Bride of the Re-Animator

Vier Jahre nach Stuart Gordons wegweisendem Genre-Erfolg Re-Animator, der geschwind das Kult-Signum erhielt, ereilt die Filmwelt das vorgeschriebene Sequel, während sich der originäre Regisseur mit From Beyond in eine ganz ähnliche Richtung absetzt
Mit Ausnahme von ihm ist das alte Team jedoch wieder beisammen (mit den zusätzlichen Einschränkungen, die der Leichenzähler des Vorgängers vorgab), der vormalige Produzent Brian Yuzna schwingt sich mit eigenem Drehbuch auf den Regiestuhl, das Rezept wird erweitert und die Puppen werden wieder tanzen gelassen.

We start with the heart.

Story

Die blutigen Ereignisse der letzten Experimente haben Dr. Herbert West nur noch verbissener forschen lassen. Mit einem neu entdeckten Mittel lassen sich nun nicht mehr nur Körper als Ganzes, sondern auch einzelne Teile von ihnen reanimieren. In jedem Teil von uns, so die Erkenntnis des Wiedererweckers, wirkt Willenskraft. Da liegt es doch nahe, auch einmal gar nicht zueinander gehörige Komponenten miteinander zu verbinden. Dr. Dan Cain ist weiterhin der Mitbewohner und der Angelegenheit etwas weniger aufgeschlossen.
Da sich beiden für ihre Experimente illegal Leichenteile aus dem Krankenhaus entwenden, kommt ihnen der aufdringliche Polizist Leslie Chapham gefährlich nahe. Zu allem Überfluss scheint auch Dr. Carl Hill noch nicht ganz so tot, wie erwartet.

Kritik

Waren die Verbindungen zu Mary Shelleys Frankenstein (beziehungsweise der Verfilmung von James Whale) bereits im ersten Teil unschwer zu übersehen, wurde Bride of the Re-Animator noch deutlich stärker parallelisiert und darf nun auch schon im Titel verkünden, wessen zweiter Teil da im zweiten Teil Pate stehen darf. Tatsächliche Gemeinsamkeiten zwischen Brian Yuznas Sequel und Frankensteins Braut sind selbstredend nur auf motivischer Ebene auszumachen, vielmehr gereicht das prominente Vorbild zum Anlass, deutlich komödiantischer vorzugehen, als noch in Re-Animator. Diese Entwicklung ist signifikant und der Bezug zur Herzensdame des modernen Prometheus ergibt dahingehend auch Sinn. Wie auch der zitierte Filmklassiker, so gelingt es ebenso dieser Horrorkomödie, die Geschichte des Vorgängers zwar einerseits weiterzuspinnen, andererseits aber nicht in Gefahr zu laufen, einfach nur mehr vom Selben zu liefern, weil die Fortsetzung nicht mehr im exakt gleichen Genre angesiedelt ist. Die Musik klingt nach Schabernack, die Figuren sind bereits von Anfang an allesamt mehr oder weniger überdreht und das gesprochene Wort in der Regel entsprechend.
Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die deutlich mehr Ernst besitzen – selbst wenn in diesen 4 lose Finger und ein Auge zu einem glubschenden Wanderwesen verschmolzen werden. Trotzdem ähnelt der Film vom Look wie auch den Grundton unverkennbar seinem Vorgänger, der Beleuchtungsstil ist übernommen, die Ausstattung ähnlich nah dran an Theater wie das Schauspiel. (Dass in diesem Jahrtausend dann ein Musical mit Originalbesetzung auf die Bühne kam, war daher eigentlich nur logisch)
Der größte Zugewinn gegenüber dem Re-Animator-Einstieg unter Stuart Gordons Regie ist allerdings der Wandel, den Jeffrey Combs und seine Figur Herbert West durchgemacht haben. Dieser wird mit einem so souveränen, immer nur einen Hauch überzogenen Irrsinn verkörpert, dass jede Szene mit ihm automatisch Freude generiert. Eine weitere, kaum minder positive Ergänzung ist die simple Tatsache, dass alle wichtigen Elemente schon etabliert sind und daher keine große Introduktion mehr benötigen, um hier in Aktion zu treten. In Folge kann das frohe Wiederbeleben von beliebiger Materie in beliebiger Zusammensetzung direkt angegangen werden und der Film liefert genau das, was man voraussetzt, wenn etwas Re-Animator heißt. Dabei hat das Werk so manche Widerwärtigkeit in petto, die damals wie heute faszinieren und schockieren kann. An wenigen Stellen bewegt sich der Film fast schon ein wenig in die Gore-Richtung, ironisiert derartige Darstellungen aber auch stets wieder mit Eile. Das Gesamtbild ist im Großen und Ganzen runder und kerniger, weil die Geschichte kleiner ausfällt und sich über weniger Orte erstreckt, was dem Geschehen ausgesprochen gut tut.
Gänzlich rund ist die Sache aber dennoch nicht. Manches Element wird anfänglich als bedeutungsvoll eingeführt, verkommt dann aber zur fast schon beliebigen Randnotiz oder zum bloßen Plotwerkzeug. Und auch mit eben diesem Plot stimmt nicht immer alles – aber das ist letztlich Gekrittel an Stellen, wo niemand Perfektion erwartet.
Letztlich bietet auch dieser Film unterhaltsames pseudowissenschaftliches Gefasel von kleinen Männern mit Gotteskomplex, die ihre guten Absichten ein paar Mal zu oft hin und her gedreht haben. Dazu gibt es eine Femme fatal, die wohl selten so indirekt ihren Einfluss auf den Protagonisten nahm, wie es hier geschieht. Und, das wichtigste, es gibt kuriose Wiedererweckversuche in Hülle und Fülle. Den kleinen Originalitätsbonus, den der Erstling noch für sich verbuchen konnte, kommt an dieser Stelle natürlich abhanden.
Woran es dem Film dann gebricht, ist ein wummerndes Finale vom Format des ersten Teiles. Der Tanz der Kadaver hält sich dieses Mal in etwas engeren Grenzen, doch dafür passt dieser Schluss auch nahtloser zum Vorangegangen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ein krönendes Spektakel ausbleibt, es fällt lediglich kürzer aus, ist dafür aber auch einen guten Teil abgedrehter. Besonders hier springt der zweite Teil auf ein gänzlich anderes Gleis als noch Re-Animator und beschert einige bizarre Überraschungen, die zwar nicht so laut wie im Vorgänger sind, aber entschieden fantasievoller.

