Der Höllentrip

Ken Russel. Vertreter radikaler Subjektivitgät, Schöpfer unsterblicher Filme wie Die Teufel und Tommy , verwirrten Irrlichtern wie Der Biss der Schlangenfrau, späterer Undergroundfilme ohne alle Mittel und eben Filmen wie diesem hier: Altered States bzw. im Deutschen ungleich plumper Der Höllentrip – mal gefeiert, mal verpönt, mal weitestgehend vergessen. Ken Russel.


I feel like I’m being harpooned by some raging monk in the act of receiving god.

Story

Eddie Jessup ist ein Vollblutwissenschaftler, der mit wenig beachteten und verpönten Methoden versucht, die menschliche Wahrnehmung und das Erinnerungsvermögen über natürliche Grenzen hinaus auszuweiten. Seine These lautet, dass in jedem Gehirn auch die Erinnerungen aller vorherigen Evolutionsstufen vorhanden und theoretisch abrufbar sind.
Er trennt sich von seiner Frau Blair und experimentiert mit einer von mexikanischen Eingeborenen aus Pilzen gebrauten Substanz, welche direkt das Gehirn beeinflusst und Eddie nicht nur unvergleichliche Visionen beschert, sondern auch körperliche Wandlungen zu bedingen scheint.

Kritik

Altered States beginnt mit dem Zuschauerblick auf ein Bullauge. Dahinter befindet sich, durch das Glas leicht verzerrt, umschlossen von Wasser ein Mann, der seinerseits durch das Glasfenster zurückschaut. Die Kamera fährt langsam zurück und nach und nach erkennen wir, die Zuschauer, dass wir nur auf einen winzigen, tonnengleichen Tank geblickt haben – scheinbar gar nicht ausreichend groß, um einen ausgewachsenen Männerkörper zu beherbergen. Der Weg des Filmblicks wird nach hinten fortgesetzt, hindurch durch eine Scheibe, vor der ein Mann sitzt, der wiederum selbst durch diese Scheibe in das dahinter liegende Bullauge blickt. Wie häufig in Filmen inszeniert auch Altered States sich als Film – als Guckkasten, der einen Blick erlaubt auf eine hermetisch abgeriegelte, eigenlogische Welt. In diesem Fall ist dies besonders interessant, denn es handelt sich schließlich um eine Geschichte, deren Erzählinstanz eine interne Fokalisierung zu haben scheint. Wir sehen die Visionen, die sich im Kopf eines Mannes abspielen, als scheinbar diegetische Realität. Es passt, dass der Tank, in dem Eddie erstmals gezeigt wird, ein Isolationstank ist. Wir sind in seinem Kopf, er ist in einem Tank, dieser ist in einem verschlossenen Raum. Und darüber hinaus ist auch der „Zuschauer“ in seinem ganz eigenen abgeriegelten Zimmer.
Die geschilderte Eingangssequenz ist kein Einzelfall – immer wieder positioniert sich die Kamera vor Menschen, die ihrerseits in voyeuristischer Position sind, vor Fensterfronten, einseitig transparenten Spiegelwänden, in offenen Türen, hinter Gefängnisgittern oder vor Monitoren. Die Thematisierung des Blicks in Ken Russels Science-Fiction-Drama ist einer der fruchtbarsten Ausgangspunkte für eine ergiebige Sichtung des Filmes.
Und das gilt nicht nur für das rein visuelle Beobachten, sondern auch die akustische Teilhabe an fremdem Wahrnehmungsräumen.
Und dann gibt es auch noch Szenen, in denen diese Motive aufgegriffen und verändert und gebrochen werden. Altered States ist ein motivisch reicher Film über Beobachtung und ganz besonders über die Faszination und den Rausch der Selbstbeobachtung. Und damit eine Liebeserklärung an die unerforschbare Komplexität des Menschlichen.

Der von William Hurt in seiner ersten Filmrolle dargestellte Protagonist ist ein von der Arbeit besessener, von einer Art verkleidetem religiösem Wahn angetriebener Soziopath mit der Passion eines Pioniers, der ausnahmsweise nicht in-, sondern eher extrovertiert ist und tatsächlich mit einer tiefen Überzeugung infiziert ist, die er so flamboyant vorträgt, dass sie fast schon ansteckend wirkt. Dass die Hauptfigur stets droht, von ihrer Leidenschaft versengt zu werden, dabei aber immer glaubwürdig und sympathisch bleibt, ist eine weitere große Leistung des Filmes,
der auf der Tonseite ein Horrorfilm ist und in seinen halluzinatorischen Exkursen an die intensiven Passagen der frühen Alejandro-Jodorowsky-Filme erinnert, die ja thematisch gar nicht so weit entfernt von Atered States angesiedelt sind.

Wie inspiriert Regisseur Russel gewesen sein mag, lässt sich aus den euphorischen und pointierten Dialogen herauslesen. Aber wohl auch an der Tatsache, dass sich der Autor der Romanvorlage ausdrücklich vor deren Filmversion distanzierte.
Und bei genauerer Betrachtung haben Ken-Russel-Filme sowieso immer schon etwas visionenhaftes in sich. Dieser aber hat eine Sonderstellung inne – so gut wie sein Schreckensportrait Die Teufel ist Altered States natürlich nicht, seine etwas ins Schlingern geratene Karriere wurde durch den Film aber wieder in die Spur gesetzt.

So beeindruckend das Miterzählte und indirekt Erzählte ist, so ordinär fällt aber doch die tatsächliche histoire, die tatsächliche, an der Oberfläche sich abspielende Geschichte aus – gerade im letzten Drittel.
Und bei all den Beobachtungsgeräten auf so vielen Ebenen ist es faul und besonders auffällig, dass man auf ein „neutrales Auge“ wie eine dokumentierende Überwachungskamera an Orten verzichtet, wo sie unverzichtbar wäre. Auch wenn man es sich hinsichtlich der Thematik des Filmes aber auch schönreden kann, dass fast schon zwingend folgerichtig ist, dass es sie nicht gibt.
Wenn wir schon beim Herummäkeln an der Narration sind: Der ganze Storyast mit der Heirat mit Emily, der enormen Unausgeglichenheit der Beziehung, der Trennung und dem Wiedertreffen wirkt unnötig zerfasert und scheint einzig dafür da zu sein, dem Film eine klarere nach außen erkennbare Struktur zu verleihen. Und dann ist da auch noch dieses abrupte, nur mit viel Nachsicht aufgehende Ende, ohne dass der Film paradoxerweise weniger unvollständig wirken würde.
Über die Sogwirkung, die Altered States entwickelt und mit der er einen nahezu in seine unangenehme Welt hineinreißt, haben diese kleineren Unstimmigkeiten aber keine schädigende Wirkung. Die Welt mit ihren irgendwie unheilvollen Farben, mit ihrer lockenden Musik, die ebenso wie der Ton eine Oscarnominierung erhielt, und der ruckhaft vonstatten gehenden Entwicklung ist nämlich mindestens einen Abstecher wert.

Fazit

Ken Russels Altered States ist ein epiphanischer Kurzausflug, dessen surreale Ausläufe sich mit unangenehmer Beharrlichkeit um den Zuschauer schlingen. Letzterer ist zugleich selbst Teil der Abhandlung, als die man den Film begreifen kann. Dass Altered States noch besser sein könnte, ist natürlich eine Kritik, die fast immer anzubringen ist – und die trotzdem ausgesprochen sein will, denn so ganz ohne Fehler ist der Film keinesfalls.

Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI – Staffel 10

14 Jahre sind vergangen. Für manche auch 15, je nach Verbundenheit zu Mulder. In der Zwischenzeit gab es weniger als Nichts in Form des zweiten Akte X-Kinofilmes namens Jenseits der Wahrheit. Der Film war nicht, wie oft gescholten wurde, eine normale Episode nur länger, sondern wie eine entschieden unterdurchschnittliche Episode in viel zu lang.
14 Jahre sind vergangen. Nun sind die X-Akten wieder geöffnet, zumindest vorerst.

I know it’s hard to believe, but surprisingly I’m great in the sac.

Story

Viel ist geschehen, vor und nach Schließung der X-Akten. Und viele Dinge geschehen immer noch. Deswegen nimmt Fox Mulder sein Telefon ab und hat Direktor Skinner am Apparat. Grund ist ein auffälliger, prätentiöser Webcaster namens Tad O’Malley, an dessen provokanten Thesen über Alien-DNA vielleicht ein Fünkchen Wahrheit sein könnte.
So macht sich das Gespann Mulder und Scully in alter Dynamik irgendwo dort draußen auf die Suche nach der Wahrheit. Über Regierungsverschwörungen, Entführungen durch Außerirdische und die kleinen Wunderlichkeiten des Alltags. Alles ist wie immer. Endlich wieder.

Kritik

Endlich wieder.
Das Wiedersehen von Mulder und Scully ist keineswegs überschwänglich. Es ist von vorsichtiger, aber auch aufrichtiger Freude. Es strömt untilgbar aus: Wir kennen uns. Wir hatten unsere Differenzen, große Differenzen. Und wir wissen viel. Vieles, was wir weiterhin oder nicht mehr aussprechen. Aber wir kennen uns gut, sehr gut.
Wie es zwischen den beiden Galionsfiguren des modernen Serien-Fernsehens zugeht, so erlebt auch der Zuschauer das Wiedersehen mit Akte X. Sicher, man ist gealtert. Aber Innen ist immer noch alles so wie immer. Die Optik, das Schauspiel der anderen Darsteller, das Musik von Marc Snow, der Aufbau der Fälle. Akte X knüpft nicht nur narrativ mit seinen 6 Episoden an den Stil der Serienhochzeit an, sondern auch in jeder anderen Hinsicht. Die Charaktere sind überzeichnet, die Dramaturgie häufig bewusst ungehobelt. Es dröhnt und schillert derselbe, unveränderte Vorspann vor jeder Folge. Ja sogar die Effekte scheinen auf dem Niveau der späten Neunziger hängengeblieben zu sein. Manche nennen es treue, manche Stagnation oder das Schmücken mit alten Federn. Diese Taktik muss nicht zwangsläufig und immer gefallen, löst im Grunde aber genau das ein, was man sich wünschte, als Jenseits der Wahrheit in die Kinos kam. Und was man sich bis heute wünschte. Mehr vom Bekannten, mehr von dem, was man damals, in der Regel die ganze Woche bis und dann wieder von Montag, nervös herbeisehnte.

