15. Japan-Filmfest Special 7
Brian Yuzna, dessen bekannteste Arbeit zweifelsohne die Re-Animator-Trilogie darstellt, begann seine Regie-Karriere mit etwas Sonderbarem namens Society, der erst in den letzten Jahren Stück für Stück aus der Indizierungskammer treten konnte.
– Fuckin‘ nightmare.
– Last night?
– My Life.
Story
Bill Whitney führt kein schlechtes Leben. Seine Eltern sind wohlhabend, er wohnt in einer schicken Gegend, steht kurz vor der Wahl zum Schulliebling und ist trotzdem verkörperte 80er-Jahre-Coolness, ein Star im Klassenzimmer und mit einem der hinreißendsten Mädchen der Stadt liiert.
Alles wäre also bestens, wenn ihm nicht vermehrt unheimliche Kleinigkeiten in seiner Familie auffallen würden. Anfangs scheint seine Wahrnehmung ihn zu trügen, doch beginnen die Dinge an Relevanz zuzunehmen, als sein Freund ihm ein Tonbandgerät zeigt, auf dem klar zu hören ist, dass Unfassbares in seiner Familie vorgeht.
Doch sein ganzes Umfeld scheint ihm nicht zu glauben, bis wenig später sich sogar der Inhalt des Tonbandes ein anderer zu sein scheint – und sein Freund bei einem Autounfall am gleichen Tag stirbt.
Kritik
Society startet nicht nur langsam und unaufgeregt, sondern regelrech ernüchternd. Eine kaum bemerkenswerte Bildspache, eine grobe, wenig sorgfältige Charakterzeichnung und -entwicklung und eine wahrlich beschämende Synchronisation, in der der Film auf dem Festival mangels beschaffbarer Alternativen gezeigt wurde, verhindern Identifikation und Spannung im üblichen Sinne. Lange Zeit ist ungewiss, wohin der Film möchte und was er eigentlich ist und nur die im Hintergrund überall auftauchenden Gemälde, die vor Obszönitäten strotzen, und die leicht verschrobene Grundstimmung sind als interessante Details auszumachen, während der Rest schlichtweg sonderbar wirkt und bestenfalls narkotisierte Erinnerungen an die Eis am Stil-Zeiten wachrütteln.
Er nach einer ganzen Weile, wird klar, dass die sonderbare, nicht selten ärmliche Fortbewegung der Geschichte einem ganz eigenen System zu folgen scheint. Nach und nach entwickelt sich die leidlich unterhaltsame Detektivarbeit des arroganten High-Society-Schülers Billy zu einer merkwürdigen Tour de Farce, die sich im letzten Drittel schrittweise, aber unaufhaltsam zu einem surrealen Kompott aufgebläht. Irgendwann sind alle Figuren nach außen gekehrt, verständigen sich mit komplett zusammenhangsfreien Sätzen und tragen Schuhwerk von Nike. Der Schluss öffnet einen Strudel sumpfiger Entartung, die in Sachen Schrägheit wahrhaftig ihres Gleichen sucht und den Zuschauer schließlich fassungslos mit nicht zu erwartenden Eindrücken und der Frage, was zum Geier es mit der Haare verputzenden Mutter auf sich hat, zurücklässt.
Mit Society lotet Yuzna bereits auf höchst eigene Weise die Grenze zwischen Normalität und surrealer Abgründigkeit aus. Das Bizarre wird mit dem Biederen auf eine noch ausführlichere und kontrastreichere und eine viel hemmungslosere Weise konfrontiert, wie wenig später in seinem Kultwerk Re-Animator.
Fazit
So unpassend der Anfang vorerst scheint und so wenig fesselnd dieser anmutet, ist er doch das einzige in Frage kommende Tor, durch das der Zuschauer schreiten muss, um das bizarre Fest fleischiger Obszönitäten am Ende in seiner ganzen Heftigkeit erfahren kann. Auch wenn der Film durch seine rücksichtslose Dramaturgie nicht jedem gefallen wird, ist kaum ein Zuschauer vorstellbar, der Society nicht mindestens als interessante Seherfahrung verbuchen wird.