenden Reihe von Kindesentführungen führt zu einer entlegenen Bohrinsel, wo ein seelenloser Wissenschaftler, eine Gruppe aus Klonen, eine Zwergin und ein sprechendes Gehirn ihre Spielchen mit der Welt und miteinander treiben.

Kritik

Was sich bei Delicatessen schon abzeichnete, erhält nun ganz unverhüllt Eintritt in die Filmwelt von Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro. Es ist, als entführe man Terry Gilliam (Brazil, The ZeroTheorem), um mit dessen Hilfe und drei Jugendlichen ein französisches Ungeheuer zu erschaffen. Das kann kaum gutgehen, tut es hier aber.
Ron Perlman, kluge Leute behaupten, einer der schlechtesten Schauspieler aller Zeiten, spielt einen Russen, der aussieht wie ein irischer Kugelstoßer aus dem Hause Frankenstein. Dass der Film es bewerkstelligt, den amerikanischen Riesen Perlman als den am zurückhaltendsten agierenden Darsteller des ganzen Ensembles aufzuführen, ist für sich schon eine erstaunliche Leistung, zu gleichen Teilen aber auch eine ungemein präzise Aussage darüber, was man hier zu sehen bekommt.
Die Stadt der verlorenen Kinder ist ein ungeordneter Tummelplatz wirrer Ideen, die in ihrer Aneinanderreihung erst einmal beliebig wirken. Ein irrlichternder Soundtrack, der für das verantwortliche Duo typische Aquarium-Grünstich, zum Horizont reichende Selbstbaukulissen und eine Vorliebe für den Fischaueneffekt verbunden mit skurrilem Overacting, das amoklaufende Stereotypen gebiert, die derart überzogen sind, dass sie in ihrem unkontrollierten Schaulauf schon wieder hypnotisch wirken, vermischen sich zu einem Schaum des überbordenden Wahns. Lässt man dem Film seine Zeit, entfaltet sich nach und nach aber ein Kosmos, der mit jeder Sekunde anschwillt, besser funktioniert und in sich schlüssiger wirkt. Wie ein Motor muss sich dieses südeuropäische Kuriosum erst einmal warmlaufen. Hat man ihm aber diesen Vorlauf gelassen, darf man staunen, wie einzigartig diese Maschine schnurrt – und wohin sie einen bringt.
Die Stadt der verlorenen Kinder ist das, was passiert, wenn ein Zirkus explodiert.

Ausstattungstechnisch stapft man durch eine Mischung aus Raumpatrouille Orion, Siebenstein und einer Kopie von The Zero Theorem, Schafft mit Detailversessenheit und Maßlosigkeit aber eine unverkennbare Welt voller Eigenheiten, die bei ihrer erschlagenden Vielfalt immer homogen wirkt, wenn auch nicht immer auf eine angenehme Weise. Irgendwann verliert die Eigenlogik dieser Welt aber ihre abstoßende Wirkung und man gehört als Zuschauer auf eine Weise dazu, die man 10 Minuten vorher nicht für möglich gehalten hätte.
Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen, die alles auf die Karte des kompletten Irrsinns setzen, und dadurch mit fortschreitender Dauer nur noch angestrengt und steif wirken, gelingt dem Werk das kaum Erreichbare, indem es tiefer und logischer wird, weil der ganze Unsinn eben doch nicht so willkürlich zusammengerührt wurde, wie es beim ersten Hinschauen noch scheinen mag. Die Stadt der verlorenen Kinder ist der erwähnte Zirkus, aber auch ein Aquarium, das man sowohl vollstopft mit perlenbeinhaltenden Muscheln als auch bis zum Rand mit Algen füllt.

Dominique Pinon, der hier eine ganze Heerschar an Figuren mimt, gibt dabei die enthemmteste und überdrehteste Leistung seiner Karriere ab und dürfte gleich zu Beginn der abschreckendste Einfall des ganzen Filmes sein, wie der Rest des Filmes ergibt aber auch sein überbordendes Spiel nach einer Weile Sinn. Trotz der allgegenwärtigen Verfremdung und den märchenartigen Figuren ist Die Stadt der verlorenen Kinder keineswegs ein Kinderfilm, stellen ein paar perfide Szenen klar, dass die Zielgruppe viel mehr der etwas wunderliche Erwachsene aus dem benachbarten Hexenwäldchen ist. Einen solchen Film in so konsequente Weise zu machen, wäre auch heute noch ungeheuer mutig. Die gesamte Produktion mit ihrem für die Zeit verblüffend guten Spezialeffekten, zu denen auch schon Computeranimationen zählte, unter denen lediglich ein hypnotischer grüner Rauch mit seiner comicartigen Darstellung hervorsticht, kostete allein bei der Umsetzung immerhin 18 Millionen Dollar.