Es ist schon bezeichnend, dass die Pilotfolge ohne irgendeine Actioneinlage auskommt. Keine Verfolgung, keine Schießerei, nur Gespräche. Und es macht einfach nur großen Spaß, die beiden Veteranen miteinander reden zu sehen. Die Chemie stimmt allen etwaigen Differenzen zwischen Duchovny und Anderson zum Trotz.
Die Geschichten zwischen der erste und der sechsten und letzten Folge sind mehr oder weniger in sich geschlossen. Zwar bleiben die größeren und kleineren, feineren und dramatischeren Verweise auf bisher Erlebtes nie aus, die zu lösenden Fälle sind aber nicht in die die große Verschwörung eingebettet.
Was einem geboten wird, ist ein kunterbuntes Best of von dem, was Akte X in seinem vollen Spektrum zu bieten hatte. Da gibt es die etwas drastischere Splatter-Folge und Anlehnungen zu politischer relevanter Aktualität ebenso wie aus dem heiteren Himmel stürzende Comedy-Folgen, die in gewohnter Manier bis in die Knochen selbstironisch und mit kolibriartigem Augenzwinkern ablaufen. Erst die letzte Episode knüpft dann wieder an die „Hauptverschwörung“ an und macht auch dann alles genau so, wie man es von Akte X kennt und erwartet. Sie endet mit einem Cliffhanger, der sowohl dreist groß als auch liebevoll klischeegeflutet ist.

Natürlich ist nicht alles gut. Gleich Folge 2 ist etwas zu konfus und wirr erzählt, als wäre das Drehbuch obschon der 14 Jahre Pause in letzter Sekunde geschrieben worden. Nicht alle Witze erreichen das Niveau der besten Zeiten unserer Lieblingsermittler und auch die Rahmengeschichte wirkt ein wenig krampfhaft zusammengesteckt. Das dürfte auch am abgespeckten Team hinter den Kulissen liegen. Marc Snows Musik geht einem direkt ins Herz, doch die Gruppe von Autoren und Regisseuren lässt vor allem Vince Gilligan, aber auch den verstorbenen Kim Manners schmerzlich vermissen. Und über kurz oder lang, sollte die Miniserie fortgeführt werden, was im Augenblick noch völlig offen ist, wäre es auch wünschenswert, wenn die Hauptdarsteller in alter Tradition wieder folgen schreiben und inszenieren.
Ungeachtet dessen: Das ganze Verschwörungsgeseier macht immer noch Spaß, der Humbug ist immer noch spannend und hat eine Sogwirkung, wie man sie in dieser bestimmten Ausprägung und mit dieser Aura nur noch selten sah seit 2002.

Mulders Haut ist etwas schlaffer, Scullys Züge sind strenger und schärfer geworden. Sie kämpften gegen die Regierung, gegen das halbe Weltall, gegen vermeintliche Freunde und Verbündete, gegen Lügen und nur allzu oft gegen sich selbst. Und auch gegen die Zeit. Wir erinnern uns an eine Folge, in der wir das Agentenpaar vergreist sehen. Soweit ist es noch lange nicht. Es bleibt also noch viel Zeit für Abenteuer, Händchenhalten, Augenzwinkern, schweißtreibende Ritte und vielleicht ja sogar mal wieder für eine Fernsehrevolution.

Kritik

Vielleicht ließ es sich nicht zur Gänze aus diesem Text raushalten: Der Rezensent ist ein großer Fan von Akte X und konnte sogar Staffel 8 und 9 noch so Manches abgewinnen. Die Vorzeichen waren keine allzu guten. Nach dem Armutszeugnis, das der zweite Film war, waren die Befürchtungen groß. Nach den ersten Insider-Rezensionen noch größer.
Doch man kann aufatmen. Mulder und Scully sind wieder da. Nicht besser, nicht schlechter, sondern genauso wie damals. In Fällen, die sich auf die Qualitäten des Ursprungs besinnen und einem Erzählton, der sich auf eine herrlich unverkrampfte Weise kaum gewandelt hat.

Turbo Kid

Der so großartige wie großartig benannte Kurzfilm T for Turbo schlug verdient Wellen. Und so strickten die Macher prompt einen abendfüllenden Spielfilm aus dem Stoff.

For Christ’s sake! Will you just the fuck up and let’s fight!

Story

1997, Endzeit. Die Welt ist Wüste. Ein raffgieriger Baron tyrannisiert die wenigen Überlebenden, Wasser ist knapp. In dieser Zeit lebt ein Teenager, der davon träumt ein Superheld zu sein. Als eines Tages plötzlich das seltsam aufgedrehte Mädchen Apple in seinem Leben auftaucht, schließt er zum ersten Mal seit langem Freundschaft.
Als der Tyrann Zeus und seine Handlager Apple entführen, kann der junge Held sich nur behaupten, weil er einen Anzug mit mächtigen Kräften findet.

Fazit

Turbo Kid ist ein Film, der eine Verbeugung vor den 80er-Jahre-Science-Fiction-Filmen sein möchte, welche sich die 90er – also die Zeit zwischen damals und heute – als eine Zukunft gelöster Sozialstrukturen, entwurzelter Sicherheiten, jeder Menge pervertierten Anarchismus und von totaler Desertifikation verschlungener Architektur vorstellten. Diese Vorstellung wiederum adaptierten unzählige vornehmlich italienische Filmemacher im Anschluss an den Erfolg von Mad Max, um eben diesen Film mit Etwas vom immer noch zu wenig beachteten A Boy and his Dog zu mixen. Turbo Kid will all dem huldigen, zugleich Ehrerbietung und Persiflage sein, Liebevoll und spöttisch zurückschauend, ironisch distanziert und zugleich originell. Eine Mischung aus Scott Pilgrim vs. The World, Mad Max: Fury Road, Kung Fury und, seien wir ehrlich, mindestens 22 weiteren listbaren Namen.
Darüber hinaus spielt ein radelnder Teenager die Hauptrolle, was aber keineswegs ausschließen soll, dass Turbo Kid ein Splatterfilm ist. Weil das alles ganz schön viel ist, gibt es gleich 3 Regisseure – allesamt blutjung, allesamt unerfahren. Kann das gut gehen? Nein. Tut es aber. Jedenfalls so halb.
Zwar merkt man immer mal wieder, dass hier eben Amateure am Werk sind und die Inszenierung dann und wann ein bisschen ratlos wirkt und offensichtliche Schnittfehler sich die Klinke in die Hand geben, doch hält sich dies nicht nur in absolut vertretbaren Grenzen, sondern wird vor allem von einer immensen Liebe zum Detail wettgemacht. Dass die Macher ihre Endzeitfilme gesehen haben, merkt man ihrem Werk an seinen zahlreichen Reminiszenzen in jeder Szene an. Bei all dem darf auch nicht vergessen werden, dass hier eine kleine Gruppe von Leuten etwas für Fans gemacht hat. Gerade für solch ein semiprofessionelles Kleinstprojekt (als Vergleichsgröße könnte vielleicht Six-String Samurai fungieren) ist die Angelegenheit sehr rund geworden.
Die 80er werden mit all ihren poppig-obszönen Geschmacklosigkeiten portraitiert, ohne dass der Film zu überladen oder selbstzweckhaft wirkte. Er ist schelmisch-verspielt, während er vom Rubik’s Cube bis hin zum knöcheltiefen Disco-Soundtrack in den Relikten dieser Vergangenheit wühlt, dabei aber nie boshaft oder völlig selbstvergessen.
Der durch Knie- und Ellenbogenschützer wie einen Helm gegen die Umwelt gewappnete Held wird ebenfalls lächerlich dargestellt. Genau wie die vielen auf BMX-Rädern für Kinder stattfindenden Verfolgungsjagden schafft es Turbo Kid auch im Ganzen, das notwendige Verhältnis zwischen Ernst und Augenzwinkern zu wahren.

Das Drumherum stimmt also. Die Geschichte kommt zügig voran, die Figuren machen miteinander Sinn, die ganze Struktur macht Spaß. Im Detail hapert es dafür an gleich mehreren Punkten. Manchmal ist Turbo Kid bei seiner Gratwanderung zwischen spitzbübischem Humor und Albernheit wahnsinnig sympathisch, dann aber auch einfallslos, weil einer von vier Witzen dann doch zu unoriginell und vorhersehbar ist. Während Munro Chambers als Held wider Willen den nerdig-verträumten Heranwachsenden glaubwürdig und charmant verkörpert, neigt seine Partnerin Apple mit ihrer grenzdebilen, aufgesetzt wahnsinnigen Art schnell zum Nerven – auch wenn der Charakter dieses Verhalten in Maßen rechtfertigt. So liebeswürdig, wie sie trotzdem sein soll, ist sie nicht – was hauptsächlich die Schuld von Darstellerin Laurence Leboeuf ist, die deutlich mehr als nur eine Spur zu viel an Overacting in den Film bringt.
Punkten kann dafür der unverkennbar an Dennis Hopper angelegte Bösewicht, der der facettenreichen Stimme Michael Ironsides (Total Recall, Starship Troopers) und dem ausgewogenen Spiel aus Wahnsinn, Kalkül und Brutalität einen Ödlandherrscher zum Niederknien abgibt. Dass Er wie auch viele andere des Ensembles – und damit ganz im Gegensatz zu den Strippenziehern – kein unbeschriebenes Blatt ist, tut dem Film in Form von ein wenig Professionalität mehr als gut.
Doch leider erschöpft sich die Grundidee irgendwann. Der Plot ist in einem halben Satz gesagt, die Charakterentwicklung ist so knapp wie vorhersehbar und trotz erkennbarer Bemühungen ist auf Dauer leider nicht für große Abwechslung gesorgt. Langeweile macht sich keine breit, das Gefühl von Frische, das Turbo Kid in seinen ersten Zügen noch abgibt, ermattet nach der Hälfte aber zusehends.

