Arrow – Staffel 1

Der große Erfolg von Marvels ‚Cinematic Universe‘ war ein Ruf, dem bereits viele Leinwandhelden aus deutlich kleinerem Hause folgten. Während Chronicle, Misfits und Konsorten auf der Superhelden-Welle ritten, gelang Comic-Riese DC nie so recht der Aufsprung. Batman ausgenommen, bleiben nur klägliche Versuche wie Green Lantern. Erfolgreich war DC nur mit kleinen Marken wie R.E.D. und Watchmen.
Das soll sich nach dem Abdanken des Nolan-Batman ändern. Nicht nur mit Man of Steel und dem Justice League-Film, sondern auch mit der TV-Serie Arrow, die aktuell im deutschen Fernsehen anläuft.


You know I would never willingly be a part of anything like this.

Story

Oliver Queen ist ein Playboy, wie er im Buche steht. Arrogant, dekadent und ohne respektlos gegenüber allem und jedem. Während er auf der Yacht seines Vaters gerade seine Freundin mit deren Schwester betrügt, bringt ein Sturm das Schiff zum Kentern. Oliver kann sich auf eine scheinbar menschenleere Insel retten.
Fünf Jahre später kann er ein Schiff auf sich aufmerksam machen und in die Heimatstadt Starling City zurückkehren. Der Totgeglaubte gibt sich nicht bloß ungewohnt introvertiert, sondern ist zudem ein perfekter Kämpfer mit Faust, Fuß, Pfeil und Bogen geworden. Seine Mutter teilt sicht mittlerweile mit einem ehemaligen Arbeitskollegen des verblichenen Vaters das elterliche Bett und Olivers damalige Partnerin Laurel hält nur wenig von dessen Rückkehr, schließlich betrog Oliver sie mit ihrer Schwester und brachte ihr anschließend den Tod.
Kurz vor seinem Ableben auf hoher See händigte Olivers Vater Robert seinem Sohn eine Liste aus, auf der die Namen aller stehen, die zusammen mit ihm Unglück über Starling City brachten. Und damit hat der ehemals sinnentleer vor sich hinfeiernde Snob plötzlich eine Mission.
Als Oliver sich ein grünes Kostüm schneidert und als maskierter Arrow anfängt, die Liste seines Vaters abzuarbeiten, stellt er fest, dass seine eigene Mutter bis zum Hals in den zwielichtigen Machenschaften steckt, die er zu beenden trachtet.
Darüber hinaus wird er von der Polizei wegen Selbstjustiz gejagt, insbesondere von Detective Quentin Lance, der Vater von Laurel und ihrer verstorbenen Schwester. Laurel selbst bandelt zwischenzeitlich mit Olivers bestem Freund Tommy an, mit dem Oliver einen Nachtclub aufzieht, um seine Operationen zu tarnen. Nach Außen hin muss Oliver weiterhin den hedonistischen Lebemann spielen, während er die Unterwelt Starling Cities in grünem Kostüm aufmischt und einer großen Verschwörung auf die Schliche kommt.

