Orphan Black – Staffel 2

Die zweite Staffel des kanadischen Überraschungshits Orphan Black wurde in Windeseile im Anschluss an den Auftakt produziert. Entgegen den natürlichen Erwartungen litt die Qualität nicht darunter, sondern wuchs sogar an.

Don’t mix your camouflage?

Story

Cosimas Krankheit wird zu einem Countdown, der sich sekündlich schneller der Null nähert, während immer noch unklar ist, mit wem ihre geliebte Delphine eigentlich doppeltes Spiel spielt. Unterdessen ist Kira immer noch in den Händen ihrer Entführer. Verzweifelt wendet sich Sarah an Arthur, der vormals noch nach ihr suchte, mittlerweile aber suspendiert ist und dem Klon immer stärker vertraut.
Alison erlebt derweil in einem ganz eigenen Universum ganz eigene Abenteuer. Nachdem sie indirekt das Ableben ihrer Nachbarin herbeiführte, die sie fälschlicherweise für ihren Monitor gehalten hat, bekommt sie deren große Rolle in ihrer Amateur-Musical-Gruppe. Doch ringen in ihr Schuldgefühle, eine neuentdeckte, verwegene Seite sowie Paranoia um die Vorherrschaft und ihr gewähltes Hilfsmittel stellt sich nicht als geeignetste Wahl heraus.
Für alles scheint es Hilfe zu geben. Doch jede neue Hoffnung könnte ebenso ein Werkzeug der Gegenseite sein.

Kritik

Nach einer spannenden und stilbewussten, doch nicht ganz ruckelfreien Einstiegsstaffel geht es in der Fortsetzung plötzlich sofort mit Höchstgeschwindigkeit los. Das lange, teils etwas zu selbstzweckhafte Integrieren der zahlreichen (und überwiegend von Tatiana Maslany gespielten) Figuren ist beendet, der Serie kam nie erwarteter Erfolg zu und es hat den Anschein, als würden die kreativen Köpfe Fawcett und Manson zur Feier nun aus sämtlichen Rohren auf einmal feuern und die Ereignisse sich purzelbaumartig überschlagen lassen. Wo sich vormals noch kleine Längen einschlichen, ist die Serie nun so straff wie nur möglich gespannt und die Charaktere eilen pausenlos von einer Klippe zur nächsthöheren. Dabei muss die Serie aufpassen, nicht in eine zu einseitige Steigerungsklimax zu fallen, die nur dann noch Spannung generieren kann, wenn die vorherige Katastrophe doch noch Unfassbareres übertrumpft wird. Ob sich die Dramaturgie fangen kann oder die Serie nun auch all ihr Pulver verschossen hat, da sie sich für weitere, noch größere Schreckmomente eingestehen müsste, zuvor nur mit Platzpatronen gefeuert zu haben, wird sich zeigen. Doch für die 10 Episoden dieser Staffel geht der Plan voll auf. Und um mehr geht es hier nicht.
Sarah, Cosima und Alison sind mittlerweile ein Gespann, das über große Distanz zusammenhält und eine vollends glaubwürdige Zuneigung untereinander entwickelt hat. Die kurzen Momente, in denen das Trio skypet und sich bangend und einander gut zusprechend auf den neusten Stand bringt, sind von der ersten Sekunde an emotional mitreißend und überflügeln in dieser Hinsicht jede andere Art von Charakterdrama in der Serie – selbst das zwischen Sarah und Töchterlein Kira. Dadurch, dass die Figuren mit ihren Einführungen im Rücken nun viel selbstverständlicher agieren können, wirken nicht nur ihre miteinander verwobenen Geschichten um Welten stimmiger. Auch Maslanys Spiel wirkt noch mal eine Spur differenzierter und zugleich natürlicher, was vor allem Cosima zu einer noch filigraneren Figur heranreifen lässt. Auch neueingeführtes Personal fügt sich gut ins Ensemble und sticht sich dank ein paar kluger Drehbuchentscheidungen nicht untereinander aus. Dass das alles klappt, liegt daran, dass Orphan Black in seiner zweiten Staffel trotz massiv hochgeschraubter Rasanz eine viel klarere Linie verfolgen kann und dies auch tut. Der Schwerpunkt liegt nun nicht mehr auf der Suche nach Orientierung, sondern auf einem agentengleichen Katz- und Mausspiel. Inszenatorisch hat man dabei einiges dazugelernt – was sicher auch am grundsätzlich konventionelleren Szenario liegt -, denn der Szenenaufbau funktioniert mittlerweile viel reibungsloser und die aufgesetzte Musik ist gänzlich verschwunden.

