Ender’s Game

Orson Scott Cards Roman, der 1985 aus einer deutlich älteren Kurzgeschichte entstand und bisher vier (je nach Auffassung auch 5) Fortsetzungen nach sich zog und weitere folgen lassen wird, galt lange Zeit als unverfilmbar. Gavin Hood (Wolverine: Weg des Kriegers) nahm das Ruder an sich, das mehrmals schon fast von anderen bedient worden wäre.


No. The way you win matters.

Story

Der Angriff der Formics, fiese insektoide Unholde aus dem Weltraum, konnte vor einem halben Jahrhundert nur mit großen Anstrengungen und dem unverschämten Glück eines Einzigen, der im richtigen Augenblick die richtige Entscheidung traf, zurückgeschlagen werden.
Die Menschheit hat sich wieder aufgerappelt, die Furcht vor einem erneuten Invasionsversuch ist aber allgegenwärtig.
Die Streitkräfte rekrutieren und trainieren Kinder, um besondere strategische Talente so früh wie möglich zu erkennen und zu fördern. Auf diesem Weg will man einen außergewöhnlichen Flottenkommandanten finden, um der außerirdischen Bedrohung Herr zu werden.
Colonel Hyrum Graff meint im Jungen Ender Wiggin das erhoffte Potenzial zu erkennen und schickt ihn von der Rekrutenschule direkt eine Raumstation, wo die Besten der Besten gegen- und miteinander trainieren.

Kritik

Auch nach starker Verkrümmung der Geschichte, um sie zu einem standardisierten Drehbuch zu verbiegen, bleibt der ambitionierte und interessante Grundgedanke der Story erhalten, liefert der Film doch eine recht ungewohnte Sicht auf die Führung eines martialischen Sternenkrieges. Der Feind ist eigentlich völlig unbekannt. Seine Flottenstärke, seine Motive, seine Strategien. Einfach alles von ihm. Was man tut, fühlt sich genaugenommen nicht richtig an, da man nur die eigene Seite kennt und genaugenommen im Dunkeln stochert. Da aber der Mensch seine elementaren Handlungsmuster nie verlieren wird, wird er  zur vor Angst um sich beißenden Bestie, sobald er bedrohlich in die Ecke gedrängt wird.
Es bleibt unklar, wer und was gut und böse ist. Einfach deswegen, weil Gut und Böse in dieser einfachen Form nicht existieren.
Während die Moral angenehm diffus und – egal, wie man sich entscheidet –  unangenehm klebrig bleibt, trifft das auf viele Charaktere leider nicht zu. Während Ender und Fords störrischer Colonel Hyrum spannende Figuren sind, lassen sich alle anderen allesamt auf eine einzige maßgebliche Eigenschaft reduzieren, die darüber hinaus lediglich dafür da ist, die klare Bahn zu definieren, die Ender zu nehmen hat. Das in Verbindung mit ein paar irritierend nachlässig geschriebenen Dialogen führt dazu, dass einige Figuren fast schon zu Witzen verkommen. Das lächerliche Harter-Ausbilder-Klischee mit peinlich provokanten Schreiphrasen oder der dämliche Schulrowdy, der neben seiner kindlichen Aggressivität keinerlei Qualifikation hat, die sein Dasein in der Ausbildungsstätte rechtfertigt, sind da nur die schlimmsten Beispiele.
Etwas kurios sind außerdem einige Handlungen, die von Grund auf nicht nachvollziehbar sind – zum Beispiel wenn die Kinder zum ersten Mal in einem Raum ohne Schwerkraft trudeln und anfangen, aus purem Spaß am Experiment, die noch unbekannten Waffen aneinander auszuprobieren. Nach dem Motto: „Was mag wohl passiere, wenn ich mir diese Gabel ins Auge drücke?“.
Ja, was mag da wohl passieren. Gut so Jungs, und dann rettet ihr die Menschheit. Sicher, das soll verdeutlichen, wie ahnungslos und verspielt die Rasselbande ist. Aber mal ernsthaft, ist das der beste Weg, dies zu tun?
Im Laufe des Filmes mit anzusehen, wie der  schmächtige Ender nach und nach zur emotionsarmen, kühl kalkulierenden Kampfmaschine wird, die Gegner und Situationen automatisiert auf Schwachstellen abscannt, ist dann aber wieder durchaus ergreifend.
Das liegt vor allem daran, dass gelungen vermittelt wird, wie unbeholfen, unschuldig und hilflos die Kinder in ihrem Umfeld tatsächlich sind. Die Umstände zwingen sie, sich als Erwachsene zu fühlen und aufzuführen, was ihnen aber unmöglich gelingen kann. Die ungewöhnlich engen, graugelben Anzüge führen dazu, dass die völlig überforderten Nachwuchs-Helden unsicher und verloren wirken. Ganz wie ein normaler Teenager also.