Kritik

Ein junger Geldsack, der seine eigene Moralität entdeckt und mit Geschick und Technikeinsatz inkognito als Maskenträger die Straßen seiner Heimatstadt reinwäscht. Klingt, als hätte man das schon zwei oder gar dreimal irgendwo gesehen. Und das ist eigentlich auch eine schöne Meta-Synopsis von Arrow. Nach einem vielversprechenden Anfang rutscht die Serie schnell in die generischen Gewohnheiten einer durchschnittlichen Crime-Serie ab. Der Held hat austauschbare Probleme, die halbherzig ausformuliert werden und für das große Ganze völlig irrelevant sind. Zwischendurch sucht er sich ein Ziel und bringt es nach 45 Minuten auf die ein oder andere Weise zur Strecke. Das war’s. Das Ende von Staffel 1 möchte gerne rasant und spannend sein, ist aber weiterhin nur Mittelmaß und steht im Schatten der wirklich gelungenen ersten paar Episoden. Das Finale ist gerüstet mit dem guten alten Zeitbombe-hat-Digitalem-Countdown-Spannungstrick, mit dem man bekanntlich gar nichts falsch machen kann.
Der Punkt ist aber, dass Arrow trotzdem die meiste Zeit über gut zu gucken ist und selten richtig ärgert oder langweilt. Einige Plots sind hochwertiger und weniger löchrig als andere und einige Gespräche, Eingeständnisse und Erkenntnissvorgänge weniger doof und pathetisch als andere. Wenn es dann aber darum geht, Juwelendiebe ins Netz zu bekommen, haben die Plots trotzdem reinrassiges A-Team-Niveau erreicht.
Was die Serie interessant und in gewisser Weise auch merkwürdig macht, ist ihre Hauptfigur. Oliver Queen aka The Hood/Die Kapuze ist ein menschlicher Held mit scheinbar übermenschlichen Kampffertigkeiten. Bemerkenswert ist, dass die ihn verfolgende Polizei durchaus Recht hat. Er ist moralisch keineswegs überlegen, sondern fällt Urteile über Einzelpersonen nach seinem eigenen und selten vollständig nachvollziehbarem Kodex. Er tötet, weil es ihm an Anderem fehlt. Sein Sinn ist es, die Rechnungen eines Mannes zu begleichen, von dem er genaugenommen gar nicht weiß, warum er das tat und ob seine Motive rechtens waren.
Er ist charmant und schlagfertig – jedenfalls möchte die Serie das gerne vermitteln. Jemand, der durch intellektuelle oder gar ethische Überlegenheit punktet, das ist er jedoch nicht. Stattdessen vergleicht er seine Zielpersonen, oder besser Opfer, mit Krebsgeschwüren, die es zu entfernen gilt, um die Stadt zu revitalisieren. Oder zumindest nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
Die Bösewichte haben die Stärke des Geldes auf ihrer Seite, der Held die Stärke des Körpers, nicht etwa die der Ethik. Die Ambivalenz seines Charakters ist dabei nur folgerichtig, denn der Junge, der auf der Insel zum Mann heranreifte, war kein guter Mensch. Er konnte dort stärker werden, aber nicht besser. Zudem die Regeln, nach denen er dort zu spielen hatte, um am Leben zu bleiben, ebenfalls keine sauberen waren.
Ob die Macher der Serie, die bezeichnenderweise mehr Krimiserien- als Comicerfahrung haben, das auch im Blick hatten, ist jedoch anzuzweifeln. Denn Arrow versucht den Möchtegern-Helden immer wieder als noblen Rächer mit weißer Weste zu rehabilitieren, indem sie ihn die Ausübung von Selbstjustiz aufs Schärfste zu verurteilen lässt. Nur dass ihn dies in Anbetracht seiner Taten und Motive mehr scheinheilig denn rechtschaffen dastehen lässt. Da Stephen Amell den bogenschießenden Jungspund darüber hinaus als kühlen, unnahbaren Burschen mit starren Gesichtszügen spielt, ist der Protagonist in erster Linie eines: Unsympathisch. Und das war dann ganz gewiss nicht die Absicht der Seriengründer, die hier definitiv ein Prime-Time-Produkt vor Augen hatten.
Dazu kommt, dass in fast jeder Folge unsauber gearbeitet wurde und abstruse Logikfehler, die sich ohne viel Aufwand hätten vermeiden lassen, der dargestellten Welt ihre Glaubwürdigkeit entreißen. In Arrow ist es keine Seltenheit, dass Polizisten am Feierabend enorm wichtige Beweisstücke auf ihren Schreibtischen liegenlassen und jeder Dahergelaufene ins Dezernat spazieren und ungestraft alles einsacken kann. Oder dass der neunmalkluge Held nicht zu wissen scheint, dass es nicht zur Ausbildung eines IT-Spezialisten gehört, die Herkunft von Pfeilspitzen herauszubekommen. Und dass der markierte Bogenschütze nie enttarnt wird, obwohl er lediglich eine Kapuze und manchmal ein wenig Makeup trägt, ist noch einen deutlichen Grad bemerkenswerter als bei z.B. bei DC-Kollege Batman, mit dem er sich außerdem auch noch die Popularität seines Playboy-Gesichts teilt. Nur dass Mr. Arrow sich zehnmal auffälliger verhält als die Fledermaus und in seinem Aufzug ständig vor Verwandten und Bekannten rumturnt.
Dass Figuren beizeiten völlig verquere Entscheidungen treffen und selten dumme Dinge sagen, ist ein Muster der Serie, das immer wieder anzutreffen ist.
Tatsächlich werden die Serie und ihr Protagonist Oliver Queen mit fortschreitender Laufzeit nicht komplexer, sondern weitaus flacher als sie Anfangs noch versprechen. Je mehr man über die Hintergründe in Erfahrung bringt, desto uninteressanter wird die Angelegenheit. Am Ende bleibt als einzig interessanter Aspekt die aufgesetzt wirkende Dichotomie zwischen Comicheld und Selbstjustizfanatiker bestehen. Alle Nebenplots sind blanker Durchschnitt, alle Figuren viel zu statisch. Einzige Ausnahme ist der manische Polizisten-Vater Quentin, dem Paul Blackthorne eine rauchige Noir-Bitterkeit verleiht. Nur leider wird die geschriebene Figur dem sympathischen Schauspiel niemals gerecht.
Später kriegt der Schütze Sidekicks an zur Seite gestellt, die nie mehr als klassische Sidekick-Aufgaben erfüllen. Meist sind sie moralische Instanz oder Stichwortgeber. In erster Linie scheinen sie aber dafür da zu sein, damit die Hauptfigur jemanden hat, mit dem sie Gespräche führen kann, weil die 45 Minuten sonst nicht gefüllt würden.