Es ist der Serie nur zugute zu halten, den notwendigen Mut aufzubringen, beim in Staffel 1 bewährten Konzept diese Kursänderung vorzunehmen. Vieles ist mitreißend und es gibt ein angenehmes Mittelmaß zwischen dem großen Klongeheimnis und dieses überlagernder Akutproblematiken.
Der skeptische Beiklang, den schon das Fazit zur ersten Season hatte, ist trotzdem auch hier zu finden. Häufig erinnert das Geschehen an die zweite Staffel Prison Break, bei der die Handlung auch urplötzlich vom Stationären aufs Mobile umlenkte. Wenn ausreichend weit vorausgedacht wurde, der Zufall nicht zum tragenden Element avanciert und vor allem die Mythologie im Hintergrund nicht ins völlig Banal-Abstruse schlingert, weil sich immer wieder eine nächsthöhere, noch gesichtslosere und ominösere Super-Instanz als der nun wirklich wahre Strippenzieher herausstellt, darf man mit Fug und Recht optimistisch bleiben. Und genau dies ist Orphan Black sehr zu wünschen.

Fazit

In Staffel zwei der kanadischen Sci-Fi-Serie wird vieles besser gemacht Die Handlung ist griffiger, die Erzählweise fesselnder und die Charaktere erhalten immer mehr wertvolle Basis. Lediglich der Steigerungswahn lässt befürchten, dass sich Orphan Black irgendwann nur noch auf die Mächtigkeit möglichst radikaler Twists vertraut. Doch ist dies kein Vorwurf an die Serie, sondern nur Befürchtung des Autors und hat somit an dieser Stelle genaugenommen gar nichts zu suchen.
Die Odyssee von Sarah und ihren Klonschwestern ist im zweiten Akt ein spannungsgeladenes Katz- und Mausspiel, das einen starken Sog entwickelt.

Orphan Black – Staffel 1

Orphan Black kam quasi aus dem Nichts, genoss in kurzer Zeit einen bemerkenswerten Durchbruch und wurde in sämtlichen Feuilletons mit großem Wohlwollen besprochen. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, in welch kurzer Zeit die Serie produziert wurde, welche es in deutlich weniger als zwei Jahren auf satte zwei Staffeln brachte.

How are we all related?

Story

Sarah Manning, kaltschnäuzig und großmäulig, ist gerade erst zurück in ihre Heimatstadt gereist, um erneuten Kontakt zu ihrer kleinen Tochter aufzunehmen, die von Sarahs Adoptivmutter betreut wird, zu welcher sie selbst ein keineswegs einfaches Verhältnis hat. Eine starke wie gute Bindung hat die rebellische junge Frau ohne Arbeit und Ziel zu ihrem exzentrischen Bruder Felix, der in seinem Atelier zwischen flüchtigen Männerbekanntschaften, Kunst und Drogen ein ebenso zielloses Leben führt.
Für Sarah ändert sich jedoch alles, als eine Frau, die ihr erschreckend ähnlich sieht, sich direkt vor ihren Augen vor eine U-Bahn wirft. Wie im Affekt nimmt Sarah erst die Papiere und schließlich die Identität der Selbstmörderin an, welche eine verlockend große Summe auf ihrem Konto deponiert hat.
Während dieses Doppelleben zwangsläufig auf eine Katastrophe zusteuert – die Verstorbene war Polizistin – offenbart sich zusätzlich, dass noch weitere Frauen existieren, die mit Sarah beinahe vollkommen ident zu sein scheinen. Sie ist Teil einer Klonreihe – und irgendjemand hat zur erbarmungslosen Jagd auf diese Frauen geblasen.