Fazit

Brian Yuznas Regiekarriere lässt sich wahrlich nicht als Vorzeigelauf bezeichnen, doch steckt in all seinen Filmen eine unverkennbare Eigenmarke und der unverfälschte Hinweis auf einen Schwall von Herzblut. Nicht einmal ein Jahr nach der im höchsten Grade verstörenden Kuriosität Society folgte dieses Sequel, dem man nicht vorwerfen muss, es handele sich um eine lieblose Reproduktion.
Die Geschichte wird ungezwungen weitergesponnen, einige Stärken weiter ausgebaut und wieder andere wurden konstant beibehalten. Wie der erste Teil ist auch Bride of the Re-Animator gewiss kein Meisterwerk, wer aber ein Faible für Handgemachtes und charmante Aufmachungen hat, wer eine wohldosierte Lust am Überzogenen, das morbide Flair von entgleister Wissenschaft zu schätzen weiß und zeitgleich bei Dramaturgie und Drehbuchschwächen ein offenes Äuglein entbehren kann, der fügt sich auch mit dem zweiten Teil der Trilogie garantiert keinen Schaden zu.

Re-Animator

Im vergangenen Jahr beendete Stuart Gordons Re-Animator in Deutschland seine Index-Existenz. Über zwei Jahrzehnte war der auf Howard Phillips Lovecrafts Kurzgeschichte Herbert West – Der Wiedererwecker basierende Film verboten, was seinem Semi-Kultstatus zugute kam.
Es folgten zwei Fortsetzungen und eine überaus erfolgreiche Musical-Umsetzung.


Birth is always painful.

Story

Über die Jahrhunderte sind wir zu ganz anständigen Medizinern gereift, möchte man meinen. Dabei wird gern vergessen, dass es immer noch den einen oder anderen weißen Fleck auf der Karte unserer Möglichkeiten gibt. Krebs, Demenz, das Altern, der Tod – nichts davon tatsächlich heilbar. Wie unbeholfen ist der Mensch doch, wenn er sich bemüht, ein ausklingendes Leben noch ein wenig länger im Diesseits zu behalten. Mit Elektroschocks wird das Herz malträtiert, die wildesten Elixiere werden intravinös in den sterbenden Leib gepumpt, und dann zieht es die arme Seele doch davon. Dieser Kampf gegen Windmühlen ist für den ambitionierten Arzt von Heute eine frustrierende Angelegenheit. Dr. Herbert West ist ein solcher Arzt und weit davon entfernt, sich geschlagen zu geben. Eines Tages trifft er den überambitionierten Kollegen Dr. Daniel Cain an seiner Uni. Und Cain entwickelt ein Serum, das toter Materie wieder Leben einhaucht.

