Yeon Sang-ho machte ab 2011 durch zwei recht spezielle animierte Filme von sich reden, die beide versuchten, ernste, teils wahre Begebenheiten aufzuarbeiten. Seinen absoluten Durchbruch erfährt er gerade aber mit einem Zombie-Action-Film, der bereits im letzten Jahr auf dem Fantasy Filmfest ausschließlich auf Lob und Begeisterung gestoßen ist: Train to Busan.
Raus hier! Alle raus, schnell!
Story
Als Fondsmanager ist Seok-woo nicht der angesehendste Teil der Gesellschaft. Zudem ist er geschieden und findet kaum Zeit für seine Tochter. So auch an ihrem Geburtstag, and dem sie unbedingt zu ihrer Mutter nach Busan fahren möchte; notfalls auch alleine. Also reißt sich der Geschäftsmann zusammen und steigt mit ihr in den Hochgeschwindigkeitszug KTX. Quasi zeitgleich greift ein Zombievirus um sich und entvölkert rasch Stadt um Stadt. Auch im fahrenden Zug selbst grassieren bald die Infektionen, fleischhungrige Ungeheuer wildern zwischen den Sitzreihen und die Überlebenden sind ängstlich, überreizt und voller Misstrauen.
Kritik
Von einem neuen Kapitel des, mindestens aber frischem Wind in dem ausgelaugten Genre des Zombiefilmes ist immer wieder die Rede, wenn von Train to Busan gesprochen wird. Es ist mehr als fraglich, warum der südkoreanische Streifen so gehandelt wird.
Die Exposition zu Beginn ist fernab von originell, aber flutscht ohne schlimme Längen durch die ersten Szenen und Minuten. Sobald der Zug bestiegen und der erste Zombie fresslustig durch den Wagon gestolpert ist, wähnt man sich inszenatorisch und vor allem auch dank des Soundtracks in einem 90er-Jahre Actionfilm à la Con Air. Und die ersten Minuten ist das eine durchaus erfrischende Erfahrung, denn lange ist es her, dass Derartiges gemacht und gesehen wurde. Das Ziel des Filmes ist klar: Rasanz, Atemlosigkeit, höchste Spannung.
Doch dann stauen sich die ungenießbaren Momente immer häufiger und lassen die Ziele in weite Ferne rücken. Inszenatorisch fehlte es nämlich entschieden an passenden Einfällen, um das besonde Setting des fahrenden Zuges interessant zu nutzen. Stattdessen wird viel geschrien und viel auf der Stelle getreten, während sich die Geschichte relativ höhepunktlos durch Standardsituationen hangelt. Das alles hätte Potential gehabt, wenn die Figuren nicht allesamt schrecklich eindimensional, unsympathisch, unglaubwürdig und dumm wären. Sind sie aber, und wie. Die Dialoge sind zum Augenverdrehen, manche Handlungen unbegreiflich kurzsichtig und bestimmte Reaktionen und Entwicklungen kaum nachvollziehbar. Und da man sich in Folge nicht um das Vater-Tochter-Gespann wie um die Nebenfiguren kümmert, fehlt es auch den Gefahrensituationen an Dringlichkeit.
Hinzu kommt, dass die Zombies ästhetisch und auch hinsichtlich ihrer Motorik zwar durchaus beachtenswert erdacht wurden, das Budget aber offensichtlich nicht reichte, die Konzepte auch zu einer adäquaten Darstellung zu bringen: Während das Make-Up vollkommen in Ordnung geht, sehen sowohl einzelne Zombies als auch Massen von Untoten in Bewegung hakelig und klar animiert aus – dass sich hierbei häufig Dinge in Zeitraffer zu bewegen scheinen, verbessert den Eindruck um keinen Deut.
Wenn das Ganze sich dann nicht zu schade ist, gängige Klimaxregeln zu ignorieren, immer kitschiger zu werden und die Sache weitestgehend ironiefrei abzuspulen, bieten die knapp zwei Stunden Zombieaction leider nicht das versprochene und gepriesene Adrenalinkino, sondern viel zu häufig Ärger und Langeweile. Letztlich findet hier keine originelle Perle aus Südkorea zu uns, sondern nur die asiatische Version einfältigen Hollywoodradaus.
Randbemerkung: Aufgrund eines Irrtums des Kinobetreibers wurde der Film nicht OmU, sondern in der teils körperliche Schmerzen bereitenden Synchronfassung gezeigt. Es mag sein, dass der Film im Original sehr anders, weniger plump und an vielen Ecken gelungener ist als die lieblose und blecherne eingedeutschte Version ausfällt.
Fazit
Eine schlimme Synchronisation, platte Figuren, einfallslose Action, kitschige Ausbrüche und sichtbare Budgetmängel führen leider dazu, dass Train to Busan nicht die herbeigesehnte Zombie-Action-Revolution ist und anstatt Nervenkitzel vielmehr Frust und Überdruss provoziert.
Der russischstämmige Ilja Naischuller erlangte 2013 weltweite Aufmerksamkeit durch das Musikvideo seiner Band Biting Elbows (Link), durch das er nun also nicht nur Sänger und Gitarrist, sondern auch Drehbuchautor und Regisseur wurde – und dafür derart viel Zuspruch erhielt, dass er auf Basis des viralen Hits gleich einen ganzen Film drehte. Hardcore Henry war geboren.
You’re half machine, half pussy!
Story
Herny wacht auf einer Laborliege in einem Wassertank auf und weiß nichts. Auch nicht, dass er Henry weiß. Zum Glück kann ihm die Wissenschaftlerin vor Ort, die sich glücklicherweise ebenso als seine Frau herausstellt, über seinen Namen aufklären. Und darüber, dass er einen stark modifizierten Körper und durch ihn tausendfach gesteigerte Kräfte besitzt. Letzteres kommt ihm zugute, als als ein manischer Wissenschaftler ihm unter fahrlässigem Einsatz telepathischer Kräfte eine ganze Armada rauf- und schießwütiger Untertanen auf den Hals setzt, um seine Kreation wieder in den Besitz zu bekommen. Und so rast Henry im Parcour-Stil durch ein mörderisches Russland, zerlegt Auftragskiller und stolpert von einem ominösen und häufig recht kurzlebigen Informanten zum nächsten, um nach und nach aufzudecken wer und was er ist – und wieso er tut, was er tut.
Kritik
Der große Clou an Hardcore ist, dass der Film sich ausschließlich in der Egoperspektive des Protagonisten abspielt. Da jener außerdem keinerlei Erinnerung an seine eigentliche Identität besitzt, handelt es sich also um eine recht konsequente Umsetzung interner Fokalisierung, die diese Geschichte anwendet: Der Zuschauer weiß exakt so viel wie die Hauptfigur, nicht mehr, nicht weniger. Und die Hauptfigur nutzt ihr begrenztes Wissen ausschließlich dazu, zu rennen und massenweise Menschen effektvoll an die Gurgel zu gehen.
Ist Hardcore eine marktschreierische Stapelung Gewaltpornographischer Inhalte? Man kann es nicht so ganz verhehlen. Natürlich weiß der Film genau das und hält seine eigene Eiseskälte für so cool, dass die ganze Sache nur noch lächerlich ist und nicht mehr abschreckend. Klar, das klappt, die grenzenlos übertriebene Over-The-Top-Metzelei tut keinem weh und macht Spaß. Sie lässt das Adrenalin kochen, kitzelt die Schaulust und im besten Fall lässt sie darüber staunen, wie endlos die Regler der Absurdität überdreht werden können. Trotzdem ist genau das aber nun einmal auch das einfachste Mittel, Gewalt zu verharmlosen, sie bekömmlich, ja sogar launig und wünschenswert erscheinen zu lassen – ein bloßes Spektakel für die eigene Lust. So gesehen ist Hardcore ganz die Gladiatorenarena; dafür da, sich 90 Minuten lang an möglichst kurzweiligem Gewaltzirkus zu ergötzen. Der Film liebt sich dann am meisten, wenn ein paar namenlose Schießbudenfiguren mit kantigem Gesicht in Nahaufnahme zu Menschenbrei werden. Und ja, damit handelt es sich um einen Film den man gut und gerne als verwerflich bezeichnen kann.
Und sonst? Wie funktioniert das Konzept des Ego-Films (das keineswegs völlig neu ist, unter den vielen Postern, die es im Film zu sehen gibt (u. a. vom First-Person-Shooter Payday 2, mit dem ein Cross-Marketing-Deal bestand) ist auch Lady In the Lake, bei dem dereinst versucht wurde, Film-Noir mit diesem Konzept zu verschmelzen, woraufhin pures Kassengift entstand)? Erst einmal irritiert es sehr, dass es Schnitte gibt. Deswegen, weil das vorgeblich rein und unvermittelt miterlebte Bewusstsein des Protagonisten, mit diesen Aussetzern plötzlich im Niemandsland der Montage verschollen geht und die ganze behauptete Direktheit des Geschehens ad absurdum geführt wird. Aber es existieren auch einige Schnitte, die nur ein paar Sekunden überbrücken. Auf diese Weise wird die hochgehaltene Agenda außerordentlicher Perspektive in ihrer Illusion gleich noch einmal gedämpft. Ein ausschließlicher, reiner Point-of-View verliert bei einem Schnitt deswegen schnell die Orientierung der Zuschauer, weil ständig Achsensprünge geschehen – bei einem Perspektivwechsel von über 180 Grad ist das Hirn nicht mehr in der Lage, anstandslos die Kohärenz der Szenen zu verstehen. Dass es sich um handwerkliche Unkenntnis handelt, ist bei einem Projekt dieses Produktionsniveaus realiter auszuschließen. Folglich muss es ein gewollter Kniff sein. Tatsächlich ist das Ringen um und mit Orientierung etwas, das Hardcore fast schon definiert – nicht nur innerdiegetisch anhand der vollkommenen Selbstverlorenheit der in gleich mehrfacher Hinsicht gesichtslosen Hauptfigur. Durch die ungewöhnliche Perspektive fehlt es zwangsläufig schon einmal stark an Übersicht, während ein „natürliches“ Sichtfeld schon allein deswegen nicht originalgetreu simuliert werden kann, weil der Sichtbereich der Augenwinkel hier unumgänglich ausgespart werden muss. Eine Menge Anfangsprobleme müssen also erst einmal überwunden werden, um sich in dieses durchaus exzentrische Kinoexperiment rein zu finden. Probleme, die für manchen Zuschauer gewiss eine größere Hürde darstellen als für andere, Stichwort Wackelkamera. Das Vorkommen desorientierender Schnitte verschwindet zum Glück recht früh und wertet den Sehkomfort merklich auf.
