Synchronicity

The Signal war 2007 inmitten der unüberschaubaren Zombiewelle ein Ausreißer mit ungewöhnlicher Dramaturgie, ungewöhnlichen Figuren und nicht zuletzt auch ungewöhnlichem Humor. Nach ausgiebigen Komplettausflügen in die My Super Psycho Sweet 16-Reihe, eine Slasher-Trilogie aus dem Hause MTV, durfte man 2015 wieder ein komplettes Autorenwerk von Jacob Gentry erfahren: Synchronicity

You taste like ash.

Story

Jim Beale ist ein so besessener wie genialer Eierkopf, der dank der Finanzierung des dubiosen Unternehmers Klaus Meisners den Bau seiner Zeitmaschine abschließen konnte. Der erste Testdurchlauf läuft war nicht völlig vorfallfrei ab, weist aber trotzdem Anzeichen von Erfolg auf. Doch dann fällt der der zwielichtige Sponsor Beale und seinem Team in den Rücken – und dem Wissenschaftler bleibt nur, sich selbst in die Maschine zu begeben, um die vorgegebene Spanne von 5 Tagen zurückzureisen. Dort beziehungsweise dann trifft er nicht nur die mysteriöse Frau Abby, die irgendwie mit Klaus Meisner verbunden scheint, sondern schnell auch sich selbst und seine Kollegen.

Kritk

Zeitreisefilme sind in den letzten Jahren geradezu in Mode geraten – sie sind meist günstig und mit kleinem Personal umzusetzen und können rein auf der Behauptungsebene eine komplexe, spannende, stark verworrene Welten entfalten. Ihr Vorteil liegt auf der Hand: In einem stark eingeschränkten Setting, das jedoch überdurchschnittlich viel Tiefenpotenzial aufweist, kann dank vieler impliziter Regeln und spannender Ausgangssituation schnell eine Situation entworfen werden, in der fast alles möglich und absolut alles verdächtigt wird, die zum detektivischen Beobachten, Mitdenken und Theoretisieren einlädt.
Und auch narrativ ist es ein dankbares Feld – während die Zeit sich verändert, bleiben Räume und Figuren zwar auch, aber je nach Zeit(strahl) wandeln auch sie sich. Fix- und Orientierungspunkte werden zunehmend unsicherer, Grenzen von Erzählung weiten sich.
Eine Bühne mit vorgegebenen Rahmen lässt manchmal kreativer sein als ein großes Feld, auf dem alles möglich ist und aufgrund des Aufwands jeder Mut sofort die Gefahr der Ablehnung bedeutet. Trotz unendlicher Möglichkeiten der Story sind die meisten Science-Fiction- und Fantasy-Filme zahm und ordinär. In dem fast schon kammerspielartigen Rahmen eines kleinen Zeitreisefilmes aber erblühten schon die verschiedensten Abenteuer. Sei es ein Taschenformat-Krimi wie in Time Lapse, ein kleinerer Thriller wie Predestination ein etwas größerer Thriller wie Looper oder Komödien mit klassischer Struktur, wie sie Zurück in die Zukunft quasi vorgegeben hat.
Doch nun zu Synchronicity – denn das hier genutzte Genre (oder vielleicht besser: Strömung) ist der Film Noir. In Bildern, die an das Beste des Frühneunzigerkinos erinnern, lässt Gentrys Film sanft die Zeichen der Schwarzen Serie vorübertreiben. Der wahre Orientierungspunkt ist hierbei natürlich nicht der ursprüngliche Film Noir, sondern die Ästhetik eines Blade Runner. Selbst die Räumlichkeiten des Labors sind nicht vor nebelartigem Dampf befreit, der über den oden hin zur Decke wabert. Die Stadt wird ausgeleuchtet in einem trübem neon-bunt und ein permanenter Regen fällt auf sie nieder. Der Film deutet diese Ästhetik nicht an, er atmet sie. Und das trotzdem nicht aufdringlich plump, sondern erstaunlich stilbewusst und in bestmöglicher Kombination. Auch die Motivbausteine des Film Noir sind vertreten – die Dahlie, das Appartement,  die Bar, der kapitalistische Gauner, die ausufernden Gespräche im Fokus, undurchsichtige Rätsel, eine Femme fatale par excellence, selbst ein Chiaroscuro-Wandventilator und natürlich der heruntergekommene Ermittler wider Willen, gegen den sich das gesamte Umfeld verschworen zu haben scheint und der das undurchdringliche Dickicht mysteriöser Unstimmigkeiten um sich herum kaum aus eigener Kraft überschauen kann. Und am Ende eine Auflösung, bei der nicht ganz klar, ob sie ein Auflösung ist – bei der noch einige Bausteine fehlen, um sich ganz sicher sein zu können. Auch das ist Film Noir: Das Geheimnis ist stärker als die Wahrheit.
Möglich sind am Ende mehrere Dinge, welche davon nun wirklich stattfinden, darüber schweigt die Geschichte. Darüber nachzudenken, einzelne Theorien auf Plausibilität abzuklopfen und sie bei einer weiteren Sichtung auf Dichte zu überprüfen, das macht auch bei diesem Zeitreisefilm den Reiz aus. Bloß ist es hier eben nicht nur das, sondern eben auch das glaubhafte Noir-Blut, das durch den Film gepumpt wird und ihn zu einem ganz eigenen Leben erweckt und sehr besonders macht.
Dass aber auch dieser Zeitreisefilm kommt nicht mit intakter Logik davonkommt und sogar ziemlich offensichtliche Ungereimtheiten aufweist, die ebenso hätten vermieden können, lassen die Geschichte unsauber durchdachter wirken, als sie es tatsächlich ist. Denn auf der anderen Seite glänzt Synchronicity durch den geschickten Einsatz von Auslassungen und Pointen, sodass auch zwangsläufige Wiederholungen nicht langweilen, sondern immer wieder Neues eröffnen – nicht bloß dank wechselnden Perspektiven, wie es sonst der Fall ist.

Fazit

Es ist gar nicht so einfach, Synchronicity zu bewerten. Ästhetisch – und hier scheiden sich durchaus die Geister – ist der Film ein gelungener Wurf. Die Art und Durchführung der Geschichte ist durchaus speziell, ist aber auch absichtlich – und manch einer mag bemängeln unnötig – konfus erzählt. Spannend und interessant ist dieser Film aber ohne Zweifel – und ein weiterer Beweis dafür, dass Zeitreisefilme sich noch lange nicht totgelaufen haben.

Das letzte Ufer

1957 veröffentlichte Nevil Shute seinen Science-Fiction-Roman Das letzte Ufer. Keine zwei Jahre mussten ins Land gehen, bis Stanley Kramer (Flucht in Ketten, Das Urteil von Nürnberg) den Stoff nach einem Drehbuch von John Paxton auf die Leinwand transferiert hatte – und zwar gespickt mit Stars wie Gregory, Peck Anthony Perkins oder Fred Astaire in seiner ersten Rolle außerhalb eines Musicals. Diese extrem kurze Zeitspanne steht der Zeitlosigkeit des Ergebnisses gegenüber.

There is still time.. brother.

Story

Der globale Atomare Vernichtungskrieg liegt in der Vergangenheit. Wer wen warum bombardierte, ist kaum noch in Erinnerung. Die Welt ist verstrahlt und unbewohnbar. Einzig Australien ist eine kleine Insel, auf der Leben noch möglich ist, wenn auch unter dem Scheffel der Zeit. Die Menschen bemühen sich nach Kräften, ihr bisheriges Leben fortzusetzen. Sie feiern, gehen einer Arbeit nach, lieben und intrigieren. Insgeheim aber ist allen bewusst, dass sie auf Zeit leben und die radioaktive Wolke früher oder später auch Australien einhüllen wird.
Als rätselhafte Morsesignale aus Sand Diego empfangen werden, bricht ein U-Boot gen Amerika auf, um die dortige Lage auszukundschaften. Mit an Bord sind der Wissenschaftler Julian Osborne und Captain Dwight Towers, welche beide für ihren Dienst Leben und Liebe zurücklassen müssen.

Kritik

Das letzte Ufer oder On the Beach, wie der Film im Original etwas poetischer (und feinfühliger, da inhaltlich auf einen bestimmten Satz bezogen) heißt, ist ein spannendes, bis heute recht einmaliges Experiment. Manch einer mag aufgrund der Mitarbeit von Fred Astaire, dem vielleicht größten Tanz- und Musicalfilmstar, stocken. Und zwar ist Das letzte Ufer weit entfernt von diesem Genre, rein vom Tonfall her kann man aber durchaus Verbindungen ziehen. Denn der Film ist geradezu leichtfüßig. Die Menschen flirten in geschliffenen Dialogen miteinander, die Musik gemahnt an Heimatfilme und Komödien desselben Jahrzehnts. Es werden ein paar wirklich heitere, urkomische Dialoge geboten, die aber stets klar und aufrichtig, kein oberflächliches Gespöttel sind.All das wirkt anfangs befremdlich, immerhin handelt es sich bei Nevil Shutes Geschichte ja im Kern um einen Endzeitfilm. Es ist genau dieser Kontrast, der Das letzte Ufer so tief und einzigartig macht.

Durchdachte Kameraeinstellungen lassen beinahe jede Szene eine einzelne Geschichte für sich erzählen; manchmal aber auch mit oder gar nur durch den Ton. Es entsteht das von Anfang an das glaubwürdige Bild einer Gesellschaft, die in etwas Unmögliches gefallen ist, in Ermangelung praktikabler Alternativen und auch, weil sie nichts anderes kennt, aber einfach weitermacht wie bisher. Gleichzeitig aber nicht weitermachen kann. Die Chance auf Rettung durch Zufall, eine nicht bedachte Variable, die alles umkehrt, oder einen rettenden Heiland ist verschwindend gering. Der Horizont, der das Ende der Menschheit bedeutet, zieht sich immer enger um die Verbliebenen zusammen. Und diesen bleibt nur, auf den Boden und nicht zum Horizont zu gucken, und das Leben zu leben, bis es endet. Die Welt, wie man sie kennt, kippt. Der Mensch, der sie zum Kippen brachte, kann die eintretende Unbegreiflichkeit nicht fassen und verschließt die Augen, so lange ein Blick noch besteht.
Damit dieses Experiment gelingt, muss die Geschichte eine anspruchsvolle Balance halten, darf nicht ins Kitschige oder Belanglos abrutschen in der Darstellung des aufgesetzten Alltags, darf die darunter brodelnde Panik und Verzweiflung aber auch nicht zur prätentiös auf dem Silbertablett drapieren.
Und hier brilliert Das letzte Ufer durchgehend. Die klugen Dialoge sind nie pathetisch oder spröde, sondern immer graziös-nüchtern, trocken, elegant, aber auch niemals aufgesetzt. Selbst der kurze Part, in dem man den Film kurzzeitig als Lehrstück bezeichnen könnte, ist sprachlich und schauspielerisch eine Freude. Das muss man erst einmal schaffen, und zwar unabhängig vom Produktionsjahr. Und da der Film kaum von irgendwelchen (durchaus vorhandenen) Plot-Twists lebt, sondern ganz auf seiner Stimmung aufbaut, verliert er auch bei mehrmaligen Sichtungen nichts, sondern gewinnt stattdessen noch dazu, weil man Details und Zusammenhänge besser erkennt. Dabei soll die Story aber  nicht verunglimpft werden, der zu Folgen allemal spannend ist.