Fazit

Arrow hätte eine bemerkenswerte Serie werden können, wenn die Geschichte nicht über 23, sondern über 9 Folgen erzählt worden wäre. So gibt’s zwischen dem spannenden Anfang und dem lapidaren Ende viel, viel, viel Leerlauf und uninteressantes Füllmaterial.
Was bleibt, ist gediegene Sonntagnachmittag-Unterhaltung. Eine Crime-Serie, die so tut, als wäre sie ein Comic. Und ein Comicheld, der mit seiner Mischung aus weißem Ritter und gefährlichem Lokalpatriotismus eine ziemlich irritierende Mischung darstellt, von der dank des einschläfernden Spiels Stephen Amells aber nichts übrig bleibt.

Und wieso die Serie hier eine Kritik bekommt, obwohl ein bogenschießender CSI-Verschnitt mit Sci-Fi rein gar nichts am Hut hat? Nun, zum einen wegen dem Technikschnickschnack, der von Gut und Böse ins Feld geführt wird, zum anderen weil sie später unter Garantie ins Justice-League-Universum integriert wird.
Vor allem aber, weil in Staffel 2 Flash auftauchen und die Serie so ihre Sci-Fi-Präfix verleihen wird.

Man of Steel

Mit Dawn of the Dead überraschte er, indem er 2004 Romeros Klassiker zwar seiner Gesellschaftskritik beraubte, ihn aber mitreißend und einschneidend in die Moderne katapultierte. 300 deutete das Adaptionstalent an, das Watchmen – Die Wächter mit Bravour bestätigte. Hat der Mann eine Vorlage, dann kann er sie wie kein anderer in Film verwandeln.
Sucker Punch machte dann mit katastrophaler Deutlichkeit klar, was passiert, wenn ihm einer solchen Vorlage ermangelt.
2013 versucht Regisseur Zack Snyder mit Man of Steel, seine anfänglichen Erfolge wieder aufleben zu lassen. Mit berühmter Comic-Vorlage und niemand geringerem als Chrisopher Nolan und dessen Schreibgehilfen David S. Goyer (The Dark Knight Rises) als Storylieferanten an der Seite, soll ihm das gelingen, was Bryan Singers Superman Returns aus dem Jahr 2006 wegen seiner Treue zum Altmodischen missglückte, um Tür und Tor für die 2017 anstehende Justice League zu öffnen.

I am your father, Kal.