Wenn das erst einmal errungen ist, kann man langsam anfangen, die sehenswerten, außergewöhnlichen Seiten des Films zu würdigen: Die Kreativität in seiner szenischen Gestaltung, im Umgang mit Raum, Sounddesign und letzten Endes eben doch auch: Perspektive. Allen hausgemachten Problemen zum Trotz ist es einfach enorm einnehmend, wenn Airbags ins Kameragesicht explodieren oder man bei einer minutenlangen Verfolgungsjagd durch eine belebte Innenstadt über mehrere Stationen und mit anschließendem Faustkampf einem vor Rasanz schon mal die Sprache wegbleiben kann.
Dabei strengt der Film sich an, verschiedene Settings mal mehr, mal weniger nahtlos ineinander überfließen zu lassen und verpasst ihnen allesamt exklusive Höhepunkte. Man könnte auch sagen, dass Hardcore eine Variation von Crank darstellt. Denn hier wie dort hetzt der Protagonist von einem selbstzweckhaften Abenteuerwahnsinn zum nächsten, während in ihm ein dramatisch runterzählender Timer sitzt und man weder weiß, was exakt da eigentlich passiert, noch aufrichtiges Interesse an einer Auflösung dieser Unklarheit empfindet. Denn der fehlende Ernst untergräbt auch jede Dramatik – nicht, dass der Film es überhaupt darauf anlegen würde, etwas derartiges entstehen zu lassen.
Mit zunehmender Laufzeit wird Hardcore immer faszinierender, die Perspektive immer vertrauter und fesselnder; weil man sich an den Modus gewöhnt hat und weil es der Film irgendwie anstellt, stets abwechslungsreich zu bleiben, seine Besonderheiten hübsch auszuschmücken und an den richtigen Stellen auftreten zu lassen.
Und dann gibt es manchmal Einfälle, die ganz einfach das Prädikat frech und witzig verdient haben.
Fazit
Hardcore ist letztlich aber genau das, was es vorgibt zu sein: Ein filmgewordener Egoshooter, der immer dann mitnimmt, wenn es Radau gibt. Es ist ein blutrünstiger Trip, schiere Extravaganza – eine Idee, die sich gerade so nicht über die Filmlaufzeit abnutzt, aber auch nicht viel länger hätte dauern dürfen. Für ein wenig geschmacklose Adrenalinzufuhr im Alltag ist der Film durchaus zu empfehlen, für ein paar Momente des Staunens ebenso – Zartbesaiteten ist der Streifen allerdings aller Brüche durch Komik und Skurrilität nicht zu empfehlen.
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50 Jahre. 13 Filme. Sechs, in ein paar Monaten sieben Serien. Einfluss, den man sich größer kaum vorstellen könnte. Eine gewaltige kulturelle Säule also, gegenüber der der Zorn über eine neue Ausrichtung des Franchises wie eine Brise des Zeitgeistes wirken muss. Und dennoch – und zum Glück – Star Trek erhitzt die Gemüter, gerade wegen seiner Generationen umschließenden Wirkmacht. Nachdem J.J. Abrams quasi als Hebamme einer frischen Reinkarnation bei Star Trek und Star Trek Into Darkness fungierte, ist es nun ausgerechnet Justin Lin, der durch 4 Episoden Fast & Furious zu Ruhm kam, der in diesem Jahr das das Steuer der Enterprise übernimmt und sie in windigere Gegenden bringen soll.
My dad joined Starfleet because he believed in it. I joined on a dare.
Story
Die Halbzeit ihrer fünfjährigen Mission knapp überschritten, läuft die USS Enterprise in den Hafen der Sternenbasis Yorktown ein. Gerade angekommen, ereilt das interstellare Zentrum der Föderation prompt ein Hilferuf: Eine Mannschaft sei auf einem Planeten bruchgelandet, der von biestigem Staub umgeben ist. Wie der Zufall es will, ist nur die Enterprise für diese Mission gewappnet. Und so begibt sich die Crew zu den angegebenen Koordinaten. Das Problem ist jedoch nicht der Staub, sondern eine bisher unbekannte und der Enterprise überlegene Waffe, die das Schiff auf dem unbekannten Planeten bruchlanden lässt.
Ein Großteil der Mannschaft ist tot oder entführt, ein fieser Schurke namens Krall zieht die Strippen und ist auf der Jagd nach einem Artefakt, das sich im Besitz der Enterprise befand, und nur ein kleines Grüppchen der Crew operationsfähig und in Freiheit.
Kritik
Wie so oft verrät auch bei Star Trek Beyond der Anfang schon eine Menge über den ganzen Film. Die erste Sequenz leitet den dreizehnten Film der Reihe – eigentlich in guter Tradition – mit komödiantischem Gerangel sein. So richtig witzig ist das aber nicht, dafür sehr mittelprächtig einem Computer entrungen. Aber es zeigt, wohin die Fahrt gehen soll: Kurz, hektisch, unterhaltsam – fern vom Epos und Pathos der beiden Vorgänger.
Die Witze bleiben auf mäßigem Slapstick-Niveau und schnell stellt sich der Verdacht ein, dass sie auch gar nicht wirklich darauf aus sind, bahnbrechend komisch zu sein, sondern sich bescheiden am Rand halten; zu klein, um fad zu sein, zu dumm, um gut zu sein. Und damit ist die Kategorie Humor in dieser Rezension abgehakt. Er ist da, er ist weder pointiert oder einfallsreich noch gut getimt. Er ist einfach nur da und sorgt dafür, dass die Angelegenheit nie zu düster wird. Reines Mittel zum Zweck.
Ansonsten präsentiert sich Justin Lins Version von Star Trek wenig überraschend als ein Fest für Schaulustige. Opulente Raumstationen werden zu schwelgender Orchestermusik ausgiebig von der Kamera umschmeichelt, die Kreaturen sind comikhafter, noppeliger und schleimiger als bisher. Star Trek war schon mit Abrams‘ Taufe längst kein linientreuer Besonnenheitstest, jetzt aber wird es wirklich wild, schnell und kunterbunt. Die Bilder werden munter rein- und rausgezoomt, verkantet und mit Effekten überkleistert. Das macht dann und wann was her, hat aber selten Sinn. Wäre 2009 nicht Star Trek, sondern Star Trek Beyond der Serienneustart gewesen, die Fangemeinde hätte sich eine Version à la Abrams sehnlichst herbeigesehnt. So wurde sie darauf vorbereitet und erhoffte sich nicht allzu viel Stiltreue. Anfangs war James T. Kirk ein Rebell, dessen Verhalten mit Welt nicht zusammenpassen wollte. In Justin Lins Version ist diese Welt viel angepasster an den Raufbold-Captain. Und hier sind wir nun.
Die Action aber kann durchaus was. Als die Enterprise recht zu Beginn von etwas Unbekanntem invadiert wird, stimmen Inszenierung und Spannungsaufbau, die Lichtstimmung macht einiges her und auch einige Bilder wissen zu beeindrucken. Ebenfalls fällt hier erstmals auf: Es wurde sich große Mühe mit der Musikuntermalung gegeben. Außerdem bleibt das Chaos übersichtlich, die Schnitte überschlagen sich nicht und die Abfolge der Szenen ist inhaltlich wie dramaturgisch nachvollziehbar – mit einer Ausnahme. Nichts davon ist für die Ewigkeit, doch aber für ein paar kurzweilige Minuten Action gut.
Dass man mit der aus dem Trailer schon zu genüge bekannten Zerstörung der U.S.S. Enterprise so hochstapelt, ist fast schon schade, denn es untergräbt den eigentlichen Kern des Filmes: Ein kleines Abenteuer, bei dem mal nicht die ganze Föderation auf dem Spiel steht, sondern die Crew ein „einfaches“ Abenteuer erlebt. Das, was der Enterprise-Besatzung ja eigentlich in der Regel widerfährt. Zudem funktioniert die Destruktion USS Enterprise NCC-1701 als Symbol überhaupt nicht, weil es inhaltlich schlicht nicht zum Rest des Filmes passt – ganz im Gegenteil zu dem Ende dem Schiff der originalen Zeitlinie in Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock. Es scheint ein wenig so, als würde die Zerstörung hier primär herbeigeführt worden, um eine Parallele zu dem „ersten dritten Teil“ von 1984 heraufzubeschwören.
Doch zurück ins Jahre 2016: Es geht in Wahrheit natürlich schon um die ganze Föderation und die wirklich großen Dinge, aber immerhin nur auf dem Papier. Prinzipiell aber gibt es endlich eine richtige, wenn auch durch Fremdeinwirkung aufgezwungene Außenbordmission, endlich eine fremde Planetenoberfläche, die für mehr als nur eine Actionsequenz zu herhalten darf, sondern hier eben Schauplatz einer langen Abfolge von Actionsequenzen ist. Denn Charakterentwickung passiert hier nur am Rande. Auch hier bleibt Star Trek Beyond also, wenn man so möchte, einer „Standard-Mission“ treu. Dazu passt, dass sich als Antagonist ein stumpfer Bösewicht mit fadenscheinigen, kaum im Ansatz ausgearbeiteten Motiven präsentiert. Auch hier gilt: Mittel zum Zweck.
Optisch dominieren Mittelklasseeffekte, gerade bei kurzen Ausflügen zu räumlich beschränkteren Handlungsstätten, wo die CGI-Horizonte nicht auffällig die Stimmung löchern, kommt dann und wann tatsächlich ein wenig das Außenbord-Feeling der originalen Serie auf.
Nur wirklich spannend ist das Ganze nicht – leidlich unterhaltsam auf jeden Fall, doch die Dringlichkeit der Situation wird nie zureichend transportiert. Und so bleibt Star Trek Beyond ein kleiner Action-Happen für zwischendurch, ehe nächstes Jahr mit Star Trek Discovery endlich wieder eine Serie an den Start geht.
Fazit
Vor allem beim ersten Trailer, der Speerspitze der Werbekampagne zu Star Trek Beyond konnte man nicht zu Unrecht etwas Übles befürchten. So schlimm kam es nicht, nicht einmal annähernd. Ein Geniestreich hat sowieso niemand erwartet und so bietet der dreizehnte Kinoausflug von Star Trek ordentliche Außenbord-Action ohne Tiefgang oder weitreichende Folgen. Sicher, ein 50. Geburtstag einer solch altehrwürdigen Begleiterin der Popkultur hätte vielleicht eine bessere Feier verdient. Aber letztlich ist es nur ein Fragment eines narrativen Netzwerks, das selbst schon fast in die Unendlichkeit gewachsen ist.
Kein großer Wurf, aber auch kein Rohrkrepierer, sondern simple Unterhaltungskost, die sich selbst nicht zu wichtig nimmt.
