Outcasts

2011 schickte BBC mit Outcasts eine weitere Serie ins Rennen. Neben den vielen anderen Produktionen des Senders sollte nun ein reinrassiges Sci-Fi-Drama ins bestehende Programm genommen werden. Das an Earth 2 erinnernde Szenario verspricht eine Mischung aus Abenteuer, Drama und einem Schuss Mystery.
Erwartungen, denen die Serie kaum gerecht werden kann.


Fortpflanzung. Ist das alles, worum es am Ende geht? Das ewige Kopieren von einem selbst?

Story

Während die Erdenzivilisation aus nuklearen Gründen langsam abdankte, ging ein Raumschiff mit einigen Pionieren an Bord auf Reisen, um den neuen Heimatplaneten Carpathia für die Menschen zu besiedeln.
10 Jahre später steht auf dem etwas kahlen Planeten ein kleines Städtchen, die Menschen haben sich eingelebt und Präsident Richard Tate dirigiert milde und umgänglich. Nach Jahren ohne Kontakt zu Mutter Erde taucht endlich ein weiterer Transporter im Orbit auf. Doch dieser bringt neben einer Handvoll Erdlinge in erster Linie Probleme mit sich. Den Menschen ist der Planet abseits ihrer kleinen Festung immer noch vollkommen unbekannt und während innerhalb des Siedlungswalles die Konflikte gären, bahnen sich auch außerhalb gleich mehrere Probleme an. Nicht nur, dass die knapp einem Pogrom entkommen ACs – eine Gruppe künstlich geschaffener Menschen – eine fortwährende Bedrohung darstellen, es häufen sich außerdem mysteriöse Erscheinungen, die rational kaum zu erklären sind.

Kritik

Outcasts beginnt mit einem angenehm plötzlichen Start. Ein paar Details werden in der Pilotfolge geschickt am Rande vermittelt, der Rest erschließt sich im Laufe der Geschehnisse. Warum sich die heimatfernen Menschlein nie über die Grenzen ihrer Wellblech-Siedlung hinausbewegt haben, bleibt vorerst ebenso im Dunkeln wie das Schicksal der Erde.
Sofort fällt isn Auge, wie unverschämt schmuck die ganze Angelegenheit aussieht. Man hat es tatsächlich geschafft, den Drehort Südafrika ein wenig wie einen fremden Planeten erscheinen zu lassen, die seltenen Szenen im Weltraum sehen mitsamt der enormen Schiffsmodelle tadellos und sehr atmosphärisch aus und auch über die Phänomene an der Planetenoberfläche lässt sich kein schlechtes Wort verlieren – technisch befindet sich Outcasts ganz klar über gängigem TV-Niveau.

Ebenfalls gleich zu Beginn fallen aber auch die großen und kleinen Schnitzer auf. Das Projekt hat seinen Schwerpunkt nicht auf Action und Abenteuer gelegt, sondern versteht sich in erster Linie als erwachsenes Charakterdrama vor Science-Fiction-Kulisse.
Leider begegnen einem nicht vielschichtige und spannende Figuren, sondern ausschließlich flache Reißbrettpersönlichkeiten.
Das fängt beim Folge 1-Knaben an, der von nichts anderem als Tigern redet und damit spätestens beim dritten Mal nicht mehr süß ist, und macht auch vor sämtlichen Protagonisten nicht halt.
Zwar gibt es hie und da ein paar geglückte Charaktermomente, in aller Regel regiert aber Mittelmaß. Halbwegs interessant ist der Präsident, der nicht ganz so funktionell und durchschaubar wie der Rest ist.
Der Gegenspieler (in Episode 1 Jamie Bamber (Battlestar Galactica, Dollhouse) als tyrannischer Wüterich mit Verfolgungswahn, später Eric Mabius als windiger Politiker) ist natürlich ganz arg diabolisch und arrogant, damit der Zuschauer nicht zufällig auf die Idee kommen könnte, mit ihm zu sympathisieren. Wer gut und wer böse ist, kaut die Serie so lange vor, bis die Figuren kaum noch Geschmack haben.
Es versteht sich von selbst, dass zentrale Persönlichkeiten auch alle ihre große oder kleine Katharsis durchleben, doch nichts davon ist spannend oder überraschend. Man hadert mit Standardproblemen und findet Standardlösungen für sie.
Vor der flachen Figurenzeichnung gefeit sind die ACs. Dies aber nur, weil sie die gesamte Zeit über gesichtslos bleiben und einzig ihr Anführer einige Male verbissen in die Wüste gucken darf.
Dazu kommt, dass die Figuren während ihrer unnatürlich wirkenden Konversationen meist nur leere Wortgeflechte hin- und herschieben.