Kritik

Die erste Folge geht rasant vonstatten, besticht durch eine atemlose Erzählart, schillernde Figuren und hinterlässt nach dem Schauen das Bedürfnis, es auf keinen Fall bei dieser zu belassen. Bei Episode zwei wird es dann fast schon etwas zu viel, weil in die so gewöhnliche wie sympathische Welt der Lebedame Sarah Manning zusammen mit ihren kruden Klonschwestern auch ein paar andere seltsame Elemente eindringen, die erst mal wie ein Fremdkörper wirken; nicht in der dargestellten Normalität, denn das ist ja Zweck der Sache, sondern in dem Grundgefühl selbst, mit dem Orphan Black begann und welches bereits jetzt leicht angebrochen wird. Auch die nachfolgenden Episoden hinterlassen einen etwas zwiespältigen Eindruck. Das, was da vonstattengeht, ist alles andere als miserabel, wirkt dann aber doch an einigen Stellen zu konstruiert und bemüht. Dann aber kriegt die Serie einen spürbaren Schub und wird mit einem Mal sehr packend – auch, weil sie plötzlich noch stärker ihre eigene Linie findet und fährt und dadurch einiges an Eigenständigkeit dazugewinnt.
So wirkt Orphan Black als Gesamtwerk merkwürdig und lässt einen verunsichert zurück. Oftmals erweckt die Geschichte den Anschein, zu aufgeladen zu sein, und droht an einigen Stellen fast schon aus der Spur zu rutschen. Besonders so manches abgegriffenes Element fällt negativ ins Gewicht. Auf der Haben-Seiten finden sich gut geschriebene Figuren und eine sehr selbstständige Inszenierung, die sich zwar oftmals etwas unterkühlt und nicht immer so selbstsicher anfühlt, wie sie sich gibt, aufgrund ihres großen Wiedererkennungswertes und des straffen Tempos aber auch enorm zum Funktionieren des Serienkonzepts beitragen. Es ist zudem immer wohltuend, wenn Serien sich trauen, mal ein paar Folgen vollkommen aus dem von ihnen gesetzten Rahmen fallen zu lassen, und etwas grundlegend Abweichendes zu bieten. Orphan Black reiht sich in diese schwer zu meisternde Tradition ein und liefert eine Folge mit starkem Comedy-Anteil, die ihre verblüffende Wirkung nicht verfehlt. So störend manche Dinge in der Story selbst wirken, fallen sie im Gesamten doch kaum auf. Die Regie verwischt einige Fehler und die Tatsachen, dass andauernd etwas passiert und man bemüht ist, so gut wie jede Szene mit einer ganz eigenen Steigerung zu versehen, verfehlen ihre Wirkungen nicht. Bedauerlich ist trotz allem, dass zu viele ungeschickt eingebrachte Elemente der Serie den Sprung zu einer wirklich sehr guten Produktion dann doch verweigern.
Der einzige formale Kritikpunkt, der etwas schwerer ins Gewicht fällt, ist die Musik, die in ihrer affektiert hippen Weise immer wieder störend auffällt und dadurch für störende Lecks in der Diegese sorgt, die mit weniger Auffälligem noch viel einnehmender ausgefallen wäre.

Am bemerkenswerten ist natürlich die mehrfache Hauptakteurin Tatiana Maslany in ihren zahlreichen Rollen, die sie tatsächlich so glaubwürdig darstellt, dass man sie als eigenständige, vollwertige Persönlichkeiten akzeptiert. Hausfrau und Mutter mit Comic-Relief-Anteilen, Wahnsinnige, Polizistin, Göre, Wissenschaftlerin und mehr noch bekommt die Dame auf ihren Leib geschrieben und weiß diese Aufgabe eindrucksvoll zu meistern, indem sie den verschiedenen Charakteren ihre ganz eigenen Bewegungsabläufe, Manierismen, Gesichtsausdrücke und psychologische Besonderheiten verleiht und dabei beinahe immer das richtige Maß einhält. Macht man sich begreiflich, wie häufig Maslany in nur einer einzigen Folge mehrfach im Bild ist, denkt man daran, wie kompliziert die Drehs und wie anspruchsvoll der andauernde Rollenwechsel mit Doubles und Motion-Control-Strapazen für die junge Kanadierin ausfallen muss, gibt es eigentlich kaum eine Alternative zu anerkennendem Staunen. Dass die Dame in Folge mit allerhand Preisen für ihre Ausnahmeleistung geadelt wurde, verwundert daher nicht.

