Der Doktor ist zurück! Mittlerweile in der neunten Reinkarnation und der sage und schreibe siebenundzwanzigsten Serienstaffel. 16 Jahre lang lag die erfolgreichste Sci-Fi-Serie der Welt auf Eis und wurde in anderen Medien fortgeführt, bis es 2005 endlich im klassischen Format weiterging. Moderner ist die Serie natürlich geworden, viel hat sich getan. Doch trägt sie das Herz immer noch am rechten Fleck.
Stand back, boys. Surf’s up!
Story
Zwar ist der Doktor wieder da, doch warum er in neuem Körper auftritt, bleibt unbeantwortet. Ist aber auch nicht so wichtig, denn schließlich – nun ja, der Doktor eben.
Als er ins graue London der Gegenwart reist, um ein paar beunruhigend lebendigen Schaufensterpuppen und ihrem wabernden Meister das Handwerk zu legen, flieht ihm Rose Tyler über den Weg. Und weil der Doktor eine Schwäche für Menschlein hat, macht er die neunzehnjährige Blondine auch gleich zu seiner neuen Gefährtin. Gemeinsam rauschen sie durch Raum und Zeit und tauchen zufällig immer dort und dann auf, wo und wenn sich schwerwiegendes Unheil zusammenbraut.
Zwischendurch hat Rose ein paar Beziehungsprobleme in ihrem alten Leben zu lösen, der Doktor trifft auf eine verhasste Nemesis und ein paar verkleidungsfreudige Aliens sorgen immer mal wieder dafür, dass die Welt im Allgemeinen und London im Speziellen vor dem Untergang bewahrt werden muss.
Kritik
Allem voran muss sich der Rezensent an dieser Stelle als Frevler outen. Seine Dr. Who-Kenntnis war bis zu dieser Staffel tatsächlich nur rudimentär vorhanden. Manch einer mag nun anmerken, dass ihm damit automatisch die Kompetenz fehle, eine Sci-Fi-Seite zu leiten. Und vielleicht stimmt das. Aber es wird emsig daran gearbeitet, diesem Zustand abzuhelfen.
Sollten dem Schreiber die gewitztesten Anspielungen und Running Gags daher entgangen sein, so möge er in den Kommentaren mit der Härte eines Dalek gerügt werden.
Zuallererst muss gesagt werden, dass der Doktor bereits in der ersten Folge einen gelungen Auftritt hinlegt und ein paar sehr kernige Charakterzüge von Christopher Eccleston spendiert bekommt. Das enorme Grinsen, die abstehenden Ohren und der immer etwas abgewetzte Aufzug verpassen der Figur eine aufregende Mischung aus Kindlichkeit, Getriebenheit und verdrängter Melancholie. Besonders dann, wenn seine nicht ganz so edlen und teils überraschend impulsiv auftretenden Attribute sich bemerkbar machen, wird der Doktor zu einer ziemich spannenden Gestalt.
Selbiges lässt sich über seine Gefährtin Rose leider nicht sagen. Das mag zum Teil am begrenzten Talent von Billie Piper liegen, vor allem aber ist der blonde Sidekick einfach viel zu uninteressant. Ihre jugendliche Spontaneität soll vermutlich süß und sympathisch sein, während ihre einfach gestrickte Mutter und der bodenständige Freund die nötige Portion Familientragik und Entscheidungsdrama einbringen sollen. Bis auf wenige Momente wirkt beides aber immer etwas etwas befremdlich und aufgesetzt.
Captain Jack Harkness sorgt da in den letzten 5 Folgen für deutlich mehr Pepp und Dynamik und schafft Erwartungen an weitere Auftritte und natürlich sein Torchwood-Spin-off.
Wie das Gespann in der zum Wahrzeichen gewordenen Notrufzelle durch Raum und Zeit trudelt, um in guter alter Akte X-Manier immer dort aufzutauchen, wo gerade die Welt, das Universum oder sonst irgendwas aus den Fugen gerät, ist meist recht nett und spaßig anzusehen. Durchhänger existieren zwar, werden vom Charme der Serie aber in fast allen Fällen abgefedert. Einzig eine zwar klassische, aber auch viel zu triviale Geistergeschichte und ausgerechnet die erste wirkliche Doppelfolge haben fühlbare Längen. Bei den zahlreichen Ausflügen ins All kann Dr. Who hingegen seine Muskeln spielen lassen. Unterschiedliche Planeten gibt es aus Budgetgründen zwar nicht zu bestaunen, doch auch die diversen Raumstationen und ihre fremdartigen Bewohner machen in ihrer großen Vielfalt Spaß und überraschen immer wieder mit vergnüglichen Details.
Dass die Serie aus ihrem trashigen Look kein Geheimnis macht ihn mit Vorliebe selbstironisch betont, ist allseits bekannt. Besonders gelungen sind Referenzen an die eigene Vergangenheit, die auch mit entsprechend antiquierter Optik gewürdigt werden. Trotzdem, oder gerade deswegen, wäre in einigen Szenen mehr Handgemachtes und weniger Computertrickserei angenehm gewesen. Auf der anderen Seite hat die Serie ein paar toll designte Kreaturen zu bieten, wie z.B. die Leiterin der Gamestation im Staffelfinale.
Es bleibt ein unentschlossener Eindruck. Gerade die Hauptgegner dieses Neustarts entpuppen sich als schwach und zu unergiebig, um über drei Episoden hinweg zu unterhalten. Auch ansonsten strotzt keiner der Miniplots vor Einfallsreichtum. Sie verlaufen meist nach bekanntem Muster und werden zu selten durch Variationen aufgelockert.
Aber irgendwie kann man Dr. Who auch eine kleine Absolution erteilen, nach hunderten von Folgen nicht mehr die allerfrischesten Ideen in der Hinterhand zu haben. Außerdem stimmt das Gesamtbild: Die Serie trabt leichtfüßig entlang ihrer Linie und krümelt dabei schelmisch mit ihren harmlosen Späßchen. In einem Rutsch geguckt, ist sie deswegen nicht sehr bekömmlich, schaut man die Folgen mit einem gewissen Abstand zueinander, funktioniert das Konzept aber überwiegend gut.
Der Humor sitzt meistens und hat vor allem eine eigene Note, ernüchtert ab und an aber auch mit zu platten Gags der Marke Körpergeräusch.
Neben dem ambivalenten Charakter des Doktors ist es aber gerade dieser beschwingte Grundton, der die Serie so angenehm und sympathisch macht. Trotz einiger mittelschwerer Mängel kehrt man daher immer wieder gerne in die TARDIS zurück und fängt sogar an, sich nach einer Weile ein bisschen heimisch in diesem großen kleinen blauen Kasten zu fühlen.
Bis zum nächsten Doktor in Staffel 28.
Fazit
BBC hat den Doktor wiederbelebt und der Doktor macht Spaß. Zwar macht die britische Erfolgsserie nicht alles gut, versprüht aber so viel Esprit, dass man ihr Schönheitsfehler und auch allzu generische Erzählmuster gerne verzeiht.