Mit der Geschichte verhält es sich ähnlich. Natürlich prallen alle großen menschlichen Charakterstika in der kleinen Siedlung aufeinander. Hochmut, Eitelkeit, Egoismus – und selbstverständlich dürfen auch die üblichen Fronten Religion und Technik nicht fehlen. Natürlich werden Intrigen gesponnen, manch einer hat offensichtlich Dreck am Stecken, während andere mit ihrem ungerechten Schicksal hadern.
Neben einigen größeren und kleineren Logikbrüchen, die selten zu auffällig, aber doch schwer zu ignorieren sind, gibt es vor allem viel Pathos. Insbesondere die Musik hat einen Hang dazu, normale Szenen sehr schnell tief in Kitsch zu tunken und das Offensichtliche bunt auszumalen.
Hätte man sich hier zurückgehalten, wäre man nicht nur auf die Standardlänge von 45 Minuten pro Folge gekommen, sondern hätte auch eine bessere Serie produziert.

Es ist ärgerlich und unverständlich, dass man aus einer so vielversprechenden Prämisse so wenig herausholen wollte. Outcasts zeigt stellvertretend auf, woran moderne Science-Fiction viel zu oft leidet. All die Möglichkeiten sind zum Greifen nahe, werden von den Erzählern aber stur ignoriert. Das Problem, nicht mehr als Köder zu haben, als eine nette Ausgangssituation, erinnert an die in vielen Punkten ähnliche Serie Jericho – Der Anschlag.
Statt die langsam fortschreitende Erkundung des Ungewissen zu zeigen, entscheidet sich die Sci-Fi-Serie für biedere Belanglosigkeiten, um den Zuschauer bloß nicht zu überfordern.
Dass es auch anders geht, zeigt Folge 7, die bei weitem nicht fehlerlos ist, aber immerhin flott über den Bildschirm zuckelt und sich nicht unentwegt in Kleinigkeiten verbeißt. Auch sonst hat jede Folge hat ein paar sehenswerte Momente parat. Auf jeden davon kommen aber mindestens 10 langweilige.
Später versucht man noch unbeholfen, die „Jeder könnte ein Android sein“-Paranoia hervorzurufen, die ja schließlich erst in BSG wunderbar funktioniert hat. Nur geschieht dies ebenso nüchtern und ideenarm, wie alles andere auch.
Was bleibt, ist eine nur schwer zusammenpassende Mischung aus Spiritualismus ein ganz klein wenig Pantheismus, jeder Menge Banalismus und einem Bündel auf ewig offener Fragen, da nach den 8 Episoden bereits der Geldhahn abgedreht wurde. Auch die Cliffhanger verlaufen jämmerlich im Sande. Die Schocks sitzen nicht, die Mystery-Elemente wirken deplatziert, die künstliche Dramatik ist stockend und die Action unbegreiflich träge und undynamisch aufgebaut.

Gerne wäre man ein wenig wie LOST: Ein paar Leute stranden auf einer Insel im Weltraum, abgeschnitten von allem versuchen sie, sich miteinander und mit ihrer Umwelt zu arrangieren, während Mysteriöses geschieht und viel mehr auf „der Insel“ verborgen scheint, als man anfangs vermutete.
Nur sind die Charaktere nicht liebenswert, die Mystery-Elemente selten interessant genug und die Geschichte – und hier mag man womöglich die größte Parallele zu LOST erkennen wollen – schlägt an zu vielen Stellen leck.
Unterm Strich ist Outcasts aber nicht wirklich schlecht. Das Gezeigte ist hübsch, die Prämisse hat Potenzial und auch die ein oder andere nette Idee hat sich eingeschlichen. Umso tragischer ist es, dass die Serie derart unmotiviert und träge daherkommt und weder eigene Ideen hat noch die fremden Ideen sinnig integrieren konnte.
So dümpeln die 8 Folgen erschreckend ereignislos vor sich hin, fühlen sich an wie 2 volle Staffeln und entlassen den Zuschauer am Ende mit einem Gefühl von Leere.

Fazit

Die BBC-Serie baut auf generische Charaktere in schon zu oft gesehenen Situationen. Das Ergebnis sind 8 Episoden, die durch und durch mittelmäßig und nicht selten langatmig, dafür manchmal richtig schlecht sind. Dank ein paar gelungener Elemente befindet sich Outcasts fernab von „unerträglich“, aber mitten in „unnötig“.

