Fantasy Filmfest Special: Portrait of a Zombie

Fantasy Filmfest Special 5

Inmitten der Blütezeit des Found-footage-Films mag man fast schon instinktiv zusammenzucken, wenn man von einer neuen Mockumentary hört – besonders in Kombination mit Horror. Nicht ganz zu Unrecht fürchtet man mehr Handkamerageschüttel als in jedem Teil der Bourne Trilogie, viele schlecht gestellte Interviews und einen toten Kameramann, mit dem der Film sich am Ende feige aus der Affäre zieht.
Wenn nur 50.000 Dollar zur Verfügung stehen und man trotzdem das ausgelaugte Genre des Zombiefilmes am liebsten revolutionieren möchte, bietet sich die Wahl einer Fake-Doku aber durchaus an.


Jesus was not a zombie. And Billy is not Jesus.

Story

Dublin irgendwann während einer zukünftigen Zombieplage. Anstatt die Insel zu evakuieren, hat man sich dazu entschieden, das bisherige Leben so gut wie möglich weiterzuführen. Die Kneipen und Supermärkte sind gefüllt, die lokalen Banden Kleinkrimineller haben endlich ein ordentliches Feindbild und jeder versucht, Zombieinvasion und Alltag unter einen Hut zu kriegen. Die Epidemie ist letztlich auch nur eine Krise unter vielen.
Wer angekaut und somit angesteckt wird, gilt als verloren und trottet fortan als Hirngourmet durch die Straßen, sofern er nicht rechtzeitig erlöst wird.
Aber es gibt nicht nur Schwarz und Weiß in Irland. So wird eifrig debattiert, ob Zombies nicht auch Rechte haben sollten – oder ob man sie gar zu Vegetariern umerziehen könnte.
In einem solchen Graubereich liegt auch der Weg der Familie Murphy. Sohnemann Billy wurde infiziert, wird von den fürsorglichen Eltern aber weiter im Haus behalten und als vollwertiges Familienmitglied behandelt, während er ans Bett gekettet und mit einem Maulkorb versehen vor sich hin faucht, fault und frisst.
Der Film folgt einem Team junger Dokumentarfilmer, das sich des Familienschicksals annimmt.

Kritik

Schon in den ersten Minuten wird klar, dass Portrait of a Zombie nicht nur den Zombiefilm, sondern auch Mockumentaries kräftig durch den Kakao ziehen will. In Interviews wird herrlich manipulativ emotionalisierende Musik verwendet und bewegte Bilder aus der Zeit, in der Billy noch ein Bursche mit gesundem Appetit war, werden mit einem Farbfilter modifiziert, bis das eigentliche Motiv vor lauter Bildfehlern kaum noch identifizierbar ist.
Gerade in der ersten Hälfte sind Interviews in der Tat auch das prägende Stilmittel. Trotzdem entwickelt der Film hier nur wenige problematische Längen. Die naiven Eltern, die das Zombiedasein ihres Sohnes behandeln, als litte er lediglich an einer mittelschweren Grippe, während sie mit vor Liebe brüchiger Stimme davon berichten, wie schwer es ihrem Billy nun falle, neue Freunde zu finden, sind mit ihrer zwanghaft optimistischen Attitüde für einige Lacher gut, von denen manche durchaus im Halse steckenbleiben. Aufgrund der ungewohnten Perspektive drängen sich an wenigen Stellen sogar subtile Vergleiche mit We are what we are auf.
Auch die sonstigen Gestalten, die man vor die Kamera stellt, wissen Abwechslung ins Geschehen zu bringen und steigern die Absurdität der Situation streckenweise ganz beachtlich. So bringen die verängstigten Bürger, die das unvorsichtige Treiben von Familie Murphy aus Angst um ihre eigene Sicherheit nicht gutheißen können, das notwendige Konfliktpotenzial für den Anfang.
Man beschränkt sich dabei nicht ausschließlich auf die Aufnahmen des Teams, sondern liefert bei Bedarf – und das ist gar nicht so selten der Fall – auch Sequenzen einer stinknormalen extradiegetischen Kamera. Dass man Material der Filmcrew vorgesetzt bekommt, merkt man immer dann, wenn das Bild überdurchschnittlich stark hin und her springt. Die Kamera ist hier tatsächlich noch nervöser als in vielen anderen Vertretern mit ähnlicher Herangehensweise.

Während der Film sein kleines Budget häufig durch den gewollten Dokustil und einen meist gelungenen dichten Klangteppich verbergen kann, stellen die zahlreichen Untoten hier eindeutig die Achillesferse dar. Zwar hat man sich beim Makeup sichtlich Mühe gegeben, trotzdem bleibt man weit von der gewünschten Illusion entfernt, dass es sich nicht um eine Meute Statisten handelt, die mit jeder Menge Puder und klar erkennbaren Kontaktlinsen entsprechend hergerichtet wurde.