Der Rest steht und fällt mit dem, was da noch kommen wird. Sicher ist: Stellt Staffel 1 nur das Sprungbrett für eine im Voraus durchdachte und originelle Geschichte dar, darf man mehr als gespannt sein, denn ein beachtliches Potenzial besitzt der britische Überraschungserfolg auf jeden Fall.

Fazit

Orphan Black ist eine toll gespielte, hochwertige Produktion, nur selten Anlass, sich über klaffende Logikschluchten zu ärgern, die sich aber auch gerne selbst im Weg steht und ihre eigenen Möglichkeiten auf diese Weise etwas blockiert. Unleugbar sticht der kanadische Überraschungshit aus dem unüberschaubaren Dickicht medioker Science-Fiction-Serien heraus und bekam völlig zurecht so große Beachtung.
Auch Staffel 2 ist bereits draußen und eine weitere in Produktion. Es steht also außer Frage, dass Orphan Black in Zukunft noch häufiger hier Erwähnung finden wird.

Doctor Who – Staffel 1

Der Doktor ist zurück! Mittlerweile in der neunten Reinkarnation und der sage und schreibe siebenundzwanzigsten Serienstaffel. 16 Jahre lang lag die erfolgreichste Sci-Fi-Serie der Welt auf Eis und wurde in anderen Medien fortgeführt, bis es 2005 endlich im klassischen Format weiterging. Moderner ist die Serie natürlich geworden, viel hat sich getan. Doch trägt sie das Herz immer noch am rechten Fleck.

Stand back, boys. Surf’s up!

Story

Zwar ist der Doktor wieder da, doch warum er in neuem Körper auftritt, bleibt unbeantwortet. Ist aber auch nicht so wichtig, denn schließlich – nun ja, der Doktor eben.
Als er ins graue London der Gegenwart reist, um ein paar beunruhigend lebendigen Schaufensterpuppen und ihrem wabernden Meister das Handwerk zu legen, flieht ihm Rose Tyler über den Weg. Und weil der Doktor eine Schwäche für Menschlein hat, macht er die neunzehnjährige Blondine auch gleich zu seiner neuen Gefährtin. Gemeinsam rauschen sie durch Raum und  Zeit und tauchen zufällig immer dort und dann auf, wo und wenn sich schwerwiegendes Unheil zusammenbraut.
Zwischendurch hat Rose ein paar Beziehungsprobleme in ihrem alten Leben zu lösen, der Doktor trifft auf eine verhasste Nemesis und ein paar verkleidungsfreudige Aliens sorgen immer mal wieder dafür, dass die Welt im Allgemeinen und London im Speziellen vor dem Untergang bewahrt werden muss.

Kritik

Allem voran muss sich der Rezensent an dieser Stelle als Frevler outen. Seine Dr. Who-Kenntnis war bis zu dieser Staffel tatsächlich nur rudimentär vorhanden. Manch einer mag nun anmerken, dass ihm damit automatisch die Kompetenz fehle, eine Sci-Fi-Seite zu leiten. Und vielleicht stimmt das. Aber es wird emsig daran gearbeitet, diesem Zustand abzuhelfen.
Sollten dem Schreiber die gewitztesten Anspielungen und Running Gags daher entgangen sein, so möge er in den Kommentaren mit der Härte eines Dalek gerügt werden.

