Darth Maul: Apprentice – Eindrucksvoller Star Wars Fan-Film.

Wenn wir uns an einen bestimmten Film erinnern, der hier der Achtung halber gar nicht namentlich genannt werden soll (lieber wird der neueste Star-Wars-Output verlinkt), erinnern wir uns an recht wenig, gemäß des Falles, dass alles Verdrängenswerte verdrängt wurde.
Nun, vielleicht erinnert man sich aber dunkel an diesen blauroten Knilch mit Doppellichtschwert, der als Einziges einen nachdrücklichen Eindruck hinterlassen konnte.
Und weil dieser Eindruck eigentlich tiefer sein sollte, haben sich ein paar Fans daran gemacht, ein actiongeladenes Filmchen über ihn zu drehen. Das Ergebnis ist beeindruckend, vor allem hinsichtlich der Choreographien.
Doch genung der Nach-, Ab-, Auf- und Eindrücke, hier ist der Film:

Deadpool

16 Jahre lang dauerte das Drama um Deadpool und seinen von vielen ebenso geforderten wie gefürchteten Leinwandauftritt. Der Stoff ging durch die Hände vieler Regisseure, bis es ausgerechnet in denen des Regieneulings Tim Millers landete – und dort mit großer Leichtfüßigkeit unter Beweis stellt, dass die Zeit in der Vorproduktionshölle ihm gut getan hat.

All dinosaurs feared the T-Rex!

Story

Es hat lange gedauert, bis das Ex-Special-Forces-Mitglied Wade Wilson seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Nun verbringt er die eine Hälfte des Tages in der Kneipe seines Kumpels Weasel und die andere Hälfte als Teilzeit-Söldner für den kleinen Mann zwielichtiger Herkunft. Noch länger dauerte es, bis Wade eine Frau fand, deren loses Mundwerk dem seinen in nichts nachsteht. Mit Vanessa an seiner Seite scheint sich sein Leben mit so etwas wie Sinn zu füllen – bis er von seiner Krebserkrankung erfährt und die Illusion der Idylle sich aufzulösen droht.
Aus Verzweiflung und Alternativlosigkeit beantwortet er das Gesuch einer Organisation, die damit lockt, seinen Krebs mit einer künstlich hervorgerufenen Mutation vielleicht heilen zu können. Zu spät kommt die Erkenntnis, dass Wade dem perfiden Plan des Laborleiters Francis ausgeliefert ist, dessen sadistische Experimente schlussendlich zum Erfolg führen. Wade hat den Krebs besiegt, ist aber so entstellt, dass er Vanessa nicht unter die Augen treten kann.
Er entkommt Francis, näht sich ein Kostüm mit Zipfel, nennt sich Deadpool und sinnt auf Rache. Dass sämtliche Verletzungen sofort zu heilen beginnen und er somit eine Quasi-Unsterblichkeit erlangt, kommt ihm durchaus gelegen.

Kritik

Deadpool hat es nicht ganz leicht. Davon, dass das Kino in Bezug auf Superheldengeschichten völlig übersättigt ist, profitiert der Film insofern, dass er das Resultat dieses Zustandes darstellt. Doch mit Guardians of the Galaxy brachte Marvel vor nicht allzu langer Zeit bereits einen augenzwinkernden Gegenentwurf zum Standardcapeträger auf die Leinwand, dessen lustvolles Spiel mit Klischees und Erwartungen natürlich in derselben Liga stattfindet wie das Rüpelabenteuer Deadpool.
Und die stolprige WolverineGreen-Lantern-Vorgeschichte wird hierbei ebenso nicht mit einbezogen wie das lästige Rechtedebakel, mit dem sich Marvel dereinst quasi selbst aus dem cineastischen X-Men-Universum ausgeschlossen hat und seitdem unschlüssig vor der Tür steht. So richtig gut sind die Voraussetzungen also nicht.
Doch siehe da. Tim Miller (Thor – The Dark Kingdom) schafft es in seiner ersten Regiearbeit erfolgreich einen locker-leichtfüßigen Ton anzuschlagen, der sich durch den gesamten Film zieht – und bereits das ist die halbe Miete. Denn, und das ist die Grundlage für alles, Deadpool macht Spaß. Dabei wird humoristisch nicht immer das richtige Maß gehalten und manchmal ist es nicht geckenhaft-albern, sondern kurz auch mal auf dem Penis-Vagina-Rektum-Witz-Niveau. Unterm Strich handelt es sich aber um einen durchweg ausgelassenen Spaß, der mit seiner angenehmen Dreistigkeit erfreut, in gesunden Abständen zu überraschen weiß und genau weiß, in welche Richtungen er wann auszuteilen hat. Zwar funktionieren gut die Hälfte der Gags nur über Referenzen auf andere Helden und Filme oder durch popkulturelle Anspielungen, wodurch eine seltsame Komplizenschaft mit dem Zuschauer simuliert werden soll, indem er einen vermeintlichen Insider nach dem anderen serviert bekommt, doch das ändert nichts daran, dass es eben funktioniert, weil die Mischung der Pointen trotz allem sehr ausgewogen und durchaus clever ausgefallen ist.
Zudem fährt der Film gleich mit zwei bemerkenswerten Schritten über lange Zeit sehr gut: Ryan Reynolds Mut zur Hässlichkeit – auch lange vor der Verwandlung zum Matschgesicht – tut dem Film ebenso gut wie die aufrichtige Selbstironie des gesamten Projekts. Glücklicherweise verkommt auch die Origin-Story, die im Grunde identisch mit all den anderen langweiligen Heldwerdungsgeschichten des Marveluniversum ist, durch einen kleinen und klug gesetzten Erzählkniff nicht zur drögen Pflichübung. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte, die tatsächlich funktioniert. Morena Baccarin (Firefly) mimt Vanessa Carlysle als glaubwürdige Frau, die keineswegs nur selbstzweckhafte Dekoqualitäten, sondern einen plastischen Charakter besitzt. So wird die Figur Deadpool zu mehr als nur einem roten Clown ohne richtige Motivation, sondern erhält genau das Stückchen Tragik, das benötigt wird, um sich auch um die Geschichte zu sorgen, die um all die Blödeleien stattfindet.
Leider geht Deadpool aber gerade in solchen Momenten kurz in die Knie. Ein innerlich wie äußerlich zerrissener Wade, der zu Streichern durch den Regen streift, ist ganz plötzlich überhaupt nicht mehr selbstironisch, sondern genau das Klischee, dem der Film so gerne die Stirn bieten und den Spiegel vorhalten möchte.
Und dann ist da auch noch Francis, der obligatorische Antagonist. Zwar ist es angenehm, dass der Film eine ganz persönliche Geschichte erzählt, die, gemessen an den sonstigen Abenteuern des Antihelden fast schon Anekdotencharakter hat, und nicht wieder mal den ganzen Planeten in Gefahr bringt. Doch Francis ist eben auch ein absolut uninteressanter Charakter, der – gerade im Kontrast zu den sonstigen Figuren – sehr, sehr lust- und einfallslos konzipiert ist, weder eine klare Motivation noch sonst irgendeine interessante Facette bietet und vom Film auch keinerlei Raum für eine Entfaltung zugesprochen bekommt. Hier teilt Deadpool plötzlich doch eine der größten und unnötigsten Macken des Superhelden-Genres in einem solch unreflektiert wirkendem Maße, dass man fast meinen könnte, auch das wäre eigentlich nur ein großer Spaß. Aber da traut man dem Film dann vielleicht doch zu viel zu.

Fazit

Wir alle wissen, wie groß die Zahl der scheiternden Komödien sind. Da ist es so überraschend wie ehrenwert, dass Deadpool es schafft, ganz unverkrampft sein Genre aufs Korn zu nehmen und primär einfach Spaß macht, was sich bei einer derart selbstreflexive Zitatemaschine der Postmoderne nun wirklich nicht von alleine versteht.
Die Momente, in denen der Film dann aber die Fehler seiner Genrekollegen wehrlos nachahmt, führen dazu, dass Guardians of the Galaxy auch weiterhin der Klassenprimus im Hause Marvel bleiben werden, was das komödiantische Spiel mit den Heldengepflogenheiten angeht.

Dabei sollte der Film nach Möglichkeit aber im O-Ton genossen werden. Denn der Ton des Humors litt in der Synchronisation merklich, was die Gratwanderung zwischen frech und dumm oft scheitern lässt, ohne dass der Film selbst was dafür kann.