Kritik

Ein hinreißender Vorspann mit anatomischen Kunstzeichnungen, die in neonfarben und ästhetischen Posen einen schmalen Bereich zwischen Erotik und Morbidität besiedeln, führt in das Lovecraft-Universum.
Das ist umso erstaunlicher, erweist die erste Szene den Film doch als klaren Trash aus. Trash mit hervorquellenden Augen, schäumendem Fleischblut, schrillen Schreien und allerhand Flüssigkeiten von unfeiner Farbe. Die Leichen sind hübsch zerschunden und die ganze Inszenierung eine große voyoristische Ekelschau, vornehmlich darauf angelegt, den Zuschauer zum Quieken zu bringen. Der Film ist in dem Bewusstsein, seine Geschichte mit dem nötigen Maß an Selbstironie erzählen zu müssen, will er nicht in seinem eigenen Glibber ausrutschen.
Wenn der betagte Arzt mit lüstern hervorgestreckter Zunge und fast schon gierigem Blick die Knochensäge anwirft und dabei mit euphorischer Detailversessenheit von der Virtuosität seines Schaffens berichtet, mag man Re-Animator ganz fest umschlingen.
Die Figuren sind gut ausgearbeitet, reden keinen Unsinn und verhalten sich im Genrerahmen nachvollziehbar. Wärehnd Hauptdarsteller Jeffrey Combs in diesem Re-Animator-Teil noch stark an den prototypischen College-Studenten ohne große praktische Erfahrung, aber mit vorzeigbarer Blondine an der Seite erinnert, liefert Bruce Abbott als übereifriger Praxisbefürworter eine angenehm psychopathische Performance ab, die nie über ihr Ziel hinausschießt, aber trotzdem ein paar witzige Spitzen auf Lager hat. Es ist diese Mischung aus klassischen 80er-Jahre-Horrorelementen und dem bösartigen, aber selbstreflexiven und zum Glück sehr leisen, zurückhaltenden Humor, der den Kultstatus von Re-Animator erklärt. Viel trägt die im doppelten Sinne klassische Instrumentalisierung zur Stimmung des Filmes bei, die von Horror-Komponist Richard Band kreiert wurde, der hier erstmalig mit Stuart Gordon zusammenarbeitete. Nicht zurückhaltend, aber niemals aufdringlich und mit schnödem Pomp überladen, sondern in altmodisch-effizienter Weise antizipierend, vorwärtstreibend, vorbereitend und zurückhaltend, niemals subtil, aber immer mit dem richtigen Gespür für die Situation, so nimmt einen die Instrumentalisierung an die Hand, von Anfang bis Ende. Sie führt den Zuschauer durch die vielen kleinen Höhepunkte, durch die die beiden Wissenschaftler schrittweise zu ihrem zweifelhaftem Erfolg geführt werden. Alle paar Minuten hält der Film mit kurzen Schockepisoden bei der Stange, während die Welt schnell ihre eigenen Regeln vergisst. Das grün schimmernde Serum muss anfangs noch gezielt ins Hirn injiziert werden, um die Leichen zu vitalisieren. Später ist es dann aber gleich, wohin der Saft gepresst wird. Die Körper erwachen so oder so zum Leben, wenn sie mit ihm in Berührung kommen.
Nach einer Stunde ist das eh egal. Wenn der Antagonisten-Kadaver wieder rumläuft, driftet die Geschichte vollständig ins Absurde – leider. Kopf und Körper agieren unabhängig voneinander, die bisher angenehm dezente Komik legt eine Schippe zu viel drauf und auch die Musik lässt sich hinreißen, bei der Übertreibung mitzumischen. Dann ist
Re-Animator weniger eklig, weniger ernstzunehmen und dadurch auch weniger gut. Diese sonderbare Hommage an alte Gruselmotive hat ohne Frage etwas für sich, bringt die bisher stringente Atmosphäre des medizinischen Sci-Fi-Filmes aber gehörig durcheinander. Das überbordende Finale vermag es jedoch, diesen Fehltritt vergessen zu machen. Der Film hat dann nicht mehr denselben Ton, wirkt in den ausladenden, fast schon an Braindead erinnernden Gefilden aber trittsicher und fühlt sich sichtlich wohl.