Nur „Beyond“, wie der Titel suggeriert ist hier rein gar nichts – auch bei Einnahme abenteuerlicher Perspektiven mag sich die Bedeutung dieses Wortes nicht erschließen.
Parallel zu Dark Matter zäumte der SyFy-Channel noch ein zweites Serienpferd auf: Killjoys. Die Grundkonstellation ist in beiden Serien erst einmal recht ähnlich: Irgendwo zwischen Farscape, Firefly und irgendeiner Crime-/Fantasyserie siedeln sich die beiden Geschichten an. Doch macht Killjoys vieles deutlich besser als der Bruder Dark Matter.
Perfection is a process.
Story
Die abgebrühte Dutch und ihr Partner John Jaqobis sind Killjoys – Angehörige einer neutralen, aber von der Regierung gebilligten Kopfgeldjägerorganisation. Sie gelten als effizientes, eingespieltes Team, das im wendigen Schiff Lucy ihren Quadranten nach verschiedenen Klassen von Kriminellen durchforstet und es dabei selbst nicht so genau nimmt mit der Moral.
Als eines Tages D’avin Jaqobis, Johns Bruder, überraschend zu der kleinen Crew stößt, verändern sich die Dynamiken im Team.
Zugleich suchen Dutch düstere Schatten aus ihrer nebulösen Vergangenheit heim und Vorahnungen eines anstehenden Putschversuchs schweben wie stumme Vorzeichen über allem.
Zwischen Persönlichem, Politik, ambivalenter Moral und Fragen an und von Vergangenheit wie Zukunft muss sich das Trio in immer kritischeren Situationen behaupten, wächst zusammen, wird auf die Probe gestellt und erhält nach und nach den Überblick über ein erschreckendes Gesamtbild.
Kritik
Dark Matter ließ sich durchaus ein wenig Zeit, bis es ganz die Hüllen fallen lässt und klarmacht: „Ich bin Pulp! Trink ein Bier, wenn du mich schaust. Und sei nicht so aufmerksam, geh zwischendurch ruhig mal auf Klo!“, wodurch es sich einerseits in bester Tradition in die 90er-Jahre-Nachmittagsserien á la Stargate einreihte und sich andererseits abhob von all den High-Quality-TV-Auskopplungen des fluch- und segenreichen Netflix-Zeitalters. Und all das mit sämtlichen Vor- und Nachteilen. Killjoys hat den Gürtel nicht so straff sitzen und zeigt schon ganz am Anfang, was es ist und wohin es will. Alles wirkt erst einmal eine Spur billig, eine Spur zu gewollt drei Spuren zu übertrieben, nimmt sich dabei aber nie so ganz ernst und bemüht sich vor allem ausreicheichend um Abwechslung.
Und, man mag es kaum fassen, der Vorspann ist noch mal eine Nummer liebenswert-schlechter als der von Dark Matter. Bescheuerte Bildaufteilungsspielereien zu völlig überholtem und ebenso lahmem Rock senden Grüße aus den 90ern zusammen mit den grimmig dreinschauenden, stur und steif umherlaufenden Protagonisten. Was ihn von nervigen Vorfahren abgrenzt, sind die wenigen Sekunden Laufzeit. Das ist der erste Eindruck, den Killjoys vermittelt, auch noch nach ein paar Folgen. Aber der Eindruck wandelt sich – zum Guten und immer Besserem.
Doch erst einmal kurz weiter mit den ersten Eindrücken: Das große Alleinstellungsmerkmal der Serie ist gewiss die Umkehrung der klassischen Geschlechterrollen, zumindest so ein bisschen. Chefin des Söldnertrios ist ein Actiongirl, das taffer, kampferprobter und gerissener ist als ihr männliches Beiwerk. Die Kleidung ist zwar immer noch eng und Schauspielerin Hannah John-Kamen (Game of Thrones) eindeutig viel zu klassisch sexy, andererseits kann man das auch als Zugeständnisse an das eigene Pulp-Herz sehen. Und an dieses Herz muss man auch glauben, wenn man der Serie etwas abgewinnen will. Zu jeder Action rüpelt irgendein (viel zu leise abgemischter) Metalsong vor sich hin. Und Action gibt es in klar definierten Abständen immer wieder. Barschlägerei, Lagehallenschießerei, Martial-Arts-Gekloppe. Dabei geht die Serie manchmal ein wenig zu verkrampft zu Werke, meist aber trifft sie den richtigen Ton und sorgt gekonnt für die Art von Unterhaltung, die sie bescheren will.
Was sie aber anders macht nicht nur als Dark Matter, sondern als viele andere aktuelle Serien, ist einfach: Sie wird besser von Folge zu Folge. Es wurde nicht in den ersten Episoden das magische Pulver zur Gänze verschossen, sondern alles wird passender, das Gesamtbild runder, die einzelnen Elemente umspielen sich stetig harmonischer, der Stil scheint sich immer stärker selbst zu finden und irgendwann muss man mitten in einer Episode in der ersten Staffelhälfte verblüfft auf Pause drücken und sich eingestehen, dass Killjoys überraschend einzigartig, überraschend charmant, überraschend gut ist – ehe man dann schnell wieder auf Play drückt, weil das Ganze nämlich auch überraschend spannend ist.
Die gewohnte Schere zwischen eher rückständischen Zuständen in Gesellschaft und am Boden und der Technik, die interplanetares Reisen zu einer Sache von gefühlten Minuten macht, ist in Killjoys besonders auffällig. Doch diese Schere verläuft nicht ins Nichts; die einzelnen Planeten bekommen Gesichter und ihre Kulturen beeinflussen die erzählten Geschichten. Der Start ist nicht so gut und dramatisch wie der von der Schwesterserie Dark Matter, dafür ist er aber ehrlicher. Hier köchelt alles lange auf kleiner Flamme, dafür aber beständiger und intensiver. Die großen, das Schicksal aller beeinflussenden Geheimnisse und Ranküne springen dem Zuschauer nicht sofort ins Gesicht. Dafür formt man die kleineren Konflikte mit größerer Intensität und größerem Geschick. Und das ist deutlich angenehmer.
Ebenfalls am Anfang könnte man glauben, dass die Figuren hier das Schwache Glied darstellen. Die Figur Dutch hat man schnell akzeptiert, da sie sich von den anderen beiden abhebt, viel Raum bekommt und lange Zeit als klares Serienzentrum markiert ist. Die Brüder John und D‘avin hingegen flachen im Vergleich erst einmal ab. John hat die typische Frauenrolle: Gut mit Maschinen, schwach im Kampf, sentimental, der insgeheime Schützling. Aaron Ashmore benötigt einfach ein paar Episoden, bis sich seine Figur etablieren und schätzenswert werden kann. D‘avin hingegen ist der archetypische Soldat mit geheimem Ziel und großem Trauma, der natürlich noch eine Rechnung zu begleichen hat und ansonsten fürs Grobe zuständig ist. Der Knackpunkt ist aber auch hier, dass alles für sich und zusammenwächst. Nach und nach offenbaren alle Figuren, inklusiver zahlreicher Nebencharaktere, markante, glaubwürdige, liebenswerte und spannende Eigenschaften, die sie plastischer und interessanter als erwartet werden lassen.
Darauf fußen zwischenmenschliche Entwicklungen und angedeutete Konflikte, die primär in den Psychen der Einzelnen und erst sekundär und deutlich seltener im Team ausgetragen werden. Überraschend ist, dass Killjoys vor allem hier unerwartet starke, gut abgestimmte Momente generiert, die einem die Figuren näher ans Herz bringen und aufregender machen. Und so wird die vermeintliche Pulp-Serie, die auf den ersten Blick nur für den schnellen Spaß zu haben ist, stückchenweise mehr als nur das. Sie wird eine tolle, bisweilen rührende, szenisch gut abgestimmte und vor allem überraschend clever geschriebene Serie, die man lieb gewinnt und deren Charme nicht aufgesetzt wirkt.
Die Drehbücher funktionieren, erzählen alle ihre relevante Geschichte und bringen jedes Mal neue Blickwinkel für das Team auf sein Schicksal und für den Zuschauer auf das Team. Und das Beste ist: Es sind nur drei Leute, nicht fünf, nicht sieben, nicht zwölf. Drei. Hier müssen nicht alle Eigenschaften auf eine große Gruppe verteilt werden, hier müssen nicht diverse Beziehungen ausgeleuchtet werden, auch auf dieser Ebene ist Killjoys eher klein. Und auch auf dieser Ebene ist das ein echter Glücksfall.
Insbesondere der sichere Stil und die – bisher – sauber geschriebenen Drehbücher machen einen großen Teil des Spaßes aus. Und dann gibt es immer mal wieder Momente, die beweisen, dass die Macher auch eine Hand fürs Poetische, Tragische, Schöne haben, wo andere gnadenlos in die Kitschfalle getreten wären.
Fazit
Das kommt unerwartet. Killjoys ist mitnichten ein weiterer Schnellschuss aus dem Standardgewehr des SyFy-Channels, sondern ein echtes Kleinod, das mit seinem rauen Charme ebenso zu begeistern weiß wie mit dem Worldbuilding und den glaubwürdigen Dynamiken.
Es ist lange her, dass einem ein Raumschiffteam ans Herz wachsen konnte. Und dann auch noch eines, das auf den ersten Blick gar nicht so besonders wirkt.
Staffel zwei ist gerade am Laufen. Und alsbald auch hier im Fokus.
Der so großartige wie großartig benannte Kurzfilm T for Turbo schlug verdient Wellen. Und so strickten die Macher prompt einen abendfüllenden Spielfilm aus dem Stoff.
For Christ’s sake! Will you just the fuck up and let’s fight!
Story
1997, Endzeit. Die Welt ist Wüste. Ein raffgieriger Baron tyrannisiert die wenigen Überlebenden, Wasser ist knapp. In dieser Zeit lebt ein Teenager, der davon träumt ein Superheld zu sein. Als eines Tages plötzlich das seltsam aufgedrehte Mädchen Apple in seinem Leben auftaucht, schließt er zum ersten Mal seit langem Freundschaft.
Als der Tyrann Zeus und seine Handlager Apple entführen, kann der junge Held sich nur behaupten, weil er einen Anzug mit mächtigen Kräften findet.