Es ist schwer, ein Gott zu sein

Dass die Besten oftmals nicht auch die Wichtigsten ihrer Zeit sind, liegt vielleicht in der Natur von Gut und Schlecht, von Zeitgeist, hässlicher Ungerechtigkeit aufgrund internationaler Unterschiede und Zufall. Alexei Jurjewitsch German jedenfalls ist einer dieser Besten, während bis vor kurzem kein einziger seiner Filme auch nur auf DVD in Deutschland veröffentlicht wurde.
Sein Œuvre erstreckt sich über viereinhalb Jahrzehnte, umfasst aber nicht einmal ganz 6 Filme. „Nicht einmal ganz“, weil der visionäre Russe die Vollendung von Es ist schwer, ein Gott zu sein nicht mehr erleben konnte.

I see. But it feels like I can’t see.

Story

Auf einem fernen Planeten lebt eine Zivilisation in mittelalterlichen Verhältnissen, die den Menschen sehr ähnlich ist. Doch im Vergleich zu ihnen kam nie eine erlösende Epoche im Stile der Renaissance – man lebt immer noch in Feindschaft im Dreck und jeder ist sich ein Wolf. Intellektuelle werden verachtet, gejagt und aufgeknüpft.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern wurde von der Erde entsandt, die Bevölkerung auf diesem Planeten zu observieren, wobei sie jedoch keinesfalls in die Lebenspraktiken eingreifen dürfen. Einer der Erdlinge ist Don Rumata. Er wird von den Ansässigen zweifelnd als Gottessohn akzeptiert und genießt ein entsprechend hohes Ansehen, doch fällt es ihm selbst immer schwerer die barbarischen Zustände zu ertragen und tatenlos hinzunehmen, ohne selbst von ihnen beeinflusst zu werden.

Kritik

Die Adaption von Arkadi und Boris Strugazkis Science-Fiction-Klassiker war so etwas wie Germans Lebenstraum – und darf auf eine Genese zurückblicken, die der Dramatik von Terry Gilliams Kampf um sein fortwährend scheiterndes Don Quixote-Projekt in nichts nachsteht. Nach vielen Jahrzehnten konnte die Erschaffung des Filmes endlich angegangen werden und die Dreharbeiten sollten sich ber 6 Jahre ziehen. Während der nicht minder langen Postproduktionsphase verstarb Aleksej German; er konnte sein eigenes Magnum Opus nicht mehr erleben. Zusammen mit seiner Frau vollendete Germans gleichnamiger Sohn schließlich Es ist schwer, ein Gott zu sein.
Man kann sich nur schwer vorstellen, was für ein enormer Aufwand in diesen 6 Jahren des Drehs betrieben wurde, um dieses Abschiedswerk zu verwirklichen. Minutenlange Takes ohne Pause, voller Bewegung, voller Aktion. Ein Meer und ein Mehr von Details. Und all das unter den widrigsten Umständen.

Das Königreich Arkanar ist ein Land, das in Matsch errichtet wurde, in einer Welt aus Matsch. Regen fällt wie Steine ohne Unterlass auf die Straßen, weicht die Dächer, Böden und Hirne auf. Es ist, als brächten die Wolken den Wahnsinn, als wären sie Urheber dieser Hölle von einer Welt, die zur ewigen Wiederholung, zum ewigen Stillstand im hässlichsten aller Zustände verdammt ist. Wenn es nicht regnet, zieht in plumpen Schwaden ein schwerer Nebel über die fauligen Plätze und verbindet sich mit dem Rauch, der von ebenso plumpen Feuerstellen aufsteigt. Doch er will nicht in den Himmel. Aus irgendeinem Grund verweilt er auf dem Boden und füllt die aufgeweichten Wege Arkanars, ohne das Elend auf ihnen zu verdecken.
Raue und Schwachsinnige jagen sich müde durch den Schlick, jemand prustet Rotz aus einem Nasenloch  dann wird einen unbedachte Mann gezwungen, an der Unterseite eines Straßenaborts so lange auszuharren, bis sich ihm dampfende Ausscheidungen ins Gesicht legen. Frauen gibt es keine, auf 30 Männer scheint eine zu kommen. Sie bieten ihren Körper feil, befingern sich den Wanst, in dem eine Leibesfrucht die vollen 9 Monate vermutlich nicht überstehen wird. Hundert Meter weiter ragen Speere in die undurchsichtige Luft und tragen die Kadaver unzähliger armer Seelen auf ihren Spitzen zur Schau. Das Wetter frisst von ihnen. Die Bienen töten ihre Königin“, sagt ein spindeldürrer, heruntergekommener Bursche und grient in die Kamera, als hätte er jetzt schon die Pointe des Filmes verraten. Es brummt unruhig in einem Korb.
Durch die Geräusche zertrampelten Unrats, das Quieken sadistischer Dummköpfe und dem heiseren Lamentieren eines linkischen Bettlers dringt der Klang schwerer Stiefel. Ein brutaler Bärtiger schiebt sich nach vorne, seine Augen huschen herrisch durch die Gegend, sein Gesicht ist nicht lesbar. Der Hüne spielt Bluesiges auf etwas, das eine Klarinette sein könnte. Geräusche sind laut, stark, nachdrücklich. Die Kreaturen schmieren sich schwarze Bracke ins Gesicht, ihre Physiognomie verschwimmt mit dem widerwärtigen Land. Mensch, Gefühl, der endlose Marsch auf der Stelle, die kahle, zerklüftete Ebene und ihre Geschichte – alles wird eins.

