Survival of the Dead

Die goldenen Jahre George A. Romeros liegen in den 70ern. Nach seiner langen Schaffenspause versucht er seit 2005 an alte Taten anzuknüpfen und den Zombiekosmos ein zweites Mal in seinem Leben umzukrempeln. Das Ergebnis seiner Bemühungen sind sehr mittelmäßige, sehr unbeholfene Werke. Interessante Ideen in uninteressanter Ausführung. War Land of the Dead noch schmerzfrei anzusehen, ist Diary of the Dead wohl als definitiver Tiefpunkt von Romeros Karriere zu betrachten.
Survival of the Dead sieht sich ausgerechnet als direkter Nachfolger der Wackelkamera-Katastrophe.

What if it’s out of gas?

Story

Vor knapp einer Woche war es mal wieder so weit. Die Toten raffen ihre Gebeine zusammen und klabustern mit knurrendem Magen die gute alte Welt. Nur dass sie weder gut noch alt ist, sondern ein Ort voller Zank, Missgunst und kindlichem Trotz.
Man sollte meinen, auf einer Insel geht es während so einer Zombie-Seuche halbwegs sicher zu. Schließlich sind die alten Leichen zu grobmotorisch, um elegant zu kraulen, weshalb man sich auf autarker Basis einigeln und freundlich zu seinen Nachbarn sein kann.
Pustekuchen, denkt man sich auf dem Eiland mit dem Namen Delaware. Zwei verfeindete Clans sind zänkischer denn je, seit sich dieses Zombie-Problem nicht mehr totschweigen lässt. Während Patrick O’Flynn alles, was sich nicht regt, mehrfach durchsiebt und die Zombie-Gretchenfrage für sich lieber zu vorsichtig als zu nachsichtig beantwortet, fährt sein alter Rivale Shamus Muldoon eine vergleichsweise liberale Schiene und spekuliert darauf, die resoluten Leichen domestizieren zu können.
Inmitten dieses Konflikts nähert sich eine Gruppe desertierter Soldaten dem vermeintlich paradiesischem Fleckchen.

Kritik

Romero tut wie immer furchtbar differenziert. Zombies sind doch auch nur, Menschen, oder? Zumindest aber doch eine eigene Spezies, die der Evolution genauso wenig ausweichen kann, wie die unsrige. Deswegen verdienen sie es wenigstens, dass man abwägt, ob nicht auch sie ein Recht auf Existenz haben, mit all ihren Bedürfnissen und dem eventuellen Potenzial.
Vielleicht sind sie die Ablösung. Oder Gottes gerechte Strafe. Oder beides. Immerhin sind wir mit unserem Hochmut und unserer Gewissenlosigkeit ja regelmäßig der Auslöser für die Zombo-Apokalypse. Weil wir Kriege mit Massenvernichtungswaffen führen, in synthetisch erschaffenen Krankheitserregern rumrühren, unbedacht Voodoo-Formeln in uns reinmurmeln und einfach am falschen Ort zur falschen Zeit das Falsche machen – weil wir eben ein furchtbar unfähiger Haufen sind und seit der Verbannung aus dem Paradies rein gar nichts gelernt haben.

Doch so differenziert, wie er gerne tut, ist der verehrte Herr leider schon länger nicht mehr gewesen. So angenehm die Vorstellung auch ist, die eigentlich stabilen Grenzen des Genres versuchsweise mal ein wenig zu dehnen, fällt der Versuch regelmäßig auf ähnliche Weise plump und ernüchternd aus.
Plump ist das Wort, welches seine neueren Filme recht gut im Gesamten umschreibt.
An der nötigen Differenzierung fehlt es allem voran den Charakteren. Es gibt nur lässig und gut; nur grob und schlecht. Mischformen sind die Ausnahme. Genau wie bei den Zombies versucht Romero ebenfalls hier, die Mauern transparenter werden zu lassen, aber scheitert an der Verwendung seiner eigenen Mittel. In diesem Fall treffen zwei Gruppen aufeinander, von denen beide unsympathisch und scher erträglich sind. Das klappt, wenn man ein gutes Drehbuch und einen fähigen Regisseur zusammenbringt. Geht dies schief, müssen die Zuschauer schlimmstenfalls einen 90-minüten Zank zwischen lästigen Idioten ertragen. Survival of the Dead ist sehr nah dran an diesem Szenario.

Die Sache mit der Zombie-Evolution hat noch ein anderes, sehr hausgemachtes Problem. Reitende und Autofahrende Zombies sehen grundsätzlich lächerlich aus. Deshalb ist Fido zum Beispiel eine Komödie und kein Horrorfilm. Das merkte wohl auch der zuständige Regie-Senior und zog den Stoff als groben Klamauk  auf, der, wie gewohnt, vollkommen am Zeitgeist vorbeischrammt. Dumme Sprüche und völlig grässliche Slapstickeinlagen sind Romeros Vorstellung von gutem Witz und mittlerweile steckt er so viel wie nur möglich davon in seine Filme. Das Ganze wird garniert mit Effekten, die entschieden zu oft aus sichtlich schlechter CGI denn aus Handwerkskunst bestehen, und einer humpelnden Dramaturgie, welche alles mehr schlecht als recht aneinander leimt.
Hinzu kommt ein raschelnder Haufen aus Kleinigkeiten. Wie die Tatsache, dass so gut wie alle Zombies völlig unversehrt sind. Nur ihre Gesichtsfarbe zeugt von der Verwandlung. Das würde aber bedeuten, dass jene, die sie infiziert haben, sich gar nicht von ihnen ernährten. Da Nahrungsaufnahme aber nun mal das primäre Anliegen der trottenden Wiedergänger darstellt – auch in Survival of the Dead ist dies ein Kernthema – ergibt es leider keinerlei Sinn, dass die Kadaver nicht die typischen Genussmerkmale aufweisen.
Deswegen ist es schon in Ordnung, dass in Romeros bisher letztem Werk die Untoten fast schon zu einer Randerscheinung herabgestuft werden, die das trashige Hintergrundrauschen zu den trashigen Kleinkriegen der Lebenden bildet.

Das alles hat natürlich einen Sinn, auch wenn man für ihn nicht sonderlich tief graben muss. Aber Romero mag seine Botschaften halt so direkt wie seine Plagen.
Die Zombies sind nicht nur auch Menschen, sie sind die besseren Menschen. Zombies werden schrittweise menschlich, während sich die untergehende Spezies immer weiter und scheinbar ohne Chance auf Rettung zur Bestie entwickelt. Wenn anderswo der Zombie als Spiegelbild der Gesellschaft herhalten muss, müssen bei Romero Zombie und Gesellschaft selbst als dieser dienen. Diese Tendenz ist vielleicht am stärksten in seinem Land of the Dead zu erkennen, wo sogar Mitleid mit dem Klagen in die Nacht röhrenden Big Daddy evoziert wird. Ein Mitleid, das durchaus berechtigt ist. Schließlich handelt es sich bei der Gestalt Zombie um eine tragische Gestalt, die einer permanente Vergewaltigung unterworfen ist. Etwas hat Besitz ergriffen vom Privaten des Leibes, es annektiert, und missbraucht es nun für eigene Zwecke, die denen des ursprünglichen Besitzers aller Wahrscheinlichkeit zuwider sind. Es hat schon was Trauriges, wenn darum geeifert wird, diesen bemitleidenswerten Knechten, Blei in die sumpfigen Schädel zu jagen. Nicht, weil auf diesem ja das Gesicht der Tochter, des Anwalts oder des Fahrlehrers von irgendeinem sitzt, sondern weil man gezwungenermaßen jemanden richtet, der sich schuldlos schuldig macht. Jeder weitere Film in Romeros Universum scheint eine weitere Etappe darzustellen, in der sich die Schleckermäuler Menschlichkeit aneignen. Die große Frage ist natürlich, was dann aus den eigentlichen Menschen wird – behalten sie ihre kriegerische Natur bei, ist eine Koexistenz per se undenkbar.
Das Schlussbild von Survival of the Dead liefert die Andeutung einer Antwort. Der Filmtitel selbst aber auch.

Eigentlich gäbe es noch viel zu erwähnen, denn es steckt durchaus einiges drin in diesem Film. Die Kreuzung mit dem Western ist neu bei Romero und wer mag, darf sich Gedanken über Parallelen zu den Geschichten der Gründungsväter ziehen, darüber, wofür der klassische Western stand und steht – und wie sich diese Bedeutung in einer postapokalyptischen Zombie-Zukunft verschiebt, wo sich die Menschen, allen überlebensgroßen Sorgen zum Trotz, die Köpfe aufgrund von Nichtigkeiten von den Hälsen säbeln. Man könnte Seiten füllen mit Spekulationen über das generelle Spaltungsphänomen, das in vielen solchen Filmen und besonders in Romeros Werken immer wieder überdeutlich zutage tritt.
Weshalb darauf nun verzichtet wird, wurde schon gesagt: Der Film ist schlecht. Natürlich ist die Zombiethematik eine verhältnismäßig dankbare, sodass man auch dem unterirdischsten Horrorfilm diverse Botschaften unterstellen kann, ohne so richtig falsch zu liegen. Romero hatte fraglos viele Ideen – die er alle roh in den Film gewürfelt hat, wo nun die meisten von ihnen recht verloren umherschwimmen und nur sehr schlecht miteinander harmonieren. Der Film selbst aber, seine Geschichte, ihre Inszenierung und das Gefühl, das diese Kombination an den Zuschauer weitergibt, ist leider ein wenig erfreuliches Resultat.

Fazit

Survival of the Dead, so schlecht er ist, macht es einem bei einer Bewertung nicht so leicht, wie man anfangs meinen könnte. Im Grunde haut nichts hin. Spannung entsteht selten, die Figuren sind hassenswert, die Effekte lieblos und die Geschichte auf eine traurige Weise überraschungsarm und total abgehoben zugleich.
Trotz allem ist Romero immer noch Romero, so banal diese Erkenntnis auch sein mag. Es hätte, rein theoretisch, ein wirklich guter Film werden können, wenn der Vater des Pop-Zombies sich auf wenige Dinge beschränkt und diese dafür gewissenhaft ausformuliert hätte.
Stattdessen ist Survival of the Dead eine Wiederholung des ständig Gleichen, beschmutzt mit gescheitertem Humor. Es wird versucht, aus dem Genre, wie es in Romeros Kopf zu existieren scheint, durch kräftiges Wringen etwas Neues herauszubekommen – doch sammelt sich kaum genug wahre Innovation für einen einzigen, zitternden Tropfen.
Letztlich wirkt der sechste Film aus Romeros Zombiewerkstatt selbst etwas untot.

Retreat

Regiedebütant Carl Tibbetts versucht sich mit klassischen Mitteln an einem klassischen Genre, dem Kammerspiel. Eine Mischung aus Psychoduell, Seelenstriptease und Paranoiabuffet vor dem Hintergrund eines möglichen Science-Fiction-Szenarios ist sein mit Jamie Bell und Cillian Murphy attraktiv besetzter Erstling Retreat geworden.

And there is no one else to go.

Story

Die Akademiker Martin und Kate verbringen ihren Urlaub auf der abgeschiedenen Insel Blackholme. Als einzige Menschen auf dem Brocken im Meer wollen sie ein paar Tage entspannen und sich an bessere Zeiten erinnern, um so nach einer Fehlgeburt ihre Ehe zu retten.
Es läuft nicht wie geplant. Das Pärchen scheitert an Harmonie, der Stromgenerator explodiert und anstatt des gemütlichen Doug, der für Personentransport und Reparaturarbeiten zuständig ist, kommt am nächsten Tag ein völlig Fremder und bricht ein paar Meter vor der gemieteten Hütte blutüberströmt zusammen. Kein guter Tag für zerstrittene Liebende.
Als die beiden ihn auf ihr Sofa hieven, ahnen sie noch nicht, wen und was sie sich ins Haus geholt haben. Der Verletzte erwacht und stellt sich als Jack Coleman vor. Er trägt eine Waffe, gibt vor Soldat zu sein und überrumpelt die beiden mit einer Nachricht, die zu schockierend scheint, um wahr zu sein. Jack verhält sich auffällig, wird zunehmend aggressiver und verbietet seinen Gastgeber, das Haus zu verlassen – der Sicherheit wegen.
Spricht er die Wahrheit oder handelt es sich um einen Kriminellen, der ein perfides Spiel mit dem Pärchen spielt?

Kritik

Das altbekannte Schema. Ein Fremder dringt in die private Sphäre und verhält sich auffällig, wobei der Film sich nicht ziert, das volle Programm abzuspulen. Dominantes Verhalten, verdächtige Sätze und ab und an ein irrer Blick, dazu Machtspielchen und cholerische Ausbrüche. Die Frage, ob er tatsächlich Soldat ist und  die Wahrheit spricht, oder ob es sich vielleicht doch um einen Irren mit Kontrollwahn und makabrem Masterplan handelt, steht im  Raum und drängt nach Beantwortung – doch egal, wie sie beantwortet wird, ein unsympathisches Ekel ist Jack ohnehin. Die Riege der hochcharismatischen Zwietrachtstreuer wird durch ihn nicht bereichert, aber das ist ja auch kein Muss.
Nur fehlt es auch den beiden Protagonisten an Ausstrahlung. Alle Figuren wirken auf ihre Weise kalt und kaum zugänglich. Das mag zu Seelenleben und Situation der Charaktere passen, macht es dem Zuschauer aber nicht leicht, um ihr Schicksal zu bangen. Unterkühlte Gestalten in einem unterkühlten Film, die etwas erleben, das normalerweise erst durch Erhitzung Spannung schafft.
Die Musik von Anfang und Ende strahlt eine bewegende Dramatik aus, die zwischen den ersten und den letzten Sekunden des tatsächlichen Filmes leider nicht so recht erbracht werden kann.

Retreat ist gut gespielt und schön gefilmt. Dafür einige Szenen sind zu lang und manche Bilder zu ereignisarm. Eine Stimmung der Beklemmung ist vorhanden, aber in der routinierten Verpackung wirkt das alles fast schon beliebig. Man kennt das Spiel an anderem Ort und die Figuren sind hinter dem guten Schauspiel von Murphy, Bell und Newton eigentlich sehr blasse Gesellen. Auch ihre Geheimnisse und Schattenseiten sind auf den ersten Blick nicht interessant genug, um tatsächlich mitzufiebern. Man schaut gerne hin, es ist gefällig, die Inszenierung ist erwähnt gut, wenn auch sehr unaufgeregt, das eigentliche Interesse regt sich aber kaum.
Richtige Spannung entsteht erst dann, wenn sich die Lage nach ziemlich genau einer Stunde verschlimmert, die Katze aus dem Sack zu sein scheint und man sich des eigentlichen Problems annehmen kann und muss. Das ist für einen solchen Film nicht sonderlich gut, denn es bedeutet, dass Zweidritteln von ihm verstrichen sind, bevor die Geschichte sich so warmgelaufen ist, dass sie den Zuschauer zum ersten Mal mitzunehmen vermag.
Nun mag man sagen, dass dieses Review hier gewissermaßen die Antwort auf die große Frage, die der Film stellt, im vorherein ausplaudert. Schließlich wäre Retreat nicht auf einer Science-Fiction-Seite zu finden, wenn sich zum Schluss herausstellt, dass der dubiose Eindringling tatsächlich nur ein Psychopath oder Gameshowmaster ist. Ein bisschen Zukunfts-Pandemie muss da schon drin sein.
Eigentlich aber ist der Ausgang der Story für die Kategorisierung unerheblich. So oder so arbeitet der Film mit der Zuschauererfahrung durch ähnlich geartete Filme und macht sich dieses mitgebrachte Vorwissen auch gekonnt zunutze. Man beobachtet das Treiben, studiert die Chemie zwischen den Charakteren und muss zwangsläufig mit Genregeschwistern vergleichen, um dann für sich und nach aktuellem Wissensstand zu beschließen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Fremde falsches Spiel spielt und draußen eigentlich alles so paradiesisch wie eh und je ist. Gewisser Weise greifen die Zuschauer genauso wie Kate und Martin auf einen derartigen Wissenskorpus zurück und müssen auf seiner Basis entscheiden – nur dass hinzukommt (oder abgezogen wird, je nach Perspektive), dass sie nicht die Erwartung an eine Filmhandlung haben. Letztlich macht dies beim Abwägen der Möglichkeiten aber keinen nennbaren Unterschied.

Fazit

Eine Idee mit Potenzial, gute Schauspieler und ein friesisch-kalter Handlungsort. Eigentlich beste Voraussetzungen für erdrückende Atmosphäre und eiskalte Nervenreiberei. Dass der Film bis hin zu seinem Ende etwas zu routiniert abgespult wird und auch die Figuren zu beliebig angelegt sind, führt aber dazu, dass Retreat trotz guter Ansätze unterm Strich nur Durchschnittskost ist.

Grabbers

Ein Jahr nach der erfolgreichen Sci-Fi-Horror-Komödie-Milieustudie (oder so) Attack the Block von Joe Cornish fallen die Außerirdischen schon wieder über ein paar Underdogs in Europa her. Das große Zerstören von Großem kommt aus der Mode.
Jon Wright, Regisseur von Grabbers, konnte mit seinem Debutfilm Tormented den nötigen Zaster für die Produktion zusammenkratzen – und macht damit offensichtlich exakt das, worauf er Lust hat.

It’s the quiet places where all the mad shit happens.
Story

Ein Komet, strahlend schön wie ein Engel, plumpst in schräger Linie ins Meer. Direkt vor den Augen eines deckschrubbenden Fischers. Ehe man sich versieht, ist ein struppiger Komparse namens Roy nach den Worten „Ja!“, „Warte mal!“ und „Neeeein!“ auch schon vom Bord verschwunden und der Rest der dreiköpfigen Crew folgt ihm eilig.
Aliens suchen die Erde heim. Genauer gesagt das irische Fischerdörfchen Erin Island, offizielles Hauptquartier der Schnapsdrosseln und des Schmuddelwetters.
Gerade jetzt haben O’Shea und Lisa ihren ersten gemeinsamen Tag auf Streife und können sich nicht natürlich überhaupt nicht ausstehen. Er ein Schluckspecht, sie ein Workaholic.
Nach und nach kommen sie zusammen mit den anderen windschiefen Figuren des Eilands der extraterrestrischen Wahrheit auf die Spur, während sich die glibbrige Bedrohung immer weiter ausdehnt und sich durstig am Blut der Einheimischen gütlich tut.
Als der Abend der Entscheidung naht, sind die Bewohner von Erin Island auf sich allein gestellt, weil ein Sturm alle Wege zum Festland abschneidet.
Es muss ein Rettungsplan her, der eines Iren würdig ist.