Zuallererst muss gesagt werden, dass der Doktor bereits in der ersten Folge einen gelungen Auftritt hinlegt und ein paar sehr kernige Charakterzüge von Christopher Eccleston spendiert bekommt. Das enorme Grinsen, die abstehenden Ohren und der immer etwas abgewetzte Aufzug verpassen der Figur eine aufregende Mischung aus Kindlichkeit, Getriebenheit und verdrängter Melancholie. Besonders dann, wenn seine nicht ganz so edlen und teils überraschend impulsiv auftretenden Attribute sich bemerkbar machen, wird der Doktor zu einer ziemich spannenden Gestalt.
Selbiges lässt sich über seine Gefährtin Rose leider nicht sagen. Das mag zum Teil am begrenzten Talent von Billie Piper liegen, vor allem aber ist der blonde Sidekick einfach viel zu uninteressant. Ihre jugendliche Spontaneität soll vermutlich süß und sympathisch sein, während ihre einfach gestrickte Mutter und der bodenständige Freund die nötige Portion Familientragik und Entscheidungsdrama einbringen sollen. Bis auf wenige Momente wirkt beides aber immer etwas etwas befremdlich und aufgesetzt.
Captain Jack Harkness sorgt da in den letzten 5 Folgen für deutlich mehr Pepp und Dynamik und schafft Erwartungen an weitere Auftritte und natürlich sein Torchwood-Spin-off.
Wie das Gespann in der zum Wahrzeichen gewordenen Notrufzelle durch Raum und Zeit trudelt, um in guter alter Akte X-Manier immer dort aufzutauchen, wo gerade die Welt, das Universum oder sonst irgendwas aus den Fugen gerät, ist meist recht nett und spaßig anzusehen. Durchhänger existieren zwar, werden vom Charme der Serie aber in fast allen Fällen abgefedert. Einzig eine zwar klassische, aber auch viel zu triviale Geistergeschichte und ausgerechnet die erste wirkliche Doppelfolge haben fühlbare Längen. Bei den zahlreichen Ausflügen ins All kann Dr. Who hingegen seine Muskeln spielen lassen. Unterschiedliche Planeten gibt es aus Budgetgründen zwar nicht zu bestaunen, doch auch die diversen Raumstationen und ihre fremdartigen Bewohner machen in ihrer großen Vielfalt Spaß und überraschen immer wieder mit vergnüglichen Details.
Dass die Serie aus ihrem trashigen Look kein Geheimnis macht ihn mit Vorliebe selbstironisch betont, ist allseits bekannt. Besonders gelungen sind Referenzen an die eigene Vergangenheit, die auch mit entsprechend antiquierter Optik gewürdigt werden. Trotzdem, oder gerade deswegen, wäre in einigen Szenen mehr Handgemachtes und weniger Computertrickserei angenehm gewesen. Auf der anderen Seite hat die Serie ein paar toll designte Kreaturen zu bieten, wie z.B. die Leiterin der Gamestation im Staffelfinale.

Es bleibt ein unentschlossener Eindruck. Gerade die Hauptgegner dieses Neustarts entpuppen sich als schwach und zu unergiebig, um über drei Episoden hinweg zu unterhalten. Auch ansonsten strotzt keiner der Miniplots vor Einfallsreichtum. Sie verlaufen meist nach bekanntem Muster und werden zu selten durch Variationen aufgelockert.
Aber irgendwie kann man Dr. Who auch eine kleine Absolution erteilen, nach hunderten von Folgen nicht mehr die allerfrischesten Ideen in der Hinterhand zu haben. Außerdem stimmt das Gesamtbild: Die Serie trabt leichtfüßig entlang ihrer Linie und krümelt dabei schelmisch mit ihren harmlosen Späßchen. In einem Rutsch geguckt, ist sie deswegen nicht sehr bekömmlich, schaut man die Folgen mit einem gewissen Abstand zueinander, funktioniert das Konzept aber überwiegend gut.
Der Humor sitzt meistens und hat vor allem eine eigene Note, ernüchtert ab und an aber auch mit zu platten Gags der Marke Körpergeräusch.
Neben dem ambivalenten Charakter des Doktors ist es aber gerade dieser beschwingte Grundton, der die Serie so angenehm und sympathisch macht. Trotz einiger mittelschwerer Mängel kehrt man daher immer wieder gerne in die TARDIS zurück und fängt sogar an, sich nach einer Weile ein bisschen heimisch in diesem großen kleinen blauen Kasten zu fühlen.
Bis zum nächsten Doktor in Staffel 28.

Fazit

BBC hat den Doktor wiederbelebt und der Doktor macht Spaß. Zwar macht die britische Erfolgsserie nicht alles gut, versprüht aber so viel Esprit, dass man ihr Schönheitsfehler und auch allzu generische Erzählmuster gerne verzeiht.

Outcasts

2011 schickte BBC mit Outcasts eine weitere Serie ins Rennen. Neben den vielen anderen Produktionen des Senders sollte nun ein reinrassiges Sci-Fi-Drama ins bestehende Programm genommen werden. Das an Earth 2 erinnernde Szenario verspricht eine Mischung aus Abenteuer, Drama und einem Schuss Mystery.
Erwartungen, denen die Serie kaum gerecht werden kann.


Fortpflanzung. Ist das alles, worum es am Ende geht? Das ewige Kopieren von einem selbst?

