Dark Matter – Staffel 1

Mit Dark Matter hat SyFy Universal eine Space Opera auf Basis des gleichnamigen Comics veröffentlicht, die sich anschickt, viel Gutes und von vielen Vermisstes ausgelaufener Sci-Fi-Serien zu vereinen – und sich mit diesem Konzept über die 15 bisherigen Folgen hinweg eine sehr loyale Fanbase aufgebaut hat.


I’m pretty sure the least we can do is nothing.

Story

Nach und nach erwachsen sechs Menschen aus dem Kälterschlaf. Sie sind alleine an Bord eines Raumschiffs, wissen nicht, wie sie dorthin kamen, wissen nicht, wer sie sind. Sie benennen sich nach der Reihenfolge ihres Erwachens. Was ihnen aus ihrer Vergangenheit bleibt, ist eine Art „Muskelgedächtnis“ – fünf von ihnen können außergewöhnlich gut kämpfen, ein jeder in eigenem Stil. Nummer 5, ein ängstliches Mädchen, bildet die Ausnahme.
Mit an Bord ist ein weiblicher Android, der das Schiff wartet und nach anfänglichen Schwierigkeiten Teil der Mannschaft wird, welche nicht nur mit den Widrigkeiten ihrer ihnen abhandengekommenen, sie aber jagende Vergangenheit, sondern vor allem auch mit der eigenen Gruppendynamik hadert. Abgesehen davon, dass grundverschiedene Moralvorstellungen aufeinandertreffen, muss einer der Crewmitglieder verantwortlich für die kollektive Gedächtnislöschung sein und Böses im Schilde führen.
Und auch das Schiff mit seinem verzweigten Schachtsystem birgt Geheimnisse.

Kritik

Nach einer sehr starken Einstiegsfolge drosselt Dark Matter wie so viele andere Serien auch erst einmal Geschwindigkeit und Qualität. Lange erweckt die Serie den Eindruck, schrecklich gerne wie Firefly sein zu wollen, sich darüber hinaus aber kaum Gedanken gemacht zu haben.
Sogar die Figuren wurden weitestgehend übernommen. Das liebenswerte, junge, bodenständige, niedliche, selbstständige Mechanikerin, die
taffe, raubeinige Dame, die mit der Philosophie des Patriarchs fusionierte, der grobschlächtige Unhold mit seiner Liebe für ebenso grobschlächtige Wummen und plumpen Humor und der etwas naive und zarte, aber rechtschaffene Schönling, der mit Vorliebe brenzlige Situationen hilfreich analysiert. Ja, nicht nur dass die Charaktere übernommen wurden, die Schauspieler wurden ohne Zweifel auch mit der Vorgabe gecastet, so auszusehen wie in Joss Whedons kurzlebiger Kultserie.
Doch lassen wir Milde walten. Wem kann es verübelt werden, in
Firefly verliebt zu sein? Und eine so falsche Idee ist es ja nicht, das Erbe dieser Serie antreten zu wollen. Formal hat dieser Plan auch gute Chancen, denn bestimmte Parameter sind anders und Dark Matter bemüht sich redlich um eine gewisse Eigenständigkeit. Vor allem die erwähnte erste Folge macht diesbezüglich neugierig, geizt sie doch nicht mit Geheimnissen Plottwists und Andeutungen, sodass man kurzzeitig meinen kann, auf ein wahres Fernsehjuwel gestoßen zu sein.
Bereits Episode 2 lässt aber befürchten, dass sich die Serie auf ihrem Piloten ausruht und sich nun erst einmal lahmen Einzelges
chichten zuwendet, die bestenfalls ein paar Alibientwicklungen für das große Ganze mitbringen. Und diese Befürchtung bewahrheitet sich teilweise – wobei aber gesagt werden muss, dass Dark Matter auch in seinen mittelmäßigen Stellen immer noch ordentliche Unterhaltung bietet.
Bezeichnend für
Dark Matter wie auch für Firefly ist es, dass die Syfy-Serie gerade an den Stellen schwächelt, die sie von Firefly unterscheiden. So ist das Geschehen an Bord der Serenity gerade deshalb so besonders gewesen, weil die Crew trotz der disjunkten Persönlichkeiten im Grunde eine harmonisch funktionierende Familie war, in der es wie in jeder guten Familie mal einen Streit gibt, die abends aber dennoch gemeinsam am Küchentisch sitzt und über die Launen des Tages blödelt. Die Crew in Dark Matter hingegen ist ein zerstrittener Haufen, in dem keiner den anderen über den Weg traut. Schlecht ist das keineswegs, denn das Konzept bietet natürlich mannigfache interessante Ansätze, das originäre aber Firefly-Feeling, das die Macher der Serie offenbar anstrebten, wird dadurch aber konsequent ausgeschlossen. Auch kommen die einzelnen Figuren viel zu selten über die eine, sie definierende Grundeigenschaft hinaus. Der tumbe Haudrauf mit Machismo-Humor, die kindliche Technikerin, die enger als alle anderen mit dem Schiff verbunden ist, die Androidin mit Hang zu Gefühlen, deren berechnende Art immer wieder für vermeintlich lustige Momente sorgt, der Farbige mit weichem Herz (eine Figur, die so langsam deutlich rassistisch Anklänge hat), der schweigsame „Ninja“ und eben der smarte Sunnyboy, der darauf angelegt ist, Sympathiezentrum zu sein. Das sind die Substrate des sozialen Mikorkosmos an Bord. Da Charakterentwicklungen und -vertiefungen aber nur sehr kleinschrittig vonstattengehen, sind die Möglichkeiten der Verbindungen und die damit einhergehenden Konflikte aber ebenso vorhersehbar wie an zwei Händen abzählbar.
Außerdem leidet die Serie gerade bei der inoffiziellem Hauptfigur
an einem schwerwiegenden Besetzungsfehler, denn Marc Bendavid macht seine Figur zum naiven Milchgesicht ohne Geberqualitäten, während ihn das Skript zur Hälfte mit Weinerlichkeiten nerven lässt und zur anderen Hälfte gerne einen erfahrenen Supersöldner hätte, der von dem Schauspieler aber einfach nicht dargestellt wird. Dass er eine Figur mit Tiefe und hartem Kern ist, dass er eventuell dunkle Geheimnisse hütet solche elementaren Eigenschaften, die ihm die notwendige Komplexität verleihen würden und laut Drehbuch auch sollen, funktionieren schlichtweg nicht befriedigend.
Wenn in Folge 10 eine ähnlich aufgebaute Crew die Bildfläche betritt, die aber viel interessanter als unsere Helden wirken, könnte man fast eifersüchtig werden, wenn man sich fragt, ob deren Erlebnisse nicht auch viel abenteuerlicher und
aufregender verlaufen.

Damit ist die Basis der Geschichten natürlich nicht die beste, wird jedoch dadurch gerettet, dass die restlichen Charaktere alle etwas vielversprechender und ansprechender daherkommen.
Wie schon angerissen wurden, strengt sich
Dark Matter sichtlich an, immer genügend Schauwerte und Tempo zu liefern. In Folge sind die Geschichten meist straff und unterhaltsam inszeniert, trotz passabler Prämissen inhaltlich aber auch in einigen Fällen kläglich dumm, teils nahezu albern. Das beste Beispiel dafür ist Folge 6, die Geschichte mit der Träumerin.
Was die Serie letztlich ziemlich elegant rettet, ist die Verkettung und Fortführung von Themen über die Folgen hinweg. Die relevanten und durchgängig fortgeführten Storystränge werden nicht brav nacheinander abgespult, sondern überschneiden sich permanent und nehmen in ihrer Anzahl tendenziell zu. Auch, wenn sie für sich genommen, alles andere als originell ausfallen, besitzen sie in ihrer Masse spätestens im letzten Drittel ausgewogene Abwechslung.
Der Kreis, begonnen von der tollen Einstiegsepisode, schließt sich mit der finalen Folge, die vielleicht nicht die größten Antworten liefert, dafür aber überraschend durchdacht und sehr keck inszeniert ist.