Bezeichnenderweise hat Turbo Kid seine stärksten Augenblicke in den Szenen, wo sich der stets einfallsreiche Splatter auf dem Synthesizerteppich abspielt, Körper in rote Wolken zerplatzen, Kunstblutfontänen sprudeln und anorganische Dinge organische Dinge durchbohren. Etwas pointierter formuliert: Es ist immer dann am besten, wenn jemand stirbt. Ob das gegen den Film oder gegen den Geschmack des Rezensenten oder gegen alles andere oder gegen alles zusammen spricht, soll jeder für sich eruieren.

Fazit

Was in 5 Minuten begeistern kann, kann in 18-facher Länge schnell ermüden. So schlimm ist es nicht, doch wie zu erwarten, transportiert Turbo Kid nicht die Energie des zugrundeliegenden Kurzfilmes. Sehenswert ist diese Hommage an Kindheitsfantasien aber allemal, zumal die eigentümliche Mischung aus anachronistischem Schabernack, 80er-Soundtrack, Fun-Splatter und Comig-of-Age-Story alles andere als alltäglich ist.

Doctor Who – Staffel 8

Wir sind zurück für eine Stippvisite bei Doctor Who, der langlebigsten TV-Serie und dem wandlungsfähigsten Nomaden der Weltgeschichte und darüber hinaus der einzige Artikelanlass, bei dem der Schreiber dieser Zeilen in der Ich-Form rezensieren wird. Denn wenn jemand so wenig Ahnung von der Materie hat und so viele Dinge nicht weiß, ausließ und schlicht völlig verkennt und dem Rezensionsobjekt darüber hinaus eine Armada an Fans gegenübersteht, verkäme es zu einem Hohelied an die Albernheit, einen Artikel schreiben zu wollen, der von einem Hauch von Sachlichkeit getragen wird. Was hier zu lesen ist, das ist keine Kritik im eigentlichen Sinne, sondern ein Essay. Und Essays haben offensichtlich von Natur aus lange Einführungstexte. Warum auch nicht, man kann ja schreiben, was man will.
Dass jede Kritik im eigentlichen Sinne eh ein Essay ist, lasse ich hier außer Acht, um den Effekt des Ganzen nicht zu hintergehen.

Please, don’t even argue.

Story

Der Doctor – ignoriert man die Kriegs- und die Bio-Meta-Krisen-Variante – regeneriert zu seiner zwölften Form. Sie ist älter, gleichgültiger, zynischer, befremdlicher. Das merkt auch Clara Oswald, die für die vorherige Ausführung des Timelords weit mehr als nur platonische Gefolgschaft war und sich nun völlig neu positionieren muss, wenn sie weiterhin Reisender in der TARDIS sein möchte.
Unterdessen schmiedet eine alte Bekannte ihre ganz eigenen Pläne. Pläne, die mit etwas zusammenhängen, was man als das Paradies – das Leben nach dem Tod – bezeichnen könnte.

Kritik

Es hat sich einiges zugetragen und als erstes fällt auf, dass die Autoren sich erfolgreich Mühe gegeben haben, all dies nicht über Gebühr zu verkleinern oder gar zu verleugnen, sondern Geschehenes als tragendes Element für die große Story voraussetzen, die Geschichten dabei aber trotzdem auf eine Weise zu erzählen, dass sich Quereinsteiger nicht verloren- und alleingelassen fühlen. Dass dem so ist, dafür kann ich als Quer- und Wiedereinsteiger bürgen.
Das Problem beim 2005er-Neuanfang war seinerzeit ein so einfaches wie großes. Weder die Geschichten noch die Figuren überzeugten. Was blieb, war eine halbwegs gut funktionierende Beschwingtheit, britischer Akzent und etwas Charme, dem zwischen den zahllosen uninspirierten Minigeschichten aber irgendwann die Puste ausging.

Um von hinten anzufangen: Die Charaktere, das Herzstück einer jeden Serie mit fortlaufender Geschichte, sind nicht nur ein bisschen, sondern deutlich besser. Die Begleiterin nervt nicht, sondern ist ein resoluter Charakter mit ordentliche Profil und deutlich mehr Aufgaben als eben nur Begleiter zu sein, weil ein Doctor nun mal Begleiter hat. Das geht sogar so weit, dass sie einen ganzen Storystrang für sich beansprucht. Und das ist wiederum ein Problem, denn die Geschichte darüber, wie schwer das Herumgedoktore und ihre sich gerade entwickelnde Liebesbeziehung zu einem Kollegen aus dem Lehrerzimmer namens Danny Pink miteinander vereinbar sind, ist fad und jedes Mal ein ziemlicher Stopper für Geschwindigkeit, Fortschritt und Spaß.
Der (nunmehr zwölfte) Doctor selbst ist hingegen ein ziemliches Highlight – weil Peter Capaldi ein solches ist, mit dem wohl erstmalig ein Oscargewinner in die Haut des Timelords schlüpft. Dass es den Goldjungen 1995 für einen von ihm selbst gedrehten Kurzfilm gab, tut hier nichts zur Sache, denn ein formidabler Darsteller ist der Gentleman durch und durch. Die etwas ergraute Erscheinung in Verbindung mit der sprunghaften, aber nie (und das ist wirklich bemerkenswert) dümmlichen Mimik ist die perfekte Hülle für einen zeitreisenden Schlingel, der noch nie so sehr Alien war, wie in diesem Fall. Empathielos, Ich-Besessen und nie so recht durchschaubar präsentiert sich hier ein Doctor Who, bei dem der Zuschauer häufiger mal ins Stocken kommt und sich die Frage stellt, ob der gute Mann vielleicht überhaupt gar nicht so gut ist. Dass eine Serie so etwas wiederkehrend leisten kann, verdient Lob. Und das bekommt sie hier.
Die Figuren – den aggressionsfördernden Freund von Clara Oswald mal außen vor gelassen – sind also ansprechend und machen Spaß. Und die Geschichten selbst?
Nun, da ist der Tee schon nicht mehr ganz so klar, aber immer noch lecker. (An dieser Stelle fällt auf, dass das mit der Ich-Form nicht klappt. In Folge brauchte es einen Teevergleich, der ja zum Glück auch bestens der britischen Serie zu Gesicht steht.) Mal wird sich geschrumpft und ein Ausflug ins Innere eines vermeintlich gutmütigen Daleks unternommen, um Eine phantastische Reise von 1966 zu ehren, mal werden bedeutsame Persönlichkeiten aus der menschlichen Historie unter die Lupe genommen. Und so fort. Der Punkt ist aber, dass die Inszenierung einfach um Welten ausgereifter ist als noch vor 10 Jahren, und dies ist tatsächlich schon die halbe Miete, wenn man willig ist, sich von schönen Schauplätzen, einem gelungenen Schnitt und sensibler Musik ein wenig bezirzen zu lassen. Obschon die überwiegenden Stories im Kern sehr durchschnittlich sind, funktioniert das Konzept dennoch, weil die Charaktere einen so immensen Eigenwert besitzen und die Regie einfach so tut, als würde da eigentlich etwas ganz anderes, viel besseres erzählt werden. All das hebt den neuen Doctor Who weit über sein Alter Ego aus dem Jahre 2005 hinweg. Und dann gibt es da ja auch noch die Folgen, die eine Geschichte erzählen, welche es durch aus in sich hat.

Leider existieren aber auch sehr viele Momente, in denen es die Serie mit dem Evozieren von Dramatik und Bedeutungsschwere maßlos übertreibt. Plötzlich brechen die Dialoge ins Pathetische ab, die Musik fängt an zu seufzen und die Kamera wirft sich endlos schmachtend vor einer solchen Szene auf die Knie, während der Zuschauer (Ich!) sich bei so viel Theatralik auf den Arm genommen und übers Gesicht geleckt fühlt. Es ist nicht nur schade, es ist völlig unverständlich, wieso dies ab und an passiert, denn ansonsten haben die Regisseure, wie gesagt, ein wirklich gutes Händchen für den Umgang mit dem Stoff.

Fazit

Die 12 Folgen (zuzüglich des einstündigen Weihnachtsspecials), in der der 12. Doctor seinen Einstand hat, sind zeitgemäße, absolut gelungene Serienunterhaltung im 45-Minuten-Format, die seit dem Neustart aus dem Jahr 2005 enorm viel dazugelernt hat. Der charismatische und undurchsichtige Peter Capaldi ist die perfekte Besetzung und Clara Oswald eine starke Begleiterin – gemeinsam geben die beiden ein Gespann ab, das tadellos funktioniert und damit über eher mäßige Geschichten problemlos hinwegtröstet.
Die obligatorische und sich furchtbar überflüssig anfühlende Liebesnot von Clara hätte definitiv keinen eigenen, völlig inspirationslosen Part von so großem Gewicht verdient gehabt und die Augenblicke, in denen sich jäh alles in aufgesetzte Dramatik stürzt, trüben das Gesamtbild leider sehr.
Dennoch: Diese Reinkarnation ist eine gute, finde ich.

 

Mad Max II – Der Vollstrecker

War Mad Max noch ein – gutes – Drama, das die Postapokalypse, in der es spielt, nur andeutete, schuf George Miller mit dem zweiten Teil der Trilogie ein Werk, das ein ganzes Genre definierte und ganz nebenbei auch Kinostandards ins Wanken brachte. Jetzt, da der Trailer zum neusten Teil veröffentlicht wurde, ist es an der Zeit, einen Blick auf diesen Klassiker zu werfen.