Fazit
Turbo Kid ist ein Film, der eine Verbeugung vor den 80er-Jahre-Science-Fiction-Filmen sein möchte, welche sich die 90er – also die Zeit zwischen damals und heute – als eine Zukunft gelöster Sozialstrukturen, entwurzelter Sicherheiten, jeder Menge pervertierten Anarchismus und von totaler Desertifikation verschlungener Architektur vorstellten. Diese Vorstellung wiederum adaptierten unzählige vornehmlich italienische Filmemacher im Anschluss an den Erfolg von Mad Max, um eben diesen Film mit Etwas vom immer noch zu wenig beachteten A Boy and his Dog zu mixen. Turbo Kid will all dem huldigen, zugleich Ehrerbietung und Persiflage sein, Liebevoll und spöttisch zurückschauend, ironisch distanziert und zugleich originell. Eine Mischung aus Scott Pilgrim vs. The World,Mad Max: Fury Road, Kung Fury und, seien wir ehrlich, mindestens 22 weiteren listbaren Namen.
Darüber hinaus spielt ein radelnder Teenager die Hauptrolle, was aber keineswegs ausschließen soll, dass Turbo Kid ein Splatterfilm ist. Weil das alles ganz schön viel ist, gibt es gleich 3 Regisseure – allesamt blutjung, allesamt unerfahren. Kann das gut gehen? Nein. Tut es aber. Jedenfalls so halb.
Zwar merkt man immer mal wieder, dass hier eben Amateure am Werk sind und die Inszenierung dann und wann ein bisschen ratlos wirkt und offensichtliche Schnittfehler sich die Klinke in die Hand geben, doch hält sich dies nicht nur in absolut vertretbaren Grenzen, sondern wird vor allem von einer immensen Liebe zum Detail wettgemacht. Dass die Macher ihre Endzeitfilme gesehen haben, merkt man ihrem Werk an seinen zahlreichen Reminiszenzen in jeder Szene an. Bei all dem darf auch nicht vergessen werden, dass hier eine kleine Gruppe von Leuten etwas für Fans gemacht hat. Gerade für solch ein semiprofessionelles Kleinstprojekt (als Vergleichsgröße könnte vielleicht Six-String Samurai fungieren) ist die Angelegenheit sehr rund geworden.
Die 80er werden mit all ihren poppig-obszönen Geschmacklosigkeiten portraitiert, ohne dass der Film zu überladen oder selbstzweckhaft wirkte. Er ist schelmisch-verspielt, während er vom Rubik’s Cube bis hin zum knöcheltiefen Disco-Soundtrack in den Relikten dieser Vergangenheit wühlt, dabei aber nie boshaft oder völlig selbstvergessen.
Der durch Knie- und Ellenbogenschützer wie einen Helm gegen die Umwelt gewappnete Held wird ebenfalls lächerlich dargestellt. Genau wie die vielen auf BMX-Rädern für Kinder stattfindenden Verfolgungsjagden schafft es Turbo Kid auch im Ganzen, das notwendige Verhältnis zwischen Ernst und Augenzwinkern zu wahren.
Das Drumherum stimmt also. Die Geschichte kommt zügig voran, die Figuren machen miteinander Sinn, die ganze Struktur macht Spaß. Im Detail hapert es dafür an gleich mehreren Punkten. Manchmal ist Turbo Kid bei seiner Gratwanderung zwischen spitzbübischem Humor und Albernheit wahnsinnig sympathisch, dann aber auch einfallslos, weil einer von vier Witzen dann doch zu unoriginell und vorhersehbar ist. Während Munro Chambers als Held wider Willen den nerdig-verträumten Heranwachsenden glaubwürdig und charmant verkörpert, neigt seine Partnerin Apple mit ihrer grenzdebilen, aufgesetzt wahnsinnigen Art schnell zum Nerven – auch wenn der Charakter dieses Verhalten in Maßen rechtfertigt. So liebeswürdig, wie sie trotzdem sein soll, ist sie nicht – was hauptsächlich die Schuld von Darstellerin Laurence Leboeuf ist, die deutlich mehr als nur eine Spur zu viel an Overacting in den Film bringt.
Punkten kann dafür der unverkennbar an Dennis Hopper angelegte Bösewicht, der der facettenreichen Stimme Michael Ironsides (Total Recall, Starship Troopers) und dem ausgewogenen Spiel aus Wahnsinn, Kalkül und Brutalität einen Ödlandherrscher zum Niederknien abgibt. Dass Er wie auch viele andere des Ensembles – und damit ganz im Gegensatz zu den Strippenziehern – kein unbeschriebenes Blatt ist, tut dem Film in Form von ein wenig Professionalität mehr als gut.
Doch leider erschöpft sich die Grundidee irgendwann. Der Plot ist in einem halben Satz gesagt, die Charakterentwicklung ist so knapp wie vorhersehbar und trotz erkennbarer Bemühungen ist auf Dauer leider nicht für große Abwechslung gesorgt. Langeweile macht sich keine breit, das Gefühl von Frische, das Turbo Kid in seinen ersten Zügen noch abgibt, ermattet nach der Hälfte aber zusehends.
Bezeichnenderweise hat Turbo Kid seine stärksten Augenblicke in den Szenen, wo sich der stets einfallsreiche Splatter auf dem Synthesizerteppich abspielt, Körper in rote Wolken zerplatzen, Kunstblutfontänen sprudeln und anorganische Dinge organische Dinge durchbohren. Etwas pointierter formuliert: Es ist immer dann am besten, wenn jemand stirbt. Ob das gegen den Film oder gegen den Geschmack des Rezensenten oder gegen alles andere oder gegen alles zusammen spricht, soll jeder für sich eruieren.
Fazit
Was in 5 Minuten begeistern kann, kann in 18-facher Länge schnell ermüden. So schlimm ist es nicht, doch wie zu erwarten, transportiert Turbo Kid nicht die Energie des zugrundeliegenden Kurzfilmes. Sehenswert ist diese Hommage an Kindheitsfantasien aber allemal, zumal die eigentümliche Mischung aus anachronistischem Schabernack, 80er-Soundtrack, Fun-Splatter und Comig-of-Age-Story alles andere als alltäglich ist.
Seit Matrixumweht die Wachowskis ein seltsamer Wind. Immer wieder packen sie was an und scheitern damit, manchmal aber kommt auch Gold dabei heraus. Die Aura, ein Meilenstein wie Matrix geschaffen zu haben, werden sie verdientermaßen nie verlieren und aufgrunddessen auch immer eine gewisse Narrenfreiheit genießen. Den Vorwurf, sich immer nur zu kopieren, müssen sich die Geschwister jedenfalls nicht gefallen lassen. Jupiter Ascending allerdings ist ihr bisher schlechtestes, lieblosestes, unbeholfenstes Werk – von dem sie sich mit der gerade laufenden Netflix-Serie Sense8 gerade ein wenig rehabilitieren.
We need a plan.
We need firepower.
Story
Der Vater von Jupiter Jones war begeistert vom Sternenhimmel und diese Begeisterung kostete ihn das Leben, als Einbrecher sein Teleskop mitnehmen wollten. Als die schwangere Mutter nach Amerika übersetzt, wird das Mädchen unter einem vielversprechenden Sternzeichen geboren, muss im gelobten Land die nächsten Jahre aber erst einmal Toiletten schrubben und Kaffee für die Mutter kochen.
Bis eines Tages extreterrestrische Kopfgeldjäger, ein intergalaktisches Imperium und der smarte Abtrünnige Caine mit seinen schnittigen Licht-Rollschuhen an ihre Tür klopfen und sie in einen Krieg verwickeln, der größer ist, als sie je zu denken gewagt hätte.
Fazit
Oh man. Immer wieder zeigen die Wachowski-Geschwister, dass sie kleine Genies sind. Der erste Matrix, V wie Vendetta und zuletzt Cloud Atlas. Und dann sind da noch die anderen Filme… und zu denen gehört leider auch Jupiter Ascending.
Dabei hätte es so gut werden können. Ein inbrünstiges Märchen in kolossaler Optik, nicht tief, aber episch und teuflisch unterhaltsam. Die Anlagen hierfür sind vorhanden, werden dann aber geschwind erstickt von einem wirrem Durcheinander aus Nichts, Entscheidungsproblemen, überkandideltem Designterrorisms und ganz viel kitschigem Standard anstelle von Einfallsreichtum.
Das Mädchen, das vaterlos auf dem Ozeam im Nirgendwo geboren wird und damit heimatlos in sämtlichen belangen ist, ist eigentlich eine dankbare Heldenfigur. Doch bereits zu Beginn macht skeptisch, dass der Film einem dies nicht nur zeigt, sondern auch meint, es zusätzlich detailliert durch die Münder der Figuren erklären zu müssen, was dazu führt, dass die Figuren stumpf wirken, der Film plump und der Zuschauer sich nicht für voll genommen fühlt.
Anstatt dann eine kohärentes Abenteuer in Form einer kunterbunten Weltraumodyssee zu erzählen, wo Jäger und Gejagte einander die ganze Zeit umkreisen, wie es wohl eigentlich der Plan war, stopften die Wachowskis einfach alles in ihr Herzensprojekt, was sie finden konnten.
Klassische graue Aliens? Aber sicher! Elfenohrige Vagabunden? Warum nicht! Und ein runzeliger Elefant als Pilot? Null Problemo. Aristokratische Mistkerle, die auf ihrem Luxusplaneten darüber schwadronieren, dass sie die Herrenrasse sind? Rein da! Schillernde Cyber-Kopfgeldjäger mit Dreadlocks? Logo! Echsengargoyles? Pff…! Hartherzige Kinder auf Thronen, die einen Sklavenstaat anführen und sich in ihrem Harem ausruhen? Wir haben zwar keinen Platz mehr, aber: Komm in meinen Film!
Und die zu verstreichende Zeit, bis Erdbewohnerin Jupiter verarbeitet, dass sie nicht halluziniert, sondern all das tatsächlich sieht? Keine zwei Sekunden.
Als Gleitmittel gibt es tolle Bilder fantasievoll gestalteter Raumschiffe in wogenden Weltraumnebeln, auf denen sich alles tummelt, was die Wachowski-Geschwister nur mit verschiedenen Ohr-Variationen, knalligen Farben und hübschen Gesichtern in ihren Köpfen versehen konnten. Das ist in der Regel ein Augenschmaus, aber auch furchtbar bedeutungslos. Bedeutungslos und hübsch ist aber immer noch besser als bedeutungslos, langweilig und hässlich – oder, anders gesagt, besser als die Actioneinlagen, in denen einzelne Personen beteiligt sind, die emotionsarm vor expoplodierenden CGI-Hintergründen Dinge tun, die auf dem Papier sicher irgendwann mal cool waren, in der Umsetzung aber nur das sind, was sie nun mal sind: Typen, die vor einm Greenscreen rumhampeln, was manchmal okay und manchmal gar nicht gut aussieht.
