KITE – Engel der Rache

Über eine Verfilmung des erfolgreichen Animes KITE von 1998, der 10 Jahre darauf einen Nachfolger erhielt, wurde schon häufig geredet. Der Film, der nun unter dem Namen KITE – Engel der Rache veröffentlicht wurde, hat mit dem Anime nicht allzu viel gemein und verzichtet konsequent dessen Stärken.


Looks like somebody used a landmine to clear the sinuses.
Story

Eine wenig rosige Zukunft. Die schmackhaften Kinder werden an Fleischkartelle verschachert und niemanden stört es, ist doch jeder mit dem poppigem Sumpf aus Polizeikorruption und Bandenrivalitäten beschäftigt, der nun das Weltbild bestimmt.
Als Kind verlor Sawa ihre Eltern durch den Angriff einer Gang. Karl Aker, ein ehemaliger Polizeikollege ihres Vaters, nahm sich ihrer an und trainierte sie. Heute, mit 18 Jahren, kämpft sie gegen die allmächtigen Banden, um den Tod ihrer Eltern zu rächen.

Kritik

Kite gehört zu dieser ganz besonderen Sorte Film. Die Sorte Film, die schäbig ist. Nicht schäbig auf eine Weise, wie man es vielleicht von The Rover oder End of Animal behaupten kann, weil   hervorgerufen wird. Nicht schäbig, weil es dem Film gelingt, bewusst eine Stimmung des Unerträglichen zu kreieren, sondern einfach nur schäbig im Sinne einer Bewertung des Werks.
Schon die Vorlage bietet keine originelle Geschichte, aber immerhin noch ein paar recht interessante Figuren und eine gewisse Düsternis, der man mit viel gutem Willen eine Tendenz zur oben definierten Form der ‚positiven Schäbigkeit‘ attestieren könnte. Ralph Zimans Film bemüht sich, all das aus der Geschichte heraus zu operieren, sodass nichts bleibt bis auf einen ärmlichen Kern reduzierte Erzählung mit grundloser Gewalt. Doch Vergleiche zur Vorlage erübrigen sich genaugenommen sowieso, da sich tatsächliche Gemeinsamkeiten problemlos an einer Hand abzählen lassen, ohne dabei die Gabel beiseitelegen zu müssen.

Ob die Chose besser gelungen wäre, hätte Rob Cohen sie verfilmt, wie es angedacht war, bleibt aber auch fraglich. Snakes on a Plane und Final Destination 2-Regisseur David R. Ellis sollte als nächstes das Ruder übernehmen, verstarb aber unter ungeklärten Umständen, als die Dreharbeiten beginnen sollten. Samuel L. Jacksons Begeisterung hat dies offensichtlich nicht geschürt und folglich befindet er sich noch deutlich stärker in seinem darstellerischen Automatikmodus, als in den meisten seiner auf Typecasting basierenden Rollen der letzten Jahre. Das Resultat ist in der Tat etwas erbarmungswürdig. Dass jeder in dieser Welt ein fabelhafter Kämpfer ist, versteht sich von selbst.
Dem angepasst, üben sich die meisten anderen in penetrantem Overacting und Hauptdarstellerin India Eisley schaut die ganze Zeit so unerträglich bockig drein, dass man sie am liebsten ins Bett schicken würde. Ihre vor sich hin metzelnde Sawa böte aber auch für eine richtige Schauspielerin nur wenig Entfaltungsraum, denn ihre Motivation ist so sehr aufs Marginalste reduziert.
Als grelle Kinder-Amazone wütet sie vor farblich verfremdeten Hintergründen, die manchmal ein wenig zu billig aussehen, durch eine ausgehöhlte Story. Die Gewalt, die regelmäßig aus ihrer poppigen Verpackung geholt wird, soll cool wirken, ist aber – obschon comichaft übertrieben so grausam und unnötig, dass sie anwidert.
Ein weiteres gescheitertes Stilmittel stellt der Versuch dar, den sehr klischeehaft geschossenen Film mit sinnlos flackernden Zwischenschnitten künstlich ungewöhnlich zu machen, was aber lediglich bewirkt, dass das Produkt noch unbeholfener und planloser wirkt. Auch die arg aufdringlichen, andauernd den Fluss störenden Flashbacks nach Schema F, die kaum durch Mehrwert gerechtfertigt werden, schließen sich dem an.
Schon früh bekommt man den Eindruck, der Film wäre ein Versuch, Léon – Der Profi auf eine möglichst unflätige Weise zu beleidigen.
Dass das Ganze auf einen Twist hinsteuert, der sich von Anfang an ohne Aufwand erraten lässt, besiegelt die Gewissheit, dass es sich bei KITE um einen Film handelt, bei dem nur wenig stimmt und der nie das ist, was er zu sein behauptet.