Everybody is looking for something.

Story

Drei Jahre sind vergangen, seit Max Rockatansky Frau und Kind verlor. Seitdem rollt er mit seinem Ford Interceptor durch eine Welt, die mehr und mehr auseinanderfällt. Wasser und Benzin sind rarer dennje und das matte, damals schon ungesunde Grün wich ewiger Wüste. Max ist abgeklärter, aber auch gefasster.
Als er einen Tragschrauber inspiziert, wird er von dessen Besitzer überrumpelt, aber Max geht siegreich aus der Auseinandersetzung hervor. Um sein Leben zu retten, bietet der Pilot eine wertvolle Information im Austausch für seine Unversehrtheit an. Wenige Meilen entfernt soll eine zur Trutzburg umfunktionierte Raffinerie große Mengen an Treibstoff lagern.
Die Geschichte stellt sich als wahr heraus, doch befindet sich die kleine Siedlung in einem permanenten Belagerungszustand. Humungus und seine marodierenden Krieger wollen ebenso an das Benzin.

Kritik

Mad Max II – Der Vollstrecker ist ein rundes, ungemein unterhaltsames Stück Film. Das ist die Kritik in aller Kürze und das ist es, was unten im Fazit ein zweites Mal zu lesen sein wird.
Schon das clevere Intro, das aus entkontextualisierten Historienaufnahmen und – gleichwertig als Vergangenheit markiert – Sequenzen des ersten Mad Max verklebt ist, introduziert ohne Umschweife in die Diegese und gibt mit seiner scheinbar schwerelosen (was nicht bedeuten soll ‚unbekümmerten, im Gegenteil) Direktheit den Ton des ganzen Filmes an. Aus diesem Intro setzt sich der Werdegang der Welt und jener des Protagonisten zusammen, um dann direkt in eine Actionsequenz überzugehen, die alles bietet, was Ikonisch an der Mad-Max-Reihe ist. Nämlich aus Restfetzen der Zivilisation zusammengetrümmerte Selbstbauboliden, atemberaubende Verfolgungsjagden mit eben diesen, schrille Figuren mit grellen Irokesenschnitten und sandige Steam-Punk-Stimmung par excellence.
Es ist direkte, aber nie überladene, recht authentische Action, die – genau wie die schrägen Gestalten – von sämtlichen Figuren des Films ebenso wie von der Inszenierung selbst ernst und für voll genommen wird. All das vermag Dean Semler (der danach etwas auf Abwege geraten ist) mit einem angenehm beherrschten Kameraauge zu durchschweifen, angereichert mit gänzlich unverkranften Schnitten, die einen sonderbaren, aber perfekt sitzenden Kontrast zu dem Geschehen ergeben.
Die Action ist die ganze Laufzeit über einfach schlichtweg sehr gut und ganz besonders die perfekt eingebundenen Verfolgungssequenzen sind grandios inszeniert und bis heute einmalig unterhaltsam. Hier kommt auch der Soundtrack voll zur Geltung, der herrlich altmodisch aus den Boxen scheppert und den alles andere als altmodischen Szenen ein sehr spezielles Flair verpasst. Brian Mays (der ebenfalls im Anschluss keine Glanztaten mehr verbuchen konnte) Instrumentalisierung ist fast immer angemessen pompös, trägt in einer ganz bestimmten Szene dann aber doch merklich zu dick auf. In einer so kuriosen, nach außen hin abstrusen, nach innen hin durchgängig stimmigen Welt von „zu dick auftragen“ zu sprechen, ist eine sonderbare Formulierung. Doch genau das macht den Mittelteil der Trilogie aus. War Part 1 noch recht gediegen und klassisch – deswegen aber auch die intensivste Erfahrung von allen dreien – und trieb es Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel in allen Belangen zu weit, besetzt Mad Max II die goldene Mitte, in der alle Zutaten perfekt abgemischt und im korrekten Zeitabstand zusammengetragen wurden. Kleine Makel machen sich bemerkbar, können das Gesamtbild aber nicht verschlechtern.
Es tut dem Film auch gut, bei seinem Protagonisten einen Schritt zurückzuweichen und Max zu einem Helden nach klassischerem Vorbild werden zu lassen, fort von dem gebrochenen, von Schmerz halb zersetzten Max, hin zu Mad Max, dem besonnenen, durchaus charismatischen Überhelden, einem Fremden mit solidem Ehrenkodex, der Tragik mit Dynamik ersetzt, aber trotzdem nicht ganz befreit von seiner Vergangenheit ist.
Alle Figuren neben der Hauptperson sind ziemlich einseitig und sämtlich auf eine einzige überspitzte Eigenschaft reduzierbar, doch dafür sind sie zahlreich und das Geschehen ist derart abwechslungsreich, dass man eine tiefere Charakterzeichnung gar nicht zu vermissen beginnt; auch deswegen, weil die komischen Wesen in ihrer Einseitigkeit doch irgendwie für sich und miteinander funktionieren können. Ein formaler Fehler, der in der Praxis nicht mehr als solcher zu erkennen ist.

Zur neuen Wüste kam die Westernausrichtung hinzu, die noch stärker als im ersten Teil zutage tritt. Mad Max II – Der Vollstrecker könnte auch als Town-Tamer-Geschichte im Italowestern-Gewand durchgehen. Fahrzeuge statt Pferde, Benzin statt Gold. Das sind die einzigen Elemente, mit denen das Genre verfremdet wurde. Der australische Outback als Kulisse, wodurch die postapokalyptische Welt nicht selten wie ein ganz anderer Planet wirkt, trägt seinen Teil dazu bei.
Wer zu lange draußen, jenseits der kargen Überbleibsel von Zivilisation, lebt, der wird Wahnsinnig – der endlos erscheinende Strom gieriger, barbarischer Punks und Wrestlern mit ihrem flatternden Blick und ihren wahnwitzigen Konstruktionen aus Rost und Nägeln, beweisen dies. Jene, die in der Stadt ausharren, sind noch halbwegs gefestigt, denn sie haben Strukturen und, wenn nicht eine Heimat, so doch einen Ort, für den es sich zu Kämpfen lohnt.
Bei den archaischen Glücksrittern des Ödlands regiert jener, der am skurrilsten, unberechenbarsten, mitleidslosesten und wunderlichsten ist. Zum Stammesanführer werden eingeölten Gladiatoren, die mit ihren Masken und mit ihren totalitären Neigungen wie besessen in die trockene Weite hineinbrüllen. Es gilt das Vorrecht der imposantesten Aura.
In der Siedlung waltet ein Anführer mit Verstand und einer absurd weißen Erscheinung, der seine Leute koordiniert zu administrieren weiß und sich mit Bedacht der Masse an Feinden zu widersetzen weiß. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Probleme auf ein Maß anschwellen, dem nur Mad Max gewachsen ist.
Während die Verstoßenen sich schon zu weit von der Zivilisation entfernt haben, um in einem zivilisierten System funktionieren zu können, sind Die Städter zu schreckhaft, naiv und regelverliebt, um den Gefahren der Wildnis zu trotzen. Fähig werden sie nur durch einen Helfer, der zu gleichen Teilen Wildnis und Zivilisation ist. Auch hier tritt wieder in aller Deutlichkeit der Western hervor, der eine Aufgabe zu erfüllen hat, zuvor und im Anschluss aber alleine mit der Feststellung bliebt, keiner der Fraktionen angehören zu können und deshalb ewig getrieben durch die Winde pilgern muss, unentwegt auf der Suche nach neuen Aufgaben.
Dass das einzige Kind im Film in der Siedlung lebt, zugleich auch das tierhafteste Wesen im gesamten Film ist, das nur aus purem, empathielosen Instinkt heraus zu handeln scheint, ergänzt dieses Bild um eine ungewöhnliche wie wertvolle Facette. Nicht mehr lange und auch die wenigen Reste der Kultur, die jetzt noch mühsam aneinandergehalten werden, werden vollkommen dekonstruiert und auf ein primitives Grundgerüst runtergebrochen sein.
In Anbetracht dieser Sichtweise hat es eine traurige Ironie, dass Max ein ehemaliger Polizist ist, bevor die Anarchie in ihrer nihilistischsten Form ihm alles entriss, was Wert für ihn besaß.

Fazit

Mad Max II – Der Vollstrecker machte die staubige Postapokalypse erst so richtig salonfähig. Damals wie heute ist der Film ein Highlight des Genres, hat keine einzige Länge und ist trotz seines speziellen Settings fast immer ernst zu nehmen. Mel Gibson verleiht dem gebrochenen Max eine neue, gefestigtere Identität und lässt den wüsten Ausflug des Road Warriors unter Millers Regie zum vielleicht effizientesten Western der 80er werden.
Mad Max II – Der Vollstrecker ist ein rundes, ungemein unterhaltsames Stück Film, ist Abenteuerlust mit ganz viel detailversessener Einfallsreichtum, noch mehr Passion und gesalzen mit einer ordentlichen Prise Irrsinn.

Nothing Lasts Forever

Nur einen Wimpernschlag bevor Bill Murray und Dan Aykroyd mit Ghostbusters Weltruhm erlangten und Zach Galligan mit Gremlins einen Plüsch-Hype auslöste, wurde Nothing Lasts Forever mit diesen Schauspielern abgedreht. Das abgedrehte Projekt erschien dem Studio MGM damals zu waghalsig und es erlebte nie einen Kinostart. Stattdessen legte man es, unwissend, was damit anzufangen sei, in ein staubiges Verlies und es fiel dem Vergessen anheim.
Bis es vor wenigen Tagen dank der Magie des Internets wieder auftauchte.

I have to do it my way.