Fazit

Lässt man der versteckten Struktur Zeit, sich zu offenbaren, dann betritt man, mit einem Bein im Surrealen watend, eine höchst befremdliche Wunderkiste voll mit Schrulligkeiten und einer fiebertraumartiger Atmosphäre.
Die Stadt der verlorenen Kinder ist ein märchenhaftes Ausstattungswunder, das vor guter Ideen nur so sprudelt und dabei keine Rücksicht auf den Zuschauer nimmt.

Der Erfolg des Filmes ließ Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro in der Science-Fiction bleiben. Jeunet drehte direkt im Anschluss Alien – Die Wiedergeburt, Monsieur Caro hingegen ließ 13 Jahre bis zu seinem nächsten Projekt Dante 01 verstreichen.
Beides sind Filme von eher zweifelhaftem Ruf.

Nausicaä aus dem Tal der Winde

Nausicaä aus dem Tal der Winde ist ein Manga aus der Feder von Hayao Miyazaki, der sich selbst der Anime-Adaption seines Stoffes annahm und damit derart erfolgreich war, dass das berühmte Studio Ghibli gegründet werden konnte.
Damit war der Film Grundstein für Perlen wie Das wandelnde Schloss, Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland und Die letzten Glühwürmchen.
Das Mädchen Nausicaä mit der sonderbaren Schreibweise war die Mutter der Biographie eines Herren, der heute einstimmig als der bessere Disney bezeichnet wird.

Gehen wir…dieses Dorf wird bald im Meer der Fäulnis versinken.

Story

Nausicaä, die Prinzessin des Tals der Winde, ist das Kind einer postapokalyptischen Welt. Spuren der früheren Zivilisation sind weitestgehend getilgt. Was bleibt, sind verwaschene Erinnerungen und vereinzelte Relikte. Die Zivilisation beschränkt sich auf Gemeinden in Dorf- und Kleinstadtgröße, die dort liegen, wo der Boden noch fruchtbar genug ist, um Nahrung anzubauen und Bäume zur Erhaltung der Frischluft zu pflanzen.
Das Meer der Fäulnis greift unaufhaltsam um sich und treibt die Menschen vor sich her. Wo die giftigen Sporen hinfallen, wachsen bald schon giftige Pilze wie Geschwüre an allen Pflanzen und verderben ganze Landstriche. Die Sporen zerstören Lungen in kürzester Zeit, wenn kein Atemschutz getragen wird, und im Meer der Fäulnis wimmelt das grausigste Getier.
Als im Dorf ein Luftschiff aus dem Königreich Torumekia abstürzt, bricht Chaos aus. Soldaten marschieren ein und besetzen das Tal der Winde. Nausicaäs Vater wird getötet und die kriegerische Prinzessin Kushana steht kurz davor, die riesigen Stahlgiganten, die einst für den Untergang der Zivilisation sorgten, wieder zum Leben zu erwecken, um das Land wieder urbar zu machen.

Kritik

Bedrohlich wirkende Tiere robben durch eine Flora, die wirkt, als gedeihe sie in einer außerirdischen Unterwasserwelt. Und Sporen, überall Sporen, denen der Mensch nur auf Zeit und mit Luftfilter trotzen kann. Giftstürme toben über das Land. Der Boden ist ein Gewimmel aus Insektenpanzern und vielgliedrigen Beinen, die viel zu massige Körper tragen. Der Luftraum ein einziges Brummen und Surren das von riesigen Wesen mit spröden Flügeln herrührt. Seltene Relikte aus längst vergessenen Zeiten zerfallen bei Berührung zu Asche. Die Welt ist Feind.
Beachtlich ist an Nausicaä aus dem Tal der Winde vor allem anderen die einzigartig dichte Atmosphäre der Bedrohlichkeit, die im Meer der Fäulnis Publikum und Heldin in Empfang nimmt. Geschaffen durch eine fremdartige Soundkulisse, gedämpft von der pollenschweren Luft, und den detailversessenen Zeichnungen. Die tote Welt in Hayao Miyazakis erstem großen Streich ist so lebendig, wie sonst kaum eine. Auch die bäuerliche Gesellschaft wird mit Liebe präsentiert, doch so mitreißend in Szene gesetzt ist nur das Außerhalb.
Das liegt nicht zuletzt an der damals wie heute sehr speziellen Version der Postapokalypse. Wir sehen keine Häuserruinen, keine evakuierten Städte, durch deren Straßen nun der nukleare Wind pfeift und das Knochenmehl zersetzter Gerippe abträgt. Miyazaki greift viel weiter in die Zukunft, wo auch Ruinen bereits von Zeit verschluckt wurden und selbst Sagen im Sterben liegen. Die Natur, die der Mensch verformte, hat ihn sich wieder ganz Untertan gemacht.
Dazu kommt ein furchtbar wilder Mix unterschiedlicher Epochen. Krieger in Ritterrüstung strömen aus Steam-Punk-Luftschiffen, schwingen Schwerter und bedienen Feuerwaffen, die aus dem ersten Weltkrieg stammen könnten. Viktorianisch anmutende Befehlshaber invadieren mittelalterliche Siedlungen mit Strohdächern, wo die zwergischen Bauern mit einfachstem Gerät in Furcht vor und Einklang mit der Natur leben. Besonders hier macht sich bemerkbar, dass Miyazakis zuvor an der allseits bekannten Heidi-Serie mitgewirkt hat – in positivem Sinne. Dazu kommen futuristische Luftgefährte mit Raumschiff-Design, Sci-Fi-Relikte und sogar eine Art Cleopatra. Zu allem Überfluss ist das Ganze auch noch inspiriert von der antiken griechischen Sage der Königstochter Nausikaa, das Ende kann als Erlösergeschichte gelesen werden und einfach, weil der Film es kann, leistet er am Anfang eine freundliche Reminiszenz an den SF-Klassiker Die Reise zum Mittelpunkt der Erde. Das klingt nach ungenießbarem Stilkompott, aber der Film schafft es spielend, diese Elemente zu einem harmonischen Ganzen zu verrühren, denn nichts wirkt erzwungen oder aufgesetzt.
Im Hintergrund wird eine faszinierende Mythologie gewoben und die wenigen Rückblicke aufgrund von mündlich tradierten Legenden kreieren ein beunruhigendes Untergangsszenario, an dem teilzuhaben mehr als nur unangenehm sein würde.