Story

Der Kryptonier Jor-El und seine Frau Lor-Van haben ehrgeizige Ziele. Nachdem sie erfolglos gegen die Zerstörung ihres Heimatplaneten angekämpft haben, bringen sie, die strenge Geburtenkontrolle missachtend, das erste natürlich gezeugte Kind seit langer Zeit zur Welt, stellen sie sich gegen den brutal revoltierenden General Zod und seine skrupellosen Handlanger, entwenden den Kodex des Volkes und schicken diesem mitsamt ihrem Neugeborenen in einer Kapsel ins All, kurz bevor ihr Heimatplanet in Stücke gerissen wird. Das Ziel des Flugobjekts lautet Erde, welches es unspektakulär erreicht, indem es auf das Land der Farmerfamilie Kent knallt, die sich des Knirpses annimmt und mit dem Namen Clark großzieht.
Der Junge wächst auf, ohne dass sein Geheimnis ans Tageslicht kommt und selbst um es weiß. Leicht hat er es nicht, denn die für seinen Organismus ungewohnte Strahlung der noch jungen Erdensonne überreizt regelmäßig seine Sinne. Dies und seine übermenschliche Stärke machen Clark zum Außenseiter in Schule und Leben.
In seinen 30ern streicht er durchs Land, hilft Menschen allerorts und versucht, das Geheimnis seines Ursprungs zu ergründen.
Ein Traum, der auf unerwünschte Weise in Erfüllung geht, als General Zod und seine Mannen in Raumschiffen aufkreuzen, die Auslieferung des letzten Kryptoniers einfordern und gleichzeitig mit der Ausrottung der Menschheit flirten. Ihr Ziel ist die Erschaffung eines neuen Krypton.
Und der zweifelnde Clark Kent wird zum  zweifelnden Superman.

Kritik

Auch Superman ist nur ein Mensch. Eine Erkenntnis, die nötig war, um den Stählernen in Zeiten mehrfach gebrochener Helden noch reizvoll zu machen. Es ist nur folgerichtig, dass Superman als Neugeborenes gezeigt wird, splitterfasernackt, vollkommen ungeschützt und wie am Spieß schreiend. Auch Überwesen wie er sind verletzlich und schutzbedürftig – und das, umso größer ihr Gerechtigkeitsempfinden ist. Auch wenn um sie herum Welten zugrunde gehen und im Hintergrund ein grimmiger Russel Crowe die Schergen Zods zu Dutzenden dezimiert.

Nach 20 Minuten ist Krypton Geschichte und Superman flitscht durchs All, um einen Wimpernschlag später mit brennendem Waschbrettbauch und viel Rambazamba eine Bohrinsel zu evakuieren, wo er die Zeit unter Wasser nutzt, um an seine schwere Kindheit als gemiedener Sonderling zu denken.
Wer nach Batman, Iron Man und Co. einen ambivalenteren Helden mit innerem Konflikt erwartet, liegt tendenziell richtig. Wer denkt, dass dieser von einer durchdachten, mit Überraschungen gespickten Story ummantelt wird, der wird enttäuscht. Die Geschichte ist banal, vorhersehbar und mit anderen Bildern unzählige Male zuvor erzählt worden. Das Motiv von General Zod (der übrigens aussieht wie ein Space Marine aus dem Warhammer 40.000-Universum) ist alles andere als verblüffend, sondern schon mehrmals durchgekaut und bereits ab dem Prolog deutlich erkennbar.
Eine banale Geschickte wird Origin-Stories von Superhelden im Regelfall verziehen. Einfach deshalb, weil Comicvorlagen nun mal so sind und die Basis für Weiteres schließlich irgendwie geschaffen werden muss. Doch kann das „Andere machen es auch nicht besser“-Argument nicht unendlich oft als Ablass herhalten. Erst recht dann nicht, wenn man versucht, damit etwas einzuleiten, das vier Jahre später Marvel’s The Avengers in seinem Fundament erschüttern soll.
Davon ab ist man nicht ohne Erfolg bemüht, den dürren Plot wenigstens halbwegs schlüssig zu erzählen. Auch wenn man als Zuschauer schlucken muss, dass Superman die Katastrophen, für deren glimpflichen Ausgang der sorgt, förmlich anzieht, und der Film sich trotz langer Laufzeit nicht die Zeit nimmt, Logikschwächen auszubügeln. Weshalb Reporterin Lois Lane einfach so durch das offenkundig außerirdische Flugobjekt lustwandeln darf, das in der Arktis von Regierungsbeamten umzäunt und mit höchster Geheimhaltungsstufe versehen wurde, das macht der Film zum Beispiel nicht ganz deutlich. Außerdem sind die Dialoge manchmal gefährlich nah an der Grenze zu schlimm, strengen sich aber an, diese Grenze nie ganz zu überschreiten. Das trifft auch auf viele andere Dinge zu. Muss Superman als Kind denn wirklich Platon lesen, damit wir verstehen, was für ein einzigartiger Junge er doch ist?
Dass man den Zuschauer für völlig begriffsstutzig hält und anstatt die eindeutigen Bilder für sich sprechen zu lassen, vorsichtshalber einen Einstein-Verschnitt vor einem Haufen dumme Fragen stellender Soldaten noch einmal alles erklären lässt, rückt die Sache leider in kein besseres Licht. Zudem des Weißkittels beste Idee dann doch nur ist, bei akuten Schwierigkeiten mit der geballten Faust einmal kräftig auf das Problem zu schmettern.
Aber es gibt auch feine Ideen. Zum Beispiel, dass unser Held in Zeiten der Ratlosigkeit in einer Kirche nach Antworten sucht. und, ganz der Erdenvater, dort auch fündig wird.