Nach der Halbzeit werden plötzlich zwei völlig unerwartet heftige Szenen geboten, die aufgrund ihrer rücksichtslosen Inszenierung und im ersten Fall außerdem wegen des eindeutigen Willens zur Kontroverse auch abgebrühte Genreveteranen ungläubig zucken lassen.
Dafür fehlt es im zweiten Teil und ganz besonders im gedehnten Finale klar an Ideen. Wenn die Figuren zu ratterndem Industrialgewitter völlig willkürlich das Zeitliche segnen und eine Sterbeszene amateurhafter als die andere wirkt, ist von der anfänglichen Unterhaltung keine Spur mehr vorhanden.

Fazit

Mit Portrait of a Zombie ist Bing Bailey ein grundsätzlich interessantes Erstlingswerk gelungen. Zu Anfang macht der Film nicht nur vieles anders, sondern überzeugt auch durch treffsicheren Humor. Im weiteren Verlauf erschöpft er sich aber immer mehr in seiner Ausgangsidee und weiß im letzten Akt sichtlich nicht, wie er zum Ende kommen soll.

KW 34 – RoboCop, Kick-Ass 2, Justice League, Guardians oft the Galaxy, Videodrome, The Dark Tower, Star Wars: Episode II und III 3D, Star Wars Detour, Dredd 3D

Personalfluktuation bei RoboCop, Kick-Ass 2, Justice League  und Guardians oft the Galaxy

Dr. House-Star Hough Laurie bestreitet, dass er jemals irgendeine Form von Zusage für seine Beteiligung am RoboCop-Remake geleistet habe und straft damit sämtliche voreiligen Online-Berichterstatter (zu denen wir dank lahmem Wochenrhythmus zum Glück nicht gehören) Lügen. Damit braucht die Chefetage von Omni Corp wieder ein neues Gesicht.
Unterdessen kriegt Kick-Ass 2 fast stündlich neuen Zuwachs. Neuerdings wird Jim Carrey die Rolle des ehemaligen Bösewichts und nun christlichen Verbrecherschreckens Colonel Stars vom Studio schmackhaft gemacht. Da dieser ein großer Freund des ersten Teils ist, gilt seine Zusage als nicht unwahrscheinlich, obwohl noch kein Vertragspapier unterzeichnet ist.
Als sicherer Neuzugang gilt hingegen Lindy Booth (Dawn oft the Dead, Wrong Turn), die in den purpurnen Dress von Night Bitch schlüpfen wird.
Für Marvels Guardians of the Galaxy wurde ein neuer Regisseur gefunden. James Gunn, der den sympathischen Slithers und den eigenwilligen Super gedreht hat, gilt als wahrscheinlichster Kandidat.
Auch Konkurrenz DC bleibt nicht untätig. Nachdem sich die Nachricht, Ben Affleck würde der Regisseur von Justice League (zumindest vorläufig) als Ente heruasgestellt hat, ist nun der Name Wachowskis gefallen. Das Brüderpaar schuf unter anderem die Matrix-Trilogie und V wie Vendetta und könnte uns also bald auch den Avengers-Konkurrenten bescheren.

Zweifelhafte Entscheidungen in Sachen Videodrome und The Dark Tower

Eine Besetzung-News gibt es außerdem über das Remake von Cronenbergs 83er Geniestreich Videodrome. Es wird berichtet, dass Adam Berg für den Posten des Regisseurs vorgesehen sei.
Damit geht die Aufgabe der (reichlich unnötigen) Neuverfilmung eines modernen Klassikers an jemanden, der bisher in erster Linie Kurz- und Werbefilme vorzuweisen hat. Autor des Filmes ist Ehren Kruger, welchem wir die wendungsreichen Geschichten zu Transformers 2 – Die Rache und Transformers 3: Dark of the Moon zu verdanken haben.
Die Neuinterpretation von Videodrome wird die Schattenseiten der Nanotechnologie beleuchten und ist als großer Sci-Fi-Blockbuster konzipiert.
Vielleicht ein guter Anlass, mal wieder das Original hervorzukramen.

Die Frist, von der wir kürzlich berichteten, ist abgelaufen und die getroffene Entscheidung so wenig überraschend wie ermutigend.
Ron Howards groß angelegte Verfilmung von Stephen Kings Magnum Opus The Dark Tower wurde von Warner Bros. Wegen des hohen Risikos abgestoßen, nachdem das erneuerte Drehbuch das Studio immer noch nicht zufriedenstellen konnte.
Allerdings gilt Media Rights Capital bereits als neuer vielversprechender Interessent und könnte den alten Geldgeber mit gar nicht so geringer Wahrscheinlichkeit ersetzen. Es ist also noch nicht alles verloren.

Star Wars 3D, Star Wars Detour und Dredd 3D

Es stehen Termine für die Wiederaufführungen von Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger und Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith in 3D. Nachdem Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung in der dritten Dimension ausreichend hohe Gewinne bescherte, sollen die Folgeteile am 20.09.2013 und am 11.10.2013 ihren Weg zurück auf die Leinwände finden.