Die Dialoge definieren die Beziehungen der Figuren zueinander sowie die hier stattfindenden Veränderungen. Und sie definieren, dass sich eigentlich doch alles um die Katastrophe herum dreht, denn die Konversationen schleichen nur so um dieses Thema, darum bemüht, es ja nicht deutlich zu streifen. Diese Kombination ist verwirrend, denn als Zuschauer weiß man häufig nicht, was einen erwartet und wie das Wartende, wenn die Geschichte dort ankam, einzuordnen ist. Der Film spielt mit der permanenten Ambivalenz dieser semantischen Gegensatzareale Alltag und Kollaps und indirekt auch der Unsicherheit und Unbeständigkeit dieser beiden Zustände. So gibt es seltene, immer noch verkleidete, nichtsdestotrotz aber effiziente Ausschläge in den Schrecken hinein, wenn sich die Augen für einen Augenblick nicht vor der Realität abwenden lassen. Zynismus und Sarkasmus sind in den Reden auffällig präsent und deuten an, dass eigentlich etwas anderes gesagt wird und primär Verdrängung stattfindet. So wie die Situation auf emotionaler Ebene plötzlich in die Schieflage gerät, so geraten auch metaphorisch immer wieder Dinge in die Schieflage. Die Kamera verlagert sich unversehens immer wieder in eine schräge Position und lässt Personen und Gegenstände plötzlich aus verkanteter Perspektive erscheinen.
Der oscargekrönte Kameramann Guiseppe Rotunno beweist ein feines Gefühl für Gesichter, das Drehbuch ein ebensolches für einzelne Momente und Pointen. Vieles davon ist sicherlich auch Verdienst der Romanvorlage, die gelungene Übertragung in das Medium Film ist aber ganz unabhängig davon zu loben. So stehen dem auch die Sound- und Geräuschkulisse in nichts nach. Und die auf eher beschwingtere Kost geeichten Schauspieler müssen gar nicht anders sein als sonst, die blendende Regie sorgt schon dafür, dass sie durch ihre Art ganz unbewusst auf Details hinweisen.
Mit fortschreitender Dauer läuft sich der Film nicht etwa wund oder droht sich unglücklich zu verfahren, im Gegenteil, es mehren sich die denkwürdigen Einstellungen in diesem Film denkwürdiger, aber stets subtiler Einstellungen. Zum Ende findet er gleich eine Vielzahl  abschließender Einstellungen, die passender, kunstvoller, eleganter kaum sein könnten, ohne auch hier je überflüssig oder gar zu gefühlsduselig zu werden.
Negativ anzumerken ist die etwas ungeschickte Kopplung der beiden Storystränge nach einem Dreiviertel des Filmes, die immer etwas unmotiviert nebeneinander herlaufen und vor allem eigenartige Sprünge in ihrer Relevanz vornehmen. Auf der anderen Seite vermögen sie es gerade deswegen aber auch für überraschende Momente zu sorgen.

 Fazit

Das letzte Ufer ist heute nach wie vor ein bemerkenswerter und in seiner Art einzigartiger Film. Von Anfang bis Ende beeindruckt er mit einer perfekt umgesetzten konzeptuellen Konsequenz, die ihresgleichen sucht. Dass der Film aus den 50ern stammt, lässt diesen Umstand nur noch beeindruckender erscheinen. Die Stilsicherheit und Selbstbestimmtheit, die majestätische Ehrlichkeit und die durchgehend betörende Machart lassen eventuelle Stolpersteine in der Erzählstruktur unterm Strich mehr als egal erscheinen und garantieren ein psychologisch fesselndes, ästhetisch pointiertes Spiel mit Ängsten, Leugnung, menschlichen Werten und in vielerlei Hinsicht auch den Sehgewohnheiten des Zuschauers.

Her

Tausendsassa Spike Jonez, der noch nie einen schlechten Film drehte, Besitzer einer Skateboardmarke ist, kreativer Kopf von Vice und Erfinder von Jackass bekam letztes Jahr seinen ersten Oscar für das Drehbuch zu Her.
Diese Kritik will zeigen, warum das anders nicht hätte kommen dürfen.

The past is just a story we tell ourselves.

Story

Nach der Trennung von seiner Jugendliebe und Exfrau Catherine hat der introvertierte Theodore Twombly kein großes Glück in der Liebe. Stattdessen konzentriert er sich ganz auf seinen Beruf – das Anfertigen von handschriftlichen Briefen für die privaten Belange von Dritten. In dieser Branche ist er dank seines hohen Empathievermögens ein Naturtalent.
Als er aus Neugierde eine frisch auf den Markt gekommene Künstliche Intelligenz erwirbt und diese installiert, trifft er nach langer Zeit auf jemanden, dem er sich anvertrauen kann. Samantha, so der Name der digital erzeugten Stimme, wird seine engste Bezugsperson. Bis beide eines Tages feststelle, dass sie ineinander verliebt sind.
Geschichten von anderen Beziehungen zwischen Mensch und Maschine machen die Runde und fordern die Überlegung heraus, das Konzept von Liebe und Beziehung vielleicht neu definieren zu müssen, während sich die rasant lernenden Künstlichen Intelligenzen exponentiell weiterentwickeln.

