The Expanse – Staffel 1

Daniel Abraham und Ty Franck taten sich zusammen, bastelten aus ihren zweiten Vornamen das Pseudonym James S. A. Corey und veröffentlichten unter diesem eine Romanserie namens The Expanse, welche sowohl bei Kritikern als auch bei Fans fortan gefeiert wird. Ein knappes Jahr später kauft sich SyFy die Rechte, holt ein paar gute Schauspieler an Bord und verfilmt das erste Buch Leviathan Wakes in 10 Folgen..
Die Produzenten bilden ein illustres Gespann aus Verantwortlichen für The Book of Eli, Iron Man und Children of Men.

Shit just follow you around, don’t it kid?

Story

Das Sonnensystem ist im 23. Jahrhundert zu Teilen besiedelt. Die politisch stärksten Fraktionen sind Erde, der mittlerweile unabhängige Mars und der Mond. Aber auch die Belter, Bewohner eines Asteroidengürtels, der für die Gewinnung unabdingbarer Ressourcen bewohnt und bearbeitet wird, erheben langsam ihre Stimme, weil sie sich ausgebeutet fühlen. Dort wird eine militante Widerstandsgruppe gegründet. Inmitten dieser turbulenten Zeit wird der abgehalfterte Polizist Philipp Mogg damit beauftragt, die aufsässige Tochter eines Würdenträgers aufzuspüren. Der Fall stellt sich rasch als schwieriger und brisanter heraus als es eingangs noch den Anschein hat. Unterdessen muss sich die Crew der Canterbury von einer Katastrophe erholen und gerät zeitgleich zwischen die Fronten einer politischen Pattsituation, die sich als wahres Pulverfass herausstellt – für die die Besatzung das Streichholz darstellt.

Kritik

Man bedient sich sichtlich am Erfolg von Batttlestar Galactica: Es scheint keine Aliens zu geben, Politik spielt eine große Rolle, die Reibereien der Klassen und die aufgefächerten, synchron ablaufenden Handlungsstränge mehrerer gleichwertiger Protagonisten sind ebenso eminente Teile des BSG-Erfolgsrezeptes wie der Fokus auf Gesprächen statt auf Action. Dabei wirkt The Expanse aber nie so, als wolle es ein zweites Battlestar Galaactica sein, die Ähnlichkeiten lassen sich vielmehr nur formal feststellen, während die Serie ansonsten viel zu eigenständig ist, als dass es – vor allem negativ – auffallen könnte.
Der Hard-Boiled-Ermittler Philipp Moog (der Name sagt es eigentlich schon) ist ein ziemliches Abziehbild, wird vom tollen Thomas Jane aber rasch mit überraschend viel Leben und Charisma versehen und bleibt schon nach Minuten bereits als markiger, interessanter Typ in Erinnerung, der seinen eigenen Storyfaden ohne Probleme alleine spinnen kann.
Die rasch dezimierte Crew, deren Odyssee und Überlebenskampf im Weltraum gut 50 Prozent der Serie ausmachen, muss ihren Platz im großen Ganzen erst finden. Unterdessen überzeugt sie mit passender Dynamik, nachvollziehbaren Handlungen und einem durchaus spannendem Abenteuer.
In der Kerndisziplin, den Dialogen, funktioniert die Serie tadellos. Sie sind gut und glaubhaft geschrieben, die Figuren sind sinnvoll ausgearbeitet, haben klare Rollen, jedoch allesamt genug Raum für Geheimnisse, tote Winkel und Entwicklung. Die Konflikte und Probleme auf persönlicher wie auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene wirken nie aufgesetzt. Die verschiedenen Handlungsorte im Weltraum und in der schattigen, engen Minenkolonie sind darüber hinaus so unterschiedlich, dass nie Eintönigkeit Einzug hält – auch wenn beide Settings sich die räumliche Eingeschränktheit teilen, wenn auch auf anderen Ebenen: Das ist klug und geht als Idee wunderbar auf. .Der, deutlich geringere, Actionanteil zieht hier aber den Kürzeren. Zwar bemüht man sich merklich um Dynamik, doch einerseits fallen die Scharmützel grundsätzlich viel zu unübersichtlich aus und sind etwas spröde choreographiert, andererseits fällt hier wieder auf, was sich durch die gesamte Serie zieht: Die Effekte sind bestenfalls okay. Jede Aufnahme der Action wird früher oder später von etwas aus der Mode gekommenen Effekten gestört. Und dieser Makel findet sich überall wieder: Der Vogel, der dem Ermittler immer wieder vor der Nase herumfliegt, sieht so unecht aus, dass man sich zusammenreißen muss, um nicht unangenehm berührt zur Seite zu gucken, die Schiffe und Basen im Weltall können ihre animierte Natur ebenso wenig verbergen wie die im letzten Viertel der Serie zunehmenden Effekte in den Innenräumen. Eine so starke Betonung mäßiger Effekte mag übertrieben streng erscheinen, fällt aber deswegen so schwer ins Gewicht, weil sich The Expanse ansonsten sehr stilsicher gibt. Die nasse, schattige Welt voller Unzufriedenheit ist auf ihre Weise ebenso am Brodeln wie das glatte, bürokratische Pendant auf der Erde, wo man die Politkerin Chrisjen Avasarala regelmäßig Ranküne schmieden sieht, die sich auf die Serienhandlung bisher kaum auswirken, in Sachen Stimmung und Geschwindigkeit aber immer wieder das Gesamtgefüge etwas erden.