Im Gegensatz zu tatsächlichen Ghibli-Produktionen wird in diesem Frühwerk eine noch sehr östliche Instrumentalisierung eingesetzt, auch wenn erste studiotypische-Themen bereits zögerlich durchschimmern. Kein Wunder, denn dies war die erstmalige Zusammenarbeit des visionären Filmemachers mit seinem Stammkomponisten Joe Hisaishi. Die Musik ist aber auch der Grund dafür, dass es manchmal etwas rührseliger vorgeht, als es eigentlich nötig wäre – hie und da (aber nicht zu oft) wird der Klangteppich zu dick und aufdringlich ausgelegt.
Die spannende Geschichte um das tapfere Mädchen (etwas verstörend: Unter ihrem kurzen Rock ist sie nackt, wird aber niemals sexualisierend inszeniert) fesselt von der ersten Minute und hat altbekannten Ghibli-Charme. Leider findet im letzten Drittel dann eine Fokusverlagerung statt, die dem Film nicht nur Gutes tut. Weg vom Individuum und seiner Aufgabe, hin zu großen und kleinen Schlachten und dem Schicksal weiterer Figuren. Der Kriegstreiberei wird zum Schluss zu viel Gewicht gegeben. Einnehmend inszeniert ist sie zwar, doch vermisst man die taffe Protagonistin, die man eigentlich begleiten möchte. Der Grund für die starke Rollenbindung ist auch in einer Gewohnheit gegründet: Nausicaä aus dem Tal der Winde strotzt nämlich nur so vor Märchenelementen und –symbolik. Angefangen bei der Hexe und der bösen Königin über die Tiere als Helferlein bis hin zum kleinen Held mit großer Queste – die Verneigung vor dem westlichen Mythenfundus ist unübersehbar, doch liebenswert und niemals plump oder zum reinen Selbstzweck eingebracht. Dazu gehört natürlich auch die notwendige Moral. Wie in vielen Werken des Studios Ghibli gibt es auch hier die Reibungspunkte Zivilisation und Natur. Die ökologische Botschaft mag für den einen oder anderen Zuschauer vielleicht ein klein wenig zu überpräsent sein, eigentlich fügt sie sich aber problemlos in den gegebenen Rahmen.

Mangavorlage und Verfilmung unterscheiden sich übrigens vor allem in ihrem Ende – wie so oft kam der Stoff auf die Leinwand, bevor der Schluss in Panelform vorlag, weshalb deutliche Abweichungen vorherrschen, die in diesem Fall aber der Erfinder der Geschichte selbst zu verantworten hat, weshalb von Quellenverrat kaum die Rede sein kann.