Kritik

Wir befinden uns im Gemengelage der Modernität, gebettet in einem unüberschaubaren Rausch aus kulturellen Strahlen, hineingeworfen in einen Alltag aus Arbeit für den Kulturbetrieb und Freizeit in dem Kulturbetrieb, der, weitestgehend technisiert und automatisch ablaufend, sich selbst in unaufhaltsam ansteigendem Tempo selbst reproduziert. E-Mails, Reklametafeln, Wecker aus, Laptop auf, E-Mails checken beim Spaziergang durch den Tag, Essen bestellen, dabei Nachrichten hören, soziale Netzwerke füttern, als Konsummensch überall untilgbare Fußstapfen hinterlassen, selbst konsumiert, dechiffriert, defragmentiert, nach Belieben in diversen Formen neu zusammengesetzt werden. Ein Rausch aus Bildern, multiplen Realitäten, Laptop zu, Augen zu, Träume, die sich beim Piepen des Handyweckers verflüchtigen. Die Welt von Theodore Twombly ist unserer nicht unähnlich, modisch nur ein paar Jahrzehnte zurückgeworfen, technisch dafür ein gutes Jahrzehnt fortgeschrittener.
In einer solchen Zeit etwas so basales wie Liebe zu finden, scheint eine Notwendigkeit zu sein, die bisher noch nicht eliminiert werden konnte, obwohl doch jedes Bedürfnis quasi per Knopfdruck durch ein kulturelles Artefakt befriedigt werden können müsste. Her ist die Geschichte über einen Mann, dem es gelingt, dass das auch für Liebe gilt, und der feststellt, dass dies nicht weniger wahrhaftig sein muss, als unsere herkömmliche Vorstellung von Zuneigung, Geborgenheit und Schmetterlingen im Bauch.
Dass Spike Jonzes Film über so etwas eine so formvollendete und berauschend gut funktionierende Erzählung geworden ist, liegt an den großartigen Hauptdarstellern, die sich beide auf ihre Weise selbst übertreffen. Joaquin Phoenix‘ Theodore ist ein nahegehender, aber niemals einfach nur bemitleidenswerter Mann geworden, der mit Problemen und Sorgen ausgestattet wurde, die so ehrlich und pointiert selten auf einer Filmfigur gebündelt worden sind. Dem zurückhaltenden, absolut beherrschten Schauspiel, das Theodore eine ganz eigene Mimik und Körperhaltung verschafft, ist es zu verdanken, dass der unglückliche Mann mit dem Schnauzer keine Sekunde lang armselig oder gar jämmerlich wirkt, sondern schlichtweg nur direkt aus dem Leben gegriffen und damit entwaffnend glaubwürdig.
Samantha ist die zweite Hauptperson, wobei man eher sagen müsste, die Stimme von Scarlett Johansson (im Deutschen, nahezu ebenbürtig, Luise Helm) ist die zweite Hauptperson, die mit ihrem warmen, gefühlvollen Klang und ihrer natürlichen, manchmal verblüffenden Wortwahl den Film zu einem wahren Erlebnis, vor allem aber zu etwas ungemein Privatem werden lässt. Auf der anderen Seite geht von ihrem Wesen immer eine Spur von Bedrohung aus, ohne dass man sagen könnte, ob dies ein begründeter Eindruck oder aber nur die hysterische Gewohnheit ist, die man sich in unzähligen anderen Filmen dieses Themenkomplexes zu eigen gemacht hat. Die Ansichten, Wünsche und Orientierungen, die Samantha im Laufe des Filmes artikuliert, erinnern immer wieder auf beunruhigende Weise daran, dass dort eine Entität heranwächst, die unabhängig vom Menschen gedeiht und auf viel unvoreingenommenere Weise zu so viel mehr fähig ist, als ihr Erbauer.
Dem exzellenten Drehbuch ist es aber zu verdanken, dass die Beziehung der beiden schon 10 Minuten nach dem ersten Kontakt eine intensive ist und dass der Film in einer halben Stunde, also ab einem Viertel seiner Spieldauer, inhaltlich so fortgeschritten ist, wie andere Filme mit dieser Thematik erst ganz am Ende. Überhaupt – die Geschwindigkeit, mit der der Film vorangeht, ist zwar kaum spürbar, aber dafür umso höher. Jede einzelne Szene bringt die Geschichte voran und ist zugleich eminent wichtig für sie, jedes Gespräch bedeutet einen Fortschritt in der Gefühlswelt der Figuren – und damit auch im Wissen des Zuschauers über diese. Her besitzt ein Script, das so effizient ist, wie kaum ein zweites. Der Oscargewinn hierfür war mehr als gerechtfertigt.
Erst auf den zweiten Blick fällt auf, wie viel das Ausstattungskonzept zu der Atmosphäre beisteuert. Die Figuren bewegen sich durch eine Welt, die in Sachen Farbgebung, Mode und Design leicht an die späten 70er angelehnt ist, während die technische Ausstattung jedoch der Zukunft entspricht. Wo derartige Stilkontraste in anderen Filmen manchmal etwas selbstzweckhaft anmuten, trägt die Kombination in Her bemerkenswerterweise dazu bei, dass die Welt intimer und die Stimmung sensibler wird, weil so ein ganz eigenes, fast schon magnetisches Universum geschaffen wird.

Es zeigt eine ganz sanft verspielte, ansonsten aber sehr behutsame Kamera ein Wechselspiel von nachdenklich schönen und traurigen Szenen, untermalt von der perfekt gewählter Musik von Arcade Fire und das alles so gekonnt inszeniert, dass die Geschehnisse keine einzige Sekunde kitschig zu werden drohen.
Das sind verdammt große Worte für einen Film, der sich um eine emotionale Beziehung zwischen einem Mann und seinem Computer dreht, doch ist es auch ein verdammt großes Erlebnis, diesen zu schauen – und vor allem ist es in jeder Sekunde enorm menschlich. Dass das Thema ja gar nicht so fantastisch ist, trägt seinen Teil dazu bei, dass man Her nicht nur in vollen Zügen genießen kann, sondern dass der Film außerdem auch ein vielleicht gar nicht so unwichtiger Beitrag zum gerade erst beginnenden Diskurs über Maschinenethik darstellt, angereichert mit ein paar gewieften Assoziationen zur Idee der technologischen Singularität.

Fazit

Spike Jonzes Film über einen Mann in der Retrozukunft, der sich in eine Computerstimme verliebt, ist ein großer Wurf, der dafür danken lässt, dass Joaquin Phoenix sein Experiment, rappender Vollbart zu sein, ad acta gelegt hat.
Das Ergebnis ist der warmherzigste, menschlichste, emotional ehrlichste Science-Fiction-Film seit langer Zeit. Doch hat Her neben seiner Liebesgeschichte noch viele weitere Ebenen, die sich immer implizit mitentwickeln. Somit ist der Science-Fiction-Liebesfilm nicht nur in seltenem Maße ergreifend, sondern regt darüber hinaus auch auf seine besondere Weise zum Nachsinnen über das an, was da in Zukunft kommen mag.

Upstream Color

Gleich noch ein Film, der sich mit Realitätsentzug beschäftigt. 2004 erhitzte ein verrätselter Science-Fiction-Film namens Primer die Gemüter, denn Zeitreisen wurden noch die so bodenständig und zugleich derart verworren dargestellt. Der Alleinverantwortliche Shane Carruths galt als neue Hoffnung –  und verschwand weitestgehend in der Versenkung.
Kurz war er als Beteiligter für Looper im Gespräch, doch waren seine Ideen zu kostspielig in der Umsetzung
2013, geschlagene 9 Jahre nach seinem Ersterfolg, stahl sich Upstream Color in die Filmwelt.


It is better than anything you’ve ever tasted. Take a drink now.

Story

Ein Unbekannter züchtet exotische Würmer und verabreicht sie der Frau Kris. Der Parasit beginnt sich in ihr einzunisten und der Wirt verliert zusehends die Haftung in der Realität. In halluzinierender Fügsamkeit hat sie nur einen kurzen lichten Moment, in dem sie merkt, wie ihr geschieht.
Später begegnet sie Jeff. Beide scheint ein ähnliches Schicksal zu verbinden, beide fühlen sich einander verbundener und bekannter, als es möglich sein könnte. Die Spuren der Vergangenheit, in der sie als Wirte für die bewusstseinsverändernden Wirbeltiere fungierten, lassen sich nicht ablegen und so beschäftigen sie sich wieder mit der seltsamen Symbiose, die sie mit den Wesen eingingen.

Kritik

Nach Shane Carruths kühl bebildertem, überkomplex erzählten Erstlingswerk Primer konnte man alles und nichts erwarten. Dass dann so etwas wie Upstream Color die Vita des studierten Mathematikers bereichern sollte, war hingegen kaum absehbar. Erfreulich ist es nichtsdestotrotz, dass das Ergebnis ganz entschieden näher an „‘alles‘ denn an ‚nichts‘ ist.
Das Überraschendste ist, wie auf den Punkt gefilmt die Bilder des Werks sind, mit ihren nebligen, aber bejahend weichen Farben. Dies in Zusammenarbeit mit der Tonspur, auf der sich Musik, Geräusche und Sprache wie ein Lied ergänzen, ergibt eine selten runde Komposition. Rückblickend lässt sich dieses Potenzial zwar schon irgendwie in Primer erkennen, doch hätte man ein derart überästhetisiertes Werk wie Upstream Color definitiv nicht erahnen können.
Sucht man nach Vergleichbarem in der Filmlandschaft, stößt man schnell auf den Namen Terrence Malick (The New World, The Tree of Life, Der schmale Grat) und muss feststellen, so weit hergeholt, wie sich diese Verwandtschaft erst einmal anhören mag, ist sie gar nicht. Beide Regisseure erschaffen eine ganz ähnliche Bildpoesie und sowohl Malick wie auch Carruths kreieren mit ihren Werken einen Sog, der sich ganz allein aus der Kombination von Bild und Ton ergibt, aus der sich eine Geschichte entfaltet, die mit herkömmlicher Erzählweise kaum noch etwas zu tun hat.
Und der Rezensent lacht sich ins Fäustchen, weil er Gelegenheit bekommt, auf seinem Science-Fiction-Blog mal ein paar huldigende Worte über Malick zu verlieren, ohne dass diese furchtbar deplatziert wirken. Auch deswegen ist Upstream Color ein toller Film.
Die Sequenzen leben von Kleinigkeiten, obwohl die Geschichte eigentlich von etwas Riesigem erzählt. Aber auch Riesiges besteht halt aus Winzigem. Manchmal sind es nur die platschenden Geräusche nackter Füße auf Parkett. Manchmal sind es nur die verschwommenen Köpfe von Fremden, die schemenhaft am Rand ins Außen des Bildausschnittes gedreht sind. Manchmal erkennt man sich in den Augen eines Schweines wieder; jenes Wesen, dessen genetischer Code zu 90% mit dem menschlichen übereinstimmt.
Ganz unabhängig von der Geschichte schlüsselt Upstream Color die Welt des Alltags auf und zeigt, wie wunderschön die einzelnen Momente eigentlich doch sind, wenn man sie mit den Augen eines Kindes erblickt. Lässt man sich führen, nimmt man diese Welt exakt so wahr, so scheu und unschuldig wird sie von den einzelnen Einstellungen eingefangen.
Von Anfang bis Ende ist der Film überwältigend in Bild und Ton, versiert im Schnitt – schon bei seinem zweiten Langfilm beweist Shane Carruths, der übrigens auch gleich eine der Hauptrollen bekleidet, unwiderruflich, dass er ein Meister der Montage ist.
Unweigerlich drängt sich die Frage auf, ob der Stil des jungen Regisseurs auch dann aufginge, wenn er damit eine ordinäre Geschichte erzählte. Ganz einfach ist die Frage wohl nicht zu beantworten, aber eigentlich ist die Geschichte, die er mit Upstream Color vermittelt, eine gewöhnliche. Einzig die Bildausschnitte, in denen sie erzählt wird, sind außergewöhnlich. Außergewöhnlich klein, außergewöhnlich poetisch, und ausgewöhnlich gut ausgesucht. Sein Regiestil ist ein Stil der ekstatischen Details; und das ist etwas, das nur sehr wenige mit dieser Selbstverständlichkeit beherrschen.

