Star Trek Beyond

50 Jahre. 13 Filme. Sechs, in ein paar Monaten sieben Serien. Einfluss, den man sich größer kaum vorstellen könnte. Eine gewaltige kulturelle Säule also, gegenüber der der Zorn über eine neue Ausrichtung des Franchises wie eine Brise des Zeitgeistes wirken muss. Und dennoch – und zum Glück – Star Trek erhitzt die Gemüter, gerade wegen seiner Generationen umschließenden Wirkmacht. Nachdem J.J. Abrams quasi als Hebamme einer frischen Reinkarnation bei Star Trek und Star Trek Into Darkness fungierte, ist es nun ausgerechnet Justin Lin, der durch 4 Episoden Fast & Furious zu Ruhm kam, der in diesem Jahr das das Steuer der Enterprise übernimmt und sie in windigere Gegenden bringen soll.

My dad joined Starfleet because he believed in it. I joined on a dare.

Story

Die Halbzeit ihrer fünfjährigen Mission knapp überschritten, läuft die USS Enterprise in den Hafen der Sternenbasis Yorktown ein. Gerade angekommen, ereilt das interstellare Zentrum der Föderation prompt ein Hilferuf: Eine Mannschaft sei auf einem Planeten bruchgelandet, der von biestigem Staub umgeben ist. Wie der Zufall es will, ist nur die Enterprise für diese Mission gewappnet. Und so begibt sich die Crew zu den angegebenen Koordinaten. Das Problem ist jedoch nicht der Staub, sondern eine bisher unbekannte und der Enterprise überlegene Waffe, die das Schiff auf dem unbekannten Planeten bruchlanden lässt.
Ein Großteil der Mannschaft ist tot oder entführt, ein fieser Schurke namens Krall zieht die Strippen und ist auf der Jagd nach einem Artefakt, das sich im Besitz der Enterprise befand, und nur ein kleines Grüppchen der Crew operationsfähig und in Freiheit.