Es ist schwer, ein Gott zu sein ist eine Art Historien-Science-Fiction. Und, nur fürs Protokoll, wer nun an Zeitreiseklamotten á la Die Besucher denkt, möge das doch bitte unterlassen.
Aleksei Germans letzter Film ist viel mehr ein ehrfurchtgebietendes Monument, beinahe selbst ein sterbender Gott, der sich drei Stunden dabei beobachten lässt, wie er sich würgend und schnaufend auf die Seite wälzt.
Es geht in diesem russischen Epos um eine Geschichte. Sie zu verstehen, ist hingegen nicht Voraussetzung, um auch den Film zu verstehen. Aus den unerklärlichen Extrakten des fremdartigen Alltags der Bewohner dieses Landes, die von Mythologie, Gerüchten, Denunziationen und Betrügereien schwafeln, lassen sich nur vage Schlüsse ziehen. Die wilden Einblicke in das unerbittliche Leben auf diesem in der Zeit gefangenen Planeten lassen erkennen, dass viel vorgeht, verwehren dem Zuschauer zugleich aber auch die ständige Antwort auf die gleichsam ständige Frage, was genau denn nun gerade geschehe. Es geht um einen Krieg von Grauen und Schwarzen, die im kristallenen Schwarz-Weiß des Filmes kaum auseinanderzuhalten sind. Es geht um die systematischen Lynchmorde an Intellektuellen, die in der Schar aus darbenden Rohlingen nur schwerlich auszumachen sind. Es geht um die Frage der Moral und die Last der Verantwortung – beides Worte, deren Bedeutungen sich verlieren in einem Strudel aus Herrschsucht und den daraus hervorgehenden Gräuel.

Es ist oftmals schwer zu erkennen, was passiert, im tatsächlichen wie auch im übertragenen Sinne. Die abstoßenden Gepflogenheiten, die verschiedenen Charaktere, die Fremde. Man erkennt alles klar und die zahlreichen Episoden lassen sich weitestgehend problemlos verfolgen; wie sie zusammengehören, das hingegen bleibt oftmals ein Rätsel. Aber auch das schnell gesprochene Russisch und die ebenso schnell passierenden Untertitel machen den Film zu einer Herausforderung auch inhaltlicher Natur. Trotzdem und vor allem deswegen dann kommt ihm von seiner Faszination nichts abhanden, im Gegenteil. Der Sog wird stärker. Und der Ort, zu dem er zieht, ist einer der Andersartigkeit. Man kann den Schmutz riechen, den Dunst spüren, den Rotz schmecken und in dieser Mammutperversion etwas finden. Man muss dem Film, der so viel Schlimmes zeigt, vertrauen, damit er funktionieren kann. Zum Glück ist es leicht, das zu tun und der Geschichte zu verfallen, sich ihr hinzugeben und sich ohne zu fragen durch ihre rückweglosen Irrungen schleppen zu lassen. Es ist schwer, ein Gott zu sein ist zwar genauso anstrengend und gnadenlos fordernd, wie es hier anklingt, mit der gleichen unwiderstehlichen Kraft aber auch verlockend und verführerisch, faszinierend in seiner Atemlosigkeit.
Denn die Geschichte wird in einer deliriumartigen Logik eines fabelhaften Albtraums erzählt, der genauso fesselnd wie abstoßend ist.