Es wurde sich nun ausschweifend über die Machart des Filmes ausgelassen, aber kaum ein Wort darüber verloren, um was es eigentlich geht. Das liegt daran, dass das Werk hier recht unkonventionell zu Werke geht. Ein wenig lässt es narrative Konventionen einfach beiseite liegen. Nicht, indem es sich störrisch über sie hinwegsetzt, sondern weil es sie einfach ignoriert, da es sie nicht braucht. Einige Dinge in der Welt von Upstream Color sind anders und was in unserer Welt sonderbar und fremdartig wirken würde, ordnet sich dort recht unaufgeregt in den Strom der Dinge ein. Das muss man verstehen und hinnehmen, dann lässt sich der Film auch ohne großen Kraftaufwand genießen.
Mag man sich darauf nicht einlassen (und das ist auch einfach nicht jedermanns Sache, so wie Rosenkohl – Gott sei Dank! – nicht jedermanns Sache ist), dann kann man dem Film vorwerfen, er würde zu wenig erzählen und das, was er erzählt, unnötig verworren und adynamisch präsentieren. Dann aber muss man zumindest eingestehen, dass er es schafft, sogar etwas eigentlich langweiliges wie eine U-Bahn-Fahrt auf eine Wiese zu zeigen, als wäre sie ein Traum vom Paradies. Oder der Umgang mit einem Richtmikrofon, als wäre dieses der auditive Schlüssel zum Höllenportal.
Trotz der ernst klingenden Thematik ist dies kein düsterer Science-Fiction-Film, sondern eine sehr wohltuende Erfahrung mit warmen Charakteren. Ein Versuch, über Grenzen hinwegzuschauen. Ein durchaus gelungener obendrein.
Er bedient sich an Zutaten aus Science-Fiction, Drogen-Film, Mystery-Thriller, Missbrauchs-Drama, Liebesfilm und sicherlich noch etlicher Motivsammlungen mehr. Vor allem der Liebesfilm tritt stark hervor, denn die Beobachtung der Charaktere ist ebenso gut getroffen, wie die reinen Atmosphäreaufnahmen.
Wer mag, kann die Story und ihre Unterkapitel als Analogie auf irgendwas lesen. Aber das würde zwangsläufig auf plumpes Nachzeichnen von Linien hinauslaufen. Daher lassen wir das einfach mal sein und bleiben auf der Erzähloberfläche. Denn die ist schön wie sonst kaum eine.

Fazit

Schon mit seinem zweiten Film erweist sich Shane Carruths als meister der Montage und liefert eine audiovisuelle Sondererfahrung, die sich fast schon auf Augenhöhe mit dem Stil Terrence Malicks befindet.
Ebenso sonderbar ist die erzählte Geschichte, die nur dann voll funktionieren kann, wenn man es schafft, Erwartungen an Normalität für 96 Minuten zuzudecken. Wenn man es schafft, sich ganz auf die hypnotische und irgendwie manische Welt einzulassen, möchte man sie am Ende nur widerstrebend verlassen.
Bleibt zu hoffen, dass nicht wieder 9 Jahre bis zu seinem nächsten Film vergehen.

Warm Bodies

Als 2010 das Buch Warm Bodies erschein, war der Hype um Untoten-Romanzen in vollem Gange. Umso überraschender, dass sowohl Buch als auch die Verfilmung nicht unrettbar in Kitsch und Klischee versinken, sondern gute und halbwegs eigenständige Unterhaltung liefern.

I wish the internet was working…

Story

„Die Welt hat ‘nen Abgang gemacht“, bringt Julie den Status quo der Filmwelt an einer Stelle ganz gut auf den Punkt. Die Zombieapokalypse brach herein, die Untoten füllen die Städte und der Mensch verschanzt sich hinter einer dicken Mauer und wartet auf Besserung oder sein Ende.
Doch ganz so hirn- und gefühlslos sind die taumelnden Hirnfesser gar nicht. Da wäre zum Beispiel ein Zombie namens R – so getauft, weil er auf die Frage, wie er heiße, nur diesen Buchstaben rauskriegt – der durchaus unter seinem Zustand leidet. Zusammen mit anderen Zombies fristet er ein schnödes Dasein auf einem Flughafen, das nur von gelegentlichen Treibjagden auf Menschlein aufgelockert wird. Auf einer solchen tut er sich am Denkapparat von Perry gütlich und partizipiert daraufhin kurz an dessen Erinnerungen und Emotionen – wie immer, wenn man ein Hirnchen schnabuliert hat. Dies  hat die ungeplante Nebenwirkung, dass R sich plötzlich in die Freundin des Verspeisten verliebt. Prompt rettet er Julie vor dem Rest der Meute und versteckt sie in einem Unterschlupf auf dem Flughafen. Und tatsächlich kommen sich die beiden näher.
Die wachsende Zuneigung hat es aber nicht leicht, denn neben den offensichtlichen Differenzen zwischen ihnen machen Julies zombiehassender Vater und sogenannte „Bonies“ ihnen das Leben schwer. Diese schwarzen, skelettartigen Vielfraße sind das, was aus jedem Zombie irgendwann einmal wird – eine gefühls- und gedankenlose Fressmaschine mit nichts als purer Bosheit.

Kritik

Selbstreflexive Zombos sind eine Seltenheit, aber nichts total Neues. Eigentlich ging der moderne, sein eigenes Andenken immer wieder beschmutzende George A. Romero bereits ähnliche Wege und erlaubte es seinen Untoten durch Evolution,  wieder ein wenig zurück zur Menschlichkeit zu kommen, sich selbst bewusst zu werden, in einer Gruppe organisieren und hierarchische Strukturen neu entdecken. All das nimmt Warm Bodies und formuliert es in seinem Sinne weiter aus.
R mag Musik, R mag Gespräche, auch wenn er sie nur mit sehr begrenzten Mitteln führen kann, und R mag vor allem das Gefühl, das ihn übermannt, wenn er Hirne kaut. Ein Hauch von Traum und Erinnerung legt sich dann für einen Augenblick über seine Wahrnehmungswelt. Etwas, das der Zombieexistenz zur Gänze fehlt, weil den schlurfenden Rudeljägern nicht einmal der Schlaf vergönnt ist.
Nicht nur Zombiefilme, auch Zombiekomödien gibt es heutzutage wie Sand am Meer. Eine solche zu drehen und auf das Gerüst einer Teenie-Romanze á la Twilight zu spannen, klingt im ersten Moment wenig mehr als quälend überflüssig.
Umso bemerkenswerter ist es, dass Jonathan Levine es tatsächlich meistert, aus Warm Bodies einen sehenswerten Film zu stricken, der mit angenehmer Erzählgeschwindigkeit und unverbrauchtem Witz punktet;  in den eng gesteckten Grenzen des Genres mittlerweile fast schon eine Meisterleistung.