Story

Der junge Dan hat die Nase voll von Show und Täuschung in der Unterhaltungswelt. Wirklicher Künstler will er werden. Als er sich mit diesem Ziel nach Detroit begibt, muss er wie alle anderen auch zuallererst den allgemeinen Künstlertest bestehen, um einer Kunstform zugeordnet zu werden. Das Ergebnis des ungeschulten Jungspundes führt ihn nicht zum erwarteten Schöngeistdasein, sondern an das Ende eines langen Tunnels, als Aufseher von eben diesem.
Seine Mildtätigkeit und Güte, die er an den Tag legt, bringt ihn das erst einmal zwar nicht unbedingt näher an den Künstlertraum heran, sehr wohl aber näher an den Mond. Und vielleicht auch an die Liebe.

Kritik

Namen wie Bill Murray, Dan Aykroyd, Zach Galligan oder Tom Schiller zu lesen, ist im Laufe des fast dreiminütigen Vorspanns wie das Entdecken eines Fremdkörpers, so sehr ist Nothing Lasts Forever an das Kino der frühen Schwarzweißfilm-Ära angelehnt. Wie ungemein passend, dass der Film damit startet, eine Musikaufführung als faulen Zauber zu entlarven, indem das Piano ganz von alleine spielt und so das Publikum zum Narren hält, ehe es der Pianist nicht länger ertragen kann, Teil dieser Illusion zu sein, und das Volk mit Gebrüll die Bühne stürmt.
Adam stolpert durch ein Heer schräger Figuren, die sämtlich wunderliche Dinge zu sagen haben, und begibt sich dabei von einer skurrilen Situation in die nächste, in der Regel noch viel skurrilere Situation. Die Ideenfülle des Filmes ist so groß und konstant und dabei derart unverbraucht, dass man um Worte wie ‚zeitlos‘ nur schwer herumkommt, wenn man das vergessene Werk zu beschreiben versucht. Oder anders gesagt, der Film ist wunderbar unverfroren witzig. Dass er sich nicht steigert, liegt einzig daran, schon von Anfang an große Geschütze aufgefahren werden, die Nothing Lasts Forever zu einem erfreulichen und in höchstem Maße beschwingten Kuriosum machen, dem man sich kaum entziehen kann.
Dabei lässt Schiller sich die Gelegenheit, Bezug auf etliche Klassiker zu nehmen, natürlich nicht aus. Die wilde Mischung aus Things to come , le voyage dans la lune und irgendwie auch aus dem legendären starbesetzten und ebenfalls vollkommen vergessenen 68er-Kult Candy ist gespickt mit zahlreichen Referenzen an vornehmlich Stummfilme; und das sowohl auf bildlicher wie auch auf narrativer Ebene. Entsprechend sind auch die Spezialeffekte zu bewerten, die sich bewusst pappig präsentieren und damit dem Künstlichkeitskommentar sein i-Tüpfelchen spendieren. Dass der Film gerade hinsichtlich dieser Thematik auf poetische Weise versöhnlich endet, macht ihn ganz besonders rund und bläst den kurzen Eindruck von Episodenhaftigkeit lockerleicht davon. Zu erwähnen, dass diese sonderbare Kreatur, die dieses Werk des Saturday Night Live-Writers darstellt, als Beinkleid en transparentes Musical trägt, ist in Anbetracht all dessen eigentlich fast nur noch Formsache.
Am Ende steht fest, dass vielleicht nichts ewigen Bestand hat, einiges sehr wohl aber viel zu lange. So zum Beispiel die oftmals schwerverständliche, an Willkür grenzende Handlungsmotivation vieler Studios, die damals wie heute offensichtlich Großartiges aus Angst vor Neuem verkennen und verschmähen.

Fazit

Dass Nothing Lasts Forever endlich an die Öffentlichkeit gedrungen ist, nachdem der Film seit seiner Fertigstellung verschollen ist und in Folge rasch vergessen wurde, ist eine Sensation. Die Allstar-Besetzung mit überbordender Spielfreude bei der Arbeit zu sehen, ist eine helle Freude, denn Tom Schiller ist eine auch heute noch perfekt funktionierende SciFi-Komödie gelungen, deren frecher Witz vor allem von seiner großen Spontaneität profitiert.

Bleibt nur zu hoffen, dass das Kleinod nun endlich eine Veröffentlichung erfährt, die sich seiner als würdig erweist.

Re-Animator

Im vergangenen Jahr beendete Stuart Gordons Re-Animator in Deutschland seine Index-Existenz. Über zwei Jahrzehnte war der auf Howard Phillips Lovecrafts Kurzgeschichte Herbert West – Der Wiedererwecker basierende Film verboten, was seinem Semi-Kultstatus zugute kam.
Es folgten zwei Fortsetzungen und eine überaus erfolgreiche Musical-Umsetzung.


Birth is always painful.

Story

Über die Jahrhunderte sind wir zu ganz anständigen Medizinern gereift, möchte man meinen. Dabei wird gern vergessen, dass es immer noch den einen oder anderen weißen Fleck auf der Karte unserer Möglichkeiten gibt. Krebs, Demenz, das Altern, der Tod – nichts davon tatsächlich heilbar. Wie unbeholfen ist der Mensch doch, wenn er sich bemüht, ein ausklingendes Leben noch ein wenig länger im Diesseits zu behalten. Mit Elektroschocks wird das Herz malträtiert, die wildesten Elixiere werden intravinös in den sterbenden Leib gepumpt, und dann zieht es die arme Seele doch davon. Dieser Kampf gegen Windmühlen ist für den ambitionierten Arzt von Heute eine frustrierende Angelegenheit. Dr. Herbert West ist ein solcher Arzt und weit davon entfernt, sich geschlagen zu geben. Eines Tages trifft er den überambitionierten Kollegen Dr. Daniel Cain an seiner Uni. Und Cain entwickelt ein Serum, das toter Materie wieder Leben einhaucht.

Kritik

Ein hinreißender Vorspann mit anatomischen Kunstzeichnungen, die in neonfarben und ästhetischen Posen einen schmalen Bereich zwischen Erotik und Morbidität besiedeln, führt in das Lovecraft-Universum.
Das ist umso erstaunlicher, erweist die erste Szene den Film doch als klaren Trash aus. Trash mit hervorquellenden Augen, schäumendem Fleischblut, schrillen Schreien und allerhand Flüssigkeiten von unfeiner Farbe. Die Leichen sind hübsch zerschunden und die ganze Inszenierung eine große voyoristische Ekelschau, vornehmlich darauf angelegt, den Zuschauer zum Quieken zu bringen. Der Film ist in dem Bewusstsein, seine Geschichte mit dem nötigen Maß an Selbstironie erzählen zu müssen, will er nicht in seinem eigenen Glibber ausrutschen.
Wenn der betagte Arzt mit lüstern hervorgestreckter Zunge und fast schon gierigem Blick die Knochensäge anwirft und dabei mit euphorischer Detailversessenheit von der Virtuosität seines Schaffens berichtet, mag man Re-Animator ganz fest umschlingen.
Die Figuren sind gut ausgearbeitet, reden keinen Unsinn und verhalten sich im Genrerahmen nachvollziehbar. Wärehnd Hauptdarsteller Jeffrey Combs in diesem Re-Animator-Teil noch stark an den prototypischen College-Studenten ohne große praktische Erfahrung, aber mit vorzeigbarer Blondine an der Seite erinnert, liefert Bruce Abbott als übereifriger Praxisbefürworter eine angenehm psychopathische Performance ab, die nie über ihr Ziel hinausschießt, aber trotzdem ein paar witzige Spitzen auf Lager hat. Es ist diese Mischung aus klassischen 80er-Jahre-Horrorelementen und dem bösartigen, aber selbstreflexiven und zum Glück sehr leisen, zurückhaltenden Humor, der den Kultstatus von Re-Animator erklärt. Viel trägt die im doppelten Sinne klassische Instrumentalisierung zur Stimmung des Filmes bei, die von Horror-Komponist Richard Band kreiert wurde, der hier erstmalig mit Stuart Gordon zusammenarbeitete. Nicht zurückhaltend, aber niemals aufdringlich und mit schnödem Pomp überladen, sondern in altmodisch-effizienter Weise antizipierend, vorwärtstreibend, vorbereitend und zurückhaltend, niemals subtil, aber immer mit dem richtigen Gespür für die Situation, so nimmt einen die Instrumentalisierung an die Hand, von Anfang bis Ende. Sie führt den Zuschauer durch die vielen kleinen Höhepunkte, durch die die beiden Wissenschaftler schrittweise zu ihrem zweifelhaftem Erfolg geführt werden. Alle paar Minuten hält der Film mit kurzen Schockepisoden bei der Stange, während die Welt schnell ihre eigenen Regeln vergisst. Das grün schimmernde Serum muss anfangs noch gezielt ins Hirn injiziert werden, um die Leichen zu vitalisieren. Später ist es dann aber gleich, wohin der Saft gepresst wird. Die Körper erwachen so oder so zum Leben, wenn sie mit ihm in Berührung kommen.
Nach einer Stunde ist das eh egal. Wenn der Antagonisten-Kadaver wieder rumläuft, driftet die Geschichte vollständig ins Absurde – leider. Kopf und Körper agieren unabhängig voneinander, die bisher angenehm dezente Komik legt eine Schippe zu viel drauf und auch die Musik lässt sich hinreißen, bei der Übertreibung mitzumischen. Dann ist
Re-Animator weniger eklig, weniger ernstzunehmen und dadurch auch weniger gut. Diese sonderbare Hommage an alte Gruselmotive hat ohne Frage etwas für sich, bringt die bisher stringente Atmosphäre des medizinischen Sci-Fi-Filmes aber gehörig durcheinander. Das überbordende Finale vermag es jedoch, diesen Fehltritt vergessen zu machen. Der Film hat dann nicht mehr denselben Ton, wirkt in den ausladenden, fast schon an Braindead erinnernden Gefilden aber trittsicher und fühlt sich sichtlich wohl.