Dem wissenschaftskritischen Aspekt, wenn man den Film denn nicht als puren Unterhaltungsstreifen wahrnehmen möchte, kommt keine allzu große Rolle zu, er bleibt im Hintergrund aber durchweg spürbar. Es sind die Thematik und die agierenden Forscher, die allesamt auf ihre Weise einen an der Klatsche haben, weil sie nicht nur ihr Erkenntnisinteresse über den Rest der Welt und alle Werte erheben, sondern vorrangig von paranoidem Konkurrenzdenken getrieben werden. Anstatt in kooperativem Wirken gesicherte Ergebnisse anzustreben, werden die Wissenschaftler zu narzisstischen Eigenbrödlern, die dem anderen keinen Zentimeter Fortschritt gönnen und sich neidvoll mit fremden Federn behängen. Interessant wird es, wenn man eine andere Lesart zulässt. Der erzkonservative Dekan Halsey lässt Töcherlein Megan nicht bei unserem Wissenschaftler übernachten. Theoretisch ist dies nur durch Eheschließung möglich, praktisch gar nicht, denn ein offizieller Kontakt, der über akademische Belange hinausgeht, würde den jungen West sofort von der Forschungseinrichtung verbannen. Zusammenfinden kann das Paar nur, weil der Vater früh das Zeitliche segnet – und natürlich als grunzendes, instinktgetriebenes Wesen wiederkehrt, das keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Es sind gleich zwei Weltbilder, mit denen Gordons Film abrechnet, und einzig der ambitionierte, aber gewissenahfte West kann siegreich hervorgehen, da er die goldene Mitte zwischen alt und neu, Rückwärtsgewandtheit und Hybris verkörpert, um sich gegen die miteinander paktierenden Weltbilder durchzusetzen, bis ihn sein doppeltes Wesen am Ende zerreißt.
Das kann nur gipfeln in einem Splatterfest, in dem Zurückgeholte splitterfasernackt und blutrünstig, aber unter voller geistiger Kontrolle als Armee aufmaschieren.

Fazit

Eine hübsch inszenierte Eskalation mit liebevollen, kaum gealterten Effekten, einer überwiegend gut dosierten Selbstironie, gut aufgelegten Darstellern und einer sehr dynamischen Dramaturgie. Ein unpassender Ausflug ins Absurde bricht nach einer Stunde aber mit der Atmosphäre und der Film benötigt eine Weile, um sein neues Gesicht mit der Geschichte zusammenzubringen.

Fantasy-Filmfest-Special: Frankenstein’s Army

Frankensteins Monster – nun auch im Plural. Richard Raaphorst lässt in seinem ersten Langfilm handgemachten Wahnsinn posieren, pfeift auf Charakterarbeit und Story und konzentriert sich ganz auf seine unikalen Fleisch-Maschine-Perversionen. Mit Erfolg.
http://www.youtube.com/watch?v=dOF8GiIXtGY
Things the Doctor makes.

Story

Der zweite Weltkrieg ist am Toben und Dimitri ein Filmstudent mit großem Engagement. Er und seine 16mm-Kamera begleiten einen kleinen Stoßtrupp der russischen Armee, um ein paar werbewirksame Propagandaaufnahmen einzufangen.
Als sie einen Hilferuf über Funk empfangen, folgen sie dem Signal und erreichen ein kleines Dorf, das wie ausgestorben scheint. Dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht, kündigt sich schon auf dem Hinweg an, wo höchst eigenwillige Kadaver von Kriegsgreuel zeugen, die jenseits des Vorstellbaren liegen. Die toten Körper werden entstellt durch merkwürdige Mutationen und mechanische Modifikationen.
Im Gangsystem unter einer zum Labor umfunktionierten Kirche stößt man schnell auf die Quelle dieser entmenschlichten Wesen: Wütende Kreaturen, von einem irren Doktor wiederbelebt. Von einem Nazi-Frankenstein der sich mit lascher Wiedererweckung nicht zufrieden gab, denn derartiges ist bekanntlich für Amateure. Stattdessen stattete er seine Geschöpfe mit dem Besten aus, was der gut sortierte Werkzeugschrank so hergab. Leiber mit viel Metall und noch mehr Waffen streifen durch die klaustrophobisch engen Gänge und machen Jagd auf die Eindringlinge. Frisches Baumaterial wird schließlich immer gebraucht.
Doch auch untereinander herrschen Spannungen, die durch die Extremsituation nur noch geschürt werden, bis Dimitri, nur mit seiner Kamera bewaffnet, sich plötzlich alleine in einem Strudel aus Körperteilen und Motoröl wiederfindet