Eine wirklich lobenswerte Idee ist es, einen Flughafen als Handlungsort auszuwählen. Dort, wo man eigentlich darauf wartet, weiterzukommen, den jetzigen Ort zu verlassen und ein Ziel zu erreichen, sitzen die Zombifizierten fest und warten und warten ohne Sinn und Verstand, weil es Ziele nicht mehr gibt. Irgendwann werden sie dann zu den dürren, furchteinflößenden Skeletten namens Bonies.
Denn der Zombie ist in Jonathan Levines Endzeitfabel kein klassischer Zombie. Dem sogenannten klassischen Zombie viel näher kommen  die Bonies, diese ölig-schwarzen Biester aus Zahn und Maul, während der Zombie vom Schlage eines R genaugenommen eine Zwischenstufe zwischen Mensch und gewissenloser Killermaschine darstellt. Er kann denken, fühlen und in begrenztem Rahmen sogar intentional Agieren.
Es fällt Außenstehenden nur schwer, das auch zu sehen. Schließlich torkelt so ein Ding in Schneckentempo hin und her und gibt nur ab und an ein heiseres Grunzen von sich.
Wenn man diese Neuauslegung der Zombie-Natur akzeptiert hat, dann funktioniert auch der Film. Weshalb gerade R die Liebe eines verspachtelten Opfers übernimmt und wieso ausgerechnet er über so viel Restintelligenz und die Fähigkeit zur Selbstkritik verfügt, verrät der Film nicht. Doch mag kann man sich  zumindest denken, dass ersteres vielleicht aus letzterem resultiert. Und dann hört man bestenfalls auf, darüber nachzusinnen, um sich den Film nicht kaputt zu machen.
Die klassische Romeo und Julia-Struktur funktioniert auch im düsteren Sci-Fi-Gewand der Apokalypse ganz anständig. Romantisierung der Zombiefizierung gab es in Ansätzen natürlich auch schon in anderen Filmen, man denke da zum Beispiel an den zelebrierten Toilettenkuss in Dance oft he Dead. So konsequent in den Mittelpunkt gestellt wurde die Liebesfähigkeit der untoten Rauner aber noch nie.
Während Teresa Palmer (I Am Number Four) grundsätzlich einen guten Job in der Rolle der Julie macht, aber immer ein wenig bemüht wirkt, überzeugt vor allem Nicholas Hoult (X-Men: First Class, Mad Max: Fury Road) als R, weil er die Gratwanderung zwischen Emotionslosigkeit und menschlichem Aufbegehren mimisch gut rüberbringt und auch den schleichenden Wandel seines Charakters überzeugend spielt.
Trotzdem rührt das Liebesstück zwischen den beiden nur am Rande, während die eher nebenbei thematisierte Männer-Zombie-Freundschaft zwischen R und seinem Flughafen-Kumpel M viel emotionaler daherkommt, was in erster Linie an Rob Corddrys leidendem Gesichtsausdruck liegt.
Wirklich unterhaltsam wird der Film durch seinen Humor, der sich von  den gestellten Konservenwitzen seiner Genregeschwister abhebt, für den einen oder anderen Lacher sorgt und vor allem ein Gefühl der Unbeschwertheit über den Film legt, das anhält, bis das dann leider etwas zu einfallslos ausfallende Finale einsetzt, das die Bonies klar als das enttarnt, was sie sind: in erster Linie Plotwerkzeuge.
Frei von Fehlern ist der Film somit nicht.So ist es beispielsweise unverständlich, wieso R und seine menschliche Angebetete nicht einfach mit dem Sportflitzer abhauen, mit dem sie sorglos über den Flugplatz brausen, und weshalb Julie es so leicht hinnimmt, dass R ihren Freund verpachtelt hat, wird auch nicht hinreichend begründet. Ein „Ich hab‘ eh schon immer irgendwie damit gerechnet.“ macht die Dame nicht nur unsympathisch, sondern lässt auch fragen, ob R sich nicht in die Falsche verliebt hat. Schafft man es aber, über solche Schönheitsfehler hinwegzusehen, kann man durchaus seinen Spaß mit dem Sci-Fi-Filmchen haben.

Fazit

Warm Bodes Versucht wenigstens, sich den gängigen Genrekonventionen nicht allzu sklavisch zu unterwerfen, schafft dies auch weitestgehend und verzichtet Gott sei Dank auf viel Schmalz.
Mit Liebe, Freundschaft und Zombos hat Warm Bodies eigentlich alles, was ein guter Film braucht. Dazu gesellen sich ungezwungener Humor, ein passables Darstellerpärchen und ein paar schönen Songs. Ein etwas anderes Date-Movie.

Starman

Starman ist für sich nichts Besonderes und doch in mancherlei Hinsicht außergewöhnlich. Die familientaugliche Sci-Fi-Romanze wurde von dem Guru des Horros John Carpenter gedreht, von Michael Douglas produziert und führte den wundervollen Jeff Bridges nur 2 Jahre nach Disneys Tron wieder zurück ins Science-Fiction-Reich. Fast 30 Jahre später mutet es immer noch leicht unwirklich an, dass Genre-Rowdy (man tue sich den Gefallen und spreche dieses Wort mehrmals schnell hintereinander aus) Carpenter einen Film drehte, der um Längen weichgespülter und puderzuckriger ist, als zuvor genannter Disney-Klassiker.

Weird you want, weird you get.