Hinzu kommt eine der großen Action-Sünden der letzten Jahrzehnte zum Tragen, die hier mit einer Beiläufigkeit zur Vorllendung gebracht wird, dass man gar nicht glauben will, dass dieselben Personen für Choreographien wie einst in Matrix zuständig waren. Es gibt Bewegung, aber das, was sich bewegt und durch was sich bewegt wird, bleibt ein Schemen. Man weiß schlicht nicht, was die Figuren tun, wenn sie in Gefahr sind. Ein Gleiter rast durch bunten Brei, von dem zuvor behauptet wurde, er wäre eine „Warhammer-Formation“, ab und an wird geschrien, der Gleiter wälzt sich bisweilen zur Seite und der Film tut so, als spiele sich eine pfiffige Dynamik ab, die fortwährend spannender wird, während man tatsächlich aber absolut nichts erkennt und keine Ahnung hat, was genau da passiert und warum die Charaktere tun, was sie tun.
Die erste lange Actioneinlage, nachdem sich Jupiter und Caine über den Weg gelaufen sind, setzt da das Maß. Wenig lässt sich erkennen, wenig nachvollziehen, hauptsache etwas bewegt sich, während die beiden Figuren die ganze Zeit so schauen, als wären sie gar nicht richtig involviert. Jupiter schluckt all das problemlos und klebt fortan dem Weltraumhelden an den Fersen, als hätte sie nicht von der Existenz eines interstellaren Krieges, der sie persönlich zum Mittelpunkt hat, sondern von einer neuen Eis-Sorte erfahren.
Vollkommen langweilig oder auch so richtig, richtig schlecht ist Jupiter Ascending keineswegs, dafür waren auch zu talentierte Profis am Werk. Immer wieder gibt es Ansätze, die gefallen, weil sie eben nicht ganz so plump sind, wie vieles andere des Filmes. Aliens, die Maisfelder verunstalten, Man in Black-Anspielungen und die schon erwähnten coolen Designeinfälle Wenn aber selbst die guten Eigenschaften offensichtlich nur Leihgaben von anderen Geschichten sind, kann der Film seine Probleme kaum verhehlen. Hier wurde sich alles irgendwie zusammengeklaut, um es dann zusammenzuklumpen. Herausgekommen ist ein Brei aus 1000 Elementen, die eigentlich gar nicht zusammenpassen, sodass er am Ende nach allem und nichts schmeckt. Wahnsinnige Klopper, die an Mad Max erinnern, dann wieder Figuren, die auch aus Ghost in the Shell kommen könnten, natürlich allerhand Star Wars-Anbiederungen und jede Menge pseud-kluges Technikgeplapper in einem Muß aus Esoterik, Religionsanspielungen und klassischen Fantasy-Strukturen.
Selbst das könnte ja noch funktionieren und dafür sorgen, dass Jupiter Ascending nicht nur nicht richtig, richtig schlecht ist, sondern auch nicht richtig schlecht. Allzu weit entfernt von richtig schlecht ist der Film immer dann nicht, wenn das Drehbuch mal wieder versagt, indem es nicht nur mühsam einzelne Etappen aneinanderheftet, sondern diese auch noch sehr undurchdacht und lieblos abspult. Wieso nimmt man einen gefährlichen Krieger gefangen, lässt ihm aber seine mächtigste Ausrüstung? Wieso handelt die Protagonistin regelmäßig völlig unnachvollziehbar und naiv, während sie zugleich als Intelligenzbestie, die jede fremde Kultur sofort versteht, und als Dummerchen, das auf alles reinfällt und Offensichtlichkeiten übersieht, inszeniert?
Irgendwie scheint das Elaborat auch um seine Probleme zu wissen, weshalb gar nicht erst so getan wird, als seien Actioneinlagen gefährlich oder brenzliche Situationen… brenzlich. Da schwebt jemand mutterseelenallein im All und hat (woher auch immer) einen Raumanzug mit Restluft für gerade mal 37 Minuten? Stoff für einen dramatischen Überlebenskampf, könnte man meinen. Jupiter Ascending überspringt die interessanten Stellen und zeigt in der nächsten Szene, wie die Person an Bord eines Raumschiffes aufwacht, das sie augenscheinlich gerettet hat. Nervenzerfetzend geht anders. Und das ist keine Ausnahme, sondern die Regel, wie das Wachowski-Abenteuer mit Konflikten umgeht.
Fazit
Die Figur der Jupiter ist konzentriert das, was auf den gesamten Film zutrifft: Ein inkohärentes Flickwerk, in das man viel zu viel hineingesteckt hat, von dem aber nichts richtig aufgeht oder Tiefe besitzt. Das Ergebnis ist eine in alle Richtungen zugleich gezogen werdende Hülle, der man ihre Bausteinnatur jederzeit anmerkt. Während Jupiter aber stets darauf zählen kann, dass ein stattlicher Mann mit Inlineskates sie rettet, muss der Film scheitern. Großteils scheitert er zwar hübsch und effektbeladen, gegen frühe Ermüdungserscheinungen im Laufe der zweistündigen Laufzeit vermag das aber rein gar nichts auszurichten.
Man kann aber auch Folgendes als Metapher für den Film hernehmen: Damit Channing Tatum so ein unsympathisch verformtes Gesicht haben kann, benötigte er eine Prothese. Diese war derart störend, dass sie es ihm nicht gestattete, den Mund zu schließen und sich vernünftig zu artikulieren. Das sieht man der Figur nicht nur an, es sagt auch jede Menge über den Film aus.
Power Rangers ist eine Serie, die es offenbar immer noch gibt. Unter dem Namen Power Rangers R.P.M retten ein paar bunt gerüstete Teenager immer noch die Welt mit ihren Zords. Wenn nun, Koichi Sakamoto, der Produzent dieser Serie, seinen ersten richtig großen Film inszeniert, ist es sicher interessant, an sich selbst zu beobachten, inwiefern sich die jeweils subjektiven Erwartungen verhalten.
J-Country.
Story
Der Kalte Krieg hält seit nunmehr 140 Jahren an und immer noch beäugen und beharken sich Osten und Westen mit ungebrochener Intensität. Bisher ist es kaum mehr als ein Märchen, dass der Westblock kaltblütige Cyborgs mit übermenschlichen Fähigkeiten für seine Operationen einsetzt. Mylene Hoffman ist einer dieser Agenten. Als sie den Auftrag bekommt, ihren entführten Erschaffer zu retten, gerät sie in einen Strudel aus Verschwörungen und ihrer eigenen Vergangenheit.
Kritik
Die Welt ist geteilt. Überall Probleme. Der Erzählerin steckt elektronisches Geflirre in den Augen, bla, bla, bla: Ärsche. Cyborg 009 – The End of the Beginning ist die Verfilmung des Mangas 009-1 von Shotaro Ishinomori, der zwischen 1967 und 1974 veröffentlicht wurde. Wenn die Adaption des Grundstoffes seiner Vorlage auch nur zu einem Drittel die Treue hält, war sie ein sehr modernes Stück Literatur. Aber auch ein sehr sexistisches und inhaltsleeres.
Die Grundsituation ist einfach. Das Syndikat ist so furchtbar böse, dass es sich jedes nur denkbaren Verbrechens schuldig macht, solange es nur verachtenswert ist und die Kamera liebt Frauenkörper. In Nahaufnahme und mit Fokus auf den aufregendsten Partien.
Entsprechend lebt die Protagonisten in einem roten Latexanzug mit Push-Up-Funktion, der horizontale Reißverschlüsse an den Brüsten besitzt. Letzteres muss so sein, denn der sexy Cyborgagent kann seine sekundären Geschlechtsmerkmale schließlich dafür nutzen, maschinengewehrgleiches Dauerfeuer abzufeuern. Hier ist dann auch klar: Cyborg 009 – The End of the Beginning will nicht als Geschichte ernstgenommen werden, sondern einfach nur ein Erlebnis sein, ein sexistischer Spaß, der am Rande versucht, den lüsternen Blick auf die weibliche Anatomie und die Freude an brachialer Action in einer fadenscheinige Geschichte zu packen.
Wer auf Fragen kommt wie die, warum irgendwas davon überhaupt passiert, kann sich zum Kreise jener Personen zählen, die schon im Vorfeld die Finger von dem Film lassen sollten.
Dann könnte man ja auch direkt fragen, wieso die Agentin überhaupt in lasziv geschnittenem Lederdress samt Röckchen herumläuft und dazu passende High Heels(!) trägt, während ihre Kollegen in normalen, asexuellen Uniformen stecken und, im Gegensatz zu ihr, nicht unentwegt sinnlich in die Kamera blicken.
Dabei hätte man aus der Ausgangssituation, die immerhin eine halbwegs ungewöhnliche Dystopie darstellt, einiges machen können. Die Handlung spielt sich in einer gar nicht so uninteressant konzipierten Welt ab, die man mit ihren Geschehnissen gerne viel mehr im Fokus hätte als die verschiedenen Körperzonen verschiedener Damen.
Die Kameraarbeit hingegen ist eine überraschend kompetente und liefert in Ansätzen immer mal wieder stimmungsschaffende Perspektiven. Die Schnitte sind dafür teils zum Augenverdrehen platt und zuverlässig in Begleitung von höchst mäßigen Effekten. Sei es das immer mal wieder umher spritzende Blut oder die futuristische Technik, die jedes Mal Budget und Erfahrung des Teams entlarvt.
Naturgemäß kommt es also auf die Konfrontationen mit anderen Körpern an. In rein martialischem Sinne, versteht sich. Der Spaß des Filmes bemisst sich daran, wie einfallsreich die Kämpfe sind, wie schick die Choreographien und wie befriedigend Prügeldramaturgie.
Das Stichwort hier ist Mittelmäßigkeit. Schergen, meist hübsch aber gesichtslos, springen ins Bild und beharken abwechselnd die Protagonistin, die sie mit der Hilfe vieler Schnitte irgendwie bezwingt. Nur selten sind auch mal zwei, drei Schläge in einem einzelnen Shot gefilmt, wodurch eine eindrucksvolel Bewegung entsteht, in der Regel spielen sich die Kämpfe aber nach dem beliebten Muster „Halbe Drehung, Schnitt, Perspektivwechsel, Treffer“ ab. Etwas interessanter wird es dann, wenn ein ebenbürtiger Widersacher den Ring betritt, aber auch dann gewinnt das Gedresche keinen Blumentopf, zudem sich hier auch das primäre Einsatzfeld der mageren Effekte befindet, die nicht nur erwähnt schlecht aussehen, sondern überwiegend auch noch völlig unnachvollziehbar eingesetzt werden. Wenn dann auch noch Explosionen und Helikopter als drittklassige Spezialeffekte hinzukommen, verliert das Filmchen endgültig seine Bodenhaftung, weshalb sich auch die Kämpfe nicht mehr nach wirklicher, geerdeter Körperlichkeit anfühlen, sondern ebenso künstlich wie die Kulissenwelt, in der Cyborg 009 – The End of the Beginning spielt.
