Die unmaskierten Punk-Heroen aus der Unterschicht Werthams bekamen nach ihrem ansprechenden ersten Auftritt im Folgejahr 2010 7 weitere Episoden spendiert. Dabei werden etablierte Stärken ausgespielt und frühere Schwächen vermieden. Zum zweiten Mal tritt das eingespielte Team in ganzer Stärke in der nicht nur besten, sondern auch letzten guten Staffel der britischen Erfolgsserie auf.
Can we please stop killing our probation workers?
Story
Der mysteriöse Fremde, der im Finale von Staffel 1 auf dem Drahtesel herangerauscht kam, um überhandnehmender Tugend Einhalt zu gebieten, folgt den Freunden – man kann sie mittlerweile wohl so nennen – auf Schritt und Tritt. Was seine Gründe und Absichten sind, ist jedoch ebenso wenig bekannt, wie seine Identität. Auch über eventuelle Fähigkeiten des Maskierten herrscht Unklarheit.
Anfangs trägt er dazu bei, dass Nathan aus seinem – wie seit dem Finale der letzten Episoden gewiss ist: unnötigen – Grab geborgen wird, aber auch sonst ist er häufig zu Stelle, wenn eine Situation droht, ihren kritischen Punkt zu überschreiten.
Zwischenzeitlich kreuzen sich die Wege der „Bewährungs-Fünf“ immer wieder mit Menschen, die ebenfalls Opfer des spendablen Gewitters und mit besonderen Kräften versehen wurden. Und wie es nun einmal so ist, stellen sich die wenigsten von ihnen als redliche Zeitgenossen heraus. Wie unsere Helden, so haben auch sie mit den Gefahren und Verlockungen der frisch gewonnen Möglichkeiten zu kämpfen. Und das regelmäßig auf Kosten anderer.
Kritik
Wie schon bei der 1. Staffel gibt auch hier Folge 1 galant den Ton an, der konstant während der 7 Episoden gehalten wird. Der Beginn kommt mit einer mehrschichtigen Ladung Eskalation daher und entwickelt sich mit zarten Übergängen zu einer nett geschriebenen Horrorepisode. Generell ist das Tempo in Staffel 2 kräftig angezogen worden und auch die manchmal etwas unbeholfenen Stellen der Vorgängerstaffel sind hier fast gänzlich vermieden worden.
Es macht nun noch mehr Spaß, die unverbrauchten Gesichter der Jungschauspieler zu sehen und auch die Handlung legt ein paar Schippen drauf. Selbst an den Dialogen merkt man, dass sich Schreiber und Darsteller mittlerweile auf sicherem Grund bewegen. Die Gespräche sind pointiert und wirken immer noch sehr natürlich, ohne den unterhaltsamen, selbstironischen Charme der augenzwinkernden Milieubeobachtung vermissen zu lassen.
Die Action stimmt weiterhin und auch in Sachen Dramatik gibt es kaum etwas zu beklagen. Das alte Problem, dass an jeder Litfaßsäule die vom Unwetter Modifizierten nur darauf warten, dass unsere Helden vorbeikommen, ist nicht vom Tisch. Doch immerhin wird diese erzählerische Krücke nicht mehr ganz so oft eingesetzt und somit ist die Glaubwürdigkeit der ganzen Kiste automatisch ein paar Level höher anzusiedeln.
Die etablierten Gesichter werden sinnvoll aufgegriffen, ihre Geschichten nachvollziehbar erweitert und ihre Motivationen mit passenden Motiven und zusätzlicher Tiefe ein wenig transparenter gemacht, ohne dass die Protagonisten dadurch zu durchschaubar werden. Auch einige Neuzugänge kommen hinzu– von denen manche länger und andere, ganz bestimmte Gesellen in guter Running-Gag-Tradition eher kürzer präsent sind – und fügen sich sofort in das illustre Grüppchen ein. Das wirkt selten gekünstelt, zieht sich aber auch nicht unnötig in die Länge. Misfits überzeugt weiterhin mit guter Dialogregie und spannend geschriebenen Charakteren.
Was die einzelnen Geschichten angeht, da wird man hingegen nicht immer einer Meinung sein. Die Zufälle stauen sich zwar nicht mehr ganz so aufdringlich, sind aber immer noch ziemlich sehr häufig Dreh- und Angelpunkt für die meisten entscheidenden Vorgänge. Aber nennen wir es Schicksals-Moment und nehmen die Sache als gegeben hin. Es wurde hat an den richtigen Baustellen gearbeitet und das ungewöhnliche Sci-Fi-Drama schafft es, den Überraschungserfolg von Staffel 1 im weiteren Verlauf nicht verpuffen zu lassen. Die Macher waren spürbar mit Herzblut am Werk und waren darauf bedacht, ihr Baby nicht dem schnellen Rubel zu opfern. Dass Season 2 sich gegenüber dem starken Vorgänger tatsächlich noch steigern konnte, ist bemerkenswert, da sie bereits ein knappes Jahr später über die britischen TV-Bildschirme flimmerte.
Mit „Der Maskenball?“ gibt es die erste Durchhängerfolge, die nicht wirklich schlecht ist, in eine so überdurchschnittlich spannende Staffel eingebettet aber trotzdem auffällig negativ hervorsticht.
Doch der Ausgleich folgt auf dem Fuße. Mit einer Superkraft namens Laktogenese wird auf ziemlich originelle Art zur Sprache gebracht, was längst überfällig war; und das noch abgedrehter und rücksichtsloser als in den bisherigen Ausschweifungen unseres Antiheldentrupps. Denn plötzlich und sehr unerwartet scheint er auf sein ganz eigenes Kryptonit gestoßen zu sein.
Fazit
Unaufdringlich emotionale Momente, einige zum Brüllen komische Szenen und clevere Figurenzeichnung. Staffel 2 setzt dort an, wo Staffel 1 endete, baut die Stärken der TV-Serie gekonnt aus und lässt die anfangs schon geringen Schwächen noch etwas schrumpfen.
Leider endet der Höhenflug der originellen Superheldenrüpel an dieser Stelle. Staffel 3 zeigt zum hundertsten Mal auf, dass es gescheiter ist, am Höhepunkt aufzuhören, bevor man diesen mit mangelnder Inspiration zu Tode reitet.
Und ein meist sehr zuverlässiges Indiz dafür ist, dass die bisherigen Stammregisseure ihren Platz für Nachfolger freimachen und Hauptdarsteller der Serie, mit der sie bekannt wurden, den Rücken kehren.