Story

Die Voyager-Raumsonde zieht ihre Bahnen durchs All. Auf ihr gespeichert sind vergnügt lachende Kinderstimmen und offenherzige Grußworte von wichtigen Persönlichkeiten wie etwa Kurt Waldheim; eine wohlwollende Einladungen an fremde Spezies, dem Planeten Erde doch mal einen Besuch abzustatten.
Und tatsächlich, die Nachricht bleibt nicht ungehört. Ein schimmerndes Kügelchen mit Bewusstsein und recht verzerrter Wahrnehmung purzelt auf die Erde und direkt in das Wohnzimmer von der verwitweten Jenny Hayden. Während sie schläft, schaut das Alien-Ding Videos von Jenny und ihrem noch lebendigen Gatten Scott aus besseren Tagen, stöbert in Fotoalben und klont den Verblichenen schließlich mittels einer zur Erinnerung eingeklebten Haarsträhne.
Unbeholfen steht er nun da, der extraterrestrische Besucher. Und als die Besitzerin des Hauses von seinem Lärm geweckt wird, ist sie wenig begeistert, einen Außerirdischen in Gestalt ihres toten Mannes im Wohnzimmer zu finden. Doch das Ding hat ein Ziel und außerdem nur wenig Zeit, es zu erreichen. Ehe Jenny sich versieht, hockt sie gegen ihren Willen am Steuer ihres Autos und kutschiert das fremde Wesen quer durchs Land, um nach anfänglichem Misstrauen festzustellen, dass es gar kein so übler Kerl ist.
Zeitgleich kriegt auch die Regierung Wind von dem außergewöhnlichen Besucher. Und wie die Regierung nun einmal so ist, bläst sie sofort zur Jagd.

Kritik

Eines vorweg: Bridges erhielt eine Oscar Nominierung. Ob gerechtfertigt oder nicht, ist doch eines klar: Seine Performance ist toll und mach den Film zu einer One-Man-Show, die sich einzig wegen ihrem Hauptdarsteller lohnt. Nachdem die Transformation zum Erdenmann, wie wirklich nur Carpenter sie inszenieren kann, vollzogen ist, tappst die Scott-Imitation umher und fängt an, die Welt und Reisegefährtin Jenny zu beschnüffeln. Der sich ungelenk bewegende, robotisch wirkende Bridges erinnert dabei nicht selten von einen staksigen Vogel. Dabei nimmt seine Darstellung sogar relativ deutlich Arnis Terminator vorweg, in Sachen Schauspiel und in Sachen Komik. Einige Parallelen zu Terminator 2 sind ebenfalls mehr als augenfällig.
Auch sonst hat der Außerirdische hat einiges auf dem Kasten und kann zum Beispiel alle möglichen Dinge explodieren lassen.
So ist am Anfang auch noch alles gut und scheint noch besser zu werden, als das Drehbuch sich entschließt, das außergewöhnliche Paar in einen Wagen zu quetschen und durchs Land zu schicken. Schließlich wissen, wir, dass alles besser wird, wenn man nur ein Road Movie draus macht. Hier stimmen auch noch die Dialoge zwischen den beiden, währen die sich parallel entwickelnde Nebenhandlung, um den idealistischen Forscher Mark Shermin, der – anders als das rabiate Militär – auf Kommunikation mit der fremden Lebensform aus ist, schon recht holprig wirkt.
Relativ schnell hat sich dann jedoch die Spannung zwischen Jenny und Alien-Scott gelegt und an dieser noch recht frühen Stelle macht sich überdeutlich bemerkbar, dass dem Film einfach der Zündstoff fehlt. Zwar befindet man sich weiter auf der Flucht und hält weiter auf Scotts Treffpunkt zu, doch passiert dabei fast gar nichts und auch die wenigen Stationen auf der Reise sind nicht nennenswer. Die Notwendigkeit, das Ziel in kurzer Zeit zu erreichen, wird zwar genannt, spürbar ist sie aber in keiner Minute.
Je menschlicher Scott wird, desto uninteressanter wird er auch, bis dann schlussendlich selbst die anfänglich noch sympathischen Tölpeleien nicht nur deutlich seltener, sondern auch deutlich vorhersehbarer werden.  Das ist umso bedauerlicher, weil der Film immer dann am einnehmendsten ist, wenn er das Außerirdische zum Vorschein kommen lässt. Besonders visuell überzeugt Starman, immer dann, wenn Scott ein wenig Alien-Budenzauber vorführt. Das, was dann zu sehen ist, ist auch heutzutage noch spannend, fantasievoll und mitreißend gestaltet. Und wie viele Special Effects können schon von sich behaupten, spannend zu sein?
Leider haben diese gelungenen Bilder nur an Anfang und Ende ihren Auftritt.
Ansonsten wird vieles vom typischen, abgespaceten Carpenter-Syntheziserteppich gepolstert und mit fortschreitender Handlung ist es natürlich unvermeidbar, dass Jenny und Scott sich näherkommen. Dies passiert aber so erzwungen und ideenlos, dass selbst Bridges Schauspielkünste nichts mehr retten können. Auch sonst verliert der Film nach und nach die anfängliche Eleganz und wird leerer und austauschbarer.
Wenn Carpenter dann seine Hauptfigur nutzt, um dem  Zuschauer einen Spiegel vorzuhalten, indem er menschliches Fehlverhalten an den Pranger stellt, geschieht das so platt, dass man sich fast schon verschaukelt fühlt.

Fazit

Der Sci-Fi-Film Fängt stark an, leidet später aber an einem großen Mangel an Ideen und wirklich griffigen Ereignissen. Starman ist immer nett, häufig aber zu beliebig und ohne richtigen Kompass. Der Trip verläuft zu reibungs- und gefahrenlos und die Chancen, aus der netten Sci-Fi-Romanze ein erinnerungswürdiges Roadmovie zu machen, bleiben letztlich ungenutzt.
Mehr elegante Verwicklungen und weniger 80er-Hollywood-Schmalz, der gewaltsam ins Herz dringen will, hätten dem Film gut getan. Trotzdem lohnt sich ein Blick allein schon wegen der fantastischen Effekte und dem liebenswerten Schauspiel Jeff Bridges‘.

Auf den Geschehnissen des Filmes basierend startete 1986 die gleichnamige Serie, welche bei uns unter dem Titel Der Mann vom anderen Stern lief und ebenfalls Michael Douglas als Produzenten gewinnen konnte. Sie erzählt davon, wie der Protagonist auf die Erde zurückkommt, um sich natürlich in anderem Körper mit seinem Sohn auf die Suche nach Jenny zu machen. Ein Jahr lang verlief sie nach dem üblichen 80er-Schema, das die Hauptperson durch die Gegend schickt, damit sie Leuten in Not hilft. Nach 22 Folgen endete die Geschichte mit einem Cliffhanger.