In unregelmäßigen Abständen gibt es außerdem immer mal wieder blutige, eklige Einschübe, die sich allerdings sauber ins erwachsene Szenario einfügen, ohne aufgesetzt und effektheischend zu wirken. Das ist per se natürlich nicht schlimm, kann den Zuschauer aber auch kurzzeitig aus der Welt und lässt sie dadurch „löchrig“ wirken, was schade ist, da die effiziente Inbesitznahme des Zuschauers Blut und Wasser für die Serie ist.
Irgendwann nach etwa Zweidritteln der Serie wird klar, dass der Plot – jedenfalls bisher – recht gängigen Mustern folgt. Was da passiert, um was es geht und wie damit umgegangen wird, ist alles andere als innovativ, sondern Teil des Grundsatzbaukastens für SF-Geschichten. Wie es aber erzählt wird, ist derart erfreulich, dass man dies der Serie kaum länger als ein paar Minuten vorwerfen möchte. Denn die erfreulich gut aufgesetzten Schauspieler in ihren interessanten Rollen und die wunderbar muffige und intensive Atmosphäre kreieren eine charakterstarke Diegese, in der jeder Winkel seinen ganz eigenen Reiz hat. Da verzeiht man auch, dass zwei der insgesamt 10 Folgen qualitativ sehr im Durchschnitt stecken, ehe es danach wieder langsam bergauf geht.

Fazit

Bei The Expanse handelt es sich um eine Serie, die vor allem durch ihre Stimmung und die kantigen Figuren besticht. Die Geschichte wird toll erzählt, ist selbst aber nichts Besonderes – aufgrund der formalen Umstände, aufgrund der Liebe, mit der die Romanwelt in die Serie übertragen wurde, ist man aber gerne geneigt zu glauben, dass die erste Staffel nur der Anlauf war, um daraufhin später kopfüber ins Potential zu springen, das zweifelsohne da ist. Die sechsteilige Buchvorlage dürfte schließlich nicht grundlos so preisbehangen sein.

Synchronicity

The Signal war 2007 inmitten der unüberschaubaren Zombiewelle ein Ausreißer mit ungewöhnlicher Dramaturgie, ungewöhnlichen Figuren und nicht zuletzt auch ungewöhnlichem Humor. Nach ausgiebigen Komplettausflügen in die My Super Psycho Sweet 16-Reihe, eine Slasher-Trilogie aus dem Hause MTV, durfte man 2015 wieder ein komplettes Autorenwerk von Jacob Gentry erfahren: Synchronicity

You taste like ash.