Kritik

Wie so oft verrät auch bei Star Trek Beyond der Anfang schon eine Menge über den ganzen Film. Die erste Sequenz leitet den dreizehnten Film der Reihe – eigentlich in guter Tradition – mit komödiantischem Gerangel sein. So richtig witzig ist das aber nicht, dafür sehr mittelprächtig einem Computer entrungen. Aber es zeigt, wohin die Fahrt gehen soll: Kurz, hektisch, unterhaltsam – fern vom Epos und Pathos der beiden Vorgänger.
Die Witze bleiben auf mäßigem Slapstick-Niveau und schnell stellt sich der Verdacht ein, dass sie auch gar nicht wirklich darauf aus sind, bahnbrechend komisch zu sein, sondern sich bescheiden am Rand halten; zu klein, um fad zu sein, zu dumm, um gut zu sein. Und damit ist die Kategorie Humor in dieser Rezension abgehakt. Er ist da, er ist weder pointiert oder einfallsreich noch gut getimt. Er ist einfach nur da und sorgt dafür, dass die Angelegenheit nie zu düster wird. Reines Mittel zum Zweck.
Ansonsten präsentiert sich Justin Lins Version von Star Trek wenig überraschend als ein Fest für Schaulustige. Opulente Raumstationen werden zu schwelgender Orchestermusik ausgiebig von der Kamera umschmeichelt, die Kreaturen sind comikhafter, noppeliger und schleimiger als bisher. Star Trek war schon mit Abrams‘ Taufe längst kein linientreuer Besonnenheitstest, jetzt aber wird es wirklich wild, schnell und kunterbunt. Die Bilder werden munter rein- und rausgezoomt, verkantet und mit Effekten überkleistert. Das macht dann und wann was her, hat aber selten Sinn. Wäre 2009 nicht Star Trek, sondern Star Trek Beyond der Serienneustart gewesen, die Fangemeinde hätte sich eine Version à la Abrams sehnlichst herbeigesehnt. So wurde sie darauf vorbereitet und erhoffte sich nicht allzu viel Stiltreue. Anfangs war James T. Kirk ein Rebell, dessen Verhalten mit Welt nicht zusammenpassen wollte. In Justin Lins Version ist diese Welt viel angepasster an den Raufbold-Captain. Und hier sind wir nun.
Die Action aber kann durchaus was. Als die Enterprise recht zu Beginn von etwas Unbekanntem invadiert wird, stimmen Inszenierung und Spannungsaufbau, die Lichtstimmung macht einiges her und auch einige Bilder wissen zu beeindrucken. Ebenfalls fällt hier erstmals auf: Es wurde sich große Mühe mit der Musikuntermalung gegeben. Außerdem bleibt das Chaos übersichtlich, die Schnitte überschlagen sich nicht und die Abfolge der Szenen ist inhaltlich wie dramaturgisch nachvollziehbar – mit einer Ausnahme. Nichts davon ist für die Ewigkeit, doch aber für ein paar kurzweilige Minuten Action gut.
Dass man mit der aus dem Trailer schon zu genüge bekannten Zerstörung der U.S.S.  Enterprise so hochstapelt, ist fast schon schade, denn es untergräbt den eigentlichen Kern des Filmes: Ein kleines Abenteuer, bei dem mal nicht die ganze Föderation auf dem Spiel steht, sondern die Crew ein „einfaches“ Abenteuer erlebt. Das, was der Enterprise-Besatzung ja eigentlich in der Regel widerfährt. Zudem funktioniert die Destruktion USS Enterprise NCC-1701 als Symbol überhaupt nicht, weil es inhaltlich schlicht nicht zum Rest des Filmes passt – ganz im Gegenteil zu dem Ende dem Schiff der originalen Zeitlinie in Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock. Es scheint ein wenig so, als würde die Zerstörung hier primär herbeigeführt worden, um eine Parallele zu dem „ersten dritten Teil“ von 1984 heraufzubeschwören.
Doch zurück ins Jahre 2016: Es geht in Wahrheit natürlich schon um die ganze Föderation und die wirklich großen Dinge, aber immerhin nur auf dem Papier. Prinzipiell aber gibt es endlich eine richtige, wenn auch durch Fremdeinwirkung aufgezwungene Außenbordmission, endlich eine fremde Planetenoberfläche, die für mehr als nur eine Actionsequenz zu herhalten darf, sondern hier eben Schauplatz einer langen Abfolge von Actionsequenzen ist. Denn Charakterentwickung passiert hier nur am Rande. Auch hier bleibt Star Trek Beyond also, wenn man so möchte, einer „Standard-Mission“ treu. Dazu passt, dass sich als Antagonist ein stumpfer Bösewicht mit fadenscheinigen, kaum im Ansatz ausgearbeiteten Motiven präsentiert. Auch hier gilt: Mittel zum Zweck.
Optisch dominieren Mittelklasseeffekte, gerade bei kurzen Ausflügen zu räumlich beschränkteren Handlungsstätten, wo die CGI-Horizonte nicht auffällig die Stimmung löchern, kommt dann und wann tatsächlich ein wenig das Außenbord-Feeling der originalen Serie auf.
Nur wirklich spannend ist das Ganze nicht – leidlich unterhaltsam auf jeden Fall, doch die Dringlichkeit der Situation wird nie zureichend transportiert. Und so bleibt Star Trek Beyond ein kleiner Action-Happen für zwischendurch, ehe nächstes Jahr mit Star Trek Discovery endlich wieder eine Serie an den Start geht.