Notabene: Erst seit ein paar Jahren ist der Film in seiner Ursprungsfassung hierzulande erwerbbar. Wer vorher in den Genuss des ganzen Werks kommen wollte, musste andere Wege gehen. Als er 1985 aufgrund seines durchschlagenden Erfolges bei Fans auch nach Deutschland kam, benannte man ihm kurzerhand in Warriors of the Wind um, schnitt satte 23 Minuten aus ihm raus und modelte die Message von Frieden und Naturvertrauen um in einen biederen Gut-Gegen-Böse-Plot, in dem sich plötzlich eine „Prinzessin Sandra“  gegen furchtbare „Gorgonenmonster“ behaupten muss. Klingt auch sympathisch, mit der eigentlichen Geschichte hatte es aber kaum noch was zu tun. Tatsächlich kursierte damals sogar ein VHS-Tape, das den völlig inhaltsfernen Titel Die Sternenkrieger trug. Das Studio distanzierte sich ausdrücklich von der misshandelten Form ihres Filmes.

Fazit

Mit Nausicaä aus dem Tal der Winde gelang Ghibli-Vater Hayao Miyazaki der erste große Schritt und hinterließ Fußstapfen, die bis heute maßgeblich sind. Eine Heldin, die menschlich ist und sofort ins Herz geschlossen wird, eine fantastische Welt mit greifbarer Bedrohung und all das in einer spannend erzählten Geschichte. Sicher, so formvollendet, wie es die preisträchtigen Nachfolgewerke wie z.B. Das Schloss im Himmel sind, ist der Film noch nicht, aber der unnachahmliche Esprit, den die Produktionen dieses Studios versprühen, ist bereits zur Gänze vorhanden.
Quasi alle anderen Animes, die danach kamen, sind auf die ein oder andere Weise Erbe dieses Filmes.

Das Wunder in der 8. Straße

Da Weihnachten vor der Tür steht und man sich nichts sehnlicher herbeiwünscht als ein wenig Ablenkung von der Gewissheit, längst noch nicht alle Geschenke beisammenzuhaben, versucht sich auch scififilme.net an etwas festlicherem Filmstoff:
Ursprünglich als Serienfolge von Amazing Stories geplant, wurde die Idee hinter Das Wunder in der 8. Straße schlussendlich für einen ganzen Spielfilm genutzt. Produzent Steven Spielberg war es, der das Potenzial hinter dem Gedanken von Regisseur und Drehbuchschreiber Matthew Robbins erkannte und das Projekt unterstützte.


Did we miss the sunset?

Story

Einige Gegenden in New York mussten viel erleiden in der letzten Zeit. Zerfallene und zerfallende Häuser, Bau- und normaler Schutt bestimmen das Bild. Trotzdem mögen die Bewohner der 8. Straße ihr bescheidenes Mietshäuschen.
Bauunternehmer Mr. Lacey kümmert es aber nicht, ob irgendjemand irgendwas mag. Er will die Gegend planieren und das Wohnviertel zu einer funkelnden Hochhauslandschaft umgestalten. Um die widerspenstigen Anwohner zu vergraulen, schickt er Schlägertrupps durch die Nachbarschaft, die harte Argumente und Geld dafür bieten, dass die Wohnungen geräumt werden.
Während die meisten Betroffenen das Angebot annehmen und mit frischen Scheinen in der Tasche das Feld räumen, bleibt eine kleine Gruppe aus sehr unterschiedlichen Menschen hartnäckig und will die Heimat nicht aufgeben. Doch haben entschlossene Senioren nur sehr geringe Chancen gegen Schläger mit Baseballschlägern.
Dann aber tauchen eines Nachts UFOs auf, die die Größe einer Handfläche haben und mit Vorliebe Sachen reparieren. Die zurückhaltenden Mini-Aliens brauchen nichts weiter als eine Energiequelle, die ihnen Strom liefert. Schnell freunden sich die Bewohner mit den Außerirdischen an und wachsen durch den unerwarteten Besuch von Außerhalb immer enger zusammen.

Kritik

Senior Frank, seine senile Lady Faye, der erfolglose Künstler Mason, der schweigsame Ex-Boxchampion Harry und die spanische Einwanderin Lisa kriegen Hilfe von stromsüchtigen Schrumpf-Untertassen mit Reparaturstrahl. Eine wirklich selten dämliche Prämisse, herzallerliebst jedoch umgesetzt.
Matthew Robbins, übrigens ein guter und langjähriger Freund von Steven Spielberg, Guillermo Del Toro und George Lucas (in dessen THX1138 hat er sogar einen kleinen Camo), verweilt nicht zu lange bei den einzelnen Figuren, lässt sich aber gerade am Anfang ausreichend viel Zeit, mit den Persönlichkeiten vertraut zu werden und Verständnis für die Situation zu entwickeln. Die Protagonisten sind intelligent angelegt, sympathisch und haben sämtlich ein großes Kitsch-Potenzial, das aber niemals angezapft wird. Man mag das sture Grüppchen und so mag man auch das Haus, um das sie kämpfen. Und das, obwohl – oder vielleicht auch weil – die jeweiligen Gründe dafür, dem Ort treu zu bleiben, nicht bei jedem ersichtlich und nachvollziehbar sind. Besonders die beiden rüstigen Hauptdarsteller machen ihre Sache gut. Die durch und durch kontrollierte Mimik und die unverblümt ehrliche Darstellung des Alltags im gehobenen Alter überraschen in einem Film aus der Traumfabrik. Sie können zusammen mit der respektvoll dargestellten Demenz von Faye der positiven Botschaft des Filmes zum Trotz aber auch ein wenig deprimieren. Dass die beiden Schauspieler mit einer glaubhaften Selbstverständlichkeit harmonieren, liegt übrigens daran, dass Hume Cronyn und Jessica Tandy auch im echten Leben über ein halbes Jahrhundert verheiratet waren.