Kritik

Wenn die Filmwelt von Heute eines ganz gewiss nicht braucht, ist es ein weiterer Found-Footage-Streifen. Nun sehen wir uns also das – offenbar gefundene – Material des Kameramannes Dimitri an und merken schnell, dass sich das Konzept mit seinem Authentizitätsanspruch selbst ad absurdum führt, weil die vermeintlich echten Aufnahmen andauernd mit atmosphärischer Hintergrundmusik untermalt sind. Auch sonst wirkt es so, als wäre die Wahl dieses Präsentationsstils keine dramaturgisch, sondern eine finanziell motivierte gewesen. Wirre Kameraführung und wahllose Schnitte sind dadurch entschuldigt. Aber trotzdem gelingt Frankenstein‘s Army genau das, woran die meisten Handkamerafilme kläglich scheitern: Es stellt sich ein starkes Mittendrin-Gefühl ein. Selbst die Laiendarsteller, die in mindestens zwei Fällen auch viel zu jung für ihre Rollen aussehen, verhindern nicht, dass man sich als Zuschauer direkt im Geschehen wähnt. Neben erwähnter Musik und den toll gewählten Schauplätzen, auch vor und auf dem Weg zu der Kirche, ist das vor allem vielen Schummeleien der Regie zu verdanken: Der filmende Hauptdarsteller neigt dazu, in den gefahrvollsten Situationen einfach tatenlos stehenzubleiben und seine Kamera zudem so zu drehen, wie man den Kopf drehen würde – nur viel, viel langsamer. Wenn aus drei von vier Gängen grässlich grunzende Abscheulichkeiten anstürmen und das Kameraauge zwar zittrig, aber trotzdem ohne Eile erst einmal in alle drei Gänge reinfilmt, bevor sich der gute Dimitri dann vielleicht mal entschließt, in den einzig freiliegenden Schacht zu türmen, nimmt man den Protagonisten mit seinen geistigen Kapazitäten und auch dessen Überlebenstrieb zwar nicht mehr für voll, kann die aufkeimende Panik aber auch sehr gut nachempfinden. Ein ähnlicher Effekt tritt ein, wenn die Waffenarme der Scheusale niedersausen und es wegen der Kameraperspektive so aussieht, als müssten sie das Würstchen von einem Helden eigentlich zweiteilen. Doch stattdessen gibt es noch ein paar weitere Hiebe ins vorgebliche Nichts und der ambitionierte Filmstudent setzt seinen Weg fort. Wie gesagt, Manipulation sehr hohen Grades, aber es funktioniert, wenn man sich drauf einlässt.
Und der Rest? Ein Haufen trunksüchtiger Schandmäuler, denen das Leben der Genossen wenig und das aller anderen gar nichts wert ist. Kriegsverbrechen sind keine Ausnahme. Ein sonderbares Protagonistenpack ist es, das Frankenstein’s Army uns da vorsetzt. Und da man auch nicht davor zurückschreckt, den eigenen Kameraden bei nächstbester Gelegenheit schamlos in den Rücken zu fallen, fällt eine Identifikation nicht leicht. Aber so ist der Krieg nun mal, möchte uns der Film der Niederländer uns wohl sagen. Vor allem in Russland. Liebgewinnen sollte man eh niemanden der Herrschaften, denn die Soldaten fallen den in den Schächten lauernden Wiedererweckten schneller zum Opfer als man ihre Namen auswendig kann. Und die wahren Hauptdarsteller sind auch gar nicht die nichtsahnenden Militärs oder Kameramann Dimitri, sondern die schaurigen Gestalten, deren Körper Waffe ist. Das Geld, das eigentlich für Schauspieler und Drehbuch ausgegeben wird, floss hier zur Gänze in Kreaturendesign und Maske. Was Frankenstein’s Army auszeichnet und zu dem Spaß macht, der der Film ist, ist die unglaubliche Liebe zum Detail. Über 30 Biester wurden erdacht und in Handarbeit zusammengeklebt, -geschraubt und -genäht. Und sämtlich sehen sie zu niederknien gut aus. Von der mordenden Tauchglocke und der Schnapp-Kopf-Ab-Falle auf den Schultern bis hin zum Propeller als Kopfersatz hat man nichts ausgelassen, um den Freund altmodischer Effekte selig zu stimmen. Und das mit enormem Erfolg: Die Kuriositätenschau scheint kein Ende zu nehmen, jedes neue Ungeheuer überrascht mit seiner einfallsreichen Aufmachung und jede kommende Idee ist noch ein wenig irrer und abgefahrener als die vorangegangene. Bis zum Kochtopf auf Beinen. Doch nicht nur hier, auch an allen anderen Stellen zeugt jede Einstellung von liebevoll entworfener Ausstattung. Es werden Räume durchquert, die man nur für wenige Sekunden zu Gesicht bekommt, an deren verschwenderischer Steampunk-Einrichtung man sich aber gar nicht sattsehen kann. Dabei nimmt sich der Film ernst genug, um oben erwähnte Intensität zu wahren, aber weißt auch immer, dass er eigentlich großen Unfug darstellt. Die Spitze dieses augenzwinkernden Eingeständnisses ist fraglos das herrlich dämliche Vorhaben des für die Misere verantwortlichen Doktors, den Konflikt zwischen Nazis und Kommunisten auf ewig beizulegen.
Im Großen und Ganzen spiegelt der Film auf seine eigene bizarre Weise ein wenig den Wahnsinn wider, der in einem fanatischen Dr. Frankenstein wüten könnte. Und das Ganze bezeichnenderweise in und unter einer Kirche. Welcher Ort könnte passender sein, um einem Menschen das Feld zu bieten, sich als Gott aufzuspielen?
Am Ende gibt es zur Abrundung noch eine fies-schöne Reminiszenz an Mary Shelleys Roman.