Dann ist da ja noch das ewig gültige Snyder-Standard-Argument: Schöne, schöne Bilder.
Wenn der Herr auch kein überzeugender Geschichtenerzähler ist, ein großer Ästhet steckt in ihm ganz ohne Zweifel. Und ein recht ordentlicher Regisseur noch dazu. Das führt dazu, dass wir eine erzählerische Ideenlosigkeit in nicht nur ziemlich hübschen, sondern auch sehr unterhaltsamen Bildern präsentiert bekommen. Wie so einiges von Herrn Snyder fühlt sich also auch Man of Steel auf schale Weise gut an. Ein „gut“, das sich ab Minute 90 enorm zu steigern weiß, weil dann eine Schlacht einsetzt, die für die verbleibenden  50 Minuten des Filmes andauern wird. Aber es lässt einen auch merkwürdig kalt, wenn da in Kleinstarbeit die ganze Welt zwischen trudelnden Helikoptern, gefällten Hochhäusern und dröhnenden Terreformern einzuknicken droht.
So geht und ging es vielen Zuschauern und mehr als nur einmal wurde die etwas unsichere Frage gestellt, woher es denn wohl komme, dass dieses absolute Maximum an darstellerbarer Zerstörung unseres Heimatplaneten uns so seltsam ungerührt lässt. Die Antwort darauf ist eine denkbar einfache: Weil uns der Protagonist und alle anderen Figuren der Diegese kaum wichtig sind. Betrachtet man es genauer, stellt man fest, dass bisher in keinem Snyder-Film so etwas wie eine nennenswerte Charakterentwicklung vorkam. Bei Man of Steel gesellt sich erschwerend hinzu, dass da eigentlich auch kaum was existiert, das sich entwickeln könnte. Obwohl der Film fast 2 ½ Stunden die Geschichte von Superman erzählt, weiß man am Ende nicht so recht nicht, wer dieser komische Knilch im Anzug eigentlich ist. Klar, das passt irgendwie, denn als Kind zweier Welten, das nirgends beheimatet und willkommen ist, ist so eine saftige Identitätsstörung ganz gewiss nicht unglaubwürdig. Aber wollen wir Filme doch nicht für etwas loben, das sie gar nicht wollen. Auch wenn Henry Cavill sich anstrengt, in jeder Szene schwermütig und zerrissen dreinzuschauen, erhält sein Charakter nicht die Tiefe, die die neue und düstere Version dieser Geschichte für sich so gerne in Anspruch nehmen möchte.

Fazit

So frisch, düster und einzigartig, wie der abermalige Superman-Neustart gerne wäre, ist er nur in seltenen Momenten. Dafür ist die Geschichte zu eindimensional und altbacken und die Charaktere sind trotz der großen Darsteller mit Hang zu depressiven Blicken einfach nicht stofflich genug.
Zack Snyders Talent, lahme Dinge rasant und intensiv  zu inszenieren, entschädigt aber auch bei Man of Steel über weite Strecken und macht den Film zu einem audiovisuellem Genuss, dessen Reize einen dazu verführen, den vielen Mängeln gerne mit Nachsicht zu begegnen.