Story

Während die Erdenzivilisation aus nuklearen Gründen langsam abdankte, ging ein Raumschiff mit einigen Pionieren an Bord auf Reisen, um den neuen Heimatplaneten Carpathia für die Menschen zu besiedeln.
10 Jahre später steht auf dem etwas kahlen Planeten ein kleines Städtchen, die Menschen haben sich eingelebt und Präsident Richard Tate dirigiert milde und umgänglich. Nach Jahren ohne Kontakt zu Mutter Erde taucht endlich ein weiterer Transporter im Orbit auf. Doch dieser bringt neben einer Handvoll Erdlinge in erster Linie Probleme mit sich. Den Menschen ist der Planet abseits ihrer kleinen Festung immer noch vollkommen unbekannt und während innerhalb des Siedlungswalles die Konflikte gären, bahnen sich auch außerhalb gleich mehrere Probleme an. Nicht nur, dass die knapp einem Pogrom entkommen ACs – eine Gruppe künstlich geschaffener Menschen – eine fortwährende Bedrohung darstellen, es häufen sich außerdem mysteriöse Erscheinungen, die rational kaum zu erklären sind.

Kritik

Outcasts beginnt mit einem angenehm plötzlichen Start. Ein paar Details werden in der Pilotfolge geschickt am Rande vermittelt, der Rest erschließt sich im Laufe der Geschehnisse. Warum sich die heimatfernen Menschlein nie über die Grenzen ihrer Wellblech-Siedlung hinausbewegt haben, bleibt vorerst ebenso im Dunkeln wie das Schicksal der Erde.
Sofort fällt isn Auge, wie unverschämt schmuck die ganze Angelegenheit aussieht. Man hat es tatsächlich geschafft, den Drehort Südafrika ein wenig wie einen fremden Planeten erscheinen zu lassen, die seltenen Szenen im Weltraum sehen mitsamt der enormen Schiffsmodelle tadellos und sehr atmosphärisch aus und auch über die Phänomene an der Planetenoberfläche lässt sich kein schlechtes Wort verlieren – technisch befindet sich Outcasts ganz klar über gängigem TV-Niveau.

Ebenfalls gleich zu Beginn fallen aber auch die großen und kleinen Schnitzer auf. Das Projekt hat seinen Schwerpunkt nicht auf Action und Abenteuer gelegt, sondern versteht sich in erster Linie als erwachsenes Charakterdrama vor Science-Fiction-Kulisse.
Leider begegnen einem nicht vielschichtige und spannende Figuren, sondern ausschließlich flache Reißbrettpersönlichkeiten.
Das fängt beim Folge 1-Knaben an, der von nichts anderem als Tigern redet und damit spätestens beim dritten Mal nicht mehr süß ist, und macht auch vor sämtlichen Protagonisten nicht halt.
Zwar gibt es hie und da ein paar geglückte Charaktermomente, in aller Regel regiert aber Mittelmaß. Halbwegs interessant ist der Präsident, der nicht ganz so funktionell und durchschaubar wie der Rest ist.
Der Gegenspieler (in Episode 1 Jamie Bamber (Battlestar Galactica, Dollhouse) als tyrannischer Wüterich mit Verfolgungswahn, später Eric Mabius als windiger Politiker) ist natürlich ganz arg diabolisch und arrogant, damit der Zuschauer nicht zufällig auf die Idee kommen könnte, mit ihm zu sympathisieren. Wer gut und wer böse ist, kaut die Serie so lange vor, bis die Figuren kaum noch Geschmack haben.
Es versteht sich von selbst, dass zentrale Persönlichkeiten auch alle ihre große oder kleine Katharsis durchleben, doch nichts davon ist spannend oder überraschend. Man hadert mit Standardproblemen und findet Standardlösungen für sie.
Vor der flachen Figurenzeichnung gefeit sind die ACs. Dies aber nur, weil sie die gesamte Zeit über gesichtslos bleiben und einzig ihr Anführer einige Male verbissen in die Wüste gucken darf.
Dazu kommt, dass die Figuren während ihrer unnatürlich wirkenden Konversationen meist nur leere Wortgeflechte hin- und herschieben.