Fazit

Frankenstein’s Army wirkt wie ein schelmischer Abgesang auf das Zeitalter digitaler Effekte. Alles ist handgemacht und alles sieht superb aus. Wer sich damit arrangieren kann, dass nicht irgendwelche inneren Werte wie eine Story zählen, sondern das furiose Schaulaufen eines obskuren Monsterkabinetts des Filmes Herzstück darstellt, erlebt eine 84-minütige Geisterbahnfahrt, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Inklusive einem von Sinnen seienden Doktor, Bloßstellung von Naziideologie und herzhaftem Splatter.

Shadow Creature

Zu fast allen Filmen kann man hier einiges schreiben. Beispielsweise über geschichtliche Relevanz, den Stellenwert in den Lebensläufen der Beteiligten oder die Rezeptionsgeschichte.
Shadow Creature macht es diesem ersten Absatz beileibe nicht ganz leicht. Man könnte etwas über misslungene Kunst im Allgemeinen zu Papier bringen. Aber das träfe nicht den eigentlichen Kern. Und daher bleibt nur eine nackte, nichtssagende Zahl, um diesen Textblock zu rechtfertigen. Grob 300.000 Dollar hat dieses Machwerk gekostet. So, so.


Und das Resultat ist, gelinde gesagt, negativ.

„Story“

Mitten in der Nacht wird ein Toter gefunden, der die Polizei vor ein Rätsel stellt. Muskel-Detective Brighton stürzt sich kopfüber in den Fall, obwohl sein Vorgesetzter nur kräftige Widerworte für ihn und seine Theorien übrighat. Seine Ermittlungen führen ihn auf die Spur eines höchst verdächtigen Unternehmens. Währenddessen häufen sich die Todesfälle und eine schleimige Kreatur faucht und kratzt und grunzt und killt.
Der aufgepumpte Cop, eine Forscherin, ein manischer, glatzköpfiger Bürgermeister, ein Mafiosi und ein Professor geraten allesamt auf mehr oder weniger, weniger, weniger (, weniger, weniger)  plausiblen Gründen in das Visier der unerbittlichen Bestie.
Und irgendwie hängt das mit dem Prototyp eines Haarwuchsmittels zusammen.
Gut, an dieser Stelle wird man vermutlich problemlos erraten können, wie dieser behauptete Zusammenhang aussieht.