Über die kleineren und größeren Schwächen muss man hinwegsehen können, um die Qualitäten der SyFy-Produktion als Dank der Mühe genießen zu können.
Das kurze Intro erinnert
nämlich immer wieder daran, dass Dark Matter nie mehr sein will als ein kleines Guilty Pleasure, das für latent selbstironische Frühabendunterhaltung sorgt und quasi nebenbei die langfristige Ambition hat, ein größeres Universum aufzubauen, das nicht so schräg ist wie das von Lexx, nicht so süß ist wie das von Firefly und auf keinen Fall so ernst wie das von Battlestar Galactica. Dark Matter ist eine Räuberpistole, die nicht davor zurückschreckt, mal blöd und peinlich zu sein, im Gegenzug dafür aber eine Form von unbekümmerter Unterhaltung liefert, die sich nicht scheut, Experimente zwischen gut und schlecht, trashig und passabel budgetiert, sympathisch und nervig, dumm und clever zu wagen. Und wer weiß,
Die letzten paar Folgen überraschen mit einem Rückgriff auf d
ie temporeichen Pulpanleihen der ersten Episode und sorgen unverhofft für spannende Wendungen und gesteigertes Stilbewusstsein; immer im Rahmen der Möglichkeiten, versteht sich, und gerade deshalb auf eine angenehm bewusst-trashige Weise durchkomponiert, sodass sich Dark Matter in diesen Momenten wie der kleine, wenn auch ein wenig nervige Bruder von Farscape schauen lässt.

Fazit

Dark Matter legt wert darauf, keine großen Längen zu haben, was die Serie vorrangig durch eine schnittige, bisweilen unnötig hektische Inszenierung löst. Langeweile kommt dadurch tatsächlich keine auf, da auch die berühmten Füllerepisoden nicht in zu großer Anzahl anzutreffen sind.
Mit einigen Schwächen und der nicht immer glücklichen Vermählung von Klischee, Epigonentum und Pulp-Charme muss man sich allerdings erst einmal anfreunden, ehe man die Serie als das schätzen kann, was sie ist: Angenehm leichte Unterhaltung, nicht zu glatt, nicht zu spröde, sondern ein Rotzlöffel, der zwar regelmäßig mit seinen allzu typischen Jungenspäßen anstrengt, aber in seinen besten Momenten trotzdem ein liebenswerter Bengel sein kann, dessen naive Art die eigene Geduld belohnt.

Eine zweite Staffel steht in Bälde an.

Extant

Seit der vollkommenen Annahme des Quality TVs warden immer häufiger Stars als Leitfiguren vielversprechender Serien gecastet, in der Hoffnung in Sachen Einspiel und Anerkennung ein neues Game of Thrones, The Walking Dead, House of Cards oder Akte X zu schaffen. In der CBS-Serie Extant ist es die Oscarpreisträgerin (aber auch zwei mal für die Goldene Himbeere nominierte) Halle Berry, die dort die Hauptrolle übernimmt.


Five dollars for the swear jar.

Story

Molly Woods verbrachte 13 Monate auf einer Raumstation. Zurück ließ sie ihren Ehemann John, der als führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, vor einiger Zeit dafür sorgte, dass das Paar trotz der Unfruchtbarkeit Mollys einen Sohn haben kann. Ethan ist der Name dieses Sohnes und er ist ein Prototyp, der erste humanoide, menschenähnliche und lernfähige Roboter der Welt.
Nach der Rückkehr Mollys muss sie sich nicht nur wieder in die ungewöhnliche Familienkonstellation eingliedern, sondern auch feststellen, dass bei ihrem Arbeitgeber offenbar einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Viel drastischer ist aber die bald eintretende Erkenntnis, dass Molly schwanger ist. Und diese Schwangerschaft in der Zeit eingetreten sein muss, als sie sich mutterseelenallein in den Weiten des Alls befand.

Kritik

Es kann eigentlich nur ein Fluch sein, dass beinahe alle Science-Fiction-Serien am selben Problem leiden. Zu Beginn eine wahnsinnig fesselnde Inszenierung, geschickte Storyverwicklungen, eine spannende Geschichte und Charaktere mit großem Potenzial, das sich auch zügig zu entfalten scheint. Nach einer Weile wird die Story etwas dünner, die Inszenierung liebloser und die Figuren flachen ab. Denn irgendwann muss eine Erzählung, die bisher durch rätselhafte Andeutungen neugierig machte, die die Karten zeigen. Wenn sich dann herausstellt, dass sie über viele Episoden hinweg bluffte und eigentlich nur ein paar Vierten hat, fühlt man sich, anders als beim Poker, um seine Zeit und – noch schlimmer – um sein Vertrauen betrogen. Eines der besten Beispiele für einen solchen Verfall ist wohl The Event.
Und auch Extant verläuft nach diesem Muster, was aber nicht heißen soll, dass es sich nicht lohnen würde, die Serie zu schauen.
So beginnt es mehr als vielversprechend. Alle Elemente der Handlung sind zwar bereits hinlänglich vertraut, aber auf eine Weise miteinander verschaltet, die aufregend ist, zu dem es auch an allen Fronten brisant zu kriseln beginnt und wir nacheinander das Mysterium der Weltraumschwangeren erleben, um die Beziehung zu einem Androiden Bangen und eine klassische Regierungsverschwörung beobachten. Es brennt also an allen Orten des Science-Fiction-Campingplatzes. Da aber alle Stränge gut funktionieren und ebenbürtig fesselnd sind, ist diese Art von Schwerpunktvielfalt in eigentlich längst ausgeloteten Bereichen alles andere als verwerflich. Im Gegenteil, durch die diversen distinkten Merkmale aufgereihten Geschichten schafft die Serie clever arrangierte Konterpunkte für die jeweiligen Themen. Ja, es ist sogar stetig hochspannend, denn aufgrund der nebulösen Bedrohungssituation und der großen thematischen Abwechslung wirkt das sich zusammenbrauende Unheil auf sämtlichen Spielfeldern ausgesprochen gut in der ersten Handvoll Episoden.

Ganz ohne Klischees kommt die Geschichte bei solch altbekannter Themenwahl natürlich nicht aus. Gerade die tuschelnden, doppelzüngigen Regierungsbeamten aus der Chefetage entsprechen zu sehr dem Archetypen des konspirierenden Schlipsträgers. So ist die Serie interessant, weil es Geheimnisse gibt, doch nicht wegen ambivalenter Gegenspieler – diese werden von durchweg als skrupellose Widerlinge dargestellt. Und an der Plattitüde, dass Helden nur so gut und interessant wie ihre Widersacher sind, ist leider etwas dran. Auch die anderen Figuren sind kein Meisterstück in Sachen Schreibekunst, sondern alle so konstruiert, dass sie eindeutigen Lagern zugeordnet werden können. Hauptperson Molly hat es da anders, aber nicht besser getroffen. Sie ist das relativ blasse Zentrum der Geschichte. Während sich um sie herum zig übermenschliche Geheimnisse enttarnen lassen, bleibt sie eine genaugenommen sehr langweilige Person, bei der alle Vorhaben, die Initiative erfordern, entsprechend aufgesetzt wirken. Das liegt, wie gesagt, zuvorderst daran, dass die Figur einfach so konzipiert ist, aber eben auch daran, dass Frau Berry, Hand aufs Herz, einfach keine allzu begnadete Schauspielerin ist.
Neben den offensichtlichen Inhaltsmysterien lebt die Serie aber auch von der Frage, wie sich die beiden Stränge künstliche Intelligenz als Sohn, Weltraumembrio als Leibesfrucht – miteinander verbinden und ob es Extant gelingt, aus dieser Verbindung etwas Neues zu machen. Die Gefahr, dass sich die ganze Geheimniskrämerei und das lustvolle Spiel mit Verschwörungstheorien über anzugtragende Hintermänner in eine fade Staubwolke auflöst, ist natürlich gegeben, doch die Art und Weise, wie die Serie Spannung generiert und mit ihrem Personal umgeht, bewässert eine Hoffnung, die für einige Stunden hochkarätiger Unterhaltung sorgt. Skeptisch bleibt man dennoch, ist man doch von den Serien dieses Jahrzehnts oft eines Besseren belehrt worden, wenn es darum ging, große Versprechungen auf tolle Antworten zu machen. Extant hält sich aber lange sehr elegant über Wasser, auch wenn sich das Serienkonzept dazu entschließen muss, einige Wandlungen und Wendungen etwas zu abrupt darzustellen, um weiterhin ein hohes Entwicklungstempo zu garantieren.
Spätestens ab Episode 9 lässt sich ein spürbarer Regress nicht mehr übersehen und dann geht die Serie den Weg, den so viele Myster- und Science-Fiction-Serien der letzten Dekade gegangen sind. Nämlich jenen Weg, der bereits oben angekündigt wurde. Die Befürchtungen, dass sich alles nur aus faden Klischees zusammensetzt, bewahrheitet sich zusehends und in gleichem Maße sacken Potenzial und Hoffnung auf wagemutige Entwicklungen ab.
Peinliche Point-of-View-Einstellungen und generische Entwicklungen, dazu eine Überstrapazierung der alles andere als innovativen Halluzinationsevozierung des Alienbabies. Und plötzlich stellt man fest, dass die Serie, die anfangs noch so vielversprechend aussah und durch zackige Spannungskurven zur nächsten Folge drängte, in den letzten zwei Episoden qualitativ rapide abgesunken ist. Auch die anfangs noch so großzügig eingesetzten Twists lassen nach und wenn sie passieren, dann nur deshalb, weil Charaktere mit fadenscheinigen Motivationen einfach die Lager wechseln.

Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die 1. Staffel von Extant weit mehr als über die erste Hälfte sehr gut unterhält, bis sie dann leider nachlässt. So negativ der letzte Absatz sich vielleicht auch liest, so schlimm ist es dann doch nicht. Auch in den wenig attraktiven Entwicklungen des letzten Staffeldrittels profitiert die Serie noch von ihrem vielversprechenden Anfang. Und wer weiß, vielleicht erhebt sich die Geschichte in Staffel 2 auch wieder in die Höhen, die die Serie zu Beginn noch für möglich halten lässt.

Kritik

Nach mitreißendem Start und der gekonnten Verschaltung diverser Storystränge verliert Extant in der ersten Staffel entschieden an Überzeugungskraft, weil sich viele Probleme höchst unelegant lösen, viele Fragen unbefriedigend beantwortet werden, die Figurenentwicklungen stetig unglaubwürdiger werden und die Serie – auch hinsichtlich der Inszenierung – in erschreckendem Tempo plumper wird.
Trotzdem bietet die erste Hälfte bis dahin perfekte Unterhaltung, die lediglich an der etwas zu blassen Protagonistin leidet.

Autómata

Androiden haben sich in den letzten Jahren durch bewusst minderwertige Produktionen mehr als nur ein paar Kratzer im Lack zugezogen. Über Antonio Banderas mögen böse Zungen selbiges behaupten. Mit Autómata bringt der Spanier Gabe Ibáñez sie in seinem zweiten Film zusammen.

Maybe the ocean is still there.

Story

2044 haben nicht die Menschen, sondern Sonnenstürme die Welt fast gänzlich unbewohnbar gemacht. Nach einer Reduktion um 99,7 % der Gesamtbevölkerung hausen auf dem ehemals florierenden Planeten nur noch 21 Million wackere Erdlinge, die darüber hinaus wichtige Technik wie z.B. für Kommunikation nicht nutzen können. Auch hier: Die Sonnenstürme sind Schuld. Roboter sind davon aber nicht betroffen und so konstruiert man Scharen von Androiden, die als billige Arbeitskräfte Schutzwälle für ihre Herrscher errichten sollen. Millionen von Robotern werden durch zwei Protokolle in Schach gehalten, die ihnen verbieten Menschen zu verletzen und sich zu modifizieren.
Jacq Vaucan ist Versicherungsvertreter der Firma, die diese Roboter fabriziert, und Mann einer hochschwangrene Frau. Jacq legt alles daran, zusammen mit seiner entstehenden Familie aus dem urbanen Moloch an die angeblich freundlichere Küste versetzt zu werden.
Der Auftrag, den er für die Verlegung absolvieren soll, hat jedoch einen besorgniserregenden Rattenschwanz, denn alles deutet darauf hin, dass das Unmögliche verbrochen wurde und plötzlich Roboter existieren, die sich selbst modifizieren.

Kritik

Zu Beginn brilliert eine Schwarzweiß-Montage mit einer unverbrauchten Klang- und Bild-Komposition, die auf die an sich schon sehr guten dargestellten Ideen noch einmal optimiert. Es gelingt auf bewundernswerte Weise, Ehrfurcht und Zynismus auf eine ebenbürtige, sich nicht selbst verschlingende Weise auf einem Punkt zu fixieren. Eine bessere Einführung könnte es eigentlich kaum geben, denn Gabe Ibáñez hat eine Vergangenheit als Effektspezialist und weiß dies erfreulicherweise sehr positiv in seinen eigenen Filmen zur Geltung kommen zu lassen.

Die Handlung startet vor einer unverkennbar an Blade Runner angelehnten Stadtkulisse, wo sich das Fortschreiten der Zeit überwiegend auf die Beschleunigung von Elend, die Reduzierung von Mitleid und die Zunahme von Werbung ausgewirkt hat. Die Zukunft ist Dreck mit LEDs und arm an guten Aussichten. Nicht von ungefähr erinnert Autómata ebenfalls sehr an den sträflich unterschätzten Ghost in the Shell 2 – Innocence, sind doch beide sehr gelungene Blade Runner-Jünger, die die Kunst beherrschen, sich verbeugen zu können, ohne sich zugleich lächerlich zu machen.
Denn auch, wenn Autómata sich seine Diegese optisch aus allen erdenklichen Klassikern zusammengeliehen hat, sieht man ihr doch an, dass die Verbindung der Fragmente mit Überzeugung und Leidenschaft vonstattengegangen ist. Eine angenehm inspiriert wirkende Kamera bewegt gekonnt sich durch die Gänge und sorgt mehr als nur einmal durch ihren bewussten, einfallsreichen, aber keineswegs aufdringlichen Einsatz für überraschende Momente. Automata imponiert mit wundervollen Aufnahmen und stimmigen Set-Ideen. Ein durchdachtes Sounddesign, ein ebenso guter Score zu gekonntem Lichteinsatz sorgen auch und vor allem für eine gehörige Dosis an Stimmung. Trotz eines Budgets von 15 Million Dollar, von dem auch noch die Gagen der relativ großen Namen wie Robert Forster (Alligator), Melanie Griffith, Dylan McDermott und Produzent Antonio Banderas selbst abgezogen werden mussten, sieht die bulgarische Produktion gar nicht so günstig aus und überzeugt mit einem Stil mit Widererkennungswert. Diese handwerkliche Versiertheit kaschiert ohne viel Aufhebens zu machen einige Dinge, die nicht so gut gelungen sind. So sind die Dialoge nicht immer frei von Überflüssigem, wirken aber trotzdem in sich stimmig und natürlich, was ja durchaus keine Selbstverständlichkeit darstellt. Ein paar pseudo-tiefsinnige Pathosfloskeln, die so in normalen Dialogen nie vorkämen oder vorkommen sollten, haben sich zum Beispiel eingeschlichen, doch macht dies erstaunlich wenig aus, weil die Güte der Inszenierung es schlichtweg überspült.
Auch offene Fragen und Ungereimtheiten lassen sich natürlich finden und einige fallen gar nicht so marginal aus (ob Jacq wirklich Wein mit seiner hochschwangeren Frau trinkt, gehört zu den weniger drängenderen), und doch lässt es sich auch hier einfach nicht von der Hand weisen, dass die Leidenschaft aller Beteiligten dies durch ein handwirklich sehr gutes Ergebnis fast schon gänzlich irrelevant macht. Der Film ist einfach zu voll mit kleinen, nahtlos eingefügten Höhepunkten, wie zum Beispiel eine Verfolgungsjagd in der nächtlichen Wüste, die kurz, dafür aber umso eindrucksvoller ausfällt.

Ganz besonders explizit wird diese Stärke bei den Robotercharakteren, die kunstvoll geheimnisvoll gelassen werden und lange Zeit ein Potenzial erahnen lassen, das von philanthropischer Gutmütigkeit bis zu hinterhältiger Verschlagenheit jeden Punkt auf der Skala des Zueinander-Stehens besetzen zu können. Zugleich tragen sie mimikarmen Blechkameraden dies nie zu offen zur Schau und wirken auf eine berührende Weise zerbrechlich, zärtlich und melancholisch.

Der endgültige Ausschlag im letzten Drittel fehlt, es kommt nicht wie erwartet größer und größer, sondern bleibt im Sinnbildlichen, ohne damit an dieser Stelle zu viel zu verraten. Es macht den Film zugleich auch auf eine Weise rund, sich nicht permanent steigern zu wollen, sondern sein Ende im Bescheidenen, aber Ausreichenden zu finden. Im Gegenteil hätte es der Geschichte wohl getan, wenn man auch auf ein weiteres Ereignis am Ende verzichtet hätte, das zu offensichtlich keinen anderen Nutzen hat, als sie genrebedingten Erwartungen an ein spannungsgelandenes Finale, in dem möglichst viel auf dem Spiel steht, zu bedienen.
Unterm Strich bietet das Drehbuch von Autómata einige Stolperfallen und Untiefen, in denen gerne auch der abgeschmackte Kitsch brodelt, doch klemmt die Regie die prekären Stellen jedes Mal in gekonnter Weise ab, bevor sie ernstlich zur Gefahr werden, sodass es der Handlung nie droht, nicht ernstgenommen zu werden.

