The Purge: Anarchy

The Purge war letztes Jahr einer der großen Überraschungserfolge. Für wenige Dollar produziert, spielte er in kürzester Zeit ein Vielfaches seiner Kosten wieder ein, schuf aufgrund seines Erfolges und des stimmigen Trailers große Erwartungen und enttäuschte in großem Maße.
Mit The Purge: Anarchy soll alles besser werden, noch besser. Denn der kreative Kopf James DeMonaco hat nun endlich das Budget, das er sich schon beim ersten Teil wünschte, um das zu machen, was er mit der Prämisse versprach.

People like us, we don’t survive tonight.

Story

Wir schreiben das Jahr 2023 in Amerika und immer noch geht es den Leuten blendend. Kaum Arbeitslosigkeit, reduzierte Armut, noch weniger Kriminalität. Dank gebührt natürlich dem Purge-Day, an dem alle einmal im Jahr für eine Nacht gewaltig ausrasten dürfen und nach Belieben um sich ballern.
Kurz bevor der Startschuss zum totalen Chaos erfolgt, stranden Shane und Lize mit dem Auto auf dem Highway, während Sanchez und ihre Tochter Cali vergeblich darauf hoffen, die Nacht in ihrem sozial schwachen Viertel im Innern der Wohnung zu verbringen. Das Schicksal treibt diese Personen zusammen auf die gewaltgefluteten Straßen der Purge, wo sie auf Asphaltcowboy Leo Barnes treffen, der sich zwar als versierter Beschützer herausstellt, dessen tatsächliche Ziele aber unklar sind. Schließlich streift er waffenstarrend durch die Nacht der Jagd.

Kritik

Einiges, was am ersten Teil Probleme machte, ist auch beim zweiten Anlauf nicht besser. Dauerpräsenter, lästiger Pathos, bei dem die Kamera steif auf Familienfotos schwenkt, die den Figuren Vergangenheitsprofil verleihen sollen, und nie verstecken können, dass dies nur leere Bemühung ist, oder – natürlich schwarze – Fernsehprediger, die mit platten Reden die platte Logik der Purge-Nacht hinterfragen. Natürlich ist die Grundidee des Filmes immer noch genauso hanebüchen und unschlüssig, wie schon in The Purge; alles andere wäre sonderbar gewesen. Auch hier bemüht sich der Film wieder, durch einen gescheiterten Anschein von Gesellschaftskritik zu verschleiern, dass er doch eigentlich nur Spektakel sein will. Gerade dieser Punkt ist es, der ein unwohles Erinnern an die größte Schwäche des Vorgängers verursacht, der bis zum Ende einfach nicht zu Potte kam und mit seinem Plot und dessen Aufbau etwas versprach, was er nie einzulösen imstande war, da er einfach nur lahm durch die Minuten sickerte. In The Purge: Anarchy beginnt es ähnlich. Nur sind hier die tragenden Figuren wenigstens einfach nur blass und nicht zusätzlich so unnachgiebig unsympathisch, wie Ethan Hawkes James Sandin es letztes Jahr gewesen ist. Dass das Personal einfach so ausgewechselt wird, zeigt noch einmal eindeutig auf, wie egal die Geschichte an sich ist. Es könnten unzählige Sequels folgen, die immer wieder die gleiche Geschichte mit wechselnden Gesichtern erzählen. Die Nacht der totalen Gesetzlosigkeit ist Vorwand, um Terror und Grausamkeit zu zeigen. Wer sie ausübt und an wem sie ausgeübt wird, ist letztlich egal. Die Protagonisten sind ähnlich gesichtslos wie die Widersacher, die hinter ihren starren Masken gruselig und geheimnisvoll wirken sollen, aber wie schon in The Purge in erster Linie dadurch lächerlich wirken, da unentwegt zum Vorschein kommt, dass sich eben keine geheimnisvollen Anarchisten, sondern einfach nur plumpe Rüpel darunter verbergen. Die spannungsgeladene Inszenierung der einzelnen Marodeure rutscht damit häufig mal ins Lächerliche ab, weil der Grund für diese Mystifizierung und somit auch jede Glaubwürdigkeit fehlt. Hinzu addiert sich, dass die Handlungen einiger Figuren kaum nachvollziehbar bis schrecklich dumm sind. Hinzu addiert sich, dass die Handlungen einiger Figuren kaum nachvollziehbar bis schrecklich dumm sind.

Es gibt mehr von allem und überhaupt mal was von dem, was schon der erste Teil versprochen hat, ja. Doch all das nutzt nur wenig, weil Autor und Regisseur James DeMonaco auch bei der zweiten Säuberung daran scheitert, eine funktionierende Dramaturgie zu kreieren. Dass die Leute sterben, lässt einen erschreckend kalt, weil der Film dies scheinbar willkürlich in Szene setzt. Die Dinge sollen cool und erschreckend wirken, erreichen davon in der stark überwiegenden Zahl der Fälle jedoch gar nichts.
Neben seiner distanzierten Darbietung ist das zu Sehende an vielen Stellen einfach zu übertrieben und gleichzeitig zu unoriginell, um packen zu können. Besonders das Anprangern bösartiger Wohlhabenden-Dekadenz debil grinsender Hedonisten durch maßlose Übersteigerung nimmt Formen an, die fast schon so nervig wie in The Hunger Games sind – wenn auch nicht so durchdringend penetrant. Stellen, an denen es intensiv wird, sind rar – immerhin aber gibt es sie überhaupt, womit der zweite Teil seinem Vorgänger einiges voraushat.
Zustandekommen können diese aber auch nur deshalb, weil das Drehbuch irrsinnig viele Zufälle stapelt, die einen Wahrscheinlichkeitsstatus innehaben, der gegen Null tendiert.

Fazit

In The Purge: Anarchy bekommt man das, was der Titel verspricht. Endlich. Nämlich das Treiben da draußen gezeigt und nicht nur behauptet. Viel besser als seinen Vorgänger macht das den Film aber nicht, weil abermals die gleichen dramaturgischen Schwächen auftauchen abermals, das Schicksal der Protagonisten daher nur leidlich interessant ist und die Bedrohung an sich letztlich viel zu basal formuliert wird.

The Purge

Der Trailer von The Purge schuf Erwartungen, die griffen: Dank des Minimalbudgets konnte der Film in den USA in Windeseile ein Vielfaches seiner Kosten einspielen und bekam daher auch hier rasch einen Starttermin.
Erwartungen, leider, die im Film selbst durchweg enttäuscht werden.

Nothing is ever going to be okay again.

Story

In 11 Jahren ist es bereits schon ein paar Sonnenumkreisungen her, dass sich Amerika am Riemen gerissen und einen klugen Schritt Richtung Kriminalitätsbekämpfung unternommen hat. Zumindest glaubt ganz Amerika, einen klugen Schritt hinter sich zu haben: Einmal im Jahr herrscht für 12 nächtliche Stunden völlige Anarchie in den Staaten. Jeder, der mag, kann sich auf den Straßen mit Rauben, Vergewaltigen, Plündern und Morden beschäftigen und muss keinerlei rechtliche Folgen befürchten. Kriminalität und Arbeitslosigkeit sind daher kein Thema mehr und alles ist sonnig, denn eine Nacht völliger Zügellosigkeit genügt, um den in dir und mir schlummernden Aggressivitätstrieb ausreichend zu befriedigen. Das glaubt man zumindest und deswegen stimmt es auch.
James Sandin hat sich durch den Verkauf von Sicherheitssystem eine goldene Nase verdient und lebt in wohlhabender Nachbarschaft mit Ehefrau und Kindern. Wenn die besagten 12 Stunden – The Purge bzw. Die Säuberung genannt – anstehen, igelt sich die Familie in ihrer Hochsicherheitsvilla ein und erfreut sich via Liveübertragung am amoklaufenden Amerika.
Als der Sohnemann unerlaubt einen hilfsbedürftigen Fremden einlässt, gerät die anfängliche Sicherheit in Gefahr, denn die Verfolger des Flüchtlings sind keineswegs gewillt, ihr Opfer entkommen zu lassen, und stellen ein Ultimatum, nach dessen Ablauf nicht nur der Entkommene, sondern auch die schutzbietende Familie zur Jagdbeute erklärt werden.