Dem wissenschaftskritischen Aspekt, wenn man den Film denn nicht als puren Unterhaltungsstreifen wahrnehmen möchte, kommt keine allzu große Rolle zu, er bleibt im Hintergrund aber durchweg spürbar. Es sind die Thematik und die agierenden Forscher, die allesamt auf ihre Weise einen an der Klatsche haben, weil sie nicht nur ihr Erkenntnisinteresse über den Rest der Welt und alle Werte erheben, sondern vorrangig von paranoidem Konkurrenzdenken getrieben werden. Anstatt in kooperativem Wirken gesicherte Ergebnisse anzustreben, werden die Wissenschaftler zu narzisstischen Eigenbrödlern, die dem anderen keinen Zentimeter Fortschritt gönnen und sich neidvoll mit fremden Federn behängen. Interessant wird es, wenn man eine andere Lesart zulässt. Der erzkonservative Dekan Halsey lässt Töcherlein Megan nicht bei unserem Wissenschaftler übernachten. Theoretisch ist dies nur durch Eheschließung möglich, praktisch gar nicht, denn ein offizieller Kontakt, der über akademische Belange hinausgeht, würde den jungen West sofort von der Forschungseinrichtung verbannen. Zusammenfinden kann das Paar nur, weil der Vater früh das Zeitliche segnet – und natürlich als grunzendes, instinktgetriebenes Wesen wiederkehrt, das keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Es sind gleich zwei Weltbilder, mit denen Gordons Film abrechnet, und einzig der ambitionierte, aber gewissenahfte West kann siegreich hervorgehen, da er die goldene Mitte zwischen alt und neu, Rückwärtsgewandtheit und Hybris verkörpert, um sich gegen die miteinander paktierenden Weltbilder durchzusetzen, bis ihn sein doppeltes Wesen am Ende zerreißt.
Das kann nur gipfeln in einem Splatterfest, in dem Zurückgeholte splitterfasernackt und blutrünstig, aber unter voller geistiger Kontrolle als Armee aufmaschieren.

Fazit

Eine hübsch inszenierte Eskalation mit liebevollen, kaum gealterten Effekten, einer überwiegend gut dosierten Selbstironie, gut aufgelegten Darstellern und einer sehr dynamischen Dramaturgie. Ein unpassender Ausflug ins Absurde bricht nach einer Stunde aber mit der Atmosphäre und der Film benötigt eine Weile, um sein neues Gesicht mit der Geschichte zusammenzubringen.

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension

The Adventures of Buckaroo Banzai Across the 8th Dimension, der Film, der tut, als sei er einem Comic entsprungen. Der Film, der eines der wunderlichsten Schauspieleraufgebote überhaupt hat. Der Film, der von einer überzeugten Gruppe frenetisch als Kult gefeiert wird.

The president’s calling.
The president of what?

Story

Buckaroo Banzai, Gehirnchirurg, Physiker, Kampfsportass, Debattiertalent, begnadeter Musiker, Besitzer eines Raketenautos, das es vermag, Dimensionsgrenzen zu durchbrechen, und zu alledem die zweifelsohne coolste Sau des ganzen Universums.
Mit seinem Rennschlitten gelingt es ihm erstmalig, die 8. Dimension zu betreten, mit der die Leere der Materie gefüllt ist. Eine fiebrige, sulzige Welt des Zwielichts, Heimat unheimlichster Monstrositäten, unbenennbarer Greuel und tiefster Mysterien.
Im Anschluss ist nichts mehr, wie es war. Der fiese Dr. Lizardo, der vor Jahrzehnten bei einem ähnlichen Experiment halb mit der 8. Dimension verschmolz und seither als Inhaber diverser Persönlichkeiten in einer Anstalt residiert, wittert seine zweite Chance und macht sich auf die Jagd nach Buckaroos Technik. Dieser hingegen ist plötzlich befähigt, die Ungetüme der sinistren Dimension auch in der unsrigen Welt wahrzunehmen – weil ihm ein paar schurkische Lectroiden vom Planet 10, die sich als Präsident ausgaben, via Telefon einen Blitz ins Ohr geschossen haben.
Verflixt und zugenäht, errette uns, Buckaroo Banzai!

Kritik

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension ist einer dieser pulpigen Kultfilme, die mit der Zeit ein bisschen in Vergessenheit geraten sind, aber niemals ganz den Schlund der Zeit hinabrutschen werden.
Die Witze werden einem nicht mit Nachdruck ins Gesicht gepresst, sondern sie passieren einfach. Damit vermeidet Buckaroo Banzai jenes Grundproblem, mit dem Komödien seit jeher geschlagen sind. Damit beweist der Film aber auch, wie zeitlos Komödiantisches ist, wenn man es denn richtig rüberzubringen vermag. Entweder man erkennt und versteht, was da am Bildrand für abstruses Zeug vonstattengeht, oder eben nicht. Der Film traut dem Zuschauer zu, selbst zu begreifen, was ihn zum Lachen bringt, und kommt dadurch nie in die peinliche Situation, mit großem Radau auf einen Gag hingewiesen zu haben, der dann nicht zündete. Deswegen ist der Film heute noch genauso gut genießbar wie zu seiner Erscheinungszeit 1984: Humor ist zeitlos, Moderationsgepflogenheiten sind es nicht. Der Spaß des Sci-Fi-Abenteuers ist abgedreht, ohne albern zu sein, ergibt sich herrlich natürlich aus den einzelnen Szenen, ist in höflicher Weise völlig respektlos, in höchstem Maße exzentrisch und kann, zusammengenommen, auch heute noch mit seiner großen Einzigartigkeit prahlen.
Aber auch von seinen amüsantem Kern abgesehen ist Buckaroo Banzai heute ebenso guckbar wie damals. Die Effekte schwanken zwischen herzallerliebst und im bestgemeintesten Sinne solide, fügen sich vor allem aber anstandslos in die dargestellte Welt, ohne wie pappige Fremdkörper hervorzuragen. Sämtliche Schauspieler des wahrhaft ansehnlichen Casts legen große Spielfreude an den Tag und bringen das nötige Quäntchen Selbstironie mit, ohne dabei albern aus der Geschichte zu purzeln. Sei es ein Jeff Goldblum, der hier schon ein Jahr vor Kopfüber in die Nacht in seinem selbstverständlich getragenen Cowboy-Outfit komisch sein darf, sei es Christopher Lloyd, der ebenfalls ein Jahr vor Zurück in die Zukunft Wissenschaftler sein darf oder natürlich der über alles erhabene John Lithgow, der 22 Jahre vor Dexter extrovertierter Schurke sein darf. Es ist, als hätte W. D. Richter selbst eine interdimensionale Reise unternommen, um zu ergründen, welche Darstellerkombination aus zukünftiger Perspektive wohl die bemerkenswerteste wäre.
Einen Helden wie Buckaroo, diese verwegene Mischung aus Bruce Banner, Han Solo und James Bond, gab und gibt es kein zweites Mal. Er ist alles auf einmal und nie zu viel. Ständig lässig gelassen, aber nie zu unbekümmert, immer seriös und zugleich pulsierend vor Energie. Und ja, dazu noch verdammt sexy und in seinem vor Selbstsicherheit strotzdenden Auftreten geradezu hypnotisch.
Man kann zurecht der Meinung sein, Peter Weller wäre der perfekte RoboCop, aber man muss mit gleich viel Recht zugeben, dass er auch der perfekte Weltenretter, Rockstar, Chirurg, Gentleman Superagent et cetera ist – 3 Jahre vor RoboCop.

Ab der Hälfte, mal wieder zu dem Zeitpunkt, an dem die Geschichte eigentlich in Schwung kommt, geht dem Film leider ein wenig die Puste aus. Die Witze sind, wenn sie da sind, immer noch gut, tauchen aber seltener auf. Die Handlung, die stattdessen mit größerer Stringenz in den Vordergrund tritt, ist zwar immer noch mit permanentem Augenzwinkern beschäftigt, aber nicht halb so spritzig, wie der vergnügliche Anfangspart. Ab hier wird etwas steifer in der Hüfte. Sonderlich schlimm ist das nicht, denn kurz darauf nimmt der Irrsinn wieder mehr an Fahrt auf und ulkt sich durch einen 40-minütigen Endspurt. Hier erhält der großartige Dr. Lizardo auch endlich eine angemessene Screentime, alles darf sich noch mal kräftig überschlagen und am Ende stolziert die Riege der Helden tänzerisch männlich zu den Closing Credits der 80er, während eine Texttafel neckisch verkündet, dass unser Held wiederkehren wird – in Buckaroo Banzai versus the World Crime League. Ein Versprechen, das durchaus ernstgemeint war, bis heute aber uneingelöst blieb.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Das bekräftigt auch Regisseur W. D. Richter regelmäßig in Interviews, wenn das Gespräch zwangsläufig auf diesen einen der zwei von ihm gedrehten Filme zusteuert.
Dass jemand, der unter anderem Big Trouble In Little China, Dracula und Die Körperfresser kommen geschrieben hat, meist ausgerechnet über Buckaroo Banazai ausgefragt wird, spricht eigentlich für sich.

Fazit

Ein Humor, der so eigenständig und unbekümmert hinsichtlich jeder Konventionen ist, dass er kein einziges graues Haar aufweist. Ein Protagonist, der ironisch alles in sich vereint, was Helden ausmacht, eine zügellose Erzählweise und die Tatsache, dass man die Freude, die alle Beteiligten beim Dreh haben mussten, in jeder Szene selbst erfährt, machen Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension zu einem immer wieder sehenswerten Spaß.