Dollhouse – Staffel 1

Joss Wheon ist ein wenig wie der Heiland des modernen amerikanischen Unterhaltungskinos. Buffy – Im Bann der Dämonen und Angel – Jäger der Finsternis machten ihn (trotz der deutschen Untertitel) groß. Firefly sicherte ihm den Status eines Halbgotts und The Avengers lieferte den Beweis, dass ein klasse Geschichtenerzähler selbst auf rutschigem Blockbuster-Boden ein klasse Geschichtenerzähler bleibt. Ganz zu schweigen von all den Comics, durch die er als Autor seine Welten auch post mortem weiterleben lässt. Nun ja, natürlich gibt es da auch noch Alien – Die Wiedergeburt, aber das lässt sich getrost als einmalige Jugendsünde verbuchen.
So wie vielen die Identität des Regisseurs des 4. Alien-Filmes nicht bewusst ist, so wird auch Dollhouse gerne übergangen, wenn man an die Werke des Joss Whedon denkt. Nicht ganz zu Recht.

Did I fall asleep? 

Story

Vor der Außenwelt versteckt, dieser nur als urbane Legende bekannt und mit modernster Technik ausgestattet, ist das Dollhouse eine Agentur der besonderen Art. Freiwillige schenken diesem Unternehmen für eine im Vorfeld festgelegte Anzahl an Jahren ihren Körper und werden dafür reich belohnt. Ihre Persönlichkeit wird auf einem Speichermedium zwischengelagert, während der Leib, quasi entgeistet, mit unkomplizierter Servilität durch das Dollhouse streift, dort Bonsai-Bäume frisiert, schwimmt und schlummert. Geht ein Auftrag ein, wird der passende Körper – Doll genannt – ausgewählt und mit der für den Anlass geeignetsten Persönlichkeit bestückt. In wenigen Sekunden werden so Tanzlehrer, Elitesoldaten, Meisterdiebe und sanftmütige Liebhaber erschaffen. Genügend Kaufkraft vorausgesetzt, kann sich der Auftraggeber einen Menschen nach Maß anfertigen lassen.
Nicht alle Mitarbeiter der Organisation haben die moralischen Fragen, die solche Arbeit aufwirft, für sich vollständig beantwortet. Außerdem kommt der FBI-Agent Paul Ballard dem Dollhouse mit obsessivem Eifer auf die Schliche und nicht zuletzt hat man nicht nur mit den gesichtslosen Strippenziehern hinter dem globalen Netwerk aus Puppenhäusern, sondern auch mit einem  Schatten der eigenen Vergangenheit zu kämpfen. Es häufen sich nämlich die Anzeichen, dass der geheimnisvolle Alpha – der vor geraumer Zeit ein Massaker in der Organisation angerichtet hat – gar nicht so tot ist, wie man zu glauben versucht. Dass die willenlosen Dolls neuerdings besorgniserregend verhaltensauffällig werden, schürt die Sorgen zusätzlich.

Kritik

Nimmt man es genau, ist Dollhouse eigentlich nur eine weitere Serie nach bewährtem Akte X-Muster. Eine klandestine Organisation schickt Agenten aus, um besonders heikle Aufträge elegant und verschwiegen auszuführen, während man über die Folgen hinweg gleichermaßen Bedrohungen von Außen und von Innen abzuwehren hat.
Aber natürlich will Dollhouse viel mehr als nur ein weiterer Klon sein, schließlich hielt sich ein bestens gelaunter Joss Whedon am Set auf. Deswegen schickt man sich an, den Zuschauer vor dasselbe Gewissens-Dilemma zu stellen, mit dem auch die Figuren zu hadern haben. Die Beschäftigten im Dollhouse werden einem nahegebracht, sie sind mehrdimensional, sensibel, haben nachvollziehbare Schwächen, gehen als Protagonisten aber einer moralisch höchst verwerflichen Tätigkeit nach. Auch Paul Ballard, der der Gruppierung mit an Selbstaufgabe grenzender Besessenheit auf die Pelle rückt, ist kein Unschuldslamm und zudem viel zu selten und unregelmäßig präsent, um als alleinige Hauptperson fungieren zu können.
Als stummer Betrachter stellt man sich deshalb unweigerlich immer wieder die Frage: Will ich mit Leuten sympathisieren, die in selbstgerechter Weise Gott spielen? Problematisch wird es dann, wenn man sich ein klares „Nein“ als Antwort gibt, denn ohne Identifikationsfiguren bleibt nur eine halbgare Geschichte.