Fazit

Vor allem beim ersten Trailer, der Speerspitze der Werbekampagne zu Star Trek Beyond konnte man nicht zu Unrecht etwas Übles befürchten. So schlimm kam es nicht, nicht einmal annähernd. Ein Geniestreich hat sowieso niemand erwartet und so bietet der dreizehnte Kinoausflug von Star Trek ordentliche Außenbord-Action ohne Tiefgang oder weitreichende Folgen. Sicher, ein 50. Geburtstag einer solch altehrwürdigen Begleiterin der Popkultur hätte vielleicht eine bessere Feier verdient. Aber letztlich ist es nur ein Fragment eines narrativen Netzwerks, das selbst schon fast in die Unendlichkeit gewachsen ist.
Kein großer Wurf, aber auch kein Rohrkrepierer, sondern simple Unterhaltungskost, die sich selbst nicht zu wichtig nimmt.
Nur „Beyond“, wie der Titel suggeriert ist hier rein gar nichts – auch bei Einnahme abenteuerlicher Perspektiven mag sich die Bedeutung dieses Wortes nicht erschließen.

Pacific Rim

Eigentlich sollte ein halbes Jahrzehnt nach dem Comicspaß Hellboy – Die goldene Armee das zweite Wolverine-Spin-Off von Guillermo del Toro inszeniert werden. Doch da ihm das alles zu viel Zeit in Anspruch nahm, beförderte er sich selbst von der Liste der Kandidaten und drehte stattdessen das Monster-gegen-Roboter-Spektakel Pacific Rim.


Where is my GODDAMN shoe?

Story

Bereits Ende 2013 klafft ein Dimensionstor im Pazifik auf, das in immer höherem Takt riesige Bestien ausspuckt, die direkt auf unsere Großstädte zuhalten, um sie dem Erdboden gleichzumachen. Kaijūs werden sie getauft. Als alle Waffen versagen, legen die Völker der Erde ihre Streitigkeiten bei und erschaffen in Gemeinschaftsarbeit die sogenannten Jaeger – humanoide Kampfroboter, die ihren echsenartigen Gegnern in Kraft und Größe in nichts nachstehen. Gesteuert werden diese von zwei Piloten, die mental erst miteinander und zu zweit dann mit dem Korpus des Jaegers verschmelzen. Menschen können etwas Fantastisches bekämpfen, weil sie selbst etwas Fantastisches geleistet haben: Die Aufweichung der Grenze zwischen Mensch und Maschine.
Raleigh und Diego sind Brüder und die weltweit fähigsten Jaeger-Piloten.
Doch eines Tages unterliegen sie einem der Ungetüme und Raleighs Bruder stirbt, während er selbst noch mit ihm verbunden ist. Da die Kampfmaschinen der immer größer werdenden Bedrohung der immer größer werdenden Kaijūs nicht gewachsen sind, wendet die Menschheit die Strategie an, die sie schon immer wählte, wenn sie einem Problem nicht gewachsen war: Sie baut eine große Mauer.
Das Jaeger-Projekt wirde eingestampft und wirkt fortan nun nur noch als selbstständige Widerstandsbewegung.
Als die Dämme brechen, wird 4 Jahre später Raleigh wieder ins Boot geholt, der seit dem miterlebten Tod seines Bruders keine Roboterkapsel mehr betreten hat.
Zusammen mit einem kleinen Team und den verbliebenen Jaegern bildet er die letzte Bastion der Menschheit.

Kritik

Ziemlich viel Storytext für einen Monsterfilm. Auch wenn die Geschichte nicht die innovativste ist, hat Pacific Rim aber auch überraschend viel Substanz für sein traditionell handlungsarmes Subgenre. Alles beginnt mit einem großartig zynischen Prolog mit großartigen Bildern, die ganz nebenbei die Großartigkeit der Promotionstrategie unterstreichen: Die allgegenwärtige Befürchtung, bereits alles durch die Trailer gesehen zu haben, erweist sich als nichtig. Was es zu sehen gab, stammt überwiegend aus den ersten Minuten, bevor der Film richtig startet.

Die Bilder strotzen vor liebevollen Details, die Dialoge sind schnittig und gewitzt, wenn auch manchmal nicht ganz von Redundanz befreit. Dafür werden sie von durchweg sympathischen, teils herrlich schrulligen Figuren verzapft – exemplarisch seien die verschrobenen Wissenschaftler Dr. Hermann und Dr. Newton genannt, zwischen denen eine feurige Nerd-Rivalität besteht, die sie dazu treibt, einander ständig wie streitlustige Kinder zu triezen. Klingt abgegriffen, funktioniert aber. Wer an comichafter Überzeichnung alle toppt, ist Ron-Hellboy-Perlman als Kaijū-Organhändler mit Metallschuhwerk und Klappmesser.