Die völlig unmotivierten Gefühlsregungen und die damit verbundenen Flashbacks nach Kitsch-Schema-F stören zusätzlich mehr als die Scharmützel Laune machen. Nicht nur wird der Zuschauer mit Kindheitserinnerungen belästigt, es werden auch alle paar Minuten in dramatischem Duktus kürzlich erst gezeigte Szenen wiederholt, als würde man es dem Zuschauer nicht zutrauen, ein funktionierendes Gedächtnis zu besitzen.
Dass sich die Kamelle im Laufe zu einer Selbstfindungsposse entwickelt, ist dabei herzlich egal. Weniger egal sind die verzweifelten Twists, die das Drehbuch auf dem Weg dorthin ins Gehege wirft, so beliebig und armselig sind sie geraten. Deren letzter großer wiederum ist abwegi, dass er schon wieder satirisch wirkt. Denn das 15 Minuten vor Schluss noch kurz ein paar Zombies eingeführt werden, ist jenseits von Beliebigkeit – das ist fast schon Nonsense-Kino. Nur dass man Cyborg 009 – The End of the Beginning nie so recht bescheinigen kann, bewusst witzig zu sein; von einer einzigen Szene abgesehen, die daher auch am stärksten in Erinnerung bleibt.
Auf ihrer Odyssee bleibt der attraktive Cyborg natürlich alle paar Meter stehen, um ein Kind zu retten und selbstverständlich ist das Einzige, was noch unzerstörbarer als ihr Körper ist, ihre knappe Kleidung, die auch das brausendste Inferno ohne Riss übersteht. Immer dann, wenn es nicht um Gewalt oder Spezialeffekte geht, sondern die Fleischbeschauuung wieder einsetzt, operiert der Film mit der Ästhetik eines Videoclips und fühlt sehr an wie der ja recht ähnlich gelegene Ultraviolet. Wenn Frauen nicht die kaltblütigen Amazonen, sind, die dank technischer Augmentierung über ihr natürliches Maß hinaus optimiert wurden, handelt es sich bei ihnen um unselbstständige Ausstellungsobjekte fleischgewordener Passivität, die sich beim ersten Anzeichen von Gefahr in eine Ecke rollen und hysterisch schreien – um Rettung bangend, den Tod erwartend, Spielzeug der Männerwelt und des Filmes.
Weshalb Cyborg 009 – The End of the Beginning dann nicht ganz so unterirdisch ist wie z.B. Ultraviolet, liegt einzig daran, dass diese Mischung aus Pathos, unverhohlenem Sexismus und Selbstüberschätzung, die nur selten von tatsächlich funktionierenden Szenen abgelöst wird, ein Etwas, das irgendwie knuffig ist in seiner Naivität.
Aber das ist wohl einer der am wenigsten rühmlichen Pluspunkte, die man sich vorstellen kann.
Fazit
Der Power-Ranger-Produzent Koichi Sakamoto hat mit seiner Verfilmung des Mangas 009-1 ein nicht gerade feministisches Begaffen von Frauenkörpern und mäßig in Szene gesetzten Actioneinlagen geschaffen, das weniger durch erzählerische oder optische Qualitäten unterhält, an denen man sich rasch sattgesehen hat, als durch seine abwechslungsreiche Unterdurchschnittlichkeit.
Vier Jahre nach dem phänomenalen Erfolg, den Steven Spielberg mit der Verfilmung von Michael Crichtons Bestseller erschuf, stand naturgemäß die Fortsetzung ins Haus. Wieder führte Spielberg Regie, wieder schrieb Koepp das Drehbuch.
Trotzdem bleibt das Sequel deutlich hinter dem Erstling Jurassic Park zurück.
The Scientist on TV? I believed you.
Story
Vier Jahre ist es her, dass die Geschehnisse im ungeöffneten Jurassic Park eskalierten, alle Beteiligten nur knapp mit dem Leben davonkamen und der Schöpfer des Ganzen, John Hammond, sich eines Besseren belehren ließ.
Als eben jener gegenüber Dr. Ian Malcolm eröffnet, dass die Tiere gar nicht auf Isla Nublar, sondern auf einer anderen Insel gezüchtet wurden und seitdem unbeaufsichtigt dort leben, fällt dieser natürlich aus allen Wolken.
Da seine Freundin Dr. Sarah Harding sich aber dort aufhält, lässt er sich zähneknirschend dazu überreden, eine Expedition zur verlassenen Brutstätte anzuleiten.
Kritik
Erst einmal gilt es, die abstruse Ausgangssituation über eine bisher noch nicht erwähnte zweite Insel zu schlucken, welche vor einer ausführlichen Dokumentation durch Fachmänner von der Öffentlichkeit ihr Recht nicht zugestanden bekäme, in Ruhe gelassen zu werden. Die Ausgangssituation von Vergessene Welt: Jurassic Park ist alles andere als mühevoll erdacht, sondern ein sehr schludriger und fadenscheiniger Grund, das Abenteuer aus Teil 1 noch einmal zu wiederholen. Nur dass von dem ursprünglichen Team nur noch der zynische Chaostheoretiker Dr. Ian Malcolm mit dabei ist, dem dafür aber die durchsetzungskräftige Freundin Sarah, gespielt von der immer gern gesehenen Julianne Moore, zur Seite gestellt wird. Von der Geschichte wird Malcolm zwar etwas demontiert, da man ihm einiges künstlich andichtete, was man im ersten Teil eigentlich schon hätte erfahren müssen, seine trockenen Sprüche und die Spur von Unternehmungslust wurden aber unbeschadet auch in das zweite Abenteuer importiert.
Im Großen und Ganzen ist das Sequel zu Jurassic Park exakt das, was jeder erwartet hat. Dasselbe in Grün, was nicht ganz so toll und naturgemäß nicht mehr überraschend, aber immer noch recht unterhaltsam ist. Bereits die Exposition verrät dies – man lässt sich immer noch Zeit, all das zu etablieren, ist aber nicht ganz so geduldig, sondern lässt es schon dann zur Sache gehen, wo der Vorgänger mit seiner Einleitung gerade einmal zur Hälfte durch war. Zum Teil liegt das natürlich auch am banalen Fakt, dass der ganze Zauber mit und um die Dinowelt natürlich kein zweites Mal in dieser Größe aufgezogen werden kann.
Leider ist die Geschichte, wie anfangs schon angedeutet, noch etwas dümmer konstruiert als die des Vorgängers. Die Idee, besessene Großwildjäger einzubauen, die mi Jeep und Cross-Bike ihre Testosteronausgleiche vornehmen, ist ein mehr als dünner Vorwand, um auf Zwang noch mehr Kritik am dummen, uneinsichtigen Menschen zu üben. Diese ganze Truppe an machohaften Rüpeln besteht nur aus einseitigen, völlig uninteressanten Figuren. Anders als im ersten Teil geht es nun einfach um zwei relativ homogene Gruppen, die sich stark voneinander unterscheiden. Die einzelnen Mitglieder sind dafür aber sehr viel gesichtsloser. Der Unterschied zum ersten Teil ist, dass die Figuren unbeabsichtigt unsympathisch geraten sind und dass das Ganze keine launige Tour durch einen Vergnügungspark mehr ist, sondern eine weit weniger klare Geschichte, deren einzelne Etappen keine richtigen Abenteuer, sondern meist nur mäßig interessante Ereignisse darstellen, denen einfach die Dramatik fehlt.
Die Schar der vergnügungssüchtigen Schmierfinke schon deshalb zur Farce, weil sie trotz allem ständig unbewaffnet scheint und man sich andauernd unkoordiniert auf der Flucht befindet. Was da auf die Insel gebracht wurde, daran lässt der Film nie zweifeln, ist nichts anderes als Beute, die der Schaulust des Zuschauers geopfert werden soll.
Eine der intensivsten Szenen ist natürlich die, in der das T-Rex-Junge verarztet wird und der Zuschauer jede Sekunde damit rechnet, dass das fuchsteufelswilde Muttertier anstürmt. Hier erinnert Vergessene Welt: Jurassic Park an den ersten Teil mit seinen vorbildlich gestaffelten Actionsequenzen, die gleich mehrere Höhe- und Wendepunkte besitzen und zwischendurch mit einer unaufdringlichen Kamerafahrt oder Intensität fördernden Close-Ups am Leben gehalten werden. Auch wenn hier einiges zum bloßen Zweck der Szenenverlängerung passiert, sind die Ideen und Steigerungsmomente einfach zu gut gesetzt, zudem auch semiotisch immer darauf geachtet wird, die Brenzlichkeit der Lage auf allen Ebenen deutlich zu machen.
Direkt im Anschluss beweist das Großwildjägerkollektiv aber wieder einmal, wie dumm und kurzsichtig es ist, weshalb der Film an diesem Punkt schon wieder nicht so richtig ernst zu nehmen ist.
Gerade weil der Wald nun viel organischer wirkt und die Welt damit viel mehr Tiefe hat, wird durch so nachlässige Figurenzeichnung der Marke „Sie sind böse, also machen wir sie dumm“ einiges an Potenzial verschenkt. Ein Drehbuch, das sich dafür entscheidet, seine Figuren teilweise als völlig unzurechnungsfähig dastehen zu lassen, kann auch mit schönen Effekten und einer mehr als ordentlichen Inszenierung keinen durch und durch intensiven Film ergeben.
Und so verhält es sich über die volle Spieldauer. Die Action ist manchmal okay, manchmal Hollywood im allerbesten Sinne, doch die figurenzentrierten Momente zwischen diesen Szenen sind ab dem Zeitpunkt, wenn die Jägertruppe die Bühne betritt, nicht mehr zu gebrauchen.
Eine Sünde ist es zudem, dass der Film nicht aufhört, wenn er seine Geschichte zu Ende erzählt hat. Nach klassischen 90 Minuten sind die Geschäfte auf der Insel erledigt und Vergessene Welt: Jurassic Park könnte genauso zackig enden wie der erste Teil. Doch weil man mehr bieten wollte als nur einen zweiten Aufguss, geht es in den letzten Minuten noch mal runter von der Insel, wo ein bizarrer Logikfehler (bzw. eine herausgeschnittene Szene, deren Fehlen absurde Konsequenzen hat) und eine King-Kong-Hommage kurz in der Zivilisation wüten, um die Tricktechnik noch mal so richtig die Muskeln spielen zu lassen. Das Spektakel wirkt mehr wie ein geraffter dritter Teil und ist in seinem Bemühen, ja auch noch mal zu verdeutlichen, wie viel des Menschen Hochmut ihn kosten wird, schwerlich zu genießen.