Kritik

Der erste Satz der Inhaltsangabe spricht davon, dass die Polizei vor einem Rätsel stünde. Das ist ein Zustand, an dem der Zuschauer nicht teilnimmt, denn schon in Minute 3 sieht man das Monster – beziehungsweise ein Gummiding, das entfernt an etwas erinnert, das an ein Monster erinnern soll – durch einen Fluss paddeln. Ganz nebenbei wird das gezeigt, als sähe man nicht gerade den gottlosen Schandfleck der Schöpfung, sondern einen Baum, ein Haus oder ganz einfach nur ein Gewässer ohne Monster. Das ist der erste und vorerst letzte Auftritt der namensgebenden Kreatur, die dem Zuschauer übrigens eine Erklärung schuldig bleibt, was denn so schattig an ihr ist.
Anschließend wird erst einmal lange Zeit über kahle Schädel und halbnackte Polizisten erzählt, ehe das Viech wieder auftreten darf. Dessen Vorwegname als gefährlichen Spoiler zu bezeichnen, wäre der Pedanterie zu viel, schließlich wird der leiderprobte Zuschauer, der sich diesen Film zu Gemüte führt, schon im Vorfeld wissen, dass nicht ausschließlich menschliche Wesen vorkommen. Trotzdem ist es dramaturgisch etwas kauzig, Aussehen und Art des Monsters – und damit einen der entscheidendsten Knalleffekte des Genres – als völlig geschmacksneutrale Vorspeise zu aufzutischen.
Aber womöglich war Regisseur James P. Gribbins einfach nur ein bodenständiger Kerl, der sich einfach nicht der Illusion hingeben wollte, dass ein steifer Mann in einem wabbeligen Gummianzug für staunende Münder sorgen könnte, woraufhin er jede mögliche Erwartung direkt im Keim ersticken wollte. Und das gelingt hervorragend. Die ersten Minuten sind derart talentlos inszeniert, dass alles nachfolgende, was auch immer es sein mag, eigentlich nur begeistern kann.

Ebenfalls in der Inhaltsangabe steht geschrieben, dass Brightons Ermittlungen ihn zu etwas brächten. Das ist leider gelogen. Das Drehbuch ist es, was ihn von Hinweis zu Hinweis leitet, während seine Ermittlungsarbeit in erster Linie darin besteht, seinen blanken Oberkörper im Polizeipräsidium zur Schau zu stellen, grundlos Leute zu verhauen und Zeuginnen auf schockierend plumpe Weise bei der Befragung mit Streicheleinheiten nahezukommen. Dabei sieht Darsteller Shane Minor die ganze Zeit aus, als wäre er nur mal kurz vom benachbarten Set irgendeines Schmuddelfilmchens rüber geirrt, um sich das Geld für die Mittagspause zu verdienen.

Doch zum wichtigen Aspekt von Kritik und Film.
Shadow Creature ist unbedingt in deutscher Fassung zu schauen! Niemals zuvor, niemals danach wurde eine Synchronisation derart ungekonnt auf eine Filmrolle geschmiert. Aber nicht nur Kompetenz fehlte. Es fehlte auch der Wille, nur eine einzige Lippenbewegung korrekt zu vertonen. Das ganze Ensemble hört sich an, als hätte eine Klasse rumalbernder Schulkinder Helium geatmet und Murmeln geschluckt, um dann ein eigenes, improvisiertes, infantil-satirisches Hörspiel aufzunehmen.
Vor allem – doch keineswegs nur! – der Protagonist tönt unentwegt, als wäre er vollkommen eingeschnappt. Jede Bemerkung des pseudo-markigen Bullen kommt beleidigt und schmollend aus seinem Mund gequäkt. Plotwerkzeug Professor Melvin klingt wie ein ganz bestimmter Simpsons-Charakter und dem höchst seltsamen Polizeichef wurde ein absurd stark lispelnder Sprecher zugeteilt. Unabhängig von diesen Beispielen – die Liste ist beileibe nicht vollständig – sprechen alle nicht nur total überbetont, sondern auch schlicht und ergreifend im völlig falschen Rhythmus.
Was dem Synchro-Genuss die Krone aufsetzt ist aber, dass ganz generell auch die Übersetzung fehlerreich, genauer gesagt total willkürlich ausgefallen ist. Am laufenden Band werden Sätze gesprochen die überhaupt nichts mit der Situation zu tun haben und teils im Kontext, teils auch ganz allgemein überhaupt keinen Sinn ergeben.
Beispiele gefällig?

  1. „Tja, er unterrichtete Nekrophilie und war als Kapazität bekannt.“
  2. „Heilige Mutter Gottes und alle Heiligen.“
  3. Ganz oben auf der Skala befindet sich aber der unscheinbare Ausspruch, der an sich echtes Potenzial zum Klassiker hat: „Eine Chance ist mehr als genug.“

Danke. Danke, wer auch immer diesen Film synchronisiert hat. Ihr hattet sicher die Zeit eures Lebens.