Die fehlenden Farben machen die Bilder nicht trostloser als sie sind, sie machen sie klar und präzise. Und Bilder sind es wahrhaftig, in denen Es ist schwer, ein Gott zu sein erzählt wird, mächtige Gemälde formte Kameramann Yuri Klimenko in der wüsten Szenerie. Und es wird sich gehütet diese kinetischen Kraftakte durch unnötige Schnitte zu ruinieren. Der Film funktioniert in langen, bisweilen ausufernden Plansequenzen, in denen die Kamera durch die Pfade und Felder des sinisteren Königreichs irrlichtert, überall das Gleiche findet und nicht genug davon bekommt. Mit energischer Begeisterung umschleicht sie die großen kleinen Tragödien, die sich auf dem Weg des mürrischen Wissenschaftlers ereignen, wendet den Blick nicht ab und zeigt alles. Es ist die entfesselte Magie der Bilder, die diese Mammut-Dystopie nicht nur ihre vorschlaghammerartige Wirkung, sondern auch die hypnotisierende Intensität verleiht. Es sind Bilder großer, glutofenheißer Kühle und Grausamkeit, ohne die Scheu vor Provokation, aber auch ohne den plumpen Wunsch, provozieren zu wollen.
Dabei ist das mürbe Spektakel der Spielorte keineswegs nur schlimm, es gibt auch erhabene, gar komische Augenblicke, die die Wolkendecke für einen kurzen Augenblick aufreißen lassen. Szenen der Menschlichkeit, die viel kräftiger wirken als jeder Akt müheloser Bösartigkeit und dem Film seinen letzten Schliff verleihen.

Fazit

Aleksei German hinterließ seinen ganz eigenen Essay darüber, was es bedeutet, Mensch zu sein; eine Oper des Ausuferns und Austrocknens, des Zerfalls und der Konzentration von Fragen, die keine Antworten bekommen. Was hier vorliegt, ist eine morastige Wucht von einem Film, der mahlt und mörsert, um zu zeigen, dass sich Dinge bis in die Unendlichkeit zerkleinern lassen. Und doch strahlt er etwas Essentielles aus, atmet eine Art von Filmmagie aus den perfekten Bildern, den atemberaubenden Einstellungen, der unfassbaren Ambition, der man sich nur schwer entziehen kann. Es ist schwer, ein Gott zu sein zieht einen tief in sich hinein und hinterlässt die Gewissheit, etwas Einmaligem beizuwohnen.
Trotz dessen kann sich Es ist schwer, ein Gott zu sein als Geduldsprobe herausstellen, die so zäh ist wie die Gesellschaft, die sie illustriert. Die vom Film entfesselte Kraft ist eine, die nur allzu schnell verpuffen kann, wenn sich herausstellt, dass jede Anstrengung in der fatalistischen Tretmühle aus Elend und Grausamkeit umsonst ist.

Fahrenheit 451

Hin und wieder machen die Großen des Kinos ihre Aufwartung auf hier. Heute ist es François Truffaut, Mitbegründer der Nouvelle Vague. (Auch in Gedenken an den letzte Woche verschiedenen Kinomagier Jacques Rivette, von dem man sowieso schnellstmöglich alles sehen und lieben sollte. Wieder und wieder.)
Truffaut hat in seiner Karriere genau einen einzigen Film auf Englisch und auch nur einen einzigen Science-Fiction-Film gedreht. Beides ist Fahrenheit 451, lose nach dem gleichnamigen Roman von Ray Bradbury.

Who can explain the fascination of fire?

Story

Als die Erkenntnis kam, dass sich Bücher reflexiv mit Problemen oder offensiv mit Konflikten auseinandersetzen, folgte ihr Verbot. Zur Steigerung des Wohlbefindens wurden Bücher verboten und verbrannt, wo sie noch waren. Das ist die Aufgabe der Feuerwehr, nun schon seit vielen Jahren. Guy Montag ist bereits seit 5 Jahren erfolgreich in diesem Job, glücklich mit seiner Frau Linda im gemeinsamen Heim verheiratet und kurz vor der Beförderung stehend.
Als er aber Clarisse, eine nachdenkliche Lehrerin, begegnet, beginnt sei Weltbild zu schwanken. Und er nimmt sich ein Buch zur Hand.