Mit der Geschichte verhält es sich ähnlich. Natürlich prallen alle großen menschlichen Charakterstika in der kleinen Siedlung aufeinander. Hochmut, Eitelkeit, Egoismus – und selbstverständlich dürfen auch die üblichen Fronten Religion und Technik nicht fehlen. Natürlich werden Intrigen gesponnen, manch einer hat offensichtlich Dreck am Stecken, während andere mit ihrem ungerechten Schicksal hadern.
Neben einigen größeren und kleineren Logikbrüchen, die selten zu auffällig, aber doch schwer zu ignorieren sind, gibt es vor allem viel Pathos. Insbesondere die Musik hat einen Hang dazu, normale Szenen sehr schnell tief in Kitsch zu tunken und das Offensichtliche bunt auszumalen.
Hätte man sich hier zurückgehalten, wäre man nicht nur auf die Standardlänge von 45 Minuten pro Folge gekommen, sondern hätte auch eine bessere Serie produziert.

Es ist ärgerlich und unverständlich, dass man aus einer so vielversprechenden Prämisse so wenig herausholen wollte. Outcasts zeigt stellvertretend auf, woran moderne Science-Fiction viel zu oft leidet. All die Möglichkeiten sind zum Greifen nahe, werden von den Erzählern aber stur ignoriert. Das Problem, nicht mehr als Köder zu haben, als eine nette Ausgangssituation, erinnert an die in vielen Punkten ähnliche Serie Jericho – Der Anschlag.
Statt die langsam fortschreitende Erkundung des Ungewissen zu zeigen, entscheidet sich die Sci-Fi-Serie für biedere Belanglosigkeiten, um den Zuschauer bloß nicht zu überfordern.
Dass es auch anders geht, zeigt Folge 7, die bei weitem nicht fehlerlos ist, aber immerhin flott über den Bildschirm zuckelt und sich nicht unentwegt in Kleinigkeiten verbeißt. Auch sonst hat jede Folge hat ein paar sehenswerte Momente parat. Auf jeden davon kommen aber mindestens 10 langweilige.
Später versucht man noch unbeholfen, die „Jeder könnte ein Android sein“-Paranoia hervorzurufen, die ja schließlich erst in BSG wunderbar funktioniert hat. Nur geschieht dies ebenso nüchtern und ideenarm, wie alles andere auch.
Was bleibt, ist eine nur schwer zusammenpassende Mischung aus Spiritualismus ein ganz klein wenig Pantheismus, jeder Menge Banalismus und einem Bündel auf ewig offener Fragen, da nach den 8 Episoden bereits der Geldhahn abgedreht wurde. Auch die Cliffhanger verlaufen jämmerlich im Sande. Die Schocks sitzen nicht, die Mystery-Elemente wirken deplatziert, die künstliche Dramatik ist stockend und die Action unbegreiflich träge und undynamisch aufgebaut.

Gerne wäre man ein wenig wie LOST: Ein paar Leute stranden auf einer Insel im Weltraum, abgeschnitten von allem versuchen sie, sich miteinander und mit ihrer Umwelt zu arrangieren, während Mysteriöses geschieht und viel mehr auf „der Insel“ verborgen scheint, als man anfangs vermutete.
Nur sind die Charaktere nicht liebenswert, die Mystery-Elemente selten interessant genug und die Geschichte – und hier mag man womöglich die größte Parallele zu LOST erkennen wollen – schlägt an zu vielen Stellen leck.
Unterm Strich ist Outcasts aber nicht wirklich schlecht. Das Gezeigte ist hübsch, die Prämisse hat Potenzial und auch die ein oder andere nette Idee hat sich eingeschlichen. Umso tragischer ist es, dass die Serie derart unmotiviert und träge daherkommt und weder eigene Ideen hat noch die fremden Ideen sinnig integrieren konnte.
So dümpeln die 8 Folgen erschreckend ereignislos vor sich hin, fühlen sich an wie 2 volle Staffeln und entlassen den Zuschauer am Ende mit einem Gefühl von Leere.

Fazit

Die BBC-Serie baut auf generische Charaktere in schon zu oft gesehenen Situationen. Das Ergebnis sind 8 Episoden, die durch und durch mittelmäßig und nicht selten langatmig, dafür manchmal richtig schlecht sind. Dank ein paar gelungener Elemente befindet sich Outcasts fernab von „unerträglich“, aber mitten in „unnötig“.