Natürlich erfindet der Spanier mit seinem zweiten Film das Rad nicht neu und beackert ein Feld, das schon über zahllose Jahre hinweg Früchte getragen hat. Natürlich hätte es einige Elemente wie den abgehalfterten und klischeetriefenden Cop Wallace nicht gebraucht. All das wird gesehen und all das hat zahlreiche Kritiker zu bewogen, Autómata mit bissiger Häme abzustrafen. Für jeden schalen Punkt lassen sich aber zwei überraschend gut funktionierende auf der Habenseite finden. Und manche von ihnen besitzen genug Strahlkraft, um die Negativpunkte beinahe ganz vergessen zu machen.

Fazit

Autómata hätte sich zwischen Schönheit, Innovativitätsanspruch und Laienphilosophie schnell aufs Fürchterlichste verzetteln können, doch ist die Regie einfach zu gut, um den Film jämmerlich gegen jede der sich anbietenden Gefahren zu steuern. Stattdessen belohnen ein perfektes Tempo und eindrucksvolle Aufnahmen, die so düster wie durchdacht sind, und nicht zuletzt ein Antonio Banderas, dem an seiner Rolle wirklich was zu liegen scheint, die Zuschauer dieses kleinen Noir-Thrillers im Dysthopiegewand.

Android Insurrection

Andrew Bellwares hat sich auf Mockbuster spezialisiert. Earthkiller hat hier einen gewissen Ruf, da ihn der deutsche Verleih frech mit dem Untertitel Blade Runner 2 auf den Markt warf. Dem Rest der Welt ist der Film mehr wegen seiner Qualität bekannt. Noch besser (Imdb-Wert 1,9) ist nur sein Vorgänger-Film Battle: New York, Day 2. Sein letztes Werk war Prometheus Trap, der in kleinen Kreisen sogar einen verhältnismäßig (auf diesem Wort liegt die Betonung) moderaten Ruf hat.
Doch hier geht es um sein erstes Werk aus dem Jahre 2012, namentlich Android Insurrection.


Das zweite Gesetz der Roboter: Suchen Sie keinen Streit.

Story

Wir schreiben das 26. Jahrhundert und gewisse Schnurrbärte werden endlich nicht mehr mit deutschen Diktatoren in Verbindung gebracht. Außerdem hat sich eine Armee aus bösartigen Roboter gebildet, die von Mensch und Android bekämpft werden will.
Eine Gruppe des Widerstands bekommt den heiklen Spezialauftrag, eine Gruppe ganz besonderer Roboter aus dem Einsatzgebiet in Sicherheit zu bringen.

Kritik

Kurze Richtigstellung am Anfang:

„Einsatzgebiet“ =  Lagerhallen, Heizungskeller, eventuell so etwas wie eine Werkstatt
„Widerstand“ = Gruppe verwirrter Laiendarsteller
„Roboterarmee“ = mäßig animierte Schrottspinne

Die Effekte sind überraschenderweise eine zweischneidige Angelegenheit. Wobei die eine Schneide merklich schartiger ist als die andere. Einige CGI-Konstrukte sehen anständig aus. Das große Kugelmonster aus der ersten Sequenz macht Spaß, die Außenaufnahmen einiger pseudo-futuristischer Fluggefährte gehen ebenso in Ordnung, so lange nicht zeitglich ein Mensch mit im Bild ist und darauf aufmerksam macht, wie armselig die Animationen eben doch sind.
Das ist auch der schmerzende Druckpunkt vieler Szenen: Die CGI-Kulissen sind schlimm und ungeheuer störend, da der Kontrast von Computerhintergrund und schlecht ausgestatteten Laiendarstellern immens ist. Das fällt aber kaum ins Gewicht, da der Hauptteil der Handlung sich schließlich in einem Keller abspielt.
Bewundernswert ist, dass die Darstellung von ausgerechnet kleinen und verhältnismäßig simplen, für die Glaubwürdigkeit aber enorm wichtigen Details, wie beispielsweise eines halbwegs authentisch wirkenden Mündungsfeuers, kolossal scheitert.
Das, was dann manchmal moderat aussieht oder aussehen könnte, weiß der Film aber mit verunglücktem Geschick zu verbergen. Bedrohliche Roboterspinnen und ähnliche Hindernisse, die sich dem unkoordinierten Heldentrüppchen in den Weg stellen, agieren in aller Regel außerhalb der Kamera und lassen häufig nur ab und an mal ein Beinchen von sich ins Bild ragen, damit der Zuschauer auch glaubt, dass da was sitzt und gefährlich ist. Stattdessen sieht man dann Menschen, die ballern. Und ballern. Und ballern. Und ballern. Bis das Gefecht beendet ist. Da man wohl ahnte, dass man in Spielfilmlänge nicht nur ballernde Witzfiguren zeigen kann, besteht der Hauptteil des Filmes aus Dialogen.
An sich keine verkehrte Idee. Wenn man kein Geld für teures Spektakel hat, besinnt man sich auf Dinge, die auch mit geringen Mitteln zu realisieren sind und lässt ein paar Nervenbündel, die im Herzen der Finsternis um ihr Leben fürchten, nervöse Gespräche über Loyalität, Maschinenethik und Hoffnungslosigkeit führen. Leider werden aber die meiste Zeit über platte Phrasen und transparente Lässigkeiten ausgetauscht. Dass die ganze Sache nie sehenswert, aber auch nie zermürbend furchtbar ist, liegt einzig am halbwegs gelungenen Schnitt und der Kamera, die sichtlich bemüht ist, Dynamik in das eigentlich hochgradig träge Geschehen zu bringen.

Das alles wäre nicht weiter schlimm. Die hatten wenig Geld und wollten gerne trotzdem ein bisschen Sci-Fi produzieren. Genaugenommen ist das ja was Gutes. Doch verhindern die Amateurdarsteller, dass man irgendeine Szene ernstnehmen kann, erwecken sie doch sämtlich den Anschein, man hätte sie direkt vom benachbarten Set eines drittklassigen Pornos wegrekrutiert. Wer diesen Eindruck festigen möchte, dem sei der Genuss der deutschen Synchronisation wärmstens empfohlen. Der Versuch, die Talentfreiheit mit Sonnenbrillen, enger Lederkluft, Nasenpiercings und hinter die Ohren geklemmten Zigaretten zu kaschieren, ist bestürzender weise nicht erfolgreich. Die hölzernen, unbeholfenen und bemüht pomadigen Dialoge machen auch genau das, was man beim lesen dieser Zeilen bereits vermutet.

Die Handlung besteht daraus, dass man fast die volle Laufzeit über durch einen Keller watschelt, sehr viel schwafelt und ab und zu von schlecht animiertem Mündungsfeuer verdeckt wird. Was woanders Warnschilder wären, sind hier handgeschriebene Buchstaben, die mit Kuli auf ein weißes Stück Papier gekritzelt wurden, das mit Paketklebeband an einer Tür befestigt ist. Android Insurrection ist nicht der langweiligste Film, den es gibt, aber es fehlt auch nicht sehr viel, um diese Trophäe einzuheimsen. Dass die taffe Protagonistin eigentlich ein Android ist, soll die große Überraschung am Ende sein, wird aber bereits von Anfang an so oft und vollmundig angedeutet, dass die Enthüllung zum Schluss so notwendig ist, wie ein Kronleuchter an einem Mittag in der Wüste.
Die kantige Dame mit dem The fifth Element-Gedächtnishaarschnitt, die einen anderen Roboter mimt, verdient aber durchaus eine Trophäe. Dass sie einen Androiden spielt, macht sie Kenntlich, indem sie genauso stockend und emotionslos spricht, wie die anderen, hierzu neckisch mit dem Kopf hin und her ruckelt und sich bemüht, in einem Rhythmus zu wandeln, den man auf dem Schulhof wohl als „robotisch“ empfunden hätte. Manchmal sind dabei surrende Geräusche zu hören, meistens aber nicht.

Fazit

Günstig produzierte Low-Budget-Science-Fiction mit viel Geschwafel, unansehnlichem Geballer und bemüht scheiternden Darstellern, die unentwegt so tut, als erzähle sie eine Geschichte. Nur dank der beherrschten Kamera verkommt der Film nicht zur Tortur.
Trotzdem: Ganz so hundsmiserabel, wie zum Beispiel der Sternedurchschnitt bei Amazon befürchten lässt, ist Android Insurrection nicht. Er ist nur einfach schlecht.