Während der junge Künstler rationale Erklärungen sucht, erkennt der Alte die Wahrheit als evident. Raumschiffe von einem Planeten. Einem sehr kleinen Planeten. Durch das vielfältige Personal leistet das ruhige Sci-Fi-Märchen fast schon nebenbei auch Diskursbeiträge zu sehr ernsten Themen. Demenz, vertane Gelegenheiten, alte Menschen, die selbstbestimmt ihren Lebensabend gestalten wollen, so lange sie noch können, Treue und Freundschaft sind die eigentlichen Themen von Das Wunder in der 8. Straße oder *batteries not included, wie der Film im Original heißt und mit diesem Titel in pfiffiger Weise auf den hohen Strombedarf der fliegenden Untertassen anspielt.

Besagte UFOs selbst sind erst einmal beeindruckend, da die Effekte auch Jahrzehnte später immer noch hervorragend sind – und auch zukünftig nicht nennenswert altern werden. Die putzigen Flugobjekte wirken dank ihrer blinzelnden Augen ähnlich menschlich wie die anthropomorphen Kreaturen aus den Welten Pixars – allen voran liegt natürlich der Vergleich mit WALL-E auf der Hand. Das mag sicherlich auch dem Umstand zu verdanken sein, dass Simpsons- und Pixar-Mastermind Brad Birt damals als Co-Writer für diesen Film tätig war. (Obwohl dieser mit WALL-E natürlich direkt nichts am Hut hatte, aber sicher stilprägend gewesen ist.)
Als eigentliche Stars des Filmes beeindrucken die freundlichen Aliens mit durchdachtem Design und vielen überraschenden Funktionen, die sie auf ihre Umwelt reagieren lassen und zu kleinen Gadget-Wundern machen.
Selbstverständlich werden von ihnen nicht nur Haushaltsgegenstände geflickt, sondern letztlich und vor allem die Beziehungen der Bewohner untereinander, das Klima im Viertel und der Glauben an ein gutes Ende.

Wenn die Besucher später an die AT-AT-Kampfläufer aus Star Wars erinnernden Nachwuchs zeugen und beim Burger braten zur Hand gehen, wird’s für manch einen vielleicht etwas zu viel des Guten, aber so ist es nun mal mit Märchen. Der wackelige Holzverschlag auf dem Hochhausdach wird zum Schrein, Strom bedeutet Lebenssaft und ein paar kleine Schrott-UFOs sorgen dafür, dass das Leben wieder lebenswert wird. Die Sonne, die in dieser Welt wie eine riesige Orange aussieht, ist nur folgerichtig.
Dass eingangs geschrieben steht, der Film würde sich am Anfang Zeit lassen, bedeutet nicht, dass er anschließend Beschreibungen wie „temporeich“ verdient. Das Wunder in der 8. Straße ist von vorne bis hinten behäbig. Der eigentliche Plot ist dennoch schnell abgehandelt, dient aber auch nur als Aufhänger, um auf die wichtigen Kleinigkeiten zu sprechen zu kommen. Und das ist gut, denn inmitten der gehetzten, sehr eng gewordenen Welt der industrialisierten Filmschaffung von heute kann es eine Wohltat sein, eine unaufgeregte kleine Geschichte zu verfolgen, wie fast nur das naive 80er-Jahre-Hollywood sie erzählen kann.
Oder um es mit den Worten der Nebenfigur Pamela zu sagen: „This is the ’80s! Nobody likes reality any more.“

Fazit

Ein harmloser, aber rührender Spaß über intergalaktische Heinzelmännchen und große Werte in kleinen Menschen. Sauber inszeniert und mit schönen handgemachten Spezialeffekten ausgestattet.

Fantasy Filmfest Special: Thale

Fantasy Filmfest Special 4

Mit seinem neuen Film schickt uns Aleksander Nordaas in die Sagenwelt seines Heimatlandes Norwegen. Gerade mal zwei Jahre nach Trollhunter ist Thale schon der zweite Versuch, der sich an dieser schwierigen Thematik versucht.
Und tatsächlich liegt hier eine dieser unscheinbaren Überraschungen vor, um derentwillen man das das Fantasy Filmfestes Jahr um Jahr besucht.