The Dark Knight Rises

Vier Jahre ist es her, dass The Dark Knight Erwartungen über den Haufen warf, Kinos mit Besuchern schwemmte und Heath Ledger posthum den Oscar für seine unerträglich intensive Verkörperung des Fröhlichen einbrachte. Jener zweite Teil und dessen tragische Produktionsgeschichte ließen die allgemeine Achtung vor dem Vorgänger Batman Begins über Gebühr steigen und den Zuschauer mit schier unerfüllbaren Forderungen an das Trilogie-Finale zurück.


Story

Das Böse ist besiegt. Vor acht Jahren legte der Der Dunkle Ritter nicht nur dem Joker, sondern auch Staatsanwalt Harvey Dent aka Two Face das Handwerk. Die Stadt war gerettet, doch der Preis, den Batman zu entrichten hatte, ist kein geringer gewesen. Die Öffentlichkeit verurteilt den Helden aufs Schärfste für seine Tat, Dent zu richten, von dessen wahrer Natur die Bürger Gothams nie erfahren durften. Batman ist ein Geächteter und seither nie wieder in Erscheinung getreten. Bruce Wayne, seines Lebenssinnes beraubt, verwahrlost und halb verkrüppelt, ist gleichfalls von der Bildfläche verschwunden und allenfalls noch für den Klatsch der Oberschicht gut. Zusammen mit Batman verkümmerten auch der Millionär und Wayne Enterprises.
Erst die forsche Diebin Selina Kyle kann ihn aus seiner Lethargie reißen. Doch Comic-Logik im Allgemeinen und DC-Kausalität im Speziellen haben es an sich, dass ein solcher Weckruf selten nur an Gutes gekoppelt ist.
Der agile Langfinger arbeitet für eine undurchsichtige Vereinigung und diese wiederum scheint in direktem Zusammenhang mit Bane zu stehen. Und dieser Bane entpuppt sich alsbald nicht nur als Batmans mächtigster Widersacher, sondern auch als die bisher ärgste Bedrohung für Gotham City.
Gespenster aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umzirkeln den Verstoßenen und seine Stadt.

Kritik

Wie einem zweite Teil der Größe eines The Dark Knight das Wasser reichen?
Die schnörkellose Antwort: Gar nicht und stattdessen den Plan weiterverfolgen.
Erst mit The Dark Knight Rises wird ersichtlich, wie sehr Nolans Batman-Interpretation als Trilogie angelegt ist. Nach dem zwar ungewohnt düsteren, im Gesamten aber klassischen Superheldenstart aus dem Jahre 2005 kam mit Teil zwei der große Höhepunkt der Saga. Nach allen Regeln der Filmkunst wurde der etablierte Held mit dem einzigen ernstzunehmenden Feind seiner fest verankerten Moral konfrontiert und siegte um Haaresbreite.
Was folgt, ist die übersättigte Welt nach dem Hauptgang. Das Böse ist gebannt, ein Held wirkt plötzlich unbequem und irrational. Es offenbart sich das verstörende Bild einer Comic-Utopie. Was geschieht mit dem Helden und seinem Schützling, wenn das Dunkle vertrieben ist, wenn der Triumph im Rücken liegt? Gotham City suhlt sich in Dekadenz und hat eigentlich auch allen Grund dazu.