Zu oft bremst sich Dollhouse selbst mit knapp an der Belanglosigkeit vorbeischrammenden Episoden aus, die die Haupthandlung wenig bis gar nicht voranbringen und für sich nicht mehr zu bieten haben als die Story einer austauschbaren Crime-Serie. Das verwässert das interessante Grundprinzip und sorgt im schlimmsten Fall für Überdruss.
Natürlich ist Doll Echo als eigentliche Hauptfigur konzipiert, doch durch die ständig wechselnden Persönlichkeiten ist ihr Charakter einfach zu wenig greifbar.
Erwartungsgemäß spannend wird es immer dann, wenn die Serie sich traut, an die großen Fragen heranzutreten, wenn in den Dolls nach einer Seele gesucht wird, sich die ominöse Chefetage zu Wort meldet oder sich eine geheimnisvolle dritte Partei einmischt und dem FBI-Agenten unter die Arme greift.
Leider liefert die erste Staffel in dieser Hinsicht viel  zu wenig Futter und belässt es meistens bei Andeutungen. Das einzige Geheimnis, das am Ende weitestgehend gelüftet wird, ist das um Unheilsbringer Alpha. Doch nach den vollmundigen Ankündigungen fällt gerade diese Antwort etwas zu simpel und nüchtern aus, sodass das große Mysterium sich am Ende als gar nicht so groß und mysteriös erweist. Dass es neben den durchwachsenen Folgen aber auch einige sehr raffiniert gestrickte Episoden mit gelungenen emotionalen Einlassungen gib, soll an dieser Stelle aber nicht übergangen werden.
Die Leistungen der Darsteller sind ebenso durchwachsen, auch wenn alle ihre Momente bekommen, in denen sie glänzen können. Am positivsten fällt Eliza Dushk in der Rolle von Echo auf. Die diversen Persönlichkeiten, die in ihren Körper verpflanzt werden, spielt sie übereugend aus, indem sie Mimik, Körperhaltung und sogar ihre Stimme entsprechend anpasst, ohne dass die unterschiedlichen Rollen je aufgesetzt wirken. Etwas schade ist, dass sie ausgerechnet in den Martial Arts-Einlagen keine gute Figur macht.
Außerdem besticht das Ensemble durch allerhand vertraute Namen. Zu dem Whedon-Familientreffen von Darstellern aus Buffy, Angel und Firefly (z.B.  Eliza Dushk , Amy Acker, Alan Tudyk) gesellen sich Battlestar Galactica-Veteranen (Tahmoh Penikett, Mark Sheppard) und ein 24-Star (Harry Lennix).
Gesonderte Erwähnung verdienen die optischen und die klanglichen Seiten. Die 12 Folgen verzichten streng auf jede Art von typischem Farbfilter, sodass die Serie für amerikanische Verhältnisse eingangs etwas klinisch wirkt. Genau wie beim ungewöhnlichen Soundkonzept, das am Anfang noch nach Fahrstuhlmusik klingt, trägt dies von Folge zu Folge nachhaltig zur Grundstimmung bei. So, wie die Dolls vermehrt eigene Persönlichkeit durchschimmern lassen, so offenbart auch Dollhouse mit jedem Ereignis seine eigene Note etwas stärker.

Fazit

Mit etwas mehr Mut hätte man aus der faszinierenden Grundidee viel herausholen können. Doch Dollhouse nimmt sich zu oft durch unnötige Lückenfüller das Tempo und scheitert letztlich an den eigenen Ambitionen. Die Krimihandlungen weisen zu wenig eigene Ideen auf, das Spiel mit der Moral und dessen Folgen bekommt nicht genügend Raum.
Die guten Eposoden und insbesondere das tollkühne und gänzlich unerwartete Staffelfinale, welches übrigens nie ausgestrahlt wurde, entschädigen jedoch und machen Dollhouse nicht zu einer außergewöhnlich guten, aber trotzdem sehr sehenswerten Sci-Fi-Serie.

Battlestar Galactica – Staffel 2

Nach einem stürmischen Piloten und 13 Episoden, die sich in achtbarbarem Gleichgewicht um Politik, Kriegswirren, Einzelschicksale und das Fortschreiten der Gesamthandlung kümmerten, wurde der Zuschauer nach einer bilderbuchmäßigen Doppelfolge in die Ungewissheit entlassen. Was Staffel 1 bisher am Wegesrand immer wieder angedeutet hat, rückt in Staffel 2 immer stärker Richtung Zentrum: Die große SciFi-Oper lässt langsam ab von Themen wie Regierungslegitimation und Versorgungsdefiziten und strickt stattdessen ein Netz aus Tragik und Esoterik. Eine mutige Gratwanderung, zudem die Folgenanzahl auf stolze 20 hochgeschraubt wurde.