Story

Jim Beale ist ein so besessener wie genialer Eierkopf, der dank der Finanzierung des dubiosen Unternehmers Klaus Meisners den Bau seiner Zeitmaschine abschließen konnte. Der erste Testdurchlauf läuft war nicht völlig vorfallfrei ab, weist aber trotzdem Anzeichen von Erfolg auf. Doch dann fällt der der zwielichtige Sponsor Beale und seinem Team in den Rücken – und dem Wissenschaftler bleibt nur, sich selbst in die Maschine zu begeben, um die vorgegebene Spanne von 5 Tagen zurückzureisen. Dort beziehungsweise dann trifft er nicht nur die mysteriöse Frau Abby, die irgendwie mit Klaus Meisner verbunden scheint, sondern schnell auch sich selbst und seine Kollegen.

Kritk

Zeitreisefilme sind in den letzten Jahren geradezu in Mode geraten – sie sind meist günstig und mit kleinem Personal umzusetzen und können rein auf der Behauptungsebene eine komplexe, spannende, stark verworrene Welten entfalten. Ihr Vorteil liegt auf der Hand: In einem stark eingeschränkten Setting, das jedoch überdurchschnittlich viel Tiefenpotenzial aufweist, kann dank vieler impliziter Regeln und spannender Ausgangssituation schnell eine Situation entworfen werden, in der fast alles möglich und absolut alles verdächtigt wird, die zum detektivischen Beobachten, Mitdenken und Theoretisieren einlädt.
Und auch narrativ ist es ein dankbares Feld – während die Zeit sich verändert, bleiben Räume und Figuren zwar auch, aber je nach Zeit(strahl) wandeln auch sie sich. Fix- und Orientierungspunkte werden zunehmend unsicherer, Grenzen von Erzählung weiten sich.
Eine Bühne mit vorgegebenen Rahmen lässt manchmal kreativer sein als ein großes Feld, auf dem alles möglich ist und aufgrund des Aufwands jeder Mut sofort die Gefahr der Ablehnung bedeutet. Trotz unendlicher Möglichkeiten der Story sind die meisten Science-Fiction- und Fantasy-Filme zahm und ordinär. In dem fast schon kammerspielartigen Rahmen eines kleinen Zeitreisefilmes aber erblühten schon die verschiedensten Abenteuer. Sei es ein Taschenformat-Krimi wie in Time Lapse, ein kleinerer Thriller wie Predestination ein etwas größerer Thriller wie Looper oder Komödien mit klassischer Struktur, wie sie Zurück in die Zukunft quasi vorgegeben hat.
Doch nun zu Synchronicity – denn das hier genutzte Genre (oder vielleicht besser: Strömung) ist der Film Noir. In Bildern, die an das Beste des Frühneunzigerkinos erinnern, lässt Gentrys Film sanft die Zeichen der Schwarzen Serie vorübertreiben. Der wahre Orientierungspunkt ist hierbei natürlich nicht der ursprüngliche Film Noir, sondern die Ästhetik eines Blade Runner. Selbst die Räumlichkeiten des Labors sind nicht vor nebelartigem Dampf befreit, der über den oden hin zur Decke wabert. Die Stadt wird ausgeleuchtet in einem trübem neon-bunt und ein permanenter Regen fällt auf sie nieder. Der Film deutet diese Ästhetik nicht an, er atmet sie. Und das trotzdem nicht aufdringlich plump, sondern erstaunlich stilbewusst und in bestmöglicher Kombination. Auch die Motivbausteine des Film Noir sind vertreten – die Dahlie, das Appartement,  die Bar, der kapitalistische Gauner, die ausufernden Gespräche im Fokus, undurchsichtige Rätsel, eine Femme fatale par excellence, selbst ein Chiaroscuro-Wandventilator und natürlich der heruntergekommene Ermittler wider Willen, gegen den sich das gesamte Umfeld verschworen zu haben scheint und der das undurchdringliche Dickicht mysteriöser Unstimmigkeiten um sich herum kaum aus eigener Kraft überschauen kann. Und am Ende eine Auflösung, bei der nicht ganz klar, ob sie ein Auflösung ist – bei der noch einige Bausteine fehlen, um sich ganz sicher sein zu können. Auch das ist Film Noir: Das Geheimnis ist stärker als die Wahrheit.
Möglich sind am Ende mehrere Dinge, welche davon nun wirklich stattfinden, darüber schweigt die Geschichte. Darüber nachzudenken, einzelne Theorien auf Plausibilität abzuklopfen und sie bei einer weiteren Sichtung auf Dichte zu überprüfen, das macht auch bei diesem Zeitreisefilm den Reiz aus. Bloß ist es hier eben nicht nur das, sondern eben auch das glaubhafte Noir-Blut, das durch den Film gepumpt wird und ihn zu einem ganz eigenen Leben erweckt und sehr besonders macht.
Dass aber auch dieser Zeitreisefilm kommt nicht mit intakter Logik davonkommt und sogar ziemlich offensichtliche Ungereimtheiten aufweist, die ebenso hätten vermieden können, lassen die Geschichte unsauber durchdachter wirken, als sie es tatsächlich ist. Denn auf der anderen Seite glänzt Synchronicity durch den geschickten Einsatz von Auslassungen und Pointen, sodass auch zwangsläufige Wiederholungen nicht langweilen, sondern immer wieder Neues eröffnen – nicht bloß dank wechselnden Perspektiven, wie es sonst der Fall ist.