In a cellar, dark and deep, I lay my dearest down to sleep; A secret they would like to keep.

Story

Leo und Elvis sind Freunde, zusammengeschweißt durch ihren ungewöhnlichen Job. Ihre Aufgabe ist es, Tatorte von all dem zu reinigen, was ein normaler Bürger nicht sehen möchte.
Und obwohl die beiden ihren Broterwerb mit Humor nehmen, könnte ihr Umgang damit unterschiedlicher kaum sein. Elvis‘ Magen steht immer kurz vor der Explosion, sodass er bei jedem Stück Mensch, das darauf wartet, entsorgt zu werden, mit dem Brechreiz kämpfen muss. Leo hingegen begegnet dem unappetitlichen Alltag mit gelassenem Gleichmut.
Eines Tages stoßen sie an einem Tatort auf ein ungepflegtes Kellerloch, in dem neben Konserven mit seit Jahrzehnten verdorbenem Inhalt auch merkwürdige Gerätschaften zu finden sind. Anstatt nach Vorschrift auf die Kavallerie zu warten, startet das Zweierteam mit mulmigem Gefühl die Erkundung.
Was sie finden, ist ein nacktes Mädchen, das nicht sprechen kann, dafür aber neben seltsamen Fähigkeiten auch noch ein höchst brisantes Geheimnis bereithält.

Kritik

Zwar ist Thale das schmächtige Budget ein wenig anzusehen, das den Norwegern zur Verfügung gestanden hat, doch weiß der kleine Film aus dem hohen Norden diesen Umstand gut zu kaschieren. Anders als der Trailer suggeriert – um den man wegen des hohen Spoiler-Gehalts sowieso einen Bogen machen sollte – spielt sich das Geschehen um die beiden Reinigungskräfte und das sonderbare Wesen aus der Wanne nämlich fast ausschließlich in genanntem Kellergewölbe ab. Die kurzen Ausflüge in das umliegende Gehölz dürften die Kosten aber auch nicht in die Höhe getrieben haben.
In den modrigen Räumlichkeiten sorgen clevere Kameraperspektiven und die gelungene Sounduntermalung eines morsch, aber stets harmonisch klingenden Celli dafür, dass Protagonisten und Zuschauer auf Trab gehalten werden. Überhaupt sind die 76 Minuten gut gefüllt. Ohne Umschweife wird die Handlung auf die Figuren losgelassen und die dichte Stimmung, die man in manchen Szene fast schneiden kann, bleibt konstant in der Höhe.
Aufgelockert wird das Ganze durch die skurril-stoische Art der Protagonisten, die selbst die unerwartetste Verrücktheit mit einer kaltschnäuzigen Abgeklärtheit hinnehmen, die sich gewaschen hat. Die kruden Witzchen sind aber niemals Stimmungsgift, da sie mit Bedacht eingesetzt werden und die Erzählung nur sympathischer machen, ohne dabei ihre Bedrohlichkeit zu nehmen.
Lange Zeit funktioniert der Film hervorragend, weil er sich an eine uralte Horror-Regel hält: Halte die Bedrohung im Verborgenen und überlasse es der Fantasie des Betrachters, sich ein Bild zu machen.
Leider hält sich Thale im späteren Verlauf nicht mehr an diesen Grundsatz. Die mäßig animierten Wesen, die der Wald aussendet, strahlen nur noch einen Bruchteil der Gefährlichkeit aus, die sie vermittelt hatten, als sie bloß durch unheilvolle Geräusche und Andeutungen am Bildrand zu erahnen waren.
Das nimmt dem Film die urtümliche Kraft, die ihn bis dahin getrieben hatte, weshalb er auf den letzten Metern nicht mehr ganz so speziell und intensiv wirkt – gut und interessant bleibt das Gezeigte aber auch hier.
Wirklich unnötig ist hingegen die auf Biegen und Brechen in die Geschichte eingebrachte Erkrankung eines der Protagonisten, deren Folgen Thale am Ende wohl abrunden sollen, aber gerade auf dem organischen Rest der Geschichte viel zu konstruiert wirken, um sich reibungslos ins Gesamtbild zu fügen.

Fazit

Mit Thale ist dem norwegischen Newcomer Aleksander Nordaas ein intensiver Trip gelungen, der sich bald zum Geheimtipp gemausert haben dürfte. Die tolle Mischung aus Horror, Märchen und schwarzer Komödie, die sich auf engstem Raum abspielt, schafft eine urige Atmosphäre, der auch die kleinen Fehler am Schluss wenig anhaben können.