Eine ebenso große Mogelpackung wie das Postermotiv ist die angegebene Laufzeit von einer Stunde und 23 Minuten. Der Abspann nimmt einen bemerkenswert großen Teil des Filmes ein – und ist bemerkenswert lange einfach nur schwarz.
Warum so etwas synchronisiert auf den deutschen Markt geschleudert wird, Streifen wie Upstream Color aber nicht, weiß nur der Teufel.

Robotropolis

Genaugenommen hat Christopher Hatton bisher nur wenig Gutes geschaffen. Filme wie Cyber War, den man nachträglich und ganz ohne Hintergedanken in Avatar umtaufte, entstammen seiner Feder. Auch zwei gar nicht so üble Episoden Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert sind ihm zu verdanken. Eine lobenswerte Treue zur Science-Fiction und wenig Talent, immer eine hervorragende Kombination. Was hat Robotropolis hat neben seinem wunderbaren Namen noch zu bieten?

Nooarrhoo!!!

Story

Die Ölfirma mit dem sympathischen Namen Meganational Industries ist ein ziemlich gewinnträchtiges Unternehmen. Deswegen hat sich der Unternehmenskopf und zweitreichste Mensch der Erde auch eine Insel gekauft und diese still und heimlich zum hochtechnisierten Roboterparadies geformt. Menschen und Androiden leben in Einklang und die metallenen Helfer stehen ihren fleischigen Herren bei jedweder Tätigkeit treu zur Seite.
Erstmalig ist es einem Fernsehteam gestattet, auf dem Eiland zu drehen. Reporterin Christiane Nouveau und ihr Team um den sensationslüsternen Regisseur Edward sind gerade im Begriff, die Idylle zu beweihräuchern, als urplötzlich ein Roboter vor laufender Kamera einen Menschen niederschießt. Was anfangs nach einem Einzelfall aussieht, entwickelt sich rasch zu einer Katastrophe, in der sämtliche Roboter zur Jagd auf ihre Herren blasen.
Während man in der Führungsetage erfolglos versucht, die Gründe für das plötzliche Aufbegehren aufzudecken, fahren die Journalisten unter Lebensgefahr mit ihrer Berichterstattung inmitten des Massakers fort.

Kritik

Schon in den Anfangsminuten wird klar, dass die Welt die Roboterapokalypse verdammt noch mal verdient hat. Die Menschheit der Zukunft besteht nur noch aus skrupellosen Milliardären, lüsternen Kameramännern, profitgierigen Regisseuren und Kameraden, die nach dem unerwarteten Tod ihres Freundes auf dem Fußballfeld aus dem Stehgreif politische Parolen ins Nichts brüllen, anstatt den Verlust zu betrauern. Was alle teilen, ist ein furchtbarer Humor. Dass all diese Leute dazu auch noch schrecklich beschränkt sind, zeigt dem Zuschauer, dem es schwerfallen dürfte, Sympathisanten auszumachen, vor allem eines: Die Spezies Mensch hat ihren Zenit überdeutlich überschritten. Zeit, die Evolution ihr Werk machen zu lassen. Soll Gott die Roboter-Sintflut über uns hereinbrechen lassen, so oder so sind wir verloren.
Was erwarten die Insulaner denn, wenn sie Haushalts- und Verkehrsroboter völlig grundlos serienmäßig mit tödlichen Schusswaffen und Flammenwerfern ausstatten. Wir schreien ja förmlich danach, endlich umgebracht  zu werden. Das sind Signale, die wohl selbst die Maschinen auf heutigem Stand rasch richtig deuten würden, Robotergesetze hin oder her. New City ist kein Ort, wo der Sinn zuhause ist.

Dabei ist die Prämisse und auch ihre Umsetzung jedenfalls im Prinzip gar nicht so blöde. Die ersten 40 Minuten von Robotrapolis sind die im Entstehen begriffene Reportage, etwa die Hälfte der Szenen sind identisch mit der Fernsehübertragung, während in der anderen Hälfte der böse Industriemagnat und die Nachrichtenleute hinter der Kamera zu sehen sind. Sabotiert wird das Konzept von zwei Problemen: Die Schauspieler sind zweit- und drittklassig (vor allem Kameramann Danny, der das Kunstwerk schafft, bereits nach nur einer Szene vollkommen unausstehlich zu sein und darüber hinaus die Mimik einer Mandarine besitzt) und die Dialoge derart planlos, dass die Darsteller mit jedem gesprochenen Wort automatisch noch schlechter dastehen. Gordon Standish als Milliardär (gespielt von Lani John Tupu, bekannt als schmieriger Rächer aus Farscape) bietet noch die beste Performance, ist gegen die geballte Kraft des Drehbuchs aber dennoch machtlos. Immerhin gelingt es ihm, mit höchst sonderbaren Verzweiflungsausbrüchen seiner Figur ein paar traurige Höhepunkte setzen. Immer dann, wenn er sich konvulsivisch aufbäumt und mit zusammengekrümmter Statur seine hemdsärmelige Pranke auf den Tisch sausen lässt, um entgeistert „Nooarrhoo!“ in sein steriles Büro zu brüllen.

Auch von in technischen Disziplinen ist keine übermäßig große Hilfe zu erwarten. Zwar war man sichtlich ambitioniert, viel Abwechslung einzubringen, schießt aber übers Ziel hinaus, wenn manchmal Gesichter, teilweise auch ganze Szenen gezeigt werden, die überhaupt nichts zur Handlung beitragen und dadurch bestenfalls für unfreiwillige Komik sorgen.
Es ist nicht dramatisch, dass Robotropolis abseits von „Roboter laufen Amok“ keine Geschichte zu erzählen hat, aber ein Film ohne Story benötigt nicht so viele Figuren, die alle in unterschiedlichen Räumen nichts anderes machen, als ratlos zu sein und Ratloses zu sagen. Allerdings muss man zugutehalten, dass der Science-Fiction-Film dies mit seinen beschränkten Mitteln recht sachverständig zu vertuschen versucht.

Die Effekte sind schwankend, im Gesamten aber in Ordnung. Man sieht ihnen ihre digitale Natur stets an, wirklich störend ist dies aber nicht. Der dicke Nebel in der Mitte des Filmes, der wohl so etwas wie Rauch darstellen soll, sieht hingegen so künstlich aus, dass jedes Sehvergnügen abhandenkommt, so aufdringlich macht er das Bild milchig. Überhaupt sind die Eindrücke von New Town nach der Katastrophe eher unbeholfener Art.
Die Roboter, auf die es schließlich ankommt, sind ebenso passabel animiert wie der Rest – wie gesagt: Bis auf ausgerechnet den Nebel –, für einen Film über Roboter aber etwas uninspiriert designet. Mit einer merkwürdigen Schwankung von Stärke und Konstitution haben sie darüber hinaus zu kämpfen. Wie sonst lässt sich erklären, dass sie einerseits furchtbar stark sind, sich andererseits aber widerstandslos von einer untersetzten Person mit einem Tischbein zerlegen lassen?

Fazit

Am Anfang noch unterhaltsam, wird Robotropolis mit zunehmender Laufzeit zu einer qualitativen Abwärtsspirale aus idiotischen Dialogen und zahlreichen mittelmäßigen Zutaten. Der Film hat zu viele Figuren für zu wenig Geschichte, endet im Nichts und bietet eine grotesk dämliche Auflösung. Da man bemüht ist, ständig irgendwas passieren  zu lassen – ob schlüssig oder nicht – wird es trotz durchgehend ärgerlicher Figuren aber auch nicht einschläfernd.

Surrogates – Mein zweites Ich

Jonathan Mostow ist eine merkwürdige Erscheinung. Thriller, U-Boot-Film, der merkwürdige Terminator 3 als Symptom für all das, was seit Anfang des Jahrtausends in der Filmbranche falschläuft, und dann die Verfilmung der Graphic Novel Surrogates von Robert Venditti und Brett Wedele. Vielseitig ja, aber nicht immer erfolgreich.

– That’s the way it is.
– That’s not the way it is!