Rabid

Wenn in den 70ern etwas entschieden besser war als heute, dann waren es… dieser Satz ist gar nicht so einfach zu beenden. Vielleicht waren es die deutschen Zusatztitel von Filmen, die damals genauso albern und freiheraus erfunden waren wie heute, dereinst aber von deutlich mehr Kreativität zeugten. 1977 legte David Cronenberg im Anschluss an Shivers – Parasiten-Mörder prompt nach mit  Rabid – Der brüllende Tod,oder, um es mit den damals in Deutschland so beliebten Alternativtiteln zu sagen, Überfall der teuflischen Bestien beziehungsweise Rabid – Bete, dass es dir nicht passiert. Damit war der Mittelpart seiner Venereal Horror-Trilogie geschaffen.

Potato man loves ketchup man.

Story

Rose und Hart tragen nicht nur klangvolle Namen, sondern haben auch Probleme mit ihrem Van. Als sie mit diesem gerade quer auf einer Landstraße stehen und die Zündung streikt, knattert ein Motorrad in sie hinein. Da Rose beträchtlich verletzt wurde, wird sie in das naheliegende Klinikum für plastische Chirurgie eingeliefert, dessen Chefarzt sich angesichts der Dringlichkeit ihrer Lage dazu gezwungen sieht, ein bislang unerprobtes, aber äußerst vielversprechendes Verfahren an ihr auszuprobieren. Er entnimmt einer unversehrten Stelle ihres Körpers Gewebe, neutralisiert den Zellkern und ersetzt das zerstörte Fleisch ihrer Wunden mit ihm. Das morphogenetisch neutralisierte Material fügt sich nahtlos in seine neue Umgebung ein. Was vormals Oberschenkel war, ist nun Gesicht. Die Wundermethode bringt nur eine ungewollte Nebenwirkung mit sich. Als Rose aus ihrem Koma erwacht, kann sie ihren Hunger nicht mehr durch gewohnte Nahrungsaufnahme stillen, sondern muss sich durch einen neu entstandenen Rüssel, der aus ihrer Achselhöhle ragt, vom Blut anderer Menschen ernähren. Irgendwas ist ja immer. Ihre Opfer werden zu Ungeheuern, die wahllos andere anfallen und diese ebenfalls infizieren. Während Rose, die trotz Blutdurst bei Verstand ist, den in Montreal wartenden Hart zu finden versucht und dabei nicht so recht versteht, was um sie herum geschieht, verbreitet sich die Krankheit bald schon mit epidemieartigen Ausmaßen im ganzen Land.

Kritik

Wieder ein paar übereifrige Wissenschaftler, die nur das Beste wollen und das Schlimmste fördern. Wieder die meiste Zeit über eine Klinik mit Kurortcharakter als limitierter Handlungsort. Dazu Monotone Instrumentalisierung à la Carpenter mit melancholischem Touch. Rabid kam zwei Jahre nach Cronenbergs Debut-Meisterstück Shivers und wirkt ein wenig wie dessen B-Seite. Hier wird Ähnliches mit kühlerer Temperatur serviert. Trotzdem lässt es nicht kalt, denn obwohl alles ein paar Nummern weniger intensiv ist als der Vorgängerfilm, ist Rabid immer noch packend inszeniert und wartet mit genug kauzigen Figuren auf, um durchweg unterhaltsam zu sein. Trotzdem, wenn man Shivers noch halbwegs gut in Erinnerung hat, wirkt Rabid irgendwie mau. Dabei hat sich der junge Cronenberg, der auch hier schrieb und inszenierte (und aufgrund der Kontoverse, die es wegen Shivers in Kanada gab, massive Probleme mit der Finanzierung hatte) sichtlich bemüht, Neues einzubringen, auch wenn der fast identische Handlungsort, die fast identische Ausgangssituation und eine sehr ähnliche Personenkonstellation auf den ersten Blick Ernüchterung walten lassen. Rabid ist so manches. Zum Beispiel eine fatalistische Sexmetapher mit umgekehrten Vorzeichen. Die Frau ist umgeben von grobschlächtigen Lüstlingen und fast jeder Mann auf ihrem Weg ein potenzieller Vergewaltiger. Doch sie hat den Stachel, der ausfährt und tief in die Männerkörper dringt, um Fleisch und Wesen zu annektieren. Geschlechter-Machtverhältnisse tauschen ihre Vorzeichen und die Maskulinität sieht sich mit steigendem Machogebaren mit proportional wachsender Ausgeliefertheit konfrontiert. Denn je aufdringlicher die Herren werden, desto prädestinierter sind sie als Opfer. Was der Körper der Frau verlangt, holt er sich einfach, während insbesondere das andere Geschlecht einzig für die Befriedigung der Triebe nützlich ist. Anders noch als in Shivers, wo Mann und Frau gleichermaßen auf die Paarung und Fressen reduziert wurden und so in animalischem Einklang wüteten.
Außerdem ist Rabid recht offensichtlich nicht nur eine Zombiefilm-Variante, sondern bedient ebenso die Merkmale von Vampirgeschichten. Eine verführerische Dame mit enormem Blutdurst saugt ihre Opfer aus und verwandelt sie in willenlose Ghule. Das alles ist auch in Hinblick auf die Aufregung um Shivers bemerkenswert. Kritisiert wurde David Cronenbergs erster Langfilm, weil er pervers, geschmacklos, abstoßend sie. Das Zweitwerk wirkt nunt – vor allem wegen seines Endes und des Endes seiner Protagonistin – wie ein ausgestreckter Mittelfinger in Richtung all der prüden und kleinkarierten Moralapostel, die den jungen Regisseur am liebsten beim Scheitern betrachtet hätten. Rabid ist weniger explizit, der schon direkt zur Anfangszeit für den Regisseur charakteristische Body Horror-Anteil verschwand hier wieder so gut wie völlig. Die Geschichte ist aber kühler, nihilistischer und hoffnungsloser als noch der zynische und verquer-märchenhafte Shivers es gewesen ist. Obwohl Cronenberg sich gegen seinen Willen mit der Wahl der Schauspielerin arrangieren musste, trug sicher auch Sissy Spacek in ihrer Hauptrolle zu diesem Eindruck bei. Bis dato war sie eine erfolgreiche Pornodarstellerin und erhielt hiermit ihre erste bekleidete Hauptrolle.
Ein diesbezüglich witziges Detail wird ausgerechnet in der US-Version zum Kuriosum: In einer Szene begibt sich Rose Pornokino. In der deutschen Version ist dies auch der Fall, wie die ziemlich eindeutige Tonspur des Films im Film bezeugt. In der englischen Version spricht der Filmtitel, der kurz an der Kinofront zu sehen ist, zwar Bände, doch wurde der Streifen fürs englischsprachige Publikum völlig neu synchronisiert, sodass statt eines Pornos ein regulärer Film läuft. Vermutlich, um den Film fürs US-Kino tauglich zu machen und auf Nummer sicher zu gehen, damit Rabid nicht auf jedem Millimeter Zelluloid als Skandalschinken abgestempelt wird. Hier ist die Synchro tatsächlich einmal näher am Original als das Original selbst. Vor allem deshalb, da die betreffende Szene nur dann zur Gänze Sinn macht, wenn die Art des Filmes klar ist.

Den angesprochenen Deutungsmöglichkeiten zum Trotz ist der Film emotional trotzdem viel oberflächlicher als Shivers, was nicht nur an der angesprochenen kühleren Art der Inszenierung liegt, sondern auch an den merkwürdigen Figuren, die auf den Zuschauer immer sehr fremd wirken und damit kaum Mitgefühl entwickeln lassen. Dadurch wird Rabid auf eine spezielle Weise sehr sonderbar, büßt aber auch an klassischem Sehvergnügen ein. Dass die Story zum Ende hin sehr fahrig wird, macht den Film dann fast ein wenig zäh. Ebenso kühl, gleichzeitig aber auch ausladend schön sind die eingefangenen Schauplätze des ländlichen Kanadas. Letztlich wohnt auch Rabid dieser unverkennbare und gleichzeitig unterschwellige Humor inne, der den frühen Cronenberg auszeichnet, aber er ist nicht nur deutlich zurückgeschraubt, sondern – so wie alles – einfach nicht ganz so bissig, perfekt und einfallsreich wie noch in Shivers. Dass sich der Film all die Vergleiche mit dem formidablen Vorgänger gefallen lassen muss, der formal zwar sehr gleichartig ist, sonst aber nichts mit ihm zu tun hat, ist sicher nicht ganz koscher. Für sich betrachtet ist auch Rabid ein sehr gelungener Film, der sich recht früh vom bloßen Metapherdasein löst und zum beklemmenden Seuchenthriller weiterentwickelt. Während in der Stadt der Ausnahmezustand immer weiter voranschreitet, verfolgt man das Geschehen über die Schultern der verschiedenen Protagonisten. Hier offenbart sich allerdings auch wieder einmal, dass Cronenberg das Kammerspielartige einfach mehr liegt als Anwandlungen epischer Breite.

Fazit

Den Vergleich mit Shivers muss Rabid einfach mit sich geschehen lassen. Zu überdeutlich sind die strukturellen Gemeinsamkeiten der beiden Werke. Und da hat Ersterer die Nase eindeutig vorn, weil er schlichtweg mehr Biss besitzt. Dennoch hat auch Rabid unverkennbare Cronenberg-Stärken, vor allem in der Inszenierung, der abwechslungsreichen Geschichte und nicht zuletzt den verschiedenen Lesarten, die der Sci-Fi-Thriller anbietet. Wie oft findet man Zombies, Vampire, Infragestellung sexueller Identität, Wissenschaftskritik und Seuchenthriller in 87 Minuten vereint – und das alles als ausgestreckter Mittelfinger in die rechts-konservative Ecke? Eben.

Rollerball

William Harrison schrieb 1973 die Kurzgeschichte Rollerball Murder, die im gleichen Jahr im Esquire-Magazin veröffentlicht wurde. Zwei Jahre darauf legte er ein auf ihr basierendes Drehbuch vor, das von Norman Jewison (Jesus Christ Superstar) produziert und verfilmt wurde. Gedreht wurde überwiegend im München und entstanden ist ein einflussreicher Klassiker des Science-Fiction-Films.