John Carter – Zwischen zwei Welten

Edgar Rice Burroughs ist in erster Linie bekannt für seine Schöpfung Tarzan. Noch vor dem Affenjungen schrieb er erstmals 1913 die Geschichte Die Prinzessin vom Mars und legte damit im Vorbeigehen die Grundsteine für fantastische Szenarien, wie wir sie heute kennen. Während sämtliche große Science Fiction-Epen schamlos von Burroughs Vorlage entliehen und kopierten, waren die Pläne, diese selbst zu verfilmen, von chronischem Scheitern geprägt. 1931 hatte die Geschichte die Chance, der erste Zeichentrickfilm in Spielfilmlänge zu werden und verunglückte, der nächste Anlauf sollte Conan der Barbar und Star Wars mit Tom Cruise in der Rolle des John Carter die Stirn bieten und verdampfte ebenso in der Vorproduktionshölle wie der nachfolgende Plan, die Geschichte von Frank Miller inszenieren zu lassen. Jetzt, da die Technik reif genug ist, John Carters turbulente Marsabenteuer glaubhaft darzustellen, wird die Geschichte von Disney auf die große Leinwand geschickt.

Story

Die Erzählung von John Carter ist eingebettet in die Rahmenhandlung über dessen Neffen, der vom Ableben seines Onkels erfährt, zum Alleinerben wird und das Tagebuch des Verblichenen aufschlägt, um seine Geheimnisse zu lüften. Die Visualisierung der Memoiren machen die folgenden zwei Stunden Film aus.
1868 hat John Carter den Soldatendienst quittiert, den Patriotismus an den Nagel gehängt und tourt als exzentrischer Goldgräber durch die Landen. Auf der Flucht vor Soldaten und Apachen gleichermaßen stößt er nicht nur auf das ersehnte Edelmetall, sondern auch auf einen merkwürdigen Herren, der ihn nach kurzem Gerangel ohne Vorwarnung auf den Mars teleportiert.
Nachdem Carter sich mit den ungewohnten Schwerkraftverhältnissen vertraut und sich bei einem Stamm vierarmiger Marsianer einen Namen gemacht hat, wird er ungewollt in die Streitigkeiten der zwei großen Parteien des Planeten hineingezogen.
Die große Stadt Zodanga saugt dem Mars das Leben aus und ihr König erobert mit göttlichem Beistand unaufhaltsam den ganzen Planeten. Die verhältnismäßig friedlichen Bewohner der Stadt Helium haben dem wenig entgegenzusetzen und klammern sich an die Hoffnung, dass alles besser wird, sobald die holde Prinzessin Dejah Thoris mit dem tyrannischen Fürsten zwangsvermählt wird. Jene ist aber wenig angetan von dieser Perspektive, flieht aus der Heimat und stößt prompt auf John Carter von der Erde, der seinerseits eigentlich nur einen Weg sucht, der ihn zurück zu seinem Gold bringt.

Kritik

Die Verfilmung des klassischen Stoffes war ein nicht ganz ungefährliches Vorhaben. Denn was vor knapp 100 Jahren absolut neu und unverbraucht war, wirkt nach Dekaden des Vorbildseins und Abkupferns alles andere als frisch. Disney schafft es jedoch, dem SciFi-Ahnen ein jugendliches Antlitz zu schenken, das es randvoll mit sündhaft teuren Effekten ausfüttert. Und der Plan geht grundsätzlich auch auf.
Das Mammutwerk beginnt in beachtlichem Tempo. Der Anfang auf dem Mars ist ebenso rasant wie der eigentliche Prolog im Virginia des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Technisch wie inhaltlich wird dabei Hollywoodgewohnheiten der letzten 20 Jahre gefrönt, John Carter hat aber gerade in den ersten Minuten stets seinen eigenen Charakter und fühlt sich nie austauschbar an.
Erfrischend ist, dass der Hauptcharakter nicht als blasser Weichkeks beginnt, sondern die Entwicklung zum vorlauten Bartträger bereits vollendet hat. Die Geschichte startet mit einem John Carter, der bereits ein Held ist. Selbstbewusst, aktionistisch und voll mit kindischer Sturheit lernen wir am Anfang schon den Mann kennen, der am Ende ohne nennenswerte Charakterentwicklung das Finale verlassen wird.
Leider wird die Geschwindigkeit nicht aufrechterhalten und sobald sich der Bürgerkriegsveteran auf dem Mars eingelebt hat, schaltet der Film ein paar Gänge zurück. Zwar treibt die Geschichte ihn von Kampf zu Kampf, doch lassen die meisten Konfrontationen trotz hübscher Umsetzung wirkliche Höhepunkte vermissen. John Carter ist dabei zwar weder langweilig noch spannend, aber immerhin auch weit entfernt von uninteressant.