Story

In knapp 40 Jahren geht der Mann von Welt nicht mehr vor die Tür. Er hat hübsche Androiden bei sich parken, in die sein Bewusstsein schlüpfen und mit denen er den Tag bestreiten kann: Beruf, Lebensmitteleinkauf, Zwischenmenschlichkeit jeder Art. Nicht nur vermeidet man es so, das traute Heim zu verlassen und sich allerlei Unannehmlichkeiten auszusetzen, man kann außerdem ein beliebiges Äußeres haben. Geschlecht, Alter, Aussehen – jeder läuft mit seinem ganz persönlichen Katalog-Menschen herum. Surrogates heißen diese Avatare.
Als die robotische Hülle des Sohnes vom Surrogates-Erfinders gemeuchelt wird, stirbt auch er daheim an seinem Terminal.
Der altmodische Ermittler Tom Greer wird auf den Fall angesetzt und kommt schon bald einer Verschwörung auf die Schliche. Dies war nicht der einzige Fall, bei dem Surrogates angegriffen werden und die räumlich getrennten Besitzer mit ihnen das Zeitliche segnen.
Militante Widerstandsgruppen von Surrogatesgegnern und die Entfremdung von seiner geliebten Ehefrau, die er seit Jahren nicht mehr im eigenen Körper getroffen hat, erschweren die Untersuchungen des Polizisten nicht nur, sondern treiben ihn zusehends an seine psychischen Grenzen.

Kritik

Auf den ersten Blick bietet Surrogates einen zutiefst zynischen, bitterbösen Zukunftsentwurf, in dem der Mensch sich und seiner Umwelt so fremd geworden ist, dass er sich nicht mehr vor die Tür wagt. Der natürliche Körper ist bloß noch lästiges Symbol für Anfälligkeit, Alter und Scham. Die permanente Verkleidung ist eine Lösung, die dazu führt, dass die Straßen nur noch mit puppenhaften Vorzeigefiguren bevölkert werden, die immer am Puls der aktuellen Mode sind, während die eigentlichen Menschen im heimischen Zwielicht kauern und schon seit Jahren keinem richtigen Lebewesen mehr begegnet sind. Krieg ist nur noch Spiel, bei dem sich Avatare auf dem Gefechtsfeld die blauen Bohnen um die synthetischen Ohren schießen, deren Ableben nur den verschmerzbaren Ausfall einer ersetzbaren Maschine bedeutet. Ganz nebenbei ist auch noch die totale Überwachung perfektioniert, denn jedes Maschinen-Alter-Ego ist problemlos aufzuspüren.
So erschreckend die Zukunftsversion auch ist, wirkt es nicht ganz nachvollziehbar, dass dieser offensichtliche Missstand von aller Welt völlig widerstandslos bejubelt wird.  Aber dass die Menschheit in den meisten Dystopien nicht nur älter, sondern auch dümmer wird, ist ja quasi Usus im Science-Fiction-Genre und die Parallele zur fortschreitenden Digitalisierung des privaten Alltags in der heutigen Zeit ist überdeutlich.
Wie die ganze Sache im Detail funktioniert, ist trotzdem eine Frage, die ein Film mit einem so schweren Szenario beantworten können müsste, wenn die aufgebaute Bedrohlichkeitssituation den Prüfungen des Publikums standhalten soll. Wenn so gut wie jeder nur noch rumliegt und einen Roboto-Stellvertreter für sich leben lässt, wie halten die eigentlichen Menschen sich am Leben? Was schützt sie davor, an Fettleibig und Muskelschwund zu verenden? Wie pflanzt sich die Menschheit überhaupt noch ausreichend fort, wenn sie das Wohnzimmer nicht mehr verlässt und nur noch simuliertem Sex über ihre ferngelenkten Avatare frönt? Das sind nur zwei von vielen Fragen, die man sich im Laufe des Filmes stellt und die theoretisch zu beantworten wären – doch darauf verzichtet Surrogates. Kurioser Weise wirkt der echte Tom Greer noch etwas stämmiger als sein eigentlich besser trainierter Surrogate. Hinter dem ja beileibe nicht uninteressanten, logisch aber kaum haltbaren Ausgangsszenario verbirgt sich dann doch nur eine innovationslose Geschichte, die nach Standardmustern verläuft und fast schon unmotiviert die einzelnen Stationen abklappert.
Eine Identifikation mit der Hauptfigur fällt schwer, da ihr Tun an ein paar Punkten kaum mehr nachvollziehbar und wenig sympathisch ist. Das ist besonders schade, da Bruce Willis eigentlich nur den „too old for this shit“-Prototypen variiert, sich und seine dem fortschreitenden Alter trotzende Festsetzung auf halsstarrige Actionhelden aber augenzwinkernd auf die Schnippe nimmt. Sein Surrogate sieht deutlich jünger aus (Willis selbst scheint ja auch eine Art Jungbrunnen zu besitzen) und stolziert mit blonder Mähne umher, während er selbst mit Stoppelbart und kahlköpfig wie immer in seinem Wohnzimmer liegt.
Surrogates versucht gleichzeitig eine Thrillerhandlung abzuspulen und das Drama um einen verzweifelten Mann und dessen wurmstichige Ehe zu erzählen. Und das ist vor diesem exotische Setting in weniger als 90 Minuten viel zu viel. Die Konsequenz ist, dass nichts von beidem  so richtig gelingen mag. Der Thrillerpart ist nicht spannend, das Drama wirkt steril und aufgesetzt und keines von beiden ist besonders interessant. Das soll nicht heißen, dass es langweilig würde, doch von Nägelkauer- und Lehnenkraller-Qualitäten ist der Science-Fiction-Film sehr weit entfernt. Man schaut sich das Treiben an, erfreut sich daran, dass Actionpassagen und ruhige Szenen ein anständiges Gleichgewicht halten, und versucht dabei, sich nicht allzu viele Gedanken über die zahlreichen Ungereimtheiten zu machen. Aus der Prämisse, dass man nie genau weiß, ob man einem echten Menschen oder einer Maschine gegenübersteht  hätte man wie z.B. Real Humans viel herausholen können, theoretisch wären Auslotungen bis in Philip K. Dick-Tiefen möglich gewesen. Aber für so etwas ist der Film zu lahm und ambitionslos.

Fazit

Eine reizvolle Grundidee, der der nötige Halt fehlt und die von einer zu gewöhnlichen Geschichte umgeben wird. Surrogates bietet unterm Strich kaum aufregende Exkurse in Thriller und Drama, die für sich genommen unschlüssig wirken, und bietet einen routiniert spielenden Bruce Willis.
Als zeitkritischer Kommentar hat der Film zwar den nötien Biss, ist aber zu zahnlos, um auf Facebook, Second Life und Konsorten ernsthafte Spuren zu hinterlassen.

Am Rande: Der japanische Robotiker Hiroshi Ishiguro, der privat seine Tochter mit einem Maschinennachbau von sich selbst spielen lässt, hat einen kurzen Auftritt im Vorspann des Filmes.

Real Humans – Staffel 1

Was unterschied eine schwedische von einer amerikanischen Serienproduktion in Sachen Science-Fiction? Hollywood hat mehr Geld, mehr Leute, bekanntere Gesichter und vor allem mehr potenzielle Zuschauer. Was genau die Schweden stattdessen aufbieten können, darauf macht Lars Lundström mit Real Humans aufmerksam.


Tu es für Flash, Gordon.

Story

Hubots, eine Komposition aus Humans und Robots, sind lang schon Teil der menschlichen Umwelt. Die Androiden sehen beinahe aus wie ihre Erschaffer, unterscheiden sich aber durch künstlichen Teint, kalte Augen und leicht mechanische Bewegungsabläufe. Für fast jedes Bedürfnis existiert ein besonders gut geeignetes Modell. Ob Haushaltsarbeit, Altenpflege, Fitnesstrainer oder Sexobjekt – die Hubots arbeiten schnell und fehlerfrei, klagen nicht, essen nicht, müssen keine Notdurft verrichten und brauchen nichts als gelegentliche Ladepausen an der Steckdose.
Es ist den Menschen bewusst, dass sie es mit Robotern zu tun haben, doch imitieren diese das menschliche Verhalten so originalgetreu, dass sie es schnell vergessen können. Und so behandeln ehemalige Zweifler den neuen Hausbot plötzlich wie ein Familienmitglied – und irgendwann sind sich die hilfreichen Maschinen selbst nicht mehr sicher, wer, was oder warum sie eigentlich sind. Menschen, die Beziehungen zu ihren Hubots aufbauen, werden verächtlich „Hubis“ geschimpft. Wie immer, wenn es um Neues geht, scharen sich Menschen zusammen, die erst einmal dagegen sind, gründen die Pöbel-Partei „Echte Menschen“ und trinken nur Kaffee, der auf seinem Weg von der Bohne in die Kanne keinen künstlichen Finger gespürt hat.
Doch immerhin gibt es ja die allgemeingültigen Robotergesetze.