Story

Boomers wahre Identität wird mit einem dramatischen Akt bekannt, woraufhin sie die Weg zurück auf das von Zylonen verheerte Caprica beginnt. Kara, die sich dort bereits befindet, trifft nicht nur auf eine Widerstandsbewegung und ganze Regimenter von Toastern, sondern kommt auch einem perfiden Geheimnis auf die Spur.
Tigh scheint vollends die Kontrolle über sein Alkoholproblem zu verlieren, die Präsidenten droht zwischen Wahlkampf, Ethikdebatten, köchelnder Bürgerkriegsgefahr, Krebsleiden und ihrer neuen Position als spirituelle Leitfigur zerrieben zu werden und zwischen Adama und seinem Sohnemann Lee bahnt sich der nächste große Konflikt an, der alle bisherigen Schlichtungen nichtig machen könnte.
Und das ist nur der Anlauf, um Runde 2 dieser einmaligen Science Fiction Serie in Fahrt zu bringen.

Kritik
Der Anfang ist hektisch, rasant und ehrt den Staffelauftakt mit ausgezeichnetem Timing. Dass der Aufhänger der ersten Episode ziemlich konstruiert wirkt, übersieht man geflissentlich. Eine derart hurtig inszenierte Wiedersehensfeier hat Seltenheitswert und sorgt dafür, dass man sich schnell wieder in das vertrackte BSG-Universum gefunden hat.
Obwohl nun einiges an Gemoser folgen wird, soll hier ausdrücklich erwähnt werden, wie außerordentlich dieser Serie ist. Die in Staffel 1 sorgfältig etablierten Charaktere werden weiter gepflegt und lernen ihrerseits die Besatzung immer wieder von neuen Seiten kennen, die teils erfreulich, teils gefährlich sind. Die geschickte Figurenführung ist das A und O dieser Serie, die schließlich hauptsächlich in den Windungen eines Raumschiffes stattfindet und somit nichts anderes besitzt als ihre Charaktere.  Wir halten also fest: Es gibt viele tolle Episoden, ein paar Solide happen und wenige, die dem Anspruch nicht gerecht werden.
Solche Folgen, die zwar gut gemeint sind, in sich jedoch ein wenig inkonsistent und zu konstruiert wirken, gibt es immer wieder. Natürlich ist dies zu großen Teilen dem Fernsehformat geschuldet, das jeder Geschichte die exakte Spielzeit einer Dreiviertelstunde aufzwingt, dennoch trübt dieser Umstand ein wenig den eigentlich durchgängig hochwertigen Seriengenuss. So weist „Die Reporterin“, in der Lucy Lawless nach dem kindgerechten Fantasy-Trash Xena nach langer Zeit ma wieder eine bedeutende Serienrolle innehat, zwar eine gelungene Prämisse auf und besticht oberflächlich betrachtet durch seine kompromisslose Umsetzung, vereinigt aber auch die Probleme dieser Staffel: Viele unglaubwürdige Zufälligkeiten sind vonnöten, damit Battlestar Galactica seine Geschichten erzählen kann. Plötzliche, nur schwer nachvollziehbare Gesinnungswandel müssen vom Zuschauer zuweilen einfach akzeptiert werden und etwas künstlich anmutende Problemstellungen sind hinzunehmen, damit die Serie funktioniert.  Diese Makel sind natürlich verschwindend geringe Flecken auf einem ansonsten blütenreinen Zeugnis. Die Beziehungsgeflechte zwischen den Hauptpersonen verdichten und verkomplizieren sich, verlieren aber nie an Glaubwürdigkeit. Die Probleme der Figuren werden ernst genommen ohne dass die Serie je zu sehr Rührselige abdriftet und die Flucht der Menschheit zu einer kitschigen Oper verkommen lässt. Beizeiten kratzt man gerade in bombastisch aufgezogenen Schlüsselszenen zwar kurz an wummerndem Pathos, doch wird niemals das kritische Feld der Lächerlichkeit betreten.
Problematisch sind also nicht die Belange und Schwierigkeiten der Figuren – sie selbst sind es hingegen beizeiten schon. Gemeint sich nicht Kleinigkeiten wie undurchsichtige Motivationen im Dienste der Subplots, sondern ein ganz bestimmter Charakter. Als zur Halbzeit die totgewähnte Frau vom Problem-Colonel aufs Spielfeld tritt, verärgert nicht nur die fehlende Skepsis der Figuren. Natürlich ist ihr Charakter mit voller Absicht eine unausstehliche Trulle, von der jedwede Sympathie mit Wucht abzuprallen hat. Leider spielt Kate Vernon das Ekel mit unverkennbarem Hang zum Overacting, sodass nicht nur ein Großteil der Crew von dieser Kreatur abgeschreckt ist, sondern auch der Zuschauer kaum umhinkommt, jede ihrer Szenen auf den Boden des Schneideraumes zu wünschen. Zumindest anfangs scheint sie nur für den Zweck zu existieren, den Status quo aufrechtzuerhalten und eigentlich zu Genüge behandelte Konflikte künstlich breizutreten.