Nach etwa 20 Sekunden hat man jede Bay’sche Transformers-Variation bereits meilenweit hinter sich gelassen, weil man etwas schuf, dass die infantil-patriotische Spielzeugverfilmung niemals war und sein wird: Überlegtes Kino mit Seele.
Während Bay und auch die meisten Monsterfilme meist im Makrokosmos verharren, wodurch die Prügeleien der Kolosse folgenfrei bleiben, verschmelzen nicht nur auf Handlungs-, sondern auch auf Filmebene die einzelnen Menschen mit den gigantischen Schlägern. Das Resultat eines jeden verfehlten Schlags und jeden als Waffe zweckentfremdeten Objekts ist klar spür- und sichtbar. Das reicht von herabstürzenden Robotergliedern, die zwischen Menschen aufprallen, bis hin zur Problematik, was mit den Exkrementen der haushohen Tiefseealiens geschieht. Hier ist das Giganten-Konzept nicht nur eine Ausrede, um spektakuläre Materialschlachten zu filmen und das Auge zu beschwipsen, sondern tatsächlich durchdachte Idee mit ernstzunehmender Mythologie und berechtigtem Authentizitätsanspruch. Die Folge: Pacific Rim reduziert sich selbst nicht zur herzlosen Materialschlacht, bei der große Explosionen zählen, einem die Handelnden aber gleichgültig sind, sondern schafft von Anbeginn an warme Besorgnis um seine Figuren – ganz einfach deshalb, weil sie von der Geschichte ernstgenommen werden und in der Inszenierung nicht hinter Blechkameraden, Godzilla-Sippe untergehen.
Und das macht den Unterschied aus zwischen einem zweistündigen Spezialeffekt und einem guten Film.
Das alles soll nicht heißen, Pacific Rim wäre frei von Bombast, Schauwerten und knalliger Zerstörungsfreude, im Gegenteil: Die Kämpfe in Ozeanen und Häuserschluchten sehen ausnahmslos atemberaubend aus. Die Animationen sind mustergütig, die Ausführung berauschend und die Kreaturendesigns ehrfurchtgebietend. Die treibende Musik vervollkommnet die mitreißenden Bilder und ein preisverdächtigen Schnitt sorgt für die notwendige Rasanz. Auch, wenn das Treiben bisweilen etwas unübersichtlich wirkt. Zum Glück verharrt der Monsterfilm nie zu lange in seinen Schlachtenbildern, sodass sie auch beim finalen Schlag noch aufregend und frisch sind.
Dass der Film trotzdem eine gewöhnliche Geschichte mit ebenso gewöhnliche Struktur erzählt, verhindert zwar, dass er zum endgültigen Ausnahmestreifen wird, doch entscheidend ist wie so oft das „wie“. Dass das Drehbuch gelungen ist, der Plot aber ein paar ärgerliche Knicke hat, kommt außerdem hinzu, kann am hohen Unterhaltungsfaktor aber de facto nichts ändern.

Fazit

Guillermo, Schutzpatron des Fantastischen, gibt uns den Glauben an Ungetüme zurück. Und daran, dass Opulenz – speziell in der Science-Fiction – nicht gleichbedeuten sein muss mit hirnlosem Schund. Moderne Monsterfilme müssen sein wie Pacific Rim – und man kann nur hoffen, dass das geplante Sequel seinen Weg zur Produktion findet, denn mit ein wenig Mut lässt sich der Faden um die Mythologie der Kaijūs hervorragenden weiterspannen – vielleicht sogar direkt bis in ihre Heimatwelt hinein.

Wer noch die Gelegenheit dazu hat: Unbedingt im Kino erleben.