In dieser Welt kreuzen sich die Wege verschiedener Menschen und Hubots. Fabrikarbeiter Rogoer fühlt sich beruflich wie privat zunehmend von den Maschinen ins Aus gedrängt. Arbeitsplätze werden wegrationalisiert und Frau und Kind brennen kurzerhand mit der Haushaltsmaschine durch. Er schließt sich einem extremistischen Trieb der Real Humans an.
Leo trennt sich von einem Verbund Hubots, die aus bestimmten Gründen frei und selbstbestimmt sind, um die von ihm geliebte Roboterdame Mimi aus den Fängen von Schwarzmarkthändlern zu befreien. Der Rest der Gruppe sucht Unterschlupf bei einem lesbischen Menschenpaar. Doch bald schon scheint es Interessenkonflikte zu geben.
Die entwendete Mimi wird zwischenzeitlich von der ahnungslosen Familie Engman erworben und schnell ins Herz geschlossen. Auch der alleinlebende Großvater ist von Grund auf zufrieden mit seinem Hubot Odi – bis dieser eine Funktionsstörung erleidet, gewalttätig wird und entsorgt werden muss. Sein Ersatz ist ein schrulliger Altenpfleger-Hubot, der Lasagne und Rotwein verwehrt, das Äußere einer strengen Schuldirektorin hat und das Leben des Rentners mehr und mehr einzuschränken droht.

Kritik

Roboter, die ihre Menschlichkeit durch Liebe oder Liebe durch Menschlichkeit entdecken. Die nicht nur Schaltkreise und täuschend echte Emotionen in ihrem Programm haben, sondern ein Gefühl von Seele.
Kennt man alles – und wenn man ohne Vorwissen die Beschreibung von Real Humans überfliegt, mag man vielleicht verhalten gähnen, denn Battlestar Galactica und Konsorten dürften bei Vielen die Sehnsucht nach diesem Thema für mehr als nur ein Leben ausreichend befriedigt haben.
Doch Real Humans ist nicht auf den Kopf gefallen und sich dessen bewusst.

Einen unglaublich spannenden Mikrokosmos von einer Kleinstadt haben die Schweden da entworfen. Fies, klein, voller Leben und trotz all der Unwahrscheinlichkeiten und Technikphantasien vielleicht gar nicht so realitätsfremd, wie man im ersten Augenblick meinen könnte.
Oben erwähnte Erkenntnisse sind nicht das Ziel, sondern der Ausgangspunkt der Serie. Schon in der ersten Szene stoßen wir auf Androiden, die dies alles durchgemacht und nun verinnerlicht haben. Roboter, die sich gegenüber dem Menschen emanzipieren und behaupten konnten und nun nicht mehr Sklaven eines organischen Herren, sondern Sklaven des eigenen Willens sind. Die Fragen, die die Serie mit dieser Situation stellt, lauten: ‚Wie kann das möglich sein?‘ und ‚Was passiert von hier an?‘.

Dadurch, dass die Roboter von echten Menschen gespielt werden, die lediglich ihr Gesicht etwas ausdrucksloser, ihre Haut etwas glatter und die Bewegungen etwas steifer haben, wirken sie umso surrealer. Wenn ein Hubot zum ersten Mal auf die Idee kommt, am Strand mit den Füßen ins Wasser zu gehen, wird das auf solch eindringliche Weise in Bilder gefangen, dass es schön und bedrohlich zugleich wirkt. Und beides in gleichstarkem Maße. Damit die Bewegungsabläufe künstlicher, aber eben nicht zu künstlich wirken, hat man Pantomime-Künstler zurate gezogen, um die Darsteller entsprechend zu schulen.

Die einzelnen Szenen und Geschichten sind gut arrangiert und bieten vor allem alle ihr eigenes Thema, ihren eigenen Reiz und ihre eigenen Fragen.
Natürlich geht es letztlich nicht darum, ob Maschinen Seele und Gefühlsleben haben oder nicht, sondern um Seele und Gefühlsleben von Menschen sowie die vielen verderbten Arten, wie sie mit Fremdem umgehen. Die Roboter lassen Fragen nach dem eigenen Ich und dem eigenen Selbst- und Weltverständnis stellen.
In Folge 4 fällt der Satz „Ihr habt uns doch geschaffen. Wir haben nicht gebeten, hier zu sein.“ – und schon steht die Gottesfrage wieder im Raum. Das alte Frankenstein-Dilemma, um das sich eigentlich die gesamte Serie unablässig dreht. Was unterscheidet uns von einer Maschine? Sind wir nicht nur deshalb wir, weil unsere Organe auf eine bestimmte Weise angeordnet sind und funktionieren? Weil wir in eine Gesellschaft hineingeboren wurden, die uns erzählt, wie wir zu sein haben und wie die Welt ist? Inwiefern ist das bei Robotern anders, sobald sie ein bestimmtes Maß an Eigenständigkeit erreicht haben?
Oder wann ist der Mensch so gut, dass er seine eigene Schöpfung fürchten lernen muss? Wie ein Gott. Und wie schwer ist es, ein guter Gott zu sein, ohne dass die Schäfchen zu Murren beginnen und ihren Erschaffer mit gutem Grund in Frage stellen?

Manchmal sind die Figuren etwas zu überzeichnet und nicht jedermanns Schauspiel ist auf gleichhohem Niveau. Doch ersteres ist vielleicht notwendig, um eine so breite Geschichte in nur 10 Folgen zu erzählen. Und letzteres fällt zum Glück nicht allzu schwer ins Gewicht und ist außerdem zum Teil auch Punkt Nummer 1 geschuldet. Etwas problematischer ist da schon der Fakt, dass die stark episodisch verlaufende Serie an einem Umstand kränkelt, der vielen ähnlich erzählten Geschichten gemein ist. Die häufigen und starken Verzweigungen der Erzählstränge sind von sehr, sehr vielen Zufällen geprägt. Auch hier gilt: Das ist notwendig, um in so kurzer Zeit so viel zu erzählen und die Spannung nicht abfallen zu lassen. Doch kratzt es natürlich trotzdem an der Glaubwürdigkeit und raubt so mancher guten Drehbuchidee Teile die ihr zustehenden Wirkung, weil ihre Inszenierung durch das gleichmütige Hinnehmen der Unwahrscheinlichkeiten ein wenig arbeitsscheu wirkt.
Doch auf der Gegenseite gibt es Real Humans einfach zu viel zugute zu halten. Das unkonventionelle Erzählen, die frische Geschichte an sich und vor allem eine Mischung aus Mut und Geschick. Mut, weil man es wagt, auf komplette Sympathiefiguren zu verzichten und lieber komplexe und problematische Charaktere im Graubereich serviert. Geschick, weil es der Serie trotzdem spielend gelingt, Empathie hervorzulocken und den Rezipienten an dem Schicksal der Figuren hängen zu lassen. Nur so können die Geschichten mit fortschreitender Zeit immer schneller und immer bedrohlicher auf Kollisionskurs gehen. Das führt mit sich, dass nicht alle Charaktere nachvollziehbar handeln und im späteren Verlauf insbesondere zwei auf eine kaum absehbare Weise überreagieren, sodass sie ihrem eigentlichen Profil eigentlich kaum noch entsprechen, erhält der Serie aber auch ihre attraktive Portion Unkalkulierbarkeit.

Die deutsche Synchronisation geht in Ordnung, ist aber nicht frei von Fehlern. Gerade die Sätze von Statistenrollen leiden unter sehr blasser Vertonung und müder Übersetzungsarbeit. Das Gesamterlebnis schmälern kann das aber nicht. Dafür ist auch die musikalische Untermalung einfach gut gelungen. In Verbindung mit der teils raffinierten Montage wird Real Humans mit der modernen klassischen Musikuntermalung immer wieder zu einem dramaturgischen Erlebnis.

Das Ende bietet ein angenehm unaufgeregtes Staffelfinale, das ausreichend viele Fragen öffnet und offenlässt, den Zuschauer aber dennoch hinreichend befriedigt. So soll es sein.
Einen Extrapunkt verdient sich die schwedische Ausnahmeserie übrigens dafür, dass das Passwort eines Regierungscomputers „aybabtu!“ lautet.

Fazit

Komplexe Charaktere mit viel Entfaltungsmöglichkeit in einer Welt, die sich nur durch ein bestimmtes Parameter von der unsrigen unterscheidet und doch ganz verändert ist. Ein altbekanntes Thema geschickt neu interpretiert und gleichzeitig brandaktuell in vielen Bereichen. Herzstück der SF-Serie ist aber die hakenschlagende Geschichte.
Genau da liegt auch das einzig richtige Problem, denn ein paar der Wendungen wirken so sehr vom Zufall gelenkt, dass die durch die vielfältigen Verhältnisse geschaffene Glaubwürdigkeit an manchen Stellen zu bröckeln beginnt.