Das eidechsenähnliche Monster sieht herzallerliebst aus. Nach dem jämmerlichen ersten Auftritt im Szene-1-Tümpel ist es fast nur noch in Nahaufnahme zu sehen. Das Kostüm ist zwar eindeutig ein ebensolches, doch hat man sich in Sachen Detailgrad und Mimik ziemliche Mühe gegeben. Die herzerwärmenden Grunzgeräusche der Bestie tragen das ihrige zum Charme bei, während der schwitzende Schauspieler im Inneren hektisch auf und ab springt. Generell muss zugegeben werden, dass die Effekte durchaus gelungen sind. Besonders die kleinen Bodyhorror-Einschübe sind bemerkenswert ansehnlich und rufen Erinnerungen an den einen oder anderen Klassiker wach. Da pulsieren Gliedmaßen, wieder andere fallen ab und am Ende der grausamen Transformation zum Gummilizard lachen sich die armen Infizierten die Seele aus dem Leib und springen in trübe Pfützen. Nicht sehr gruselig, aber ziemlich unterhaltsam.
Das trifft im auch auf die gesamte Geschichte zu.
Damit eben jene nicht ganz so flach wirkt, hat man es sich gestattet, den faulen Kniff anzuwenden, die anfänglichen Geschehnisse zu verschweigen und dies dafür in einer Rückblende ab der Filmmitte nachzuholen. Ein unfeines Stilmittel, aber in einem B-Werk wie diesem immerhin weit weniger schändlich als in so mancher Big-Budget-Produktion.
Logik liegt erwartungsgemäß brach. Weder, wie erwähnt, in den Dialogen, noch im Rest des Filmes ist Vernunft zu erkennen. Die Figuren handeln ausnahmslos sinnentleert, der Fortgang der Handlung geht selten aus dem bisher Geschehenen hervor und auch sonst erweckt vieles den Anschein von absurdem Theater. Nur dass man sich nie ganz sicher sein kann, ob das Witzige und Skurrile tatsächlich gewollt ist. Da ist man ganz offensichtlich im selben Raum mit dem Ungeheuer und überlegt sich prompt, dass man ja erst mal ins Dezernat fahren und einen Bericht schreiben könnte. Ein Verhör fließt völlig übergangs- und grundlos in Sex über, beim Schießen sind Mündungsfeuer, Bewegung und Schussgeräusch überhaupt nicht aufeinander abgestimmt und der Hörsaal einer Universität ist eine Theaterbühne!
Dass Shadow Creature durchaus komödiantische Absichten hat, ist irgendwann (wenn auch noch nicht zu Anfang) klar. Manche Wortwechsel sind unzweideutig humoristisch gemeint und wenn eine Figur eins auf die Zwölf bekommt, dann zwitschern auch schon mal ganz comicartig die Vögel. Doch die Grenze zwischen gewollt und ungewollt komisch verschwimmt hier total. Und wirklich witzig ist es meist dann, wenn der intendierte Humor einsetzt, weil dies fast immer so brachial nach hinten losgeht, dass man sich vor lauter Scham am Ende doch beim Lachen erwischt, so fassungslos lässt einen das Gezeigte zurück. Genau das macht den Film aber so unterhaltsam. Dank Synchro und dem Scherz von einem Drehbuch entpuppt sich Shadow Creature als unberechenbare Kuriositätenshow mit einer fast schon unheimlich burlesken Sogwirkung.

Fazit

Ein imdb-Rating von immerhin 3,8 und bei Amazon einen Sternedurchschnitt von 1. Zumindest letzteres sollte geändert werden. Denn vieles ist zum Stottern komisch. Und es wäre doch gelacht, wenn manches davon nicht sogar Absicht gewesen ist.
Ein unfassbarer Unsinn, der so blöd und quietschig ist, dass der Film beinahe schon hypnotische Wirkung entwickelt.
Auf eine gelungene Slapstick-Einlage kommen 20 Szenen, bei denen man nie sicher sein kann, ob sie ernst oder albern gemeint sind. Die ganze Geschichte ist so furchtbar schlecht, dass man sie nur anhimmeln kann, und sämtliche Darsteller praktizieren so konsequent Anti-Schauspiel, dass die präsentierte Welt einfach nur maßlos falsch, verstörend und sonderbar ist. In einer objektiven Welt käme Shadow Creature bestenfalls auf eine 2 vor der Kommastelle. Zum Glück leben wir nicht in einer solchen und ungeschminktes Unvermögen kann entsprechend gewürdigt werden.
Oder, um mit der Synchronisation des Filmes zu schließen: „Und ich rutschte aus und fiel in seine Gehirnmasse.“

Zu sehen ist der Film übrigens auch gratis und in seiner vollen Pracht auf Netzkino.de.