Störende Kleinigkeiten wie die eben genannten können aber nicht über das Regiegeschick und die cleveren Züge des Drehbuchs hinwegtäuschen. Allen voran die handlungstreibenden Doppelfolgen haben es ausnahmslos in sich. Die esoterische Ausrichtung, die immer stärker in Vordergrund rückt, erfährt eine Behandlung mit Respekt, Vorsicht und der nötigen Distanz, sodass die – gerade für eine bodenständige Science Fiction-Serie, wie BSG sie ist – ungewohnte Wendung vom Betrachter gerne mit vollzogen wird. Auch die Geschichte über die Pegasus, die sich im Gesamtkontext wie ein kleiner Fremdkörper anfühlt, leistet einen wichtigen Beitrag. Der Film, der diesen Unterplot mit einer Vorgeschichte versieht, antizipiert aber schon die Schwächen der dritten Staffel, bleibt in dieser Wertung aber außen vor.
Der Hauptkonflikt, nämlich die Flucht vor den Zylonen, liegt in Staffel 2 auch das letzte Mal in seiner ursprünglichen For. Bevorstehende Entwicklungen kündigen sich zwar schon an, doch zeichnet sich überdeutlich ab, dass der zukünftige Weg der Serie ein deutlich unkonventionellerer werden wird. Das erzählerisch simple, aber nachvollziehbare Katz-und-Maus-Spiel zwischen Mensch und Maschine wird in dieser Form nicht weiterexistieren. Für den Mut, diesen Weg mit einer solchen Beharrlichkeit zu beschreiten, kann man die Serie eigentlich nur beglückwünschen. Da ist es nur konsequent, dass die Staffel mit einem offenen Ende der ganz besonderen Art aufwartet, das seinerzeit nicht wenig Irritation und Empörung unter den Fans ausgelöst hat, aber eben auch beweist, mit welcher Überzeugung die Macher der Serie ihre ganz spezielle Vision verfolgen.

Fazit

Staffel 2 versiegelt die erste Hälfte von Battlestar Galactica mit Wucht und Würde. Zum Ende ist man Figuren und Geschichte näher als je zuvor, wurde von manchen Ideen überrascht und kann bereits auf viel Durchlittenes zurückblicken. Natürlich ist der ein oder andere Fehler bei einer Großproduktion solchen Ausmaßes kaum zu vermeiden, unterm Strich bleibt aber auch BSG Season 2 exzellentes Ausnahmekino im Fernsehformat, das sich kein Liebhaber guter Film- und Serienkost entgehen lassen sollte.

Battlestar Galactica – Staffel 1

Die Neuauflage der einflussreichen Serie Battlestar Galactica aus dem Jahre 1978 beginnt mit einem Knall. Der Einstand, der 2003 zweigeteilt im amerikanischen Kabelfernsehen ausgestrahlt wurde, toppte jedwede Erwartungshaltung um Längen. Mit einem Piloten, der sämtliche Hoffnungen in den Schatten stellt, über geschlagene drei Stunden hervorragend unterhält und neben der temporeichen Handlung auch noch genug Puste besitzt, eine Vielzahl an Haupt- und Nebenfiguren einzuführen, hat die dieses Science Fiction-Epos eine Hürde genommen, an der das Gros sämtlicher Serien schon während des Anlaufs scheitert.
Und selbst, wenn all dies nicht zuträfe, bezöge der Serienstart seine Daseinsberechtigung allein aus der Tatsache, dass die Serenity aus Firefly einen kleinen Cameo spendiert bekommt.