Die Story kann nichts dafür, dass ihre eigene Geschichte von anderen Erzählern ungezählte Male rezitiert worden ist, doch kann man dem Zuschauer auch nicht vorwerfen, dass sie ihm deswegen bekannt ist. Sowohl der Plot, der auf eine Handfläche passt, als auch die Charaktere sind Stereotype, die sicher nett erzählt, aber eben doch arm an Überraschungen sind. Die heiratsscheue und freiheitsliebende Prinzessin ist kaum mehr als eben das: Eine typische Prinzessin nach erprobtem Disney-Rezept, der allerhand Belanglosigkeit auf der Zunge liegen. Unsympathisch ist sie nie, jedoch sehr langweilig geschrieben.  Und Lynn Collins  fehlt das nötige Charisma, um dies zu retuschieren. Die Anziehungskraft von John Carter ist nicht auf inhaltlicher Ebene zu finden, sondern in ihrem eigentlichen Protagonisten versteckt: Dem Mars. Der Rote Planet wird in ausschweifenden Kamerafahrten vorgestellt und die Collage vieler Szenen kreiert eine Diegese, die trotz der Bekanntheit ihrer meisten Elemente Esprit versprüht. Die hier geschaffene Welt und die Wesen, die mit ihrer Kultur und ihren Mythen dort ihr Dasein fristen, werden mit viel Liebe zum Detail beobachtet und vom Film in jedem Moment ernstgenommen. Dies genügt fast gänzlich, um den Motor des Werkes am Laufen zu halten. Ein paar Längen werden nicht vermieden und dass diese gerade in den storyrelevanten Szenen zu finden sind, ist sicherlich problematisch, doch die reichhaltige Fantasie der Marsdarstellung entschädigt immer wieder dafür. Obschon viele der Effekte ihre künstliche Herkunft nicht verhehlen können, zieht das in sich stimmige Gesamtbild leicht in seinen Bann.
Die barbarischen Vierarmer, deren Kultur mit ihren Gebräuchen, Hierarchien aber auch Streitigkeiten nicht von ungefähr an die Römerzeit erinnert, wurden liebevoll erdacht.
Und das bei Science Fiction-Filmen, die von Spezies anderer Planeten erzählen, ureigene Problem mit der Kommunikation wurde entwaffnend simpel auf eine Art gelöst, die u.a. auch bei Farscape bereits Verwendung fand.
Über den Streifen verteilt finden sich übrigens immer wieder Szenen, die für einen Disneyfilm mit Märcheneinschlag verblüffend grausam sind und ein wenig fehl am Platze wirken. Auch sonst scheint John Carter an manchen Stellen unentschlossen, ob er seine Geschichte besser mit einem Augenzwinkern oder doch lieber todernst erzählen möchte. Dass der pulpige Charme der Vorlage, die übrigens elf Teile umfasst, immer zu erkennen ist, tut dem Gesamtbild aber ohne Frage gut.
Schade ist, dass der deutlich interessantere Teil der Story, nämlich die Gründe für die Verbindung zwischen Mars und Erde, nur läppisch angerissen und am Ende dafür benutzt wird, Anlauf für einen zweiten Teil zu nehmen.
Dass bis zu einem solchen weitere 100 Jahre verstreichen könnten, ist aber nicht ganz unwahrscheinlich. Das Riesenbaby der Walt Disney Motion Pictures Group fraß insgesamt geschätzt über 350 Millionen US-Dollar, wurde kaum beworben und verschwand wieder aus den Lichtspielhäusern, ehe sich der durchschnittliche Kinogänger darüber bewusst wurde, dass es diesen Film überhaupt gibt. John Carter, einer der fünf teuersten Filme aller Zeiten, entwickelte sich zur Katastrophe für den Micky Maus-Konzern, ließ alles Vertrauen, das zuvor in Findet Nemo– und WALL E-Regisseur Andrew Stanton gesteckt wurde, zerplatzen und drängte Rich Ross, den Kopf der Disney Filmstudios, seinen Hut zu nehmen.

Fazit

Ein unbeschwerter, manchmal sogar sympathischer Ausflug auf den wundersamen Mars von Edgar Rice Burroughs ist die Verfilmung des Pulp-Klassikers geworden. Somit wird die Adaption der Vorlage durchaus gerecht. Wenig überraschend wirkt die allseits bekannte Geschichte auf die Rezipienten des neuen Jahrtausends etwas uninspiriert. Doch vermag es die volle Breitseite an marsianischen Postkartenmotiven in Verbindung mit den gut aufgelegten Schauspielern und der sündhaft opulenten Ausstattung einen Unterhaltungswert zu generieren, der auch jenseits narrativer Werte existieren kann und einen Gang in die Videothek allemal rechtfertigt.