Kritik

Innovationen sind entweder zeitlos oder nur in ihrer Gegenwart als solche anerkannt und gültig. Je nachdem etablieren sie sich dann als Standard, werden zum Trend oder bleiben aufgrund von Scheitern oder gar völlig unrechter Missachtung unbeachtet. In Fahrenheit 451 sind die gezeigten Werkzeuge, Uniformen und Interieurs überholt, die Idee ist es nicht; Das Verbot einer kulturellen Selbstverständlichkeit, eine radikale, kategoriale Zensur ist so lange ein aktuelles Thema wie es hierarchische Machtstrukturen gibt.

Dass Truffauts Science-Fiction-Film toll gealtert ist, liegt einerseits natürlich erst einmal an einer hervorragenden Restauration und Neuabtastung des Filmmaterials, andererseits aber auch an geschickten stilistischen Entscheidungen. Zu Teilen ist das Interieur nämlich ganz offensichtlich und absichtlich altmodisch gehalten, die Einrichtungen laden dazu ein, als rückwärtsgewandter Anachronismus stutzig zu machen. Telefone, Möbel, technisches Kleingerät, so etwas entstammt häufig einer Epoche, die 1966 längst schon zurückgelassen war. Allein die bühnenhaften Innenräume sind ein typisches Indiz für Studiofilme dieser Zeit, fügen sich aber gerade deshalb nahtlos in die Welt
Stillstand, Rückschritt, kommt mit gesellschaftlicher Verirrung. Aber es ist vor allem die kluge Beobachtung, dass bestimmte modische Elemente für eine Wiederkehr fast schon prädestiniert sind, die Fahrenheit 451 zwar nicht zur allerglaubwürdigsten Zukunftsvision machen, das Szenario aber zu einem glaubwürdigen Szenario an sich, das in seiner Zeichenhaftigkeit und sterilen Kantigkeit ausdrucksstark ist und mit seiner Fremdartigkeit einen faszinierenden Sog ausübt.
Gezeigt wird dies mit einer experimentierfreudigen Kamera, die nur manchmal etwas zu schnell am Raus- und Reinzoomen und -schwenken ist, im Grunde aber höchst geschickt den Zuschauer manipuliert, da sie gerne Dinge zeigt oder Dinge tut, die die Aufmerksamkeit bewusst auf etwas und von etwas anderem lenken. Damit werden Erwartungen geschürt und zugleich unterwandert.
Es resultieren fesselnde Bilder einer Welt der dringlichen Farben, die sich für den Zuschauer erst langsam, Stück für Stück entblättert. Ihr Gegenstände, Prinzipien und Probleme schlüpfen ganz natürlich sukzessive in den Film. Gemeinhin ist es Usus, so früh als möglich die Grundlagen der Diegese offenzulegen und dann eine Geschichte auf dieser Grundlage sich abspielen zu lassen. Geschichte und Welt im Laufe des gesamten Filmes erst nach und nach gemeinsam aufzudecken, ist so selten wie gefährlich. Fahrenheit 451 tut dies, blockt damit subtil manche Erzählkonventionen ab und wirkt in Folge nicht etwa sperrig, sondern angenehm interessant.
Angefangen mit den Opening-Credits, die nicht einfach als Text auf das Bild geblendet, sondern von einem Vorleserstimme vorgetragen werden. (Im Deutschen übrigens von einem Mann, im Original von einer Frau) Die Problematik auf eine solche, die Dritte Wand durchbrechende Weise zu etablieren, ist ein Kunstgriff, der in seiner schlichen Effizienz auch heute noch imponiert. Zugleich wird schon hier ein Handbreit die Tür geöffnet für eine mal mehr mal weniger präsente Skurrilität in der Geschichte, die Fahrenheit 451 in manchen Momenten beinahe zur Komödie werden lässt.

Am bemerkenswertesten ist die Schulsequenz in der Mitte des Filmes, in der all das auf eine wahnsinnig stilvolle und zugleich sehr unauffällige Weise fusioniert und dadurch etwas einzigartig Feines entstehen lässt. Es ist ein langer Gang, der trotz seiner Gradlinigkeit labyrinthisch wirkt, da die Montage die 180-Grad-Regel einfach missachtet. Das Wichtige findet außerhalb dieses Ganges, in den scheinbar zahllosen Räumen statt, wo die Kinder simultan im Chor Multiplikationsaufgaben lösen. Blicke verschiedener Figuren, die für Verschiedenes stehen, begegnen sich und etwas geschieht.
Es sind solche Momente, in denen Fahrenheit 451 fesselnd, verheißungsvoll und künstlerisch aufregend ist, in denen die Innovation des Filmes immer noch besticht und Jahreszahlen ihre Bedeutung verlieren. Es sind solche Momente, die auch die weniger gut funktionierenden, tragen.
Applaus verdient der Film auch dafür, dass er seine Geschichte nicht plump erzählt, dass er den eigentlich schon oft erzählten Plot mit allen bekannter Moral auf eine Weise darbietet, die noch einmal von Grund auf nachdenken lässt, um was es da eigentlich geht. Er zeigt nicht unsere, sondern eine Welt, in der das Bücherverbot normal ist und als vollkommen vernünftig anerkannt wird. Ohne nennenswerte Zweifel oder aktiv rebellierenden Untergrund, sondern tatsächlich funktionierend.

Oskar Werner spielt den abtrünnigen Feuerwehrmann mit schwer zu deutender Mimik irgendwo zwischen selbstsicher, spitzbübisch, verwegen und überheblich. Dazu wie er etwas sagt passt, was er sagt. Aus historischer produktionshistorischer Perspektive ist das besonders interessant, denn Fahrenheit 451 bzw. die Rolle des Guy Montag bedeutete das Ende einer produktiven Freundschaft von François Truffaut und Oskar Werner. Werners Vorstellungen des Charakters Montag waren fundamental andere als die des Regisseurs, sodass sich im Laufe der Dreharbeiten immer größere Spannungen aufbauten, die bis zur Arbeits- und Fügungsverweigerung des österreichischen Film- und Bühnendarstellers.
Truffauts Version – die des sonderbar Unbeschwerten, der sich vom Spießbürger zum Aufständischen entwickelt – passt zu dem Grundgefühl des Filmes. Die Prämisse lässt etwas Düsteres und Simples erwarten, doch Fahrenheit 451 geht von Anfang an mit einer surrealen, schwer abzuschätzenden Leichtigkeit gegen diese Erwartung vor, sodass die ganze Szenerie bedrohlich und zugleich doch merkwürdig verführerisch wirkt.
Das ist besonders bemerkenswert, da die hier skizzierte Welt eine im Kern sehr pessimistische ist. Auch wenn eine Anmerkung gen Ende vermuten lässt, die Geschichte verlaufe periodisch, sodass die Dystopie wieder von einer Phase der Vernunft abgelöst werde, scheint der fest verankerte Status quo einer zu sein, der so leicht nicht zu kippen ist. Die alternative Gesellschaftsform, die am Ende als Ausweg vorgeschlagen wird, ist eine, die offenkundig aus Verzweiflung geboren, die sich in einer so romantischen wie irrigen Idee verliert, welche zirkelschließend in Teilen tatsächlich erahnen können lässt, wie es zu der fatalen Ausgangssituation überhaupt erst hat kommen können.

Fazit

Interessant, viel mehr als spannend oder mitreißend, das ist François Truffauts Science-Fiction-Ausflug heute. Aber dafür sehr interessant, weil er inszenatorisch, analytisch und durch seine Charaktere, weil er durch seinen skurrilen Humor und die ehrliche Darbietungsweise seines Themas dazu verleitet, mehr wissen zu wollen von dieser Welt und ihren Bewohnern. Womöglich funktioniert der Film nicht in jeder einzelnen Szene so, wie er damals intendiert war, aber in diesen seltenen Momenten wirken die guten Szenen einfach ausreichend nach.

12 Monkeys – Der Trailer zur 2. Staffel

Die ersten Bemühungen, auf sich aufmerksam zu machen, als damals die 1. Staffel der Serie nach dem unvergesslichen Terry-Gilliams-Film mit Trailern angekündigt wurde, waren alles andere als umwerfend. Dementsprechend verschwand die Serie auch flux von unserem Rader. Nun aber kündigt der Heimatsender SyFy eine weitere Staffel an. Und das mit einem Trailer, der gar nicht so uninteressant wirkt.
Kann jemand von der ersten Staffel berichten und so vielleicht das Eis brechen?