Interessante Kameraperspektiven (Predator-Kameramann Donald M. McAlpine, immerhin 80 Jahre alt, läuft noch mal zu Hochtouren auf) und ein sphärisch-melancholischer Soundtrack schaffen es glücklicherweise häufig, auch eigentlich platten Szenen eine Ahnung von Bedeutsamkeit zu verleihen. Die Inszenierung ist hier definitiv dem sehr ungeschmeidigen Drehbuch überlegen. So gelingen dem Film Akzente, die er allein durch seine Geschichte kaum hätte setzen können. Wobei es zu kurz gegriffen wäre, es so zu sagen. Die Geschichte an sich ist dank der klugen Romanvorlage natürlich keine schlechte, wenn auch der Film sich viele eklatante Änderungen erlaubte, um den Stoff publikumsverträglich auf die Leinwand zu befördern.
Nur die Darstellung der Figuren ist der große Schwachpunkt, der den Film immer wieder zum bluten bringt.
Ab der zweiten Hälfte endet die klassische Ausbildungsphase und mit ihr die Dominanz der Stereotypen, Tausendsassa Sie Ben Kingsley taucht auf und der Film gewinnt gehörig an Faszination dazu.

Fazit

Man merkt Ender’s Game natürlich überall an, dass der Stoff auf Hollywoodtauglichkeit heruntergebrochen werden musste, doch bleibt die Story im Kern aufregend und ungewöhnlich genug. Plumpe Nebenfiguren und ebenso plumpe Dialogausfälle machen aber leider auch vieles kaputt. Trotzdem entwickelt der Sci-Fi-Film seinen ganz eigenen Sog und fasziniert durch die ungewohnte Betrachtungsweise der Geschehnisse in besonderem Maße.
Ender’s Game könnte der Auftakt zu einer sehr ambitionierten Serie sein, sofern das definitiv vorhandene Potenzial der erkannt und genutzt wird. Es bleibt also zu hoffen, dass sich das Studio trotz des mauen Einspielergebnisses zu diesem Wagnis entschließt.

Attack the Block

Joe Cornish war das, was gefühlt die Hälfte aller US-Bürger ist, Comedian. Neben unbedeutenden Rollen in Filmen, die ihn in Kontakt mit Nick Frost brachten, schrieb er Drehbücher fürs TV und brachte auch ein paar Belanglosigkeiten in Eigenregie auf die Mattscheibe.
Kein heller Stern also. Doch seine nächsten Projekte lauten Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn und Ant-Man, als Autor bzw. Co-Autor.
Und dazwischen? Dazwischen kam Attack the Blog, wo er sowohl für die Geschichte als auch für deren Umsetzung verantwortlich war.

This is too much madness to explain in one text!

Story

Ein sozialer Brennpunkt in London, wo Gang-Rivalitäten – meist wegen Drogen – nicht selten bis zu Schießereien hochkochen, wird Schauplatz einer kleinen Alieninvasion mittels Meteoritenschauer. Klein, weil eigentlich nur ein paar struppige Biester in der englischen Hauptstadt aufprallen. Klein, das denken sich auch Moses und seine Gang aus kleinkriminellen Jugendlichen, die prompt zur Treibjagd blasen – schließlich kann niemand einfach so in ihren Block eindringen und Unheil stiften. Aauch keine Außerirdischen.
Nicht nur ist die von den schwarzen Space-Hunden ausgehende Bedrohung weitaus größer, als kalkuliert, plötzlich tauchen auch noch die Polizei und der wütende Drogenzar des Viertels auf und alle wollen sie dem Fünfköpfigen Freundeskreis an den Kragen. Zusammen mit der sich unfreiwillig anschließenden Krankenschwester Sam flüchten sie zurück ins das Reich ihrer Sozialwohnungen, um einen Gegenangriff zu planen.

Kritik

Anfangs darf man skeptisch sein. Schon wieder irgendwelche animalischen Aliens, die keine Ziele haben, außer ihre Zähne in Fleisch zu tauchen. Schon wieder eine Gruppe von Leuten, die über sich hinauszuwachsen hat. Schon wieder  in irgendeinem englischen Ghetto.
Gut, ein „schon wieder“ zu viel, denn das Ghetto ist neu. Oder, um es etwas kategorischer auszudrücken, die Verbindung von Science-Fiction-Film und Milieustudie ist neu und ein ziemlich schräger Einfall dazu.
Damit schafft sich Attack the Block gleich jede Menge Probleme, die insbesondere für einen mit Produktionen dieser Größe recht unerfahrenen Mann wie Herrn Cornish kein Zuckerschlecken gewesen sein dürften. Allen voran: Wie gelingt es, dass die 15-jährigen Kinder unterster Schicht mit ihrer Attitüde und dem Hip-Hop-Humor nicht nerven, sondern im Gegenteil als taugliche Hauptfiguren funktionieren – ohne dabei an Authentizität einzubüßen?

Normalerweise ist die kleine Gang aus vorlauten Kindern in Horrorfilmen dafür geeignet, sich für den Schrecken der Exposition zu opfern und dann nie wieder erwähnt zu werden. Hier wird die Einleitung aber überlebt und man schlägt sich durch die ganze Geschichte. Und das auf eine ganz eigene Weise.
Tatsächlich meistert der Film diese Probleme sehr geschickt und beschert einen Culture-Clash der ultimativen Sorte, der der Invasionsthematik frischen Drive gibt.
Das beginnt schon damit, dass die Halbstarken ihr erstes Alien, das sie mit einer Silvesterrakete erlegt haben, stolz und randvoll mit empfundener Coolness einmal quer durch die Stadt schleifen, in erster Linie aber Fifa spielen wollen. Dass die Neuankömmlinge vielleicht gar nicht so böse sein könnten (oder aber zu böse), wird in keinem Augenblick erwägt. In Folge haben sie, als sie auf das erste Geschöpf mit wirklichem Biss stoßen, nur noch Verbarrikadieren im Sinn.
In Sachen Witz pendelt man irgendwo zwischen semi-authentischem Block-Geblubber und einer schillernden Ladung kultureller Anspielungen auf Film und Vorurteil. Manches davon geht ins Leere bzw. ist einfach etwas zu gewollt, im Schnitt macht Attack the Blog aber mächtig Laune.

Durch die neue Genrewürzung ist nicht nur das Verhalten der Figuren ungleich mit dem normaler Sci-Fi-Heroen, auch die Art, wie das Ganze gefilmt wurde, unterscheidet sich immens vom Durchschnitts-ET. Alles ist etwas kleiner, näher am Charakter und unaufgeregter, nicht aber weniger intensiv.

Nick Frost als für sein Wesen viel zu alter Verlierer mit schulterlangen, fettigen Haaren, ist eine nette Dreingabe mit mikroskopisch kurzer Screentime, die für den Film mehr Werbung denn Plotbereichung ist. Aber lieber wenige kurze Szenen mit Nick Frost als Marihuanagärtner als gar keine.
Gleiches mit dem menschlichen Bösewicht. Er wirkt in seinem ganzen Tun etwas müde konzipiert, funktioniert im Gesamtbild der Stimmung ganz gut, hat aber eigentlich überhaupt keine wirkliche Funktion, sondern ist nur ein fauler Versuch, ein zusätzliches Suspense-Element miteinzubauen.
Beim Design der außerirdischen Kreaturen orientiert man sich gerne an Bekanntem, dafür sind die eigenen Ideen ein bisschen halbgar geworden. Trotzdem muss man hier Loben, was auch in vielen anderen Bereichen des Filmes hervorzuheben ist: Lieber klein, wenig und dafür richtig, als groß, zu dick aufgetragen und am Ende zu sperrig, um mit der Dramaturgie vereinbar zu sein.

Fazit

Aber wenn nicht alle Einzelheiten frisch sind, das Gesamtpaket ist es umso mehr. Die Verschnürung der beiden einander doch sehr unähnlichen Genres sorgt für ein kurzweiliges Spektakel, das gut gefilmt und gut gespielt ist, launige Momente hat, frech daherkommt und zum Schluss seinen jugendlichen Nachwuchsgangstern einen Gefallen erweist, indem das Finale einfach schweinecool ist.

Oblivion

Oblivion. Nicht nur ein Film, dessen Titel endlich mal wieder identisch mit der Originalbenennung ist, sondern auch einer von den vielen der letzten Monate, bei dem eine Sperrfrist verbot, Kritiken vor Kinostart zu veröffentlichen. Normalerweise fast schon ein Geständnis von Verleiherseite, ordentlichen Murks ins Kino zu bringen und sich sehr dafür zu schämen.
Es ist an der Punktevergabe bereits erkennbar und sei daher vorweg gesagt: Dies ist nicht der Fall.
Oblivion ist  nach Tron: Legacy Joseph Kosinskis zweiter Leinwand-Ausflug und unterstreicht noch einmal all das, was man als Stärken und eventuelle Schwächen des Regisseurs nach seinem Erstling vermutet hatte.

Es ist unsere Aufgabe, uns nicht zu erinnern.

Story

Die Invasion außerirdischer Aggressoren konnte mit Mühe und Not zurückgeschlagen werden. Den Kämpfen zum Opfer fiel allerdings unser hochgeschätzter Erdenbegleiter Mond. Seit er den Blauen Planeten nicht mehr umkreist, wüteten Erdbeben, Tsunamis und weitere Naturkatastrophen, die die Wiege der Menschheit unbewohnbar machen. Die Überlebenden wanderten aus auf den Saturnmond Titan. Da Wasser dort allerdings Mangelware ist, muss die Erde noch ein letztes Mal den Kopf für seine Geißel hinhalten und ihre wichtigste Ressource hergeben.
Riesige Aufbereitungsanlagen hängen über den Meeren und produzieren sauberes Nass. Jack und seine Partnerin Vika müssen dafür sorgen, dass die Drohnen gewartet werden, die in ihrem Quadranten die Aufbereitungsanlagen vor den letzten Nachzüglern der Aliens schützen. Vika delegiert und überwacht aus der sicheren Ferne, Jack ist der Mann fürs Grobe, der über die postapokalyptische Erde saust, Alientrupps aufspürt und Drohnen rettet.
Er ist aber auch ein Mann, der die Erde nicht verlassen will, sich nicht nach Titan sehnt, sondern um seine Heimat trauert und die ganze Operation im Geheimen ein wenig hinterfragt. Große Unterstützung bekommen seine Zweifel, als plötzlich Menschen auf der Erde bruchlanden, er den Befehl missachtet, vom Unfallort fernzubleiben, und daraufhin eine Überlebende birgt, die nicht nur Erinnerungen an seine – zur Sicherheit aus der Erinnerung gelöschten – Vergangenheit wachrüttelt, sondern auch sein ganzes Weltbild auf den Kopf zu stellen droht.

Kritik

Als erstes sticht ins Auge, dass Oblivion ein wahrer Augen- und Ohrenschmaus ist. Im Gegensatz zu den meisten Genrevertretern ist der Film hell, bisweilen fast schon grell, und weidet sich an seiner blendenden Schönheit. Die Skelette der untergegangenen Zivilisation wirken manchmal fast schon poetisch, die verheerten Weiten der endzeitlichen Erde ehrfurchtgebietend und fantastisch. Das Sci-Fi-Design der Gerätschaften, über die die beiden Wächter verfügen, gibt ebenfalls keinen Grund zur Klage. Alles ist detailliert und wirkt konzeptuell voll durchdacht. Vor allem Jacks wendiger Gleiter in Libellenform ist für Technik-Geeks garantiert ein kleines Faszinosum.
Wenn dann auch noch alles damit beginnt dass Jacks Off-Stimme zu diesen berauschenden Bildern in ergreifendem Tonfall die Vorgeschichte erzählt, ist man sich fast schon sicher, einem kleinen Meisterwerk beizuwohnen.
Schnell stellt sich heraus, dass nicht alles so gut und schön ist, wie die Computerstimme aus dem All es Jack und Begleiterin weismachen möchte. Keine Erinnerung an die Zeit vor ihrem Auftrag, ausbleibende Ersatzteillieferungen und von all den nimmermüden Drohnen umgeben, wirkt der Arbeitsplatz der beiden wie ein kleines 1984. Dazu kommt, dass die fliegenden Überwachungssonden nicht von ungefähr an den unterschwellig bedrohlichen HAL 9000 erinnern; inklusive rotem Auge. Während Jack skeptisch ist, pocht Kumpanin Vika aber auf Vorschriftentreue und Titaneuphorie. Trotzdem braucht es lange, bis man eine Bindung zu der Hauptperson aufgebaut hat. Das liegt zum einen an den Figuren selbst, die bis auf ihre grundlegenden Eigenschaften erst einmal leer bleiben und dabei nicht gerade umwerfend sympathisch sind. Viel wichtiger ist aber die Inszenierung. Denn hier fackelt Oblivion ohne Unterlass ein riesiges Feuerwerk ab, obwohl es dafür die meiste Zeit gar keinen Anlass gibt. Alles wird bedeutungsschwanger gefilmt und jede Aufnahme wirkt wie das zentrale Schlüsselbild überhaupt. Der dramatisch-epische Score liegt quasi auf den vollen 125 Filmminuten. Nicht eine Szene ohne mitreißende Musik, die selbst den banalsten Handgriff zur Jahrhundertgeste aufbläst. Diese Stilüberladung erlaubt es dem Film nicht, auch mal leisere Töne anzuschlagen, obwohl er dies gerade in der ersten Hälfte dringend nötig hätte.
So wird es dank permanenter Sinnes-Massage und des hohen Stilbewusstseins nie langweilig, doch während Augen und Ohren verwöhnt werde, bleiben Kopf und Herz weitestgehend missachtet. Symptomatisch für das Dilemma sind die Actionsequenzen, die jederzeit rasant vonstattengehen, gleichzeitig aber auch die größte Schwachstelle des Filmes darstellen, da sie ausnahmslos kalt lassen und die Spannung groteskerweise sogar für die Dauer des Ereignisses aus dem Film herausnehmen, anstatt sie zu erhöhen.
Bis grob zur Halbzeit ist Oblivion also ein außergewöhnlich hübscher, aber auch etwas oberflächlicher und distanzierter Sci-Fi-Film. Dann nimmt die Geschichte an Fahrt auf und mit ihr das gesamte Werk. Die Bindung zum Protagonisten kann endlich kräftig genug werden, um echte Sympathien zuzulassen, und alles kommt in Bewegung. Vor allem liegt das an den Storytwists, die das Geschehen ordentlich durcheinanderbringen und angenehm die bisherige Perspektive hinterfragen. Doch ist auch hier nicht alles eitelsonnenschein, denn so nett die Ideen erst einmal wirken mögen, so wenig plausibel sind sie. Bei genauerer Überlegung stellt sich nämlich leider heraus, dass die ganze Story eigentlich gar keinen Sinn macht – von vorne bis hinten. Zudem könnte man sich an einer Stelle daran stören, dass der Film ein paar kurze, aber umso eindeutigere Parallelen zu Duncan Jones Regiedebüt Moon aufweist. Doch sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Oblivion zugrundeliegende und sich sehr erfolgreich verkaufende Graphic Novel bereits 4 Jahre vor Moon erschienen ist. Und, wie gesagt, außerdem sind die Berührungspunkte viel seltener als in der ersten Sekunde zu befürchten ist.
Zugpferd Tom Cruise füllt seine Rolle, so wie alle anderen Beteiligten ebenso, solide und ohne große Mühen. Einzig die seltenen Augenblicke, in denen die Emotionen etwas größer werden, scheinen dem Scientology -Mimen minimal schwerzufallen.

Fazit

Oblivion ist audiovisuell ein vollwertiges Hauptgericht, das einen in dieser Beziehung befriedigt, aber auch übersättigt zurücklässt. Vor allem die ununterbrochene Musikuntermalung schadet dem Film mehr als ihm zu helfen.
Inhaltlich geschieht in der ersten Hälfte zu wenig, während in der zweiten die Logik dünn wie Seidenpapier ist. Trotzdem steigert sich der Film von Minute zu Minute, macht im letzten Drittel an vielen Stellen Spaß und ist aufgrund seiner technischen Pracht niemals langwierig.
Allerdings lebt Oblivion auch sehr von seinen Twists in Hälfte zwei, was bedeutet, dass vieles vom inhaltlichen Erlebnis dem erstmaligen Betrachten vorbehalten ist und alle weiteren Sichtungen zwangsläufig ohne den wichtigen Überraschungseffekt auskommen müssen. Das ist natürlich ein generelles Film-Phänomen, trifft hier aber in besonderem Maße zu.

A

The Event

Drei Jahre lang lagerte das Script von Nick Wauters in irgendeiner Schreibtischschublade, bis es NBC vorgelegt wurde. Der Sender zeigte sich überraschend optimistisch und bestellt in einem Schwung 22 Serienfolgen. Doch The Event ging den Weg der meisten neuen Serien dieses Jahrtausends. War der Zuspruch der Zuschauer während der ersten Folgen noch immens, interessierte sich bald schon niemand mehr, sodass eine zweite Staffel nie bestellt wurde und die Geschichte für immer unvollendet bleibt.
In Deutschland wurde die Ausstrahlung gar nach gerade einmal 6 Folgen aufgegeben. Eigenglich keine üble Entscheidung, denn damit hatte das hiesige TV-Publikum bereits das Beste gesehen.


Honestly, it’s kind of a relief. Want a beer?

Story

Eigentlich wollte Sean seiner Freundin Leila während des gemeinsamen Urlaubs einen Antrag machen. Obwohl die Turteltauben ein ziemlich schräges Pärchen treffen, das ihnen nicht mehr von der Pelle rückt, läuft alles bestens. Bis Leila eines Morgens verschleppt und Sean plötzlich wegen Mordes gesucht wird. Ohne Identität, ohne Zeugen und vor allem ohne Freundin versucht er auf eigene Faust, sich aus der ausweglos scheinenden Situation zu winden und Leila aufzuspüren.
Währenddessen sitzt ausgerechnet Leilas Vater am Steuer eines Flugzeuges, das seinen Kurs ändert und direkt auf das Weiße Haus zuhält.
The Event folgt unter anderem den Geschicken von Sean, Leila und dem US-Präsidenten, die einem großen Geheimnis auf die Spur kommen müssen, das irgendwie mit einer Gruppe von Aliens zusammenhängt, die vor 66 Jahren auf der Erde landeten und von den Vereinigten Staaten in einem Hochsicherheitsgefängnis eingeschlossen wurden.

Kritik

Die Serie startet mit einem fesselnden Einstieg, der mit vielen parallel zueinander verlaufende Handlungssträngen und jeder Menge intelligent platzierten Rückblinden beeindruckt. Das Ganze erinnert zwar sehr an die bekannte 24-Mechanik und macht die Sache deutlich verworrener, als sie in chronologischer Reihenfolge wäre, erfüllt seinen Zweck aber bravourös. Auch in den weiteren Folgen schaffen es eine ökonomische Inszenierung und sich ständig neu überschlagende Ereignisse, Längen zu vermeiden und unangenehme Logikfragen zu unterbinden. Dabei ist die Thriller-Serie mit Science-Fiction-Elementen durchweg professionell und sehr souverän.
Die Fehler, die später immer schwerer wiegen werden, fallen zwar schon im ersten Staffeldrittel auf, werden dort aber von dem zügigen Fortschreiten und der atemlosen Aneinanderreihung knallharter Twists mundtot gemacht.  Dass die ganze Packung auch noch mitreißend ist, obwohl der Zuschauer lange Zeit komplett im Dunkeln darüber bleibt, was überhaupt Sache ist, ist einzig der tollen Regiearbeit zu verdanken. Cliffhanger stapeln sich, wirken aber nie so, als könnte man ohne erzählerische Akrobatik nie wieder aus ihnen herauskommen, wie es LOST ja warnend vorgemacht hat.
Sean Walker als verzweifelter und an seine psychischen Grenzen Getriebener, der nichts mehr zu verlieren hat, wird von Jason Ritter, der hier seine erste bemerkenswerte Rolle hat, gut gespielt und gibt sich alle Mühe, mehr zu sein, als ein Schönling mit Dreitagebart. Sarah Roemer, die seine Freundin Leila gibt, wirkt dagegen häufig etwas überfordert, was aber auch an der Figur liegen könnte, die für ihre komplizierten Verhältnisse einfach zu simpel angelegt ist.
Dass sich die Protagonisten manchmal etwas blöd verhalten, verwehrt der Serie die Cleverness, um die sie sich so offensichtlich bemüht, macht sie – zumindest für den Rezensenten – aber auch zu glaubwürdigen Identifikationsfiguren. Einzig der Präsident ist oftmals zu kurzsichtig, passiv, begriffsstutzig und ahnungslos, um tatsächlich als vermeintlich mächtigster Mann der Welt durchzugehen, obwohl Blair Underwoods Performance durchaus respektabel ist. Er und einige andere machen im Laufe er Handlung allerdings Wandlungen durch, die zweifelsohne notwendig, in ihrer Radikalität aber auch nicht immer nachvollziehbar wirken und teils sogar sehr fragwürdig sind.
Schade, denn durch etwas vorsichtigere Charakterentwicklung hätte man wirklich gute und taugliche Figuren aus ihnen machen können. Besonders bedauernswert ist dies bei Sophia, die als undurchsichtige Anführerin der Aliens lange Zeit eine bemerkenswerte Gratwanderung vollzieht und nie durchscheinen lässt, wie es tatsächlich um ihre Sympathien und Motive bestellt ist.

