Der Manga Gantz von Zeichner Hiroya Oku brachte es auf viele Bände, wurde aber erst durch die Anime-Umsetzung durch Studio GONZO weltweit berühmt. Eine Berühmtheit, die neben Romanen und einem Videospiel im Jahr 2011 auch den ersten Realfilm hervorbrachte. Die Überraschung: Dieser funktioniert in entscheidenden Punkten besser als die Serie.
Ich geb‘ euch meine Zwiebel.
Story
Ein alkoholisierter Passant stürzt auf die Gleise einer U-Bahn und bleibt regungslos liegen. Als Schüler Kei Kurono beherzt auf die Schienen springt, um den verunglückten Trunkenbold vor dem nahenden Untergrundzug zu retten, befindet er sich plötzlich selbst in großer Lebensgefahr. Denn niemand der herumstehenden Passanten fühlt sich dazu berufen, ihm wieder auf den Bahnsteig zu helfen.
Erst in letzter Sekunde reicht ihm Mitschüler Masaru Kato die Hand. Doch in anstatt Kei in Sicherheit zu bringen, zieht dieser ihn unbeabsichtigt mit auf die Gleise. Der Zug erfasst beide.
Im nächsten Augenblick finden sich die Jungen im Appartement eines Hochhauses wieder, zusammen mit anderen Personen, die allesamt eigentlich tot sein sollten. Das Zimmer ist leer bis auf eine große schwarze Kugel mit glatter Oberfläche.
Während die Gruppe Quasi-Toter noch über Grund und Art ihres Aufenthalts rätselt, erscheinen Order auf dem schwarzen Artefakt.
Zu verrauschter Volksmusik öffnet sich das Rund und stattet die Anwesenden mit futuristischen Waffen und Rüstung aus. Im Inneren kauert ein nackter Mann, der mit Schläuchen am Leben gehalten wird.
Die Vorgabe: Innerhalb eines bestimmten Zeitlimits sollen außerirdische Ziele eliminiert werden. Für jeden Abschuss gibt es Punkte. Weigerung ausgeschlossen.
Kritik
Der Sci-Fi-Anime Gantz warb mit einer tollen ersten Folge und besaß so manchen guten Ansatz, konnte über die Laufzeit aber mit zu wenig Substanz dienen. Erklärt wurde wenig, stattdessen gab es repetitive Strukturen, unpassende Sexismus-Eskapaden und ein irgendwie sehr hohles Finale der ersten Staffel.
Der Film hat von Vornherein also keinen leichten Stand. Nicht nur, dass die ursprüngliche Adaption kein glänzendes Stück Animegeschichte ist, auch das Setting ist eigentlich viel zu abgehoben, um einen ernsten Film mit ernsten Schauspielern daraus zu machen, der am Ende funktioniert. Gantz versucht dies trotzdem und und allein der Versuch darf positiv angerechnet werden. Vor allem deshalb, weil man tatsächlich das Risiko eingeht, ungeheuer eng an der Serie zu kleben. Szenen, oft auch einzelne Bilder, sind identisch und geben der Geschichte daher – wenn man mit der Geschichte bereits vertraut ist – einen Wiedererkennungswert, der gleichermaßen negativ wie positiv wirken kann. Verblüffend ist es darüber hinaus, wie akkurat man sich auch bei den Aliens an den zugrundeliegenden Zeichnungen orientiert hat. Die hinterhältigen Zwiebel- und Musik-ETs besitzen auch in der Live-Action-Adaption ihre skurrile wie verstörende Aura. Auch auf die comichafte Brutalität wurde nicht verzichtet und so platzen Kinder, fliegen Beine und sprühen die Blutwolken nur so durch die Räume, dass man sich bei der Altersfreigabe von 16 Jahren eigentlich an den Kopf fassen möchte.
Bei aller Vorlagentreue schafft man es aber trotzdem, den Film an entscheidenden Momenten besser zu machen als den Anime. Und wie oft kann man das schon von einer Verfilmung sagen?
Das Tempo stimmt und Regisseur Shinsuke Sato besitzt das richtige Gespür für Suspense, was aber auch der einfachen Tatsache zu verdanken ist, dass Stimmungen durch Schatten in der echten Welt viel leichter als in ihrem Zeichentrick-Pendant zu generieren sind. Und manchmal funktioniert selbst der Humor. Zudem sind die Actioneinlagen deutlich dynamischer gestaltet und der Ghettoblaster liebende Plastik-Nussknacker-Androide ist noch einen Zacken wunderlicher als eh schon. Außerdem nutzt der Film Möglichkeiten, die auch in der Serie schon völlig offensichtlich waren, von dieser unbegreiflicher Weise aber ungenutzt geblieben sind. Hier wie da kann aber nicht verhindert werden, dass es schnöde wird, wenn die – zum Glück nur seltenen – emotionalen Redundanzen aufkommen und mit aufgesetzter Rührseligkeit à la „ich wollte schon als Kind so sein wie du, stirb doch noch nicht!“ zu punkten versuchen. Dramatik kann die hölzerne Stereotypen-Konstellation im trashigen Action-Szenario einfach nicht leisten. Zum Glück unternimmt man diese unbeholfenen Versuch aber wirklich nur am Rande und geht schnell wieder dazu über, nett auszusehen und anständig die Fetzen fliegen zu lassen. Nur am Ende muss man ein wenig Kitsch-Toleranz hochschrauben. Oder einfach 10 Minuten früher abschalten.
Trotz der positiven Seiten kann der Film es nicht vermeiden, dass das Präsentierte aufgrund des absurden Mischverhältnisses aus Science-Fiction, Mystery, Surrealismus und schwankender Comedy zwar immer noch bedrohlich, durch den erhöhten „Sonderbar-Anteil“, weil der schlichtende Anime-Stil hier einfach fehlt, aber auch ein wenig harmloser und dafür eben skurriler wirkt. Gerade deswegen ist es aber beachtlich, dass Blödsinn, der sich selbst so ernst nimmt, sich dergestalt inszenieren kann, ohne sich zugleich der Lächerlichkeit preiszugeben. Und das ist vielleicht die größte Schwierigkeit gewesen, vor der der Film stand – und die er im Endeffekt relativ souverän meistert. Es mag aber auch gut angehen, dass Zuschauer, die mit der Vorlage nicht vertraut sind, einen ganz anderen und womöglich weniger nachsichtigen Blick auf das Produkt haben.
Die Schauspieler sind Mittelmaß und haben sich außerdem nicht nur mit sehr gestelzten Dialogen, sondern bei uns auch mit der üblichen lieblosen, unglücklich auf albern getrimmten Synchronisation zu kämpfen.
Was die Figuren für einen Unfug von sich geben, ist teils schon fast lähmend. Wenn ein knurrendes Ungeheuer die Protagonisten in eine Ecke drängt, soeben einen Kameraden pulverisiert hat und sich nun daran macht, dem Rest ein ähnliches Schicksal zu bescheren, wird allen Ernstes Vorgeschlagen, die Polizei zu rufen.
Fazit
Die geheimnisvolle Jagd auf die extraterrestrischen Gemüsemutanten funktioniert in zwei Stunden Film einfach besser als auf Serienlänge. Viele, wenn auch bei weitem nicht alle Schwächen der Vorlage konnten entschärft werden, was bleibt, ist ein manierliches und durchaus auch hübsches Action-Spektakel, das alles aus seiner Vorlage rausholt.
Die ähnlich unterhaltsame Fortsetzung schloss ein Jahr später an und hört auf den vollmundigen Titel Gantz – Die ultimative Antwort.