Fazit

Es ist gar nicht so einfach, Synchronicity zu bewerten. Ästhetisch – und hier scheiden sich durchaus die Geister – ist der Film ein gelungener Wurf. Die Art und Durchführung der Geschichte ist durchaus speziell, ist aber auch absichtlich – und manch einer mag bemängeln unnötig – konfus erzählt. Spannend und interessant ist dieser Film aber ohne Zweifel – und ein weiterer Beweis dafür, dass Zeitreisefilme sich noch lange nicht totgelaufen haben.

Autómata

Androiden haben sich in den letzten Jahren durch bewusst minderwertige Produktionen mehr als nur ein paar Kratzer im Lack zugezogen. Über Antonio Banderas mögen böse Zungen selbiges behaupten. Mit Autómata bringt der Spanier Gabe Ibáñez sie in seinem zweiten Film zusammen.

Maybe the ocean is still there.

Story

2044 haben nicht die Menschen, sondern Sonnenstürme die Welt fast gänzlich unbewohnbar gemacht. Nach einer Reduktion um 99,7 % der Gesamtbevölkerung hausen auf dem ehemals florierenden Planeten nur noch 21 Million wackere Erdlinge, die darüber hinaus wichtige Technik wie z.B. für Kommunikation nicht nutzen können. Auch hier: Die Sonnenstürme sind Schuld. Roboter sind davon aber nicht betroffen und so konstruiert man Scharen von Androiden, die als billige Arbeitskräfte Schutzwälle für ihre Herrscher errichten sollen. Millionen von Robotern werden durch zwei Protokolle in Schach gehalten, die ihnen verbieten Menschen zu verletzen und sich zu modifizieren.
Jacq Vaucan ist Versicherungsvertreter der Firma, die diese Roboter fabriziert, und Mann einer hochschwangrene Frau. Jacq legt alles daran, zusammen mit seiner entstehenden Familie aus dem urbanen Moloch an die angeblich freundlichere Küste versetzt zu werden.
Der Auftrag, den er für die Verlegung absolvieren soll, hat jedoch einen besorgniserregenden Rattenschwanz, denn alles deutet darauf hin, dass das Unmögliche verbrochen wurde und plötzlich Roboter existieren, die sich selbst modifizieren.

Kritik

Zu Beginn brilliert eine Schwarzweiß-Montage mit einer unverbrauchten Klang- und Bild-Komposition, die auf die an sich schon sehr guten dargestellten Ideen noch einmal optimiert. Es gelingt auf bewundernswerte Weise, Ehrfurcht und Zynismus auf eine ebenbürtige, sich nicht selbst verschlingende Weise auf einem Punkt zu fixieren. Eine bessere Einführung könnte es eigentlich kaum geben, denn Gabe Ibáñez hat eine Vergangenheit als Effektspezialist und weiß dies erfreulicherweise sehr positiv in seinen eigenen Filmen zur Geltung kommen zu lassen.