Was bleibt ist die Action und ein kerniger Protagonist. Von beidem gibt es glücklicherweise mehr als genug, sodass die Fehler nicht allzu schwer ins Gewicht fallen.
Dass Jeff Goldblum so oft alarmiert in die an ihn heranfahrende Kamera schaut, wie zusammengenommen in seiner ganzen sonstigen Karriere nicht, ist übrigens ein bisschen amüsant, aber gar nicht groß störend. Spielberg ist sich seiner Regie dafür einfach zu sicher, sodass er mit derlei Dreistigkeiten tatsächlich einfach durchkommt.
Fazit
Vergessene Welt: Jurassic Park hätte –gerade in der Rückschau – viel besser sein können. Das ebenfalls von David Koepp geschriebene Drehbuch wirkt an vielen Momenten aber etwas uninspiriert und ärgert mit seinen vielen beschränkten Figuren.
Im ersten Drittel und in manchen actionhaltigen Einlagen schimmert aber der Geist des Vorgängers hervor. Zudem ist es eine Freude, dass der mürrische Ian Malcom nun den Raum hat, den man ihm im ersten Teil insgeheim gewünscht hat.
Einige recht blutige Szenen machen das Sequel übrigens zu einem Film, der nicht mehr so familientauglich ist, wie sein Vorgänger. Sehenswert ist der Film trotzdem; etwas, das man von seinem Nachfolger Jurassic Park III nicht mehr so uneingeschränkt behaupten konnte.
Diese Woche kam nach langem hin und her und 7 Jahre nach dem Tode Michael Crichtons Jurassic World in die Kinos. Grund genug, noch einmal in Kürze die drei ersten Filme der legendären Reihe Revue passieren zu lassen.
And what are those? Story
Ilsar Nublar ist der sprechende Name des tropischen Eilandes, auf dem Multimilliardär John Hammond mit kindlichem Eifer seine Idee eines extravaganten Themenparks mit paläontologischer Flora und Fauna verwirklicht.
Als es zu einem Unfall kommt, verlangen die Sponsoren jedoch ein Gutachten von unabhängigen Spezialisten bezüglich der Sicherheit des Parks.
Die Archäologen Dr. Alan Grant und Dr. Ellie Sattler werden zusammen mit dem zynischen Chaostheoretiker Dr. Ian Malcom auf die Insel geflogen und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie realisieren, in was für eine Welt sie da dringen.
Während die Sponsoren hin und weg sind, haben die Forscher ihre Zweifel. Durchaus berechtigte Zweifel, wie sich bei der alles andere als planmäßig verlaufenden Tour durch den Dinopark herausstellt.
Kritik
Es raschelt und rumort im Dickicht, blickdichtes Gebüsch verwehrt jeden Blick, während die Geräusche etwas Großes erahnen lassen, das sich unaufhaltsam nähert. Was dann durch das Blätterwerk bricht, ist nicht die erwartete Urzeitechse, sondern ein am Transportseil baumelnder Container. Das ist zum einen ein Vorgeschmack auf die alles andere als unaufdringliche Symbolik des Filmes, zum anderen ist es aber auch das Versprechen, es nicht zu überstürzen.
Erst gibt es ein paar Appetizer, aber nur kurze Blicke auf Einzelnes. Nach mehr als 40 Minuten geht’s erst in den wahren Park und auch da bleibt es lange noch spannend, bis es die Fahrt so richtig beginnt. Die Action startet erst bei 01:06, also nach der Hälfte des ganzen Filmes. Von diesem langen Anlauf ist nichts lahm oder blöde, weil die Figuren kein reiner Selbstzweck sind, sondern das Drehbuch sie liebt schlichtweg. Wie der Park ist der Film ein sukzessives Erleben, ein Schauen während einer Rundfahrt, bei der man langsam durch die Stationen der Attraktion tuckert, sich für die Zeit, die es braucht, aber auf magische Weise aus der Zeit genommen fühlt. Jurassic Park ist eine von Spielbergs aufdringlichsten Regiearbeiten, bei der die Kamera sofort alles bezoomt und mit dramatischen Schwenks fokussiert wird. Und sie funktioniert tadellos auf diese Weise.
Die Charaktere funktionieren auf ähnliche Weise Es sind streng überzeichnete Personen, die in ausladenden Gesten den Alltag bestreiten und ständig, wie bei Spielberg in allen Filmen üblich, aufgerissenen Auges mit Schreckgesicht von unten in die Kamera stieren, um ihre ganz eigene Art von Charakterentwicklung zu durchleben. Dabei ist genaugenommen niemand von ihnen wirklich sympathisch, alle haben sie ihre nervigen Macken, im Zusammenspiel jedoch funktioniert das alles und ist am Ende sogar sehr charmant. Es sind eben schräge, überzogene und überzogen gespielte Vögel, die aber funktionieren und zusammen mit der – hier ja gut begründet – etwas gekünstelt aussehenden Welt und den kruden Handlungsverläufen ein ganz eigenes, sympathisches Universum kreieren, das genauso zirzensisch daherkommt, wie der titelgebende Park es ist.
Einer der ersten überaus markanten Höhepunkte des Filmes ist die Geburt eines Velociraptors. Anhand dessen lässt sich bestens aufzeigen, was Spielbergs Regie so gewinnend mach. In besagter Szene ist nicht der Schlüpfvorgang inszenatorisches Zentrum, sondern die Personen und ihre Handlungen, welche konsequent den Eigenarten der jeweiligen Figur treubleiben und sie festigen. Das ist schlicht viel interessanter als einem Ei über zwei Minuten hinweg beim Brechen zu beobachten, wie es in anderen Filmen passiert wäre. In den dabei stattfindenden Dialogen liegt so viel augenzwinkernd aufdringliche Metaphorik, wie sie ein Film braucht, der von Kindern wie von Erwachsenen bestaunt werden will. Und das ist im durchaus besten Sinne gemeint.
Damit der Park eine Panne hat und die Eskalation beginnen kann, muss eine Reihe durch und durch comichafter Zufälle durchlaufen werden und häufig ist diese schicksalsartige Verkettung von Ereignissen ausgesprochen dämlich konzipiert, unterhaltsam ist all das nichtsdestotrotz. Gerade diese Mischung aus familienfreundlichem Humor, mehrstufiger Action und schroffen, aber irgendwie doch liebenswerten Charakteren in einer ziemlich bunten Welt bewirkt diese einzigartige Atmosphäre des Filmes. Funktionieren kann das, weil alles fließend ineinander übergeht. Herzstück des Filmes ist die herrlich präzise definierte Action – ohne hyperaktive Wackelkamera, dafür mit durchdachten Einstellungen, wie man sie heute in den meisten Filmen, die auf Tempo setzen, sehnlichst vermisst.. Fast immer sind diese Sequenzen mehrteilig: Sie setzen sich meist aus drei parallelen, ineinandergreifenden Brandherden zusammen, wie der T-Rex, das zur Klippe rutschende Auto und das am Drahtseil baumelnde Forscherpaar.
Deshalb beinhaltet Jurassic Park zahlreiche Szenen, die aufgrund ihrer Auffälligkeit einfach für immer im Gedächtnis liegen und auch nach Jahrzehnten absolut unvergessen sind. Man denke nur an die ikonischen Gläser mit zitterndem Wasser, die das Herannahen des Dinoriesen ankündigen. Dass diese nicht auf einem Tisch, sondern auf der Ablage in einem Geländewagen stehen, welcher eben noch fuhr, weshalb sie dort gar nicht stehen dürften, ist nicht nur völlig egal, sondern irgendwie auch sehr sympathisch. Das mag verklärt und beschönigend klingen, im Rausch des Filmerlebnisses funktioniert es aber tatsächlich bis heute anstandslos.
In vielen Szenen dominiert undurchdringlicher, in Wogen herumwabernder Nebel als Stilmittel der Verdeckung – ein solches etwas plumpes Stilmittel, das spätestens seit den mittleren 90ern niemand mehr verwenden kann, ohne wie ein Trottel zu wirken, schafft bei Steven Spielbergs erfreulich altmodischer Regie Stimmung und macht Spaß.
Selbst der überdrehte Humor funktioniert auf seine auf das jüngere Publikum abzielende Weise. Manchmal geht es aber auch subtiler. Der Monolog des Wissenschaftlers, der sich über Unterhaltung auslässt die nicht real, sondern nur Illusion ist, in einem Film, der sich bewusst dadurch profilierte, die besten visuellen Effekte aller Zeiten zu haben, ist dabei nur einer von mehreren Momenten des Augenzwinkerns.
Jurassic Park ist ein Film vieler mustergütiger Spannungsbögen. Jeder Wechsel zwischen den Handlungssträngen führt zu einer Szene, die ihren eigenen kurzen, aber großen Moment der Aufregung hat, dem man sofort anmerkt, dass jede Menge Herzblut und Leidenschaft in ihm steckt. Generische Action gibt es in Spielbergs Dinopark nicht. Immer beginnt es besonnen, man ahnt die Figuren ins Unglück laufen, es folgt ein kurzer Moment heimtückischer Ruhe, der besagt, dass es anders kommen könnte, aber nicht kommt, das unvermeidliche Unglück tritt ein und es folgt die überaus knappe und überaus spektakuläre Flucht. Diese Struktur wirkt den ganzen Film über; wie im Park ist es ein Besuchen von vielen Ereignissen, die alle ihre eigene Idee haben und Geschichte erzählen. Auf Momente, auf die dieses Muster nicht angewendet werden kann, verzichtet der Film einfach. Deshalb fehlt auch der eigentlich übliche Epilog – die Helden verlassen die Insel, die Geschichte ist vorüber. Dass und ob er Park geschlossen wird, wie es den anderen Figuren ergeht, all das interessiert nicht, weil sich die Familie gefunden hat. Und das ist gut so, denn Jurassic Park zeigt schließlich mit Nachdruck, wie es in einer Welt, die nur ein Geschlecht hat, zugeht.
Fazit
Mit Jurassic Park schuf Steven Spielberg in enger Zusammenarbeit mit Michael Chrichton einen der unumstrittenen Kernfilme der 90er Jahre. Das Gefühl für und der Umgang mit Film, der für dieses Jahrzehnt typisch war, wird hier mit einer Show der Spezialeffekte auf den Punkt gebracht, die nie zur seelenlosen Pappattraktion wird.