But comfort is freedom!

Story

Die Menschen fristen ein Leben in Scheinfreiheit und sind Konzernen zu striktem Dank verpflichtet. Jede Stadt wird von einem bestimmten Konzern regiert und verwaltet.
Gelebt wird von Bürgern der Entwurf, den die Entscheidungsträger vorgeben. In der Freizeit nimmt man Drogen und erfreut sich an oberflächlicher Exzentrik. Wenn sie sich die Herrschenden – die man als normaler Passant nie zu Gesicht bekommt – etwas wünschen, nehmen sie es sich. So verlor Jonathan E. seine Frau. Heute ist er erfolgreicher Rollerballspieler, seit 10 Jahren im Geschäft und der Beste seiner Zunft.
Völlig grundlos und an der Spitze seiner Laufbahn wird er vom für ihn zuständigen Konzern aus dem Team delegiert, und das ausgerechnet vor dem schwierigen Match gegen die für ihre brutale Art berüchtigten Tokioer; ohne Regeln und mit nur begrenzten Auswechslungen. An diesem Punkt fängt der Profispieler an, Fragen zu stellen und für seine Selbstbestimmung zu kämpfen. Doch der Feind ist größer und mächtiger als gedacht. Warum aber hat der Konzern offensichtlich solche Angst vor dem einfachen Sportler?

Kritik

Rollerball ist heutzutage beileibe kein unbekannter Titel und sein Erbe in der Popkultur ist unsterblich. Trotzdem wird der Film kaum noch geschaut, ganz im Gegensatz zu anderen Klassikern, die sich um seinen Jahrgang herum tummeln. Woran das liegt? Vielleicht an Erwartungen. Titel, Beschreibung, Trailer und auch DVD-Cover suggerieren ein trashiges Sportspektakel mit albern angezogenen Spielern und viel Quatsch.
Und ja, man fragt sich schon unwillkürlich, was zwischen Heute und Zukunft geschehen sein mag, dass Nationalhymnen plötzlich nur noch mit Orgel gespielt werden und Schlaghosen es irgendwie geschafft haben, wieder in Mode zu kommen. Aber manchmal geht die Zeit eben sonderbare Wege. Und dann auch noch eine Science-Fiction-Geschichte über Rollschuhfahrer. Stärker in der Vergangenheit verwurzelt kann ein Film über die Zukunft unmöglich sein.
Tatsächlich ist Rollerball aber ein spannender Einblick in Politik und Gesellschaft einer faszinierenden Zukunft. Die titelspendende Sportart ist dabei einerseits nur Randgeschehen und andererseits wider Erwarten ganz und gar nicht trashig und lächerlich in Szene gesetzt.
Da Zuschauer und Protagonist gleichwenig über die wirklich rätselhaften Vorgänge wissen, bleibt die Angelegenheit außerdem ziemlich spannend.

James Caan, kurz vorher durch seine Oscarnominierung für Der Pate bekannt geworden, damals Mitte 30 und heute immer noch im Filmgeschäft, spielt den Rollerballer Jonathan, der selbst Spielball eines viel größeren Spieles ist. Und das tut er ungemein sympathisch. Es ist schwer, den kernigen Sportler nicht zu  mögen. Der ganze Film mit seinem hie und da schon etwas angerostetem Gerüst lastet auf Caans Schultern und sein Spiel trägt dieses Gewicht souverän und scheinbar mühelos.

Die Zukunft selbst wird geschickt dargestellt, indem man es nicht übertrieb mit den futuristischen Auswüchsen. Ein wenig mehr Dekadenz, ein paar veränderte Routinegesten und Angewohnheiten und eben die von Grund auf umgegrabene Gesellschaftsstruktur unter Herrschaft und Schuhsohle raffgieriger Konglomerate. Vieles wird erzählt, aber nicht gezeigt und das hat dem Film beim edlen Altern geholfen. Die einfallsreichste Methode, genau die richtige Menge vom Zukunftsbild erahnen zu lassen, ist eine langsame Kamerafahrt mitten durch eine Partygesellschaft, sodass der Zuschauer bei jedem Personengrüppchen Gesprächsfetzen aufschnappt und Details über die veränderte Welt erfährt. Details, die die Fantasie anregen, ohne visuell verwirklicht werden zu müssen. Das macht die Pseudo-Utopie greifbar und durchaus erschreckend. Androidenverschwörungen, Intelligenzpillen und Operationen jenseits der Erde. All das schafft eine Aura, die für die Geschichte selbst kaum wichtig ist, aber eine dichte Atmosphäre strickt, die in manchem Punkt gar an die mulmige Stimmung eines Philip K. Dick erinnert.

Auch beeindruckt Rollerball mit ein paar hübschen Einfällen. Die Parallelmontage, in der Jonathan zum ersten Mal in die Offensive geht und zeitgleich eine Horde wildgewordener Oberschichtler aus Langeweile und Übermut anfangen, im Rudel durch die karge Natur zu streifen und mit einer Pistole Bäume in Brand zu setzen, ist beeindruckend. Besonders, weil sie zwei Geschehnisse zeigt, die gar nicht so weit voneinander entfernt stattfinden, weshalb das Licht im Verhandlungsraum mit jedem Schuss ein wenig apokalyptischer flackert. Eine tolle und gut umgesetzte Idee.
Dass diese Symbolik nicht unerträglich platt ist, liegt an der sehr stilsicheren, gemäßigten Regie. Und die kommt nicht nur in der Beispielszene zum Tragen, sondern von Anfang bis zum Ende. Ein Film über Rollschuhfahrer, die in ihrer Freizeit Schlaghosen tragen, ist aller offensichtlichen Logik zum Trotz mitreißend und besonders ausgeglichen inszeniert. Hier geht es nicht um das Spiel, sondern um einen einzigen Spieler. Trotzdem ist Rollerball eine Art Sportdrama, weil Jonathan  kaum etwas anderes in seinem Leben hat und sich ganz durch das martialische Spiel definiert. Er kämpft in erster Linie nicht um Wahrheit oder gar Gerechtigkeit, sondern um sich selbst.
Als dann nach etwas mehr als einer Stunde der Kampf gegen Tokio ansteht, verliert der Film leider etwas von seiner beeindruckenden Zeitlosigkeit. Die Darstellung der japanischen Spieler und Fans ist aus heutiger Sicht fragwürdig und auch der Einsatz der im Voraus drohend angekündigten Kampfkünste mutet eher komödiantisch an. Denn die drücken sich vornehmlich darin aus, den Gegner von hinten anzuspringen und sich an ihm festzukrallen. Auch hier siegen aber temporeiche Inszenierung und die mitreißende Stadionatmosphäre. Die mehr oder weniger ’sportlichen‘ Auseinandersetzungn sind nämlich wunderbar spannend und rasant umgesetzt, sodass die wilden Kämpfe trotz anachronistischer Unzulänglichkeiten keine Sekunde peinlich oder langatmig wirken, sondern wirklich mitzureißen wissen.
Kamera und Schnitt sind über jeden Zweifel erhaben und wissen jede Menge Geschwindigkeit in das seltsame Treiben zu bringen. Bei diesem ist es übrigens alles andere als leicht, überhaupt für jemanden zu sein, da beide Teams selbst vor Totschlag nicht zurückschrecken und sich auch sonst nicht gerade fair und freundlich verhalten. Aber das ist die harte Welt von Rollerball, in der Menschenleben nichts wert sind und jeder derart verzweifelt nach Unterhaltung sucht, dass alles andere in ihren Schatten fällt. Und besonders die letzten zwei von insgesamt drei Matches lassen diese menschenverachtende Mentalität der krankhaft hedonistischen Zukunftsgesellschaft auf eindringliche Weise zur Geltung kommen, ohne dass der Holzhammer ausgepackt wird. Vor allem dann, wenn man alt genug ist, um noch zu wissen, wie schwer Rollschuhe sind. Dabei offenbaren sich  zugleich deutlich Parallelen zu Sportveranstaltungen und den Zuständen während dieser in unserer Gegenwart. Auch hier schafft es die gekonnte Regie aber, das Ganze nicht aufgesetzt und billig erscheinen zu lassen. Jonathan ist einem zu diesem Zeitpunkt schon zu sehr ans Herz gewachsen und die Geschichte hat sich zu spannend entwickelt.
Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit den Japanern wird es kurz übertrieben Kitschig – der einzige wirkliche ärgerliche Ausrutscher des Filmes. Rollerball scheint dies irgendwie zu wissen, denn in der Szene darauf macht er den Patzer mit Ralph Richardson in der Rolle eines großartig weltfremden Wissenschaftlers wieder wett, der unentwegt über das leider verschollene 13. Jahrhundert schwadroniert.
Was folgt, ist Finale. Und dieses hat ein Ende, das wirkt wie ein Schlag in die Magengrube.

Fazit

Rollerball ist auch heute noch ein überraschend zurückhaltendes und spannendes Filmchen über eine gleichsam interessante wie erschreckende Zukunftsversion. Der Sci-Fi-Film beeindruckt zuvorderst mit seiner ausgeglichenen Regie und dem guten Gleichgewicht zwischen rasant inszenierten Rollschuhkämpfen und der blind tastenden Sinnsuche des Protagonisten.
Nicht so gut wie zeitnah erschienene Klassiker wie Logan’s Run, Andromeda, Alarm im Weltall oder Der Omega-Mann aber trotzdem ein sehenswertes und kurzweiliges Stück Science-Fiction.
Nur über das würdelose 2002er Remake sollte der Mantel des Schweigens ausgebreitet bleiben, da dieser so beispiellos missraten ist, dass er nicht einmal als alberne Verballhornung des Originals durchgehen kann. Auch hierfür hatte William Harrison das Drehbuch geschrieben, weigerte sich nach Sichtung des Resultats jedoch, auch nur Ähnlichkeiten zwischen Film und Buch zu erkennen.