Fazit

Aus dem Ausgangsmaterial hätte durchaus ein sehenswerter Film mit ganz eigener Atmosphäre werden können. Das Ergebnis aber ist ein gescheiterter Pop-Film mit völlig unmotivierten Schauspielern, einer hinkenden Dramaturgie, ohne jede Überraschung und mit unnötiger Freude an der Gewalt, mit welcher sich der Anime kritisch auseinandersetzte, die hier aber einfach nur um ihrer selbst willen aufgeführt wird.

Gantz – Spiel um dein Leben

Der Manga Gantz von Zeichner Hiroya Oku brachte es auf viele Bände, wurde aber erst durch die Anime-Umsetzung durch Studio GONZO weltweit berühmt. Eine Berühmtheit, die neben Romanen und einem Videospiel im Jahr 2011 auch den ersten Realfilm hervorbrachte. Die Überraschung: Dieser funktioniert in entscheidenden Punkten besser als die Serie.

Ich geb‘ euch meine Zwiebel.

Story

Ein alkoholisierter Passant stürzt auf die Gleise einer U-Bahn und bleibt regungslos liegen. Als Schüler Kei Kurono beherzt auf die Schienen springt, um den verunglückten Trunkenbold vor dem nahenden Untergrundzug zu retten, befindet er sich plötzlich selbst in großer Lebensgefahr. Denn niemand der herumstehenden Passanten fühlt sich dazu berufen, ihm wieder auf den Bahnsteig zu helfen.
Erst in letzter Sekunde reicht ihm Mitschüler Masaru Kato die Hand. Doch in anstatt Kei in Sicherheit zu bringen, zieht dieser ihn unbeabsichtigt mit auf die Gleise. Der Zug erfasst beide.
Im nächsten Augenblick finden sich die Jungen im Appartement eines Hochhauses wieder, zusammen mit anderen Personen, die allesamt eigentlich tot sein sollten. Das Zimmer ist leer bis auf eine große schwarze Kugel mit glatter Oberfläche.
Während die Gruppe Quasi-Toter noch über Grund und Art ihres Aufenthalts rätselt, erscheinen Order auf dem schwarzen Artefakt.
Zu verrauschter Volksmusik öffnet sich das Rund und stattet die Anwesenden mit futuristischen Waffen und Rüstung aus. Im Inneren kauert ein nackter Mann, der mit Schläuchen am Leben gehalten wird.
Die Vorgabe: Innerhalb eines bestimmten Zeitlimits sollen außerirdische Ziele eliminiert werden. Für jeden Abschuss gibt es Punkte. Weigerung ausgeschlossen.