Das etwas schablonenhafte Skript und einige kleinere Merkwürdigkeiten im Verlauf der Geschichte fallen kaum ins Gewicht, schließlich liefert Spielbergs Abenteuerfilm ein zirzensisches Vergnügen mit bis heute mitreißenden mehrstufigen Actionsequenzen im familientauglichen Gewand.
Die Nachfolger Vergessene Welt: Jurassic Park und Jurassic Park III konnten finanziell teilweise, qualitativ jedoch kaum an den Erfolg anschließen.
Mad Max ist ein Film über einen Polizisten, der nicht nur angesichts des Kollapses der Gesellschaft, sondern auch seines persönlichen Lebens Ohnmacht empfindet. Mad Max – Der Vollstrecker erzählt die Geschichte eines Ritters, der in einer anarchisch geprägten Wüste die Vorstellung für immer etabliert, die wir heute vom Genre ‚Endzeitfilm‘ haben. Mad Max – Jenseits der Donnerkuppelist dann ein notwendiger Anhang aus Trash mit Tina Turner.
In Teil 1 war das „Mad“ Ausdruck der Verzweiflung. 36 Jahre später steht es nun endgültig für den in Film gegossenen vollkommenen Wahnsinn.
There’s no going back!
Story
Nach dem Verlust seiner Familie und dem anschließenden Verlust von Regeln und Welt ist aus dem ehemaligen Straßenpolizisten Max Rockatansky ein derangiertes Wrack geworden, das, gemartert von den Bildern der Vergangenheit, nur noch durch rohen Überlebenswillen mit seiner Umwelt interagiert.
Eines Tages entführen ihnen die Anhänger des Diktators Immortan Joe, der mit seinem Wasser-Monopol eine degenerierte Gesellschaft unterjocht und sich als Gottkaiser feiern lässt.
Max soll als mobiler Blutspender dafür sorgen, dass die kränklichen Krieger des Despoten fit bleiben, während sie mit ihren Buggys die Lande unsicher machen. Als Imperator Furiosa sich gegen Immortan Joe stellt und einen Tanklaster mit wichtiger Ladung samt Harem entführt, schließt sich der zerrüttete Straßenkrieger der kleinen unfreiwillig Gruppe an.
Kritik
Erst kam der Krieg dazwischen, dann stieg Mel Gibson aus. Als dann schließlich, nach ewigem Garen in der Hölle der Vorproduktion, die Dreharbeiten gestarteten werden sollten, verwandelten plötzliche Regenfälle Brocken Hill in einen zweiten Garten Eden. Erst 12 Jahre nach der Idee zu einem vierten Mad Max konnte diese 2011 in Namibia als Filmdreh verwirklicht werden. Und, Jesus, es ist ein Biest geworden.
Schon die vorfreudig brodelnde Entführungssequenz, bevor überhaupt die Titeleinblendung ihre Verheißung aussprechen kann, gibt eine Stoßrichtung vor, die so laut, durchchoreographiert, übertaktet und sich ständig aus sich selbst neu herausreißend ist, dass man nicht glauben möchte, dass der Film dies einlösen kann. Was folgt, ist in der Tat keine schlappe Einlösung, sondern ein gnadenloses Auftrumpfen von Mehr, Besser, Tiefer, Heißer.
Beschreiben lässt sich der Film in gewohntem Maße nur beschränkt. Man könnte sagen, er ist ein Tanz, eine Choreographie, bei der ein Höhepunkt den nächsten jagt, die keine Verschnaufpause lässt und mit immer Neuem das überbietet, was den Zuschauer zuvor noch mit offenem Mund und trockenen Augen staunen ließ. Man könnte aber auch sagen, Mad Max: Fury Road ist ein zweistündiges Finale Extravaganza, das unentwegt pulsiert und die Schleusen des Irrsinns weiter geöffnet hat, als es in dieser Form jemals jemand gewagt hat. Mad Max: Fury Road ist laufend am Explodieren und in seiner zelebrierten Verrücktheit grenzenlos kreativ; ein Film, der den Zeitraffer dort einsetzt, wo zur Zeitlupe griffen. Mad Max: Fury Road platzt 120 Minuten lang aus allen Nähten und ist dabei so besessen von Details, dass man beim Betrachten in diesem Sturm des Kinos jedes Gefühl für Zeit verliert. Mad Max: Fury Road ist ein artistisches Ungetüm, das in seinem Treiben völlig schamlos ist und jede gängige Erzählkonvention in seiner Rage ignoriert, ein Spiel mit Tabus, die dann gebrochen werden. Mad Max: Fury Road ist ein Walkürenritt und mit seinen glühenden Bildern und der hämmernden Symbolik das mit Abstand ästhetischste Erlebnis, das man im Kino für lange, lange Zeit haben können wird. Mad Max: Fury Road ist vor allem aber eine wortgetreue Umsetzung jedes einzelnen Wortes seines Titels.
Dass etwas so Unfassbares so unfassbar gut funktioniert, liegt zum einen natürlich an dem ineinandergreifenden Spiel zwischen seinen technischen Vermittlern. Der Film ist ein wahres Wunderwerk des Schnitts und hat ein atemberaubendes Gespür für Aufnahmen jeder Art – Nahaufnahmen wechseln sich mit Panorama Shots ab und münden dann in einer Totalen. Das ist auf der einen Seite eine perfekt getimte Bilddramaturgie, auf der anderen sind alle Einstellungen für sich aber bereits Gemälde, die vor präziser Wuchtigkeit nur so strotzen. Dann wäre da die Musik, die häufig nur kurz, aber absolut treffsicher angespielt wird, ehe sie wieder im Getöse des Hintergrunds verschwindet, sich über den Film hinweg aber immer weiter steigert, und zwischendurch auch nicht davor zurückscheut, in orchestraler Fiebrigkeit aus sämtlichen Boxen zu wummern. Vorhanden ist dieses Zusammenspiel in erster Linie, um das perfektionierte Endzeit-Design in Szene zu setzen, das seit Teil 2 und 3 seine absolute Mitte gefunden hat und selbstsicher das Kunststück meistert, kulturelles Flickwerk, abstoßende Krankhaftigkeit, Westernflair und planlose Improvisation auf einem Zentimeter zu vereinen, was in den wunderlichsten Selbstbauboliden und den abgedrehtesten Charakteren resultiert.
Die Action selbst ist in all ihrer verblüffenden Wahnhaftigkeit zugleich die ehrlichste, bodenständigste, die man in einem Spektakelfilm seit langem gesehen hat. Kaum CGI, so gut wie vollständig von Hand gestaltet. Ein gewaltiger Aufwand, der der Natur des Drehorts wohl auch einiges abverlangt hat, aber dafür auch ein Fest allererster Güte ist, das so ziemlich alles, was es tut, für den Rest der Welt neudefiniert.
Es gibt auch Augenblicke, in denen es der Koloss zu weit treibt. Nicht in der gnadenlosen Action, sondern wenn im letzten Drittel ein absehbarer Twist dazu führt, dass jemand in Platoon-Pose seiner Gram Ausdruck verleiht und ihn sämtliche filmischen Mittel dabei unterstützen. Von solchen Ausrutschern im Schlamm des Pathos gibt es nur sehr wenige und sie ändern nicht viel am Gesamtbild, erwähnt werden müssen sie aber.
Die wenigen Momente, in denen etwas Ruhe einkehrt, köcheln im Vergleich immer noch energischer, als die Finali vieler anderer Filme. Dennoch gelingt es, in ihnen viele Andeutungen über den Zustand der Welt, die Geschichte der Figuren und den Aufbau der Gesellschaft zu vermitteln. Dazu gehört auch das Wesen von Max, dessen Rolle fast überall als zu unterpräsent kritisiert wird. Doch ist gerade die Entscheidung, ihn als zurückhaltendes, innerlich zerfleischtes Tier zu zeigen, bei dem sich die Menschlichkeit verwundet soweit zurückgezogen hat, wie es nur möglich war, eine bemerkenswerte. Der Protagonist ist nicht mehr derselbe wie bei seinen ersten drei Auftritten, sondern deren Resultat. Ohne Glauben, ohne Hoffnung. Ein Sack aus Knochen, dem die Dämonen der Vergangenheit in jeder Zelle sitzen und von dort aus die versteckten Reste seines demontierten Wesens suchen. An einer so ikonischen Figur wie Mad Max die erschreckende Genese von Qual mit solcher Konsequenz aufzuzeigen und ihn damit folgerichtig zu einem Anderen werden zu lassen, ist ein Schritt, der großen Mut gekostet haben muss.
Aber auch sonst ist der Film unter der Oberfläche kein graues Gerippe, wie es den meisten Actionfilmen eigen ist.
Um nicht zu viel vorwegzunehmen, sei nur ein einziges Beispiel aus der oben schon kurz angerissenen Symbolik angerissen, mit der Mad Max: Fury Road unterschwellig spielt. Er hat die Filmreihe nun endgültig zu einer über Flüssigkeiten gemacht. Nach Wasser und Öl sind es nun Blut und Milch als liquide Träger von Hoffnung und Glauben, die als Symbol dafür sorgen, dass so etwas wie Zivilisation zumindest als Potenzial erhalten bleibt. Abhängig ist ihre Qualität nicht von ihrem Vorhandensein, denn das sind sie, sondern vom Umgang mit ihnen. Öl kann verbrennen, Wasser verdunsten, vereisen oder aber sinnlos in der Wüste versickern, Blut gerinnen und Milch, vielleicht die Königin der Flüssigkeiten, verderben – vor allem dann, wenn sie ohne Kühlung in einem Laster durch die Wüste kutschiert wird.
Fazit
Vor ein paar Tagen wurde George Miller 70 Jahre alt. Seinen Oscar erhielt er 2006 für den Animationsfilm Happy Feet. Nun hat er eine Formwerdung des Unfassbaren auf Leinwand gebannt. Mad Max: Fury Road ist eine einzige Choreographie, die in manchen Szenen sogar sehr offen an einen Tanz erinnert. Es ist ein Tanz, der Wahnsinn in bizarrer Formation zum Thema hat und mit seiner unglaublichen Energie, seiner Kreativität und Zügellosigkeit etwas geworden ist, an dem sich fortan alle Actionfilme messen lassen müssen.
Doch Mad Max: Fury Road ist vor allem auch eines: Ein Stück Filmgeschichte, das man sich auf gar keinen Fall im Kino entgehen lassen sollte. Denn dies ist sein angestammter Ort.
This brings us to the fourth entry of this list. The follow-up to the "Zenith rolex swiss replica watches" introduced Rolex's first in-house-produced chronograph movement. Consequently, it is a monumental release in the Daytona lineage.