Kritik

Grundidee und Ausgangslage gewinnen keine Innovationspreise. Sei’s drum. Dafür sieht man dem Film bereits in den ersten Szenen an, dass hier mit viel Liebe zum Film und Filmemachen zu Werk gegangen wurde. Grabbers besticht mit schönen, aber unaufdringlichen Landschaftsaufnahmen der urigen Schauplätze in überraschend satten Bildern. Kaum eine Kameraeinstellung erweckt den Anschein von Beliebigkeit. Die Schauspieler passen in ihre Rollen und das Zusammenspiel zwischen ihnen funktioniert gut. Das Drehbuch gibt genug kleine und große Reibungspunkte, an denen die beiden sich zanken und kennenlernen können, um dann irgendwann für den großen Kampf gerüstet zu sein. Zu allem gibt es eine latent zynisch übertriebene Musikuntermalung, die das Gesamtbild abrundet. Grabbers langweilt in keiner Minute, weil man ganz fraglos mit großer Überzeugung an dem Film gearbeitet hat.
Lange gibt es von den Aliens nichts zu sehen, obwohl der Berg der Opfer stetig wächst. Gestorben wird eine ganze Weile auf typische Slasher-Manier. Der Verdammte schreit, zappelt und wird von etwas, das außerhalb des Bildes ist, zermatscht, gemampft oder verschleppt – letztendlich aber alles drei. Und wenn man ein solches Ungeheuer dann zu Gesicht bekommt, darf man positiv überrascht sein, weil es sich von üblichen Creature-Designs abhebt, ohne dabei gleich zu abgehoben zu wirken. Man hält sich einfach an die älteste Regel der Menschheit: Je mehr Tentakeln, desto toller. Ganz besonders erfreulich ist, dass gezeigt wird, wie sich Tentakeldinger eigentlich am effizientesten bewegen. So naheliegend! Und doch ist noch niemand zuvor drauf gekommen. Cudos an die geniale Person mit diesem Einfall.

Der Humor ist unaufdringlich und trocken. Über weite Strecken ist der Film genaugenommen so gemütlich wie die Mentalität des verschlafenen Nests, das nicht ahnt, was ihm schwant. Grabbers könnte sich problemlos über seine Figuren lustig machen, haben sie doch allesamt mehr als genug Fehler hierfür, vermeidet dies aber von Anfang an. Stattdessen behandelt der Film sie mit Respekt und erzählt sogar ihre Ausrutscher mit zurückhaltender Sensibilität.
Selbst das Sterben ist nicht bedrohlich sondern vielmehr – und das mag womöglich das falsche Wort sein – nett, als würden die Unglücklichen ihr eigenes Ableben auch mit einem Augenzwinkern sehen.
Mit fortlaufender Dauer nimmt der Humor etwas an Tempo auf und wird ein wenig vorlauter, bleibt aber trotzdem meilenweit entfernt von aufdringlicher Albernheit, wie man sie in vielen anderen Horror- und Sci-Fi-Komödien erdulden muss. Im Gegenteil, Grabbers legt gerne mal falsche Fährten, lässt Befürchtungen aufkommen, wie sich in wenigen Momenten ein vorhersehbarer Witz aufbauen könnte, und lässt der Szene dann an ganz anderer Stelle den Druck ab.
Abgesehen davon zollt man der provinziellen Mentalität Tribut. Dabei zuzusehen, wie unprofessionell und sorglos mit den brandgefährlichen und außerirdischen Proben umgegangen wird, ringt mehr als nur einmal ein Schmunzeln ab und trotz ihrer abgeschiedenen Lage sind die Bewohner eigentlich allesamt sehr ausgeglichen und zufrieden mit ihrem Leben.
Eigentlich können nur zwei Sachen die Schaufreude ein wenig und auch nur kurzzeitig drosseln: Die Erkenntnis, dass auf einer so großen europäischen Insel keine 50 Leute zu wohnen scheinen. Und eine sich deutlich zu abnhängig an Genreklischees lehnende Hürde am Schluss, die beweist, dass alle Horrorfilm-Figuren letzten Endes doch eine ähnliche IQ-Stufe haben.
Das gesamte letzte Drittel ist dann eigentlich schon fast Finale. Und zwar eines, das sich sehen lassen kann. Evan Goldbergs und Seth Rogens kommende Apokalypsen-Party This is The End hat da eine gar nicht so niedrige Hürde zu nehmen.

Fazit

Ein durch und durch sympathisches und bodenständiges Plädoyer für Gelassenheit, das sich tarnt als Monsterfilmchen über blutsaugende, mit Tentakeln versehene Weltraumviecher.
Grabbers führt anschaulich vor, dass viele gute kleine Ideen besser sind als nur eine große und ist damit optimale Abendunterhaltung, ob alleine oder in der Gruppe.
Unbeschwert, very british und eine Ode an den Suff.

Man darf gespannt sein auf Jon Wrights dritten Film, der den vielsagenden Titel Our Robot Overlords tragen wird.