Kritik

Der Sci-Fi-Anime Gantz warb mit einer tollen ersten Folge und besaß so manchen guten Ansatz, konnte über die Laufzeit aber mit zu wenig Substanz dienen. Erklärt wurde wenig, stattdessen gab es repetitive Strukturen, unpassende Sexismus-Eskapaden und ein irgendwie sehr hohles Finale der ersten Staffel.
Der Film hat von Vornherein also keinen leichten Stand. Nicht nur, dass die ursprüngliche Adaption kein glänzendes Stück Animegeschichte ist, auch das Setting ist eigentlich viel zu abgehoben, um einen ernsten Film mit ernsten Schauspielern daraus zu machen, der am Ende funktioniert. Gantz versucht dies trotzdem und und allein der Versuch darf positiv angerechnet werden. Vor allem deshalb, weil man tatsächlich das Risiko eingeht, ungeheuer eng an der Serie zu kleben. Szenen, oft auch einzelne Bilder, sind identisch und geben der Geschichte daher – wenn man mit der Geschichte bereits vertraut ist – einen Wiedererkennungswert, der gleichermaßen negativ wie positiv wirken kann. Verblüffend ist es darüber hinaus, wie akkurat man sich auch bei den Aliens an den zugrundeliegenden Zeichnungen orientiert hat. Die hinterhältigen Zwiebel- und Musik-ETs besitzen auch in der Live-Action-Adaption ihre skurrile wie verstörende Aura. Auch auf die comichafte Brutalität wurde nicht verzichtet und so platzen Kinder, fliegen Beine und sprühen die Blutwolken nur so durch die Räume, dass man sich bei der Altersfreigabe von 16 Jahren eigentlich an den Kopf fassen möchte.
Bei aller Vorlagentreue schafft man es aber trotzdem, den Film an entscheidenden Momenten besser zu machen als den Anime. Und wie oft kann man das schon von einer Verfilmung sagen?
Das Tempo stimmt und Regisseur Shinsuke Sato besitzt das richtige Gespür für Suspense, was aber auch der einfachen Tatsache zu verdanken ist, dass Stimmungen durch Schatten in der echten Welt viel leichter als in ihrem Zeichentrick-Pendant zu generieren sind. Und manchmal funktioniert selbst der Humor. Zudem sind die Actioneinlagen deutlich dynamischer gestaltet und der Ghettoblaster liebende Plastik-Nussknacker-Androide ist noch einen Zacken wunderlicher als eh schon. Außerdem nutzt der Film Möglichkeiten, die auch in der Serie schon völlig offensichtlich waren, von dieser unbegreiflicher Weise aber ungenutzt geblieben sind. Hier wie da kann aber nicht verhindert werden, dass es schnöde wird, wenn die – zum Glück nur seltenen – emotionalen Redundanzen aufkommen und mit aufgesetzter Rührseligkeit à la „ich wollte schon als Kind so sein wie du, stirb doch noch nicht!“ zu punkten versuchen. Dramatik kann die hölzerne Stereotypen-Konstellation im trashigen Action-Szenario einfach nicht leisten. Zum Glück unternimmt man diese unbeholfenen Versuch aber wirklich nur am Rande und geht schnell wieder dazu über, nett auszusehen und anständig die Fetzen fliegen zu lassen. Nur am Ende muss man ein wenig Kitsch-Toleranz hochschrauben. Oder einfach 10 Minuten früher abschalten.
Trotz der positiven Seiten kann der Film es nicht vermeiden, dass das Präsentierte aufgrund des absurden Mischverhältnisses aus Science-Fiction, Mystery, Surrealismus und schwankender Comedy zwar immer noch bedrohlich, durch den erhöhten „Sonderbar-Anteil“, weil der schlichtende Anime-Stil hier einfach fehlt, aber auch ein wenig harmloser und dafür eben skurriler wirkt. Gerade deswegen ist es aber beachtlich, dass Blödsinn, der sich selbst so ernst nimmt, sich dergestalt inszenieren kann, ohne sich zugleich der Lächerlichkeit preiszugeben. Und das ist vielleicht die größte Schwierigkeit gewesen, vor der der Film stand – und die er im Endeffekt relativ souverän meistert. Es mag aber auch gut angehen, dass Zuschauer, die mit der Vorlage nicht vertraut sind, einen ganz anderen und womöglich weniger nachsichtigen Blick auf das Produkt haben.
Die Schauspieler sind Mittelmaß und haben sich außerdem nicht nur mit sehr gestelzten Dialogen, sondern bei uns auch mit der üblichen lieblosen, unglücklich auf albern getrimmten Synchronisation zu kämpfen.
Was die Figuren für einen Unfug von sich geben, ist teils schon fast lähmend. Wenn ein knurrendes Ungeheuer die Protagonisten in eine Ecke drängt, soeben einen Kameraden pulverisiert hat und sich nun daran macht, dem Rest ein ähnliches Schicksal zu bescheren, wird allen Ernstes Vorgeschlagen, die Polizei zu rufen.

Fazit

Die geheimnisvolle Jagd auf die extraterrestrischen Gemüsemutanten funktioniert in zwei Stunden Film einfach besser als auf Serienlänge. Viele, wenn auch bei weitem nicht alle Schwächen der Vorlage konnten entschärft werden, was bleibt, ist ein manierliches und durchaus auch hübsches Action-Spektakel, das alles aus seiner Vorlage rausholt.

Die ähnlich unterhaltsame Fortsetzung schloss ein Jahr später an und hört auf den vollmundigen Titel Gantz – Die ultimative Antwort.