The Dark Knight Rises ist kein zweiter und erst recht kein wahrhaftiger Hauptteil. Es handelt sich um den Epilog einer dreiteiligen Erzählung – und als solcher funktioniert er bestens. Sicher, faktisch steht mehr auf dem Spiel als noch im zweiten Akt, trotzdem backt der Film kleinere Brötchen, weil er näher an den Figuren ist, verschwitzter, erbitterter und weit emotionaler daherkommt.
Bane ist hierfür möglicherweise nicht der optimale, durchaus aber ein tauglicher Antagonist. Seine Undurchsichtigkeit und die gewisse Nähe, die er zu Batman hat, machen ihn zu einem Charakter, der nicht ambivalenter, aber entschieden mysteriöser als der räudige Joker wirkt. Tom Hardy nimmt den Platz hinter der Maske mit der notwendigen Intensität ein und macht aus dem Ungeheuer einen martialischen Spiritualisten. Er weiß seine wuchtige Physis so einschüchternd einzusetzen, dass die verborgene Mimik nicht eine Sekunde vermisst wird. Seine Stimme scheint vor bitterböser Süffisanz immer kurz vor dem Überschäumen; ein geschickt platzierter Gegenpol zum bewährt trockenen Humor der Serie. Diesbezüglich eine warnende Randnotiz: Im Englischen ist Bane durch seinen Maulkorb (trotz Nachjustierung in der Postproduktion) ungemein schwer zu verstehen.
Schon immer wurde nicht bloß die Figur Batman, sondern auch dessen Leinwandabenteuer primär durch die Art seiner Schurken bestimmt: Mit dem Joker ging die Manie, mit Bane kommt der Ingrimm.

Auch der Rest des Casts weiß wieder mal zu überzeugen. Christian Bale spielt die gealterte Fledermaus mit Würde, Gary Oldman bleibt seiner liebenswerten Auslegung von James Gordon treu, Joseph Gordon-Levitt gibt den Feuereifer-Polizisten angenehm zurückhaltend und Michael Caine stellt wiederholt unter Beweis, dass er der heimliche Star der Reihe ist. Keinen Klagegrund gibt auch Frau Hathaway in ihrem Catwoman-Kostüm. Obwohl ihr Charakter etwas unterbeleuchtet bleibt, fügt er sich nahtlos ins geerdete Szenario ein. Dennoch ist fraglich, ob der Film diese Figur gebraucht hätte, denn zur tatsächlichen Geschichte trägt sie kaum Wesentliches bei. Bedenkt man, dass insbesondere in der zweiten Hälfte so manches Ereignis trotz der 164 Minuten Laufzeit etwas gehetzt wirkt, wäre die Einsparung der Katzendame vielleicht kein schlechter Schachzug gewesen.
Überhaupt wirkt das Werk dramaturgisch im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger nicht mehr ganz so rund und geschliffen. Die Ereignisse gehen nicht immer elegant logisch auseinander hervor, sondern wirken an wenigen Stellen etwas unsauber aneinandergereiht. Zum einen fällt dies aber kaum ins Gewicht, zum anderen steht der leicht fahrige Aufbau der Krise des Protagonisten gar nicht schlecht zu Gesicht. Im Gegenzug ist der Streifen nicht mehr so schwer beladen wie der wirkmächtige Vorgänger und zieht die Daumenschrauben zwar weniger hurtig, dafür aber umso fester an. Außerdem wird den zwischenmenschlichen Beziehungen mehr Platz zugestanden. Von emotionaler Warte aus bewertet, ist dieser Batman-Film ganz sicher der stärkste.
Auch technisch gibt es erwartungsgemäß nichts zu beklagen. Hans Zimmer hat sich wund komponiert und Gotham ist trotz erhöhter Helligkeit immer noch Battys finstere Fledermaushöhle. Einzig die Faustkämpfe wirken wegen des steifen Anzugs nach wie vor ein bisschen schwerfällig, was gerade beim direkten Gekloppe mit Bane kaum zu verbergen ist.

Fazit

The Dark Knight Rises mag kein perfekter Film sein, ist aber ein verdammt noch mal würdiger Abschluss. Alte Bekannte, viel Gefühl, tiefe Einblicke und eimerweise Herzblut. Christopher Nolans Vision ist zu Ende erzählt und jede weitere Ergänzung wäre in dieser 3-Akte-Konzeption ganz einfach überflüssig.
Es bleibt abzuwarten, wie Warner Bros. das Franchise in Zukunft behandelt, wenn der Meister nicht mehr als Regisseur zur Verfügung steht.
Hiermit bietet 2012 jedenfalls das perfekte Comic-Kontrastprogramm zum keineswegs schlechteren, aber grundverschiedenen The Avengers.