Die Handlung startet vor einer unverkennbar an Blade Runner angelehnten Stadtkulisse, wo sich das Fortschreiten der Zeit überwiegend auf die Beschleunigung von Elend, die Reduzierung von Mitleid und die Zunahme von Werbung ausgewirkt hat. Die Zukunft ist Dreck mit LEDs und arm an guten Aussichten. Nicht von ungefähr erinnert Autómata ebenfalls sehr an den sträflich unterschätzten Ghost in the Shell 2 – Innocence, sind doch beide sehr gelungene Blade Runner-Jünger, die die Kunst beherrschen, sich verbeugen zu können, ohne sich zugleich lächerlich zu machen.
Denn auch, wenn Autómata sich seine Diegese optisch aus allen erdenklichen Klassikern zusammengeliehen hat, sieht man ihr doch an, dass die Verbindung der Fragmente mit Überzeugung und Leidenschaft vonstattengegangen ist. Eine angenehm inspiriert wirkende Kamera bewegt gekonnt sich durch die Gänge und sorgt mehr als nur einmal durch ihren bewussten, einfallsreichen, aber keineswegs aufdringlichen Einsatz für überraschende Momente. Automata imponiert mit wundervollen Aufnahmen und stimmigen Set-Ideen. Ein durchdachtes Sounddesign, ein ebenso guter Score zu gekonntem Lichteinsatz sorgen auch und vor allem für eine gehörige Dosis an Stimmung. Trotz eines Budgets von 15 Million Dollar, von dem auch noch die Gagen der relativ großen Namen wie Robert Forster (Alligator), Melanie Griffith, Dylan McDermott und Produzent Antonio Banderas selbst abgezogen werden mussten, sieht die bulgarische Produktion gar nicht so günstig aus und überzeugt mit einem Stil mit Widererkennungswert. Diese handwerkliche Versiertheit kaschiert ohne viel Aufhebens zu machen einige Dinge, die nicht so gut gelungen sind. So sind die Dialoge nicht immer frei von Überflüssigem, wirken aber trotzdem in sich stimmig und natürlich, was ja durchaus keine Selbstverständlichkeit darstellt. Ein paar pseudo-tiefsinnige Pathosfloskeln, die so in normalen Dialogen nie vorkämen oder vorkommen sollten, haben sich zum Beispiel eingeschlichen, doch macht dies erstaunlich wenig aus, weil die Güte der Inszenierung es schlichtweg überspült.
Auch offene Fragen und Ungereimtheiten lassen sich natürlich finden und einige fallen gar nicht so marginal aus (ob Jacq wirklich Wein mit seiner hochschwangeren Frau trinkt, gehört zu den weniger drängenderen), und doch lässt es sich auch hier einfach nicht von der Hand weisen, dass die Leidenschaft aller Beteiligten dies durch ein handwirklich sehr gutes Ergebnis fast schon gänzlich irrelevant macht. Der Film ist einfach zu voll mit kleinen, nahtlos eingefügten Höhepunkten, wie zum Beispiel eine Verfolgungsjagd in der nächtlichen Wüste, die kurz, dafür aber umso eindrucksvoller ausfällt.

Ganz besonders explizit wird diese Stärke bei den Robotercharakteren, die kunstvoll geheimnisvoll gelassen werden und lange Zeit ein Potenzial erahnen lassen, das von philanthropischer Gutmütigkeit bis zu hinterhältiger Verschlagenheit jeden Punkt auf der Skala des Zueinander-Stehens besetzen zu können. Zugleich tragen sie mimikarmen Blechkameraden dies nie zu offen zur Schau und wirken auf eine berührende Weise zerbrechlich, zärtlich und melancholisch.