Der entscheidende Unterschied zu amerikanischen Science-Fiction-Serien ist übrigens gerade im schmaleren Budget zu suchen. Real Humans sieht gut aus, aber war bescheiden genug, um niemanden in den Ruin zu treiben. So reichen deutlich weniger Zuschauer, um das Werk am Leben zu erhalten.
In Staffel 2, die bald abgedreht ist, geht’s raus aus der schwedischen Heimat, um die Hubot-Verhältnisse im Ausland zu zeigen. Staffel 3 ist von Serien-Vater Lars Lundström gewollt – weitere sehr erwünscht.

Apropos amerikanische Science-Fiction: Das Übersee-Remake ist schon in der Mache.

Robotic Angel

Robotic Angel sollte eigentlich Metropolis heißen. Tut er auch. Nur in Deutschland gibt’s den etwas merkwürdigen, für deutsche Titelfantasie aber recht typischen Namen, weil die Lizenzgeber von Fritz Langs bedeutendem Stummfilm Metropolis sich querstellten.
Womöglich lag es aber auch daran, dass die Mangaverfilmung nach dem Drehbuch von Akira-Schöpfer Katsuhiro Otomo (Memories) der Vorlage um jeden Preis gerecht werden will – und deswegen einfach kein gelungener Film ist.

Ich weiß nicht, was gespielt wird, aber eines steht fest.

Story

Metropolis ist in vielen Fällen genau das, was auch Fritz Langs Metropolis ist. An der Oberfläche reihen sich prunkvolle Bauten aneinander, ragen in die Höhe und scharren am Himmel. Roboter nehmen den Menschen nicht nur die lästigen Pflichten des Alltags ab, sondern sind unentbehrlich gewordene Hilfe in allen Lebenslagen. Mensch und Maschine sind eng verzahnt und die Androiden mittlerweile so perfektioniert, dass sie auch für anspruchsvolle Arbeiten ihren Erbauern vorgezogen werden. Sie sind nicht nur zuverlässiger, sondern verlangen auch keine Bezahlung – nur Treibstoff benötigen sie, um ihren Pflichten nachzukommen. Die Menschheit hat sich selbst so abhängig von den Robotern gemacht, dass sie diese Abhängigkeit zu verfluchen beginnt.
Unter der Stadt wird der Preis für das bröckelnde Utopia entrichtet. In gewaltigen Slums lebt die Unterschicht, hauptsächlich Proletariat, das von den Robotern um die eigene Notwendigkeit gebracht wurde und sich nun auf die große Revolution vorbereitet.
Währenddessen ist Dr. Laughton, ein Pionier auf dem Gebiet der Robotik und außerdem mit einem Gotteskomplex geschlagen, dabei, den perfekten Androiden zu erschaffen. Dies geschieht im Auftrag von dem fiesen Duke Red, der plant, die Herrschaft über Metropolis an sich zu reißen. Ausgerechnet der Adopotivsohn des Dukes vereitelt dessen Pläne, indem er blind vor Eifersucht das Labor des Wissenschaftlers zerschlägt – und dem Ziel des Anschlages dabei unwillentlich die Freiheit schenkt.
Ohne Erinnerung irrt das Robotermädchen mit dem Namen Tima nun durch die verwirrende Welt und schließt sich dem jungen Kenichi an.

Kritik

Verwirrende Welt, verwirrender Film. Der als Vorlage dienende Manga erschien 1949 und bot gewaltig viel Inhalt. Die Verfilmung erschien 2001 und ist bestrebt, möglichst alle wichtigen Bestandteile des Mangas aufzugreifen. So ehrenhaft dieses Vorhaben auch ist, führt es doch dazu, dass Robotic Angel auf hohem Niveau scheitert. Denn mit seinen vielen Handlungssträngen und den zahlreichen Haupt- und Nebenfiguren wirkt der Film schon nach wenigen Minuten völlig überladen.
In den 107 Minuten springt man deswegen ständig von Figur zu Figur, sodass es unmöglich ist, eine richtige Beziehung zu den Charakteren aufzubauen. Kenichi, der eigentliche Protagonist, ist die meiste Zeit kaum zugegen, wodurch es einfach an einem erzählerischen Zentrum mangelt. Manche Figuren sind sogar so selten zu sehen, dass es fast schon lächerlich anmutet, dass sie anfangs überhaupt als handlungsrelevant vorgestellt worden sind. Meist haben sie nur ein paar Sekunden Zeit, ihre notwendigen Sätze aufzusagen, bevor der Fokus ruckhaft zum nächsten Ort flitzt. Der Antrieb der einzelnen Personen ist nur ein Ausnahmefällen erahnbar. Dabei ist der Plot, auf den Osamu Tezuka damals angeblich kam, als er das Filmplakat von Langs Metropolis betrachtete, nicht nur denkbar einfach, sondern auch schon mehrfach erzählt worden. Einzig die vielen Ortswechsel und das Fehlen brauchbarer Identifikationsfiguren verkomplizieren das Geschehen derart, dass das Verfolgen der Handlung fast schon in Arbeit ausartet. Und es gibt wenig größere Fehler als den, eine grundsätzlich simple Geschichte wirr und undurchschaubar zu erzählen.
Als wäre dies nicht genug, belastet sich der Film, um der Vorlage auf wirklich jeder Ebene treu zu bleiben, mit allerhand Symbolik und Zusatzambitionen, die allesamt aber zu plump und inflationär eingebaut wurden, um wirklich zu faszinieren. Da werden mit dem kurz vor der Vollendung stehenden Gebäude namens Ziggurat überdeutliche Parallelen zum Turmbau zu Babel geboten, es wird die spätestens seit Ghost in the Shell und Blade Runner überpräsente Frage nach der Möglichkeit von Identität und Seele eines Androiden gestellt und aus jeder Ecke ruft religiöse Symbolik. Das alles mag in den 40ern brisanter Stoff gewesen sein, wurde seitdem aber in zu vielen Varianten zu oft wiederholt, um für sich immer noch fesseln zu können, ohne diesen Themenbereichen neue Aspekte hinzuzufügen. Unter dem ganzen Ballast bricht der Film ächzend zusammen, wird die Handlung zur totalen Nebensache und verkommt das Figurenheer zur Bedeutungslosigkeit.

Was bleibt, ist die überragende Technik. Und in diesem Fach lässt sich Robotic Angel wahrlich nicht lumpen. Sowohl die Oberfläche als auch der Untergrund sehen vorzüglich aus. Hier tummeln sich die aberwitzigsten Ideen, das Design ist verblüffend und stilsicher, die Hintergründe stark belebt, die Bewegungen flüssig und jedes Bild platzt fast vor Details.
In dieser Beziehung spielt Robotic Angel definitiv in der obersten Anime-Liga mit. Einen Abzug in der B-Note muss sich das Werk allerdings gefallen lassen, weil einige eindeutig aus dem Computer stammende Animationen das homogen wirkende Gesamtbild harsch durchbrechen und die Ästhetik auf diese Weise empfindlich stören. Durch das eher abstrakte, altmodische Charakterdesign, das an unter anderem an Astroboy, Kaiba und ein paar Disney-Klassiker aus den 30ern erinnert, entsteht ein interessanter Kontrast zum organischen, vollanimierten Hintergrund. So wird auch auf visueller Ebene verdeutlicht, wie sehr der Mensch auf der Strecke geblieben ist, in einer von Technik dominierten Welt, die selbst natürlicher und menschlicher wirkt als ihre Erbauer, welche sämtliche Aufgaben und Funktionen an Roboter übergeben haben und so ihr Menschsein nach und nach vergaßen.
Unterlegt wird das Ganze häufig von sehnsuchtsvollen Jazzklängen, die in den besten Momenten an Cowboy Bebop erinnern. Auch sonst hat die auditive Seite des Filmes einige Ungewöhnlichkeiten auf Lager und stellt somit auch das Speziellste am ganzen Werk dar. Die unorthodoxe, auf den ersten Blick nicht immer ganz stimmige musikalische Begleitung stößt vielen bitter auf, verleiht der Szenerie aber eine besondere Atmosphäre und verstärkt die verhaltene Noir-Stimmung einiger Handlungsbausteine in großem Maße.

Fazit

Audiovisuell überwältigend, versagt das Fünfzehn Millionen Dollar teure Projekt von Regisseur Rintaro (Astroboy, X – The Movie) inhaltlich in aller Deutlichkeit. Obwohl der Film ähnlich arrogant und verschwenderisch wirkt wie die dekadenten Oberflächenbewohner von Metropolis, lohnt sich ein Blick wegen der traumhaften technischen Darbietung, von der man sich trotz allem gerne blenden lässt.