Kritik

Die erste von vielen problematischen Drehbuchentscheidungen: Der Protagonist wird als überheblicher Schnösel eingeführt, der keinen Funken Sympathie verdient. Dass die Nachbarn ihn nicht auf ihrer alljährlichen Purge-Sause haben wollen, ist das verständlichste Verhalten der Welt. Er ist ein geldgieriges Ekel, das nicht mit seinem Nachwuchs umzugehen weiß. Und seine Frau ist offenbar eine, die geldgierige Ekel mag. Die Kinder sind dann das, was sie nur sein können: Eindimensionale Durchschnittsfiguren. Töchterchen hat die Hauptfunktion, Papa Kopfschmerzen zu bereiten, weil sie einem Älteren schöne Augen macht, und Sohnemann ist der kluge aber wenig beachtete Bastler und Technikkenner. Und beide haben keine nennenswerte Funktion in diesme Bluff von einem Sci-Fi-Film. Die vorgeschriebene Wandlung des Familienvaters kommt dann nicht nur völlig grundlos, sondern auch viel zu spät, um die Sympathien noch irgendwie anzuheben.
Zeit und Verspätung ist sowieso ein großes Thema in The Purge. Die in der Vorschau so stimmungsvoll angekündigte Bedrohung macht über einen Großteil des Filmes nicht mehr als das: Drohen. Das Reden einstellend und gewaltsam die Grenzen ins Haus überschreitend, erleben wir sie nur für läppische 15 Minuten. Selbst dann sind die Eindringlinge aber kaum für Gänsehaut und Anspannung gut. Nicht nur, dass sie eingangs in voller Breite als eindimensionale Yuppies Marke ‚Reich geerbt‘ vorgestellt werden und ihnen damit das ganze Mysteriöse, das der Trailer verspricht, vollkommen fehlt, es mag sich auch einfach kein rechtes Bedrohlichkeitsgefühl einstellen. Und ein Home-Invasion-Thriller ohne ständige Hochspannung, ist nun mal wenig mehr als ein Film über Leute, die in einer schlecht beleuchteten Hütte hocken. Wer also auf ein The Strangers im Sci-Fi-Setting gehofft hat, wird enttäuscht. Selbst, was das Sci-Fi-Setting angeht. Denn die Behauptung, dass wir uns im Jahre 2022 befänden,  bleibt eine sehr blasse. Nicht Technik, nicht Mode – gar nichts hat sich verändert. Die Zukunft ist nicht mehr als eine Krücke, um das unsinnige Szenario nicht weiter rechtfertigen zu müssen. Wer sich wenigstens deftige Szenen von dem Film erwartet, sollte ebenfalls die Hoffnung fahren lassen, denn The Purge ist zahm (um nicht zu sagen: feige) und mutet dem Zuschauer nicht allzu viel zu.
Wenn man die Nachbarn grimmigen Blickes im Garten ihre Waffen schärfen sieht, ist das ein beunruhigendes Bild, das genauso lange funktioniert, wie es braucht, sich an die Grundsituation zu erinnern. Eine Welt, die nur noch um die medial aufgebauschte Eventnacht namens ‚Die Säuberung‘ dreht, welche offenbar ganz Amerika in eine unwirkliche Sekte verwandelt hat. Und damit der Zuschauer nicht beginnt darüber nachzudenken, was für ein hanebüchener Unfug dieses ganze Szenario ist, erklärt am Anfang ein Weißkittel im Fernsehen, dass der Mensch ein aggressives Wesen ist und sich durch einen Tag Anarchie für das ganze Jahr läutern lässt. Wie die irre gewordenen USA wohl von dem Rest der Welt bewertet werden, wird logischer Weise einfach nicht gefragt. Und wie es kommt, dass der ganze Kontinent scheinbar hellauf begeistert von diesem Zustand ist, ist sowieso nicht Thema des Filmes.
The Purge macht vieles an vielen Stellen falsch. Es sind nur Kleinigkeiten, doch in Summe  ergeben sie Großes. Warum riegelt man sein Haus an solch einem Tag erst punktgenau zum Ausbruch ab, sodass man die lebenswichtige Verriegelung  fast beim Essensgespräch vergisst? Weshalb können die Fieslinge auf einen Bunker-Auseinandernehmer-Fuhrpark zurückgreifen, führen aber kein vernünftiges Arsenal mit sich? Wie kann ein derart nutzloses Sicherheitswsystem in einer Welt zum Bestseller werden, die nichts anderes als die Amok-Nacht in Blut-Und-Spiele-Mentalität interessiert? Und würde sich nicht jeder bei Verstand einen Panikraum herrichten, wenn das ach so tolle ‚Sicherheit’ssystem schon keinen von Haus aus besitzt?
Diese und weitere Fragen machen es dem Zuschauer nicht leicht, die ganze Kiste mitsamt Besatzung ernst zu nehmen. Das wäre nicht weiter wild, wenn die Essenz funktionieren und der vorgebliche Sci-Fi-Streifen geschickt mit Urängsten spielen würde.
Der Film ernährt sich ausschließlich von Schreckmomenten in seinem Terrorszenario. Das Problem ist, dass die Schocks so altbekannt und uninspiriert sind, dass man fast alle bereits eine Meile gegen den Wind wittert. Überraschungen jeder Art sind in The Purge Mangelware und die eigentlich spannend klingende Ausgangsidee kann darüber keine 5 Minuten hinwegtäuschen.
So verhält es sich auch mit dem Antagonistengrüppchen. Austauschbare Pappfiguren, deren gruselig gemeintes und bemüht irres Verhalten vor all der Klischeeverliebtheit mehr lächerlich als furchteinflößend wirkt.
Die sozialkritische Note ist dabei unübersehbar und wird anhand von Gegnern und Nachbarn reichlich plump, am Protagonisten aber überraschend sublim aufgezeigt. So sublim, dass man ernsthaft zweifelt, ob die Macher dieser laffen Gurke sich ihrer einzigen Stärke überhaupt bewusst waren.

Fazit

Ethan Hawke (Total Recall), Lena Headey (Dredd), ein Aufhänger zum Aufmerken und ein beeindruckender Trailer ergeben zusammen ein leeres Versprechen.
The Purge ist ein ideen- und substanzloser Thriller ohne echte Eigenleistung, dafür aber mit schlechtem Timing, verpuffenden Schockmomenten und keiner Geschichte. Sauber gefilmt ist das Geschehen aber.
Doch das Einspielergebnis ist das einzige, was zählt. Und selbstverständlich ist ein zweiter Teil längst beschlossene Sache.