Der endgültige Ausschlag im letzten Drittel fehlt, es kommt nicht wie erwartet größer und größer, sondern bleibt im Sinnbildlichen, ohne damit an dieser Stelle zu viel zu verraten. Es macht den Film zugleich auch auf eine Weise rund, sich nicht permanent steigern zu wollen, sondern sein Ende im Bescheidenen, aber Ausreichenden zu finden. Im Gegenteil hätte es der Geschichte wohl getan, wenn man auch auf ein weiteres Ereignis am Ende verzichtet hätte, das zu offensichtlich keinen anderen Nutzen hat, als sie genrebedingten Erwartungen an ein spannungsgelandenes Finale, in dem möglichst viel auf dem Spiel steht, zu bedienen.
Unterm Strich bietet das Drehbuch von Autómata einige Stolperfallen und Untiefen, in denen gerne auch der abgeschmackte Kitsch brodelt, doch klemmt die Regie die prekären Stellen jedes Mal in gekonnter Weise ab, bevor sie ernstlich zur Gefahr werden, sodass es der Handlung nie droht, nicht ernstgenommen zu werden.

Natürlich erfindet der Spanier mit seinem zweiten Film das Rad nicht neu und beackert ein Feld, das schon über zahllose Jahre hinweg Früchte getragen hat. Natürlich hätte es einige Elemente wie den abgehalfterten und klischeetriefenden Cop Wallace nicht gebraucht. All das wird gesehen und all das hat zahlreiche Kritiker zu bewogen, Autómata mit bissiger Häme abzustrafen. Für jeden schalen Punkt lassen sich aber zwei überraschend gut funktionierende auf der Habenseite finden. Und manche von ihnen besitzen genug Strahlkraft, um die Negativpunkte beinahe ganz vergessen zu machen.

Fazit

Autómata hätte sich zwischen Schönheit, Innovativitätsanspruch und Laienphilosophie schnell aufs Fürchterlichste verzetteln können, doch ist die Regie einfach zu gut, um den Film jämmerlich gegen jede der sich anbietenden Gefahren zu steuern. Stattdessen belohnen ein perfektes Tempo und eindrucksvolle Aufnahmen, die so düster wie durchdacht sind, und nicht zuletzt ein Antonio Banderas, dem an seiner Rolle wirklich was zu liegen scheint, die Zuschauer dieses kleinen Noir-Thrillers im Dysthopiegewand.

Chrysalis – Tödliche Erinnerung

Die genreprägende Horrormär Augen ohne Gesicht ist hierzulande ziemlich in Vergessenheit geraten. Der von der Traditionsschmiede Gaumont produzierte Sci-Fi-Thriller aus Frankreich Chrysalis – Tödliche Erinnerung hat sich den Klassiker zum Vorbild genommen, aber nur am Rande etwas mit ihm gemein. Uninteressant ist er deswegen aber keineswegs.


Aber das ist doch nur dein Körper!

Story

Prof. Brügen, eine Ärztin für Telechirurgie, und ihre 18-jährige Tochter Manon werden in einen Autounfall verwickelt. Die Tochter liegt im Koma, während Brügen wie besessen versucht, ihr Kind durch ein medizinisches Wunder wieder in den Alltag zurückzuholen.
Unterdessen kriegt der raue Cop-mit-Cowboy-Allüren David einen Jungspund an die Seite gestellt. Marie ist eine junge Ermittlerin, der nachgesagt wird, nur durch ihren berühmten Vater in diese Position gekommen zu sein. Einige Opfer weisen seltsame Male an den Augenlidern auf, doch abgesehen davon tappt das ungleiche Dou vollkommen im Dunkeln.