Story

Die Menschheit lebt auf 12 Kolonien verteilt. Der Krieg mit den Zylonen, von den Menschen erschaffene humanoide Roboter, welche ein Eigenleben entwickelten und gegen ihre Schöpfer rebellierten, liegt 40 Jahre in der Vergangenheit. Doch der Frieden, der vielmehr ein ausgedehnter Waffenstillstand ist, steht auf wackeligen Beinen. Das neutrale Schiff, auf dem Vertreter beider Parteien sich regelmäßig zu Gesprächen zusammenfinden sollen, hat schon viele Jahre lang keinen zylonischen Gesandten mehr gesehen. Die Menschheit lebt zwar ohne Krieg, aber eben auch ohne die Gewissheit, dass dieser Zustand die laufende Woche noch überdauern wird.
Während man sich in trügerischer Sicherheit wiegt, sind die Zylonen nicht untätig gewesen. Waren sie einst nur metallene Zweibeiner mit roten Scanner-Augen und jeder Menge Feuerkraft, von den Menschen abfällig mit „Toaster“ tituliert, hat sich in den vergangenen 40 Dekaden eine neue Reihe gebildet. Es existieren 12 Zylonenmodelle, deren synthetische Natur nicht mehr offensichtlich ist. 12 Modelle, die ihren Schöpfern bis aufs Haar gleichen und jedes menschliche Merkmal tadellos nachahmen. Schmerz, Trauer, Gerissenheit, Dummheit und Sarkasmus; die ganze Palette menschlicher Charakteristika gehört zu ihrem Repertoire,  das es ihnen de facto erlaubt, vollständig unerkannt unter ihnen zu leben.  Und dies nicht nur bewusst, sondern auch als Schläfer, der bis zu seiner Aktivierung in der totalen Überzeugung lebt, ein Mensch zu sein – mit Freunden, Familie, Liebeskummer und natürlich zylonischem Feindbild. Der Unterschied ist im Detail zu finden: Sie sind stärker und, sofern ein Wiederauferstehungsschiff in der Nähe ist, auch noch unsterblich: Verendet der Körper, wird das Bewusstsein ins Schiff übertragen und einfach einem neuen Leib übergeben.

Und natürlich bleibt die Offensive der Toaster nicht aus. Mit einer gewaltigen Armada springen sie vor sämtliche bewohnte Planeten und bringen einen erbarmungslosen Genozid, der den Menschen aus dem Universum tilgen soll.
Die Battlestar Galactica, ein Kampfstern, der eigentlich längst ausgedient hat und mehr Museum denn Kriegsgerät ist, befindet sich zum Zeitpunkt des Angriffs ein wenig außerhalb und entscheidet sich in letzter Sekunde, einen Sprung ins Unbekannte zu wagen.
Dies ist der Beginn einer der spektakulärsten Odysseen in der modernen Seriengeschichte.

Dem Zuschauer wird gleich ein ganzer Strauß von Protagonisten anvertraut. So zum Beispiel der (anfangs noch) Captain des Schiffes, William „Bill“ Adama, ein erfahrener, väterlicher Pol der Ruhe, der nicht immer weiß, was zu tun ist, stets aber den Eindruck vermittelt, den erforderlichen Überblick und diverse Notfallpläne zu besitzen. Außerdem dessen Sohn, der disziplinierte Lee Adama, Rufname Appollo, dessen Figur nur in der ersten Folge etwas stereotyp scheint, in Wirklichkeit aber hervorragend geschrieben ist. Zudem Kathara Thrace, Rufname Starbuck, die aufmüpfige, stürmische Jägerpilotin, die fliegt und taktiert wie kein Zweiter und sich früh schon zum heimlichen Star mausert. Oder Laura Roslin, die nach einer Ad hoc-Wahl an Bord eines Transportshuttles zur Nachfolgerin des toten Präsidenten ernannt wird und fortan nicht nur an einer tödlichen Krebserkrankung leidet, sondern auch unter der Bürde ihres neuen Amtes. Oder Dr. Gaius Baltar, der unwillentlich als Triebfeder der fatalen Attacke fungierte und seitdem permanent eine zylonische Begleiterin hat, die allerdings nur er wahrnehmen kann.
Und das ist wirklich nur ein Auszug der Truppe, deren Schicksal für kommende 75 Episoden untrennbar mit dem der Battlestar Galactica verzahnt sein wird.