Sauer mag einem schon früh aufstoßen, dass der nackte Plot eigentlich herzlich simpel ist und nur durch Vorenthaltungen, falsche Fährten und künstliche Hindernisse wirklich interessant wird. Anfangs werden diese Elementel so sorgfältig in die Episoden geimpft, dass die Angelegenheit trotzdem fesselnd ist. Dass dies einzig und allein der Inszenierung und nicht der eigentlich erzählten Story zu verdanken ist, kann man berechtigterweise als Augenwischerei bezeichnen. Aber es ist eben auch eine verdammt spannend erzählte, irre rasante Achterbahnfahrt.
Das Konstruierte und auch der schamlose Diebstahl aus diversen anderen Mystery- und Verschwörungsgeschichten nehmen im Fortgang der Serie noch zu – zwar bleibt es immer spannend, doch tritt die Handlung irgendwann immer weiter in den Hintergrund und lässt etwas actionlastigeren Episoden den Vortritt.
Spätestens dann kann nicht mehr vertuscht werden, dass Tempo und Vielfalt dadurch erkauft werden, dass wirklich jeder nur erdenkliche Sci-Fi-Thriller-Erzählbaustein Verwendung findet. Wie ein heterogenes Flickwerk wirkt die Serie zwar zu keiner Minute, aber eben doch wie das Diebesgut, das sie ist.
Irgendwann im letzten Drittel fangen die Charaktere dann an, vollkommen am Rad zu drehen. Kurzzeitig ist das noch interessant, wenn auch nicht sonderlich originell. Aber auch das hält nur kurz an und schließlich verfliegt all die Arbeit, mehrschichtige Persönlichkeiten aufzubauen, mit einem Windstoß, sobald die zuvor noch angenehm unklaren Fronten und Absichten offenliegen. Um die Handlung voranzubringen werden viele Charaktere, deren Hintergründe zwar nicht komplex, aber doch alles andere als uninteressant sind, mit einem Mal zu stumpfen Plotwerkzeugen ohne nennenswertes Profil. Zusammen mit ihrer Glaubwürdigkeit geht dann auch das Interesse des Zuschauers größtenteils baden. Dialoge, Handlung und selbst die bisher so anstandslose Inszenierung fallen merklich ab. Das liegt keinesfalls nur, aber zu gewissen Teilen eben auch daran, dass die Serie das Mysteriöse verloren hat. Die Ziele der Parteien sind klar, offene Fragen gibt es keine mehr. Am Ende wird dann schließlich ganz auf Logik gepfiffen, so lange im Gegenzug ein halbgarer Überraschungseffekt entsteht.
So ist die Sci-Fi-Serie ein weiteres Ereignis, das unabgeschlossen bleiben wird. Und obwohl der obligatorische Riesen-Cliffhanger am Schluss von Episode 22 ein paar gewaltige Änderungen ankündigt, die verlockend danach klingen, dass die Serie sich in der niemals kommenden Staffel 2 von ihrem Epigonentum lossagt, ist der Zuschauer doch froh, dass es Staffel 2 nie geben wird.
Das Ende ist übrigens ganz schick inszeniert, aber in keiner Weise überraschend. Netterweise sind die einzelnen Handlungsstränge weitestgehend abgeschlossen, sodass man trotz grundsätzlicher Unvollständigkeit seinen Frieden mit The Event machen kann.

Fazit

The Event ist überraschend lange sehr unterhaltsam, fällt dann aber ab und ist schließlich nur noch ein Bruchteil von dem, was es anfangs war. Ein paar Folgen weniger, mehr eigene Ideen und weniger Schwarzweiß-Denken im letzten Drittel hätten aus The Event eine tolle Serie gemacht. So bleibt leider nur routinierte Inszenierung und viel verschenktes Potenzial. Eine Serie, die fantastisch beginnt, sich im späteren Verlauf aber immer mehr wie die späte Phase von Prison Break anfühlt, weil sich herausstellt, dass die Antworten viel uninteressanter sind, als die Fragen klingen.

Battleship

Peter Berg, der mit Filmen wie Hancock, Very Bad Things, Welcome to the Jungle und Operation: Kingdom auf ein reichlich durchwachsenes Schaffen als Regisseur zurückblicken kann, nahm sich jüngst der bizarren Aufgabe an, das bekannte Spiel „Schiffe versenken“ in einen Film zu verwandeln. Da die Vorlage inhaltlich selbst für einen Actionfilm, der als anspruchsloser Sommerblockbuster gedacht ist, wenig hergibt, werden einfach ein paar Aliens dazu addiert. Dass das Endprodukt abseits vom Namen nichts mit der strategischen Vorlage gemein hat, spielt dabei keine Rolle.


– Dieses Scheißding schwimmt hin und her.
– Sehr intelligent.

Story

Prolog: 2005 macht die NASA einen erdähnlichen Planeten aus. Ein verstärktes Signal wird zu ihm gesendet, um etwaige außerirdische Lebensformen von der eigenen Existenz in Kenntnis zu setzen. Alex, ein Rebell, wie er im Buche steht, bereitet seinem Bruder Stone derweil Kopfschmerzen. Sein Versuch, an seinem Geburtstag einer Frau zu imponieren, endet mit einer Inhaftierung. Stone hat daraufhin endgültig die Nase gestrichen voll von Alex‘ Eskapaden und verdonnert ihn dazu, gleich ihm in der Navy zu dienen.

Jahre später ist Alex weiterhin alles andere als diszipliniert, hat sich in der Marine aber trotzdem einen Namen gemacht.
Auf einem Flottenmanöver, an dem auch die ungleichen Brüder teilnehmen, zeigt sich endlich eine Reaktion auf das Signal der NASA. Riesige Raumschiffe rauschen in den Erdorbit, wo eines mit einem Satelliten kollidiert, beschädigt auf Hongkong kracht und unzählige Menschenleben fordert. Die restlichen Alienschiffe landen vor Hawaii im Ozean, wo die beunruhigten Kriegspötte alsbald das Feuer eröffnen, woraufhin ein ungleicher Kampf um das Schicksal der Erde entbrennt.

Kritik

Eigentlich startet Battleship gar nicht so schlecht. Der weichgespülte Humor, mit dem  Alex eingeführt wird, ist formelhaft, funktioniert aber auf seine Weise ganz gut und ist damit klar das beste Merkmal des Sci-Fi-Filmes. Allerdings ist es einfach zu offensichtlich, dass die gesamte launige Einführung einfach aus J. J. Abrams Star Trek rauskopiert wurde.
Sobald die ersten Uniformierten dann miteinander schwatzen, geht es rapide bergab und es folgt ein seelenloses Schaufahren im Hafenbecken, das Ewigkeiten braucht, um in die Hufe zu kommen.
Der Zuschauer hat es zu tun mit Handlungssträngen, die nur existieren, um da zu sein und jeder Menge Soldaten, die inhaltsleeres Geplapper fabrizieren und unkoordiniert gegen einfallslos designte Alientechnologie antreten.
Die Invasoren und ihr Spielzeug wurden schamlos aus anderen Filmen und modernen Videospielen zusammengeklaut.
Wenn es dann endlich losgeht, leidet der Film nicht nur erwartungsgemäß an seinem Drehbuch, sondern auch an der furchtbar tranigen Regie. Hätte Battleship den Reißbrettcharakteren und seinem improvisierten Plot zum Trotz spritzige Actioneinlagen und spannend inszenierte Gefechte auf Lager, könnte man sich eigentlich kaum beschweren. Nichts anderes verspricht schließlich eine filmische Umsetzung von „Schiffe versenken“ mit Aliens. Und auch ein dummer Film kann Spaß machen, wenn Tempo und Schauwerte stimmen.
Doch die gesamte Auseinandersetzung ist saft- und spannungslos in Szene gesetzt. Kein einziges Mal kommt der Zuschauer in Verlegenheit, um die Menschheit zu bangen oder sich wenigstens von einem deftigen Actionspektakel elektrisiert zu fühlen. Der ganze Film dümpelt höhepunktlos vor sich hin und betrügt den Kinobesucher sogar um ein richtiges Finale. Dabei bleibt Battleship auch durchweg familientauglich. Von 25.000 Opfern wird zwar gesprochen, gezeigt wird aber nicht eines.
Erinnerungswürdig ist vom gesamten Figurenpersonal einzig und allein ein kleiner Forscher, der sich ein paar Mal an der Seite von Brooklyn Decker zeigen darf. Nicht etwa, weil er interessant geschrieben wäre, sondern weil er ein paar flapsige Sprüche aufsagen darf, die ein wenig Würze in den faden Brei bringen.
Liam Neeson hinterlässt als Admiral Shane den Eindruck, als befände er sich versehentlich am Set, Taylor Kitsch (John Carter – Zwischen zwei Welten, X-Men Origins: Wolverine) scheitert daran, seinem leeren Charakter Profil zu verleihen und Rihanna, mit deren Beteiligung im Vorfeld umfassend geworben wurde, ist eine Randerscheinung mit ein paar unwichtigen Szenen, in denen sie immerhin keinen weiteren Schaden anrichten kann.
Dass die Effekte auf gewohnt hohem Traumfabrik-Niveau sind, macht den Streifen zwar hübsch, aber kein bisschen sehenswerter. Tatsächlich scheint es so, als hätte man während der gesamten Produktion nicht einen guten Einfall gehabt.
Wenigstens hatte man den Anstand, eine nette kleine Verbeugung vor dem namensgebenden Spieleklassiker einzubauen, die tatsächlich auch gelungen ist.

Fazit

Man schießt statt nachzufragen, schwafelt statt zu reden und langweilt statt mitzureißen. Das einzig bemerkenswerte an Battleship ist, dass die Amerikaner zuerst das Feuer eröffnen und damit die eigentlichen Aggressoren sind. Ansonsten bleibt viel nautischer Militarismus, der bestätigt, dass Pathos und Ideenlosigkeit eine furchtbar öde Mischung ergeben.