Kritik

Französische Science Fiction, bei der kein Luc Besson seine Finger im Topf hat. Das ist zumindest einen Blick wert und klingt vielversprechend.
Die Geschichte von Chrysalis ist – und das ist auch der große Kritikpunkt des Filmes – über lange Strecken eine sehr partikuläre, wenig verständliche, obwohl sie an sich alles andere als umfangreich oder sonderlich komplex ist.
Sehr lange weiß man nicht, was geschieht. Handlungsbausteine werden blinzelkurz durchs Bild geschoben, von anderen abgelöst und bleiben vorerst unerklärt. Leute treffen sich in Parkhäusern und mit Pistolenschüssen oder werden getroffen, von Lastwagen zum Beispiel. Mehrere Schicksale und kein Hinweis, wie diese zusammenhängen. Man erkennt nur schwer, wo, was und mit wem hier etwas geschieht. Da einem alles, aber auch wirklich alles fehlt, ist es leider auch nicht ganz so leicht, sich emotional auf die kurzen Ausschnitte einzulassen.
Als roter Faden kristallisieren sich aber die Ermittlungsarbeiten von David und seinem ungewollten Sidekick Marie heraus, bei denen man sich wünscht würde, dass die einzelnen Ermittlungsschritte etwas ausgiebiger vorgestellt würden.
Die Figuren bleiben ausnahmslos weit vom Zuschauer entfernt. Die Polizisten lassen sich dabei betrachten, wie sie seltsam lustlos in ihrem Fall herumstochern und verwirren mit plötzlichen Gefühlsausbrüchen. Kaum kennengelernt, so ungleich wie sonst kaum ein Ermittlerpaar und trotzdem braucht es nur eine Festnahme, bei der sich beide im selben Raum aufhalten, und der Grünling Marie entwickelt leidenschaftliche Gefühle für ihren Kollegen mit der starren Miene.

Eine nur dezent dynamische, nicht stillstehende, aber verstohlen schleichende Kamera liefert kahle Bilder hinter einem blauen, kühlen Farbfilter. Kühle Franzosen mit kühlen Gesichtern arbeiten hinter diesem Filter an einem Fall und erleben dabei alles andere als kühle Dinge.
Zu den groben Faustkämpfen und Keilereien passt das ausgesprochen gut, für den Rest des Filmes, der leider kaum Faustkämpfe und Keilereien beinhaltet, sorgt der stark unterkühlte Look aber in erster Linie für Distanz und hemmt die Spannung.
Die Science-Fiction wird überall reinzustecken versucht, indem Alltagsgegenstände einfach ein wenig aufgemotzt werden und heute als dekadent geltendes im Frankreich der Zukunft ein alter Hut ist. Schade aber, dass ausgerechnet eine der ganz zentralen futuristischen Gerätschaften undurchdachter Humbug ist.

Kurz zum Thema Faustkampf zurück: Ja, es gibt eigentlich nicht viel körperlichen Zoff in Chrysalis, aber dieser eine ausufernde Schlagabtausch im Badezimmer geht durch Mark und Bein. Man erlebt es selten, dass man tatsächlich in der Mitte des Films um das Überleben der Hauptperson bangt. Hier ist es der Fall. Dies findet ziemlich genau zur Hälfte des Filmes statt.
Die tatsächliche Krux ist, dass danach alles Sinn zu ergeben scheint, die Motivation der Figuren wird mit einem Schlag klar und man erhält endlich eine präzise Antwort auf die Frage, worum es eigentlich geht. Von ein paar unglücklichen Dialogen abgesehen, nimmt der Film von hier an stark an Fahrt auf, wird interessanter und wirkt selbst in der Regie plötzlich viel zielsicherer. Nur leider ist die Sache dann auch ziemlich schnell beendet, obwohl es sich anfühlt, als wäre die Story erst zur Hälfte erzählt. Der Schluss kommt schnell und abrupt.

Fazit

Viele eigentlich gute Elemente werden irgendwie planlos zusammengesteckt, sodass etwas entsteht, das im Detail sehr sehenswert ist, im Ganzen betrachtet jedoch einfach nicht ausbalanciert und seltsam willkürlich wirkt.
Trotzdem ist der Sci-Fi-Thriller, dessen verzwicktes Getue sich bald als Einfachheit herausstellt, mit seinen hübsche Einfällen auf der Präsentationsoberfläche und einer herrlich schmierigen Feel-Bad-Ausrichtung keine Zeitverschwendung. Europäische Science-Fiction ist einfach viel zu selten.