Kritik

Die erste Staffel widmet sich vornehmlich den Problemen, die entstehen, wenn plötzlich eine neue Gesellschaft aus den Trümmern entstehen muss und die vertrauten moralischen Maßstäbe auf währende Gültigkeit geprüft werden müssen. Wie wird regiert? Wie lassen sich die Ziele von Präsidentin und Kommandobrücke unter einen Hut bringen? Wie wird für genügend Wasser und Nahrung gesorgt? Wie wird man den Quartierproblemen Herr? Fragen, deren Relevanz erst dann in aller Deutlichkeit hervortritt, wenn die Eskalation bereits unausweichlich scheint. Irgendwie muss für die Bevölkerung Normalität entstehen, während das Wissen um die omnipräsente Bedrohung in jedem Einzelnen nistet. Zu jeder Zeit könnte ein zylonisches Geschwader direkt vor die Nase des Kampfsterns und seiner zahlreichen zivilen Begleitschiffe springen und die jämmerlichen Reste der menschlichen Spezies auf ewig ausmerzen.
Die stärksten Folgen sind jene, die sich direkt der Politik und den Problemen widmen, welchen sich das unvollkommene, absolut isolierte Gesellschaftssystem stellen muss. Es sind die kleinen Geschichten, die den Grundstein für all das legen, was später noch folgen wird. Die zylonische Bedrohung wirkt trotz ständiger Erwähnung gewollt diffus, die Angreifer sind ein gesichtsloser Schrecken, dem nichts entgegenzusetzen ist. Die Galactica treibt ziellos durch den Raum und klammert sich verzweifelt an die Hoffnung, dass irgendwo eine dreizehnte Zivilisation mit dem Namen „Erde“ existiert.
Natürlich gibt es auch Lückenfüllerfolgen, wirkliche Tiefpunkte, die ihre 45 Minuten Dauer zu einer kleinen Ewigkeit stretchen. „Der Zwölferrat“, eine der wenigen Fehlgriffe in Sachen politische Brisanz, und das so unstimmige wie unglaubwürdige Doppelfolgen-Finale „Ellen“ seien hier exemplarisch genannt. Und auch die grundsätzlich interessanten Charaktere sind nicht ausnahmslos fabelhaft geschrieben. Gaius Baltar wird so zum Beispiel als klügster noch lebender Mensch, als legendäres Genie eingeführt – ein Attribut, dem der Absprung von der reinen Behauptungsebene niemals gelingen will, da sich die Figur in wahrhaft jeder Beziehung unsagbar dämlich und tölpelhaft gibt. Zusammen mit dem doch recht gewöhnungsbedürftigen Spiel James Callis‘ birgt Baltar das Potenzial, den Zuschauer gehörig auf die Probe zu stellen. Ein Versprechen, das aber glücklicherweise erst in späteren Staffeln eingelöst werden soll.
Derlei Probleme schrumpfen jedoch sofort zu Marginalien zusammen, weil die Chemie der Serie einfach stimmt. Die an sich schon starken Figuren funktionieren in Kombination schlicht hervorragend, die sozialen Bande, die ständig im Wandel begriffen sind, sind so glaubwürdig wie speziell und sämtliche Probleme von und zwischen den Protagonisten werden somit auch für den Zuschauer greifbar. Und schließlich ist das bei diesem Format die halbe Miete.
Die Serie profitiert insbesondere von den hervorragenden Charakterzeichnungen, da weder die Besatzung noch der Zuschauer wissen, ob nicht doch einer der engsten Freunde, der treusten Vertrauten in Wirklichkeit ein Zylon ist, dessen wahres Wesen früher oder später erwacht und Katastrophen auf mehreren Ebenen und von unschätzbarem Ausmaß verursacht. Jene Problematik ist das Herz der gesamten SciFi-Serie. Und eben diese Prämisse, dass grundsätzlich niemandem vertraut werden dürfte, aber jeder Einzelne ein unersetzliches Teil des Gesamtgefüges darstellt, führt dazu, dass Battlestar Galactica weniger eine klassische Science Fiction-Serie ist, sondern eine Space Soap allererster Güte, die schlichtweg keine Aliens nötig hat.

Fazit

Zusammen mit den bemerkenswerten Effekten, dem herrlichen Spiel der Kontraste zwischen modernster Technologie und der Retro-Ausstattung der Galactica, den schick choreographierten Raumkämpfen und den überraschenden Wendungen ist Staffel eins von vier ein Serienauftakt, der kaum Wünsche offenlässt. Viele Dinge, die später primär von der Serie in Erinnerung bleiben werden, finden im ersten Viertel nur andeutungsweise Erwähnung. Doch gerade die Tatsache, dass man nach dem explosiven Piloten ein paar Gänge zurückschaltet, ohne aber je ins Belanglose abzurutschen, führt dazu, dass man der Besatzung auch in turbulenteren Serienzeiten, die unweigerlich kommen werden, gerne treu bleiben wird.