Gleichzeitig arbeitet Lucas Arts mit den Machern von Robot Chicken zusammen, um eine neue Comedy CGI-Serie im Star Wars Universum zu starten. Einen ersten Trailer zu Star Wars Detours es hier:

Die Marketingabteilung von Lionsgate nhat icht nur ein paar Websites für das virale Marketing von Dredd 3D online gestellt, sondern auch einen schnittigen neuen Clip, der das bald anlaufende Remake schmackhaft machen soll:

(Quellen: Comingsoon.net und Deadline.com)

Fantasy Filmfest Special: Thale

Fantasy Filmfest Special 4

Mit seinem neuen Film schickt uns Aleksander Nordaas in die Sagenwelt seines Heimatlandes Norwegen. Gerade mal zwei Jahre nach Trollhunter ist Thale schon der zweite Versuch, der sich an dieser schwierigen Thematik versucht.
Und tatsächlich liegt hier eine dieser unscheinbaren Überraschungen vor, um derentwillen man das das Fantasy Filmfestes Jahr um Jahr besucht.


In a cellar, dark and deep, I lay my dearest down to sleep; A secret they would like to keep.

Story

Leo und Elvis sind Freunde, zusammengeschweißt durch ihren ungewöhnlichen Job. Ihre Aufgabe ist es, Tatorte von all dem zu reinigen, was ein normaler Bürger nicht sehen möchte.
Und obwohl die beiden ihren Broterwerb mit Humor nehmen, könnte ihr Umgang damit unterschiedlicher kaum sein. Elvis‘ Magen steht immer kurz vor der Explosion, sodass er bei jedem Stück Mensch, das darauf wartet, entsorgt zu werden, mit dem Brechreiz kämpfen muss. Leo hingegen begegnet dem unappetitlichen Alltag mit gelassenem Gleichmut.
Eines Tages stoßen sie an einem Tatort auf ein ungepflegtes Kellerloch, in dem neben Konserven mit seit Jahrzehnten verdorbenem Inhalt auch merkwürdige Gerätschaften zu finden sind. Anstatt nach Vorschrift auf die Kavallerie zu warten, startet das Zweierteam mit mulmigem Gefühl die Erkundung.
Was sie finden, ist ein nacktes Mädchen, das nicht sprechen kann, dafür aber neben seltsamen Fähigkeiten auch noch ein höchst brisantes Geheimnis bereithält.

Kritik

Zwar ist Thale das schmächtige Budget ein wenig anzusehen, das den Norwegern zur Verfügung gestanden hat, doch weiß der kleine Film aus dem hohen Norden diesen Umstand gut zu kaschieren. Anders als der Trailer suggeriert – um den man wegen des hohen Spoiler-Gehalts sowieso einen Bogen machen sollte – spielt sich das Geschehen um die beiden Reinigungskräfte und das sonderbare Wesen aus der Wanne nämlich fast ausschließlich in genanntem Kellergewölbe ab. Die kurzen Ausflüge in das umliegende Gehölz dürften die Kosten aber auch nicht in die Höhe getrieben haben.
In den modrigen Räumlichkeiten sorgen clevere Kameraperspektiven und die gelungene Sounduntermalung eines morsch, aber stets harmonisch klingenden Celli dafür, dass Protagonisten und Zuschauer auf Trab gehalten werden. Überhaupt sind die 76 Minuten gut gefüllt. Ohne Umschweife wird die Handlung auf die Figuren losgelassen und die dichte Stimmung, die man in manchen Szene fast schneiden kann, bleibt konstant in der Höhe.
Aufgelockert wird das Ganze durch die skurril-stoische Art der Protagonisten, die selbst die unerwartetste Verrücktheit mit einer kaltschnäuzigen Abgeklärtheit hinnehmen, die sich gewaschen hat. Die kruden Witzchen sind aber niemals Stimmungsgift, da sie mit Bedacht eingesetzt werden und die Erzählung nur sympathischer machen, ohne dabei ihre Bedrohlichkeit zu nehmen.
Lange Zeit funktioniert der Film hervorragend, weil er sich an eine uralte Horror-Regel hält: Halte die Bedrohung im Verborgenen und überlasse es der Fantasie des Betrachters, sich ein Bild zu machen.
Leider hält sich Thale im späteren Verlauf nicht mehr an diesen Grundsatz. Die mäßig animierten Wesen, die der Wald aussendet, strahlen nur noch einen Bruchteil der Gefährlichkeit aus, die sie vermittelt hatten, als sie bloß durch unheilvolle Geräusche und Andeutungen am Bildrand zu erahnen waren.
Das nimmt dem Film die urtümliche Kraft, die ihn bis dahin getrieben hatte, weshalb er auf den letzten Metern nicht mehr ganz so speziell und intensiv wirkt – gut und interessant bleibt das Gezeigte aber auch hier.
Wirklich unnötig ist hingegen die auf Biegen und Brechen in die Geschichte eingebrachte Erkrankung eines der Protagonisten, deren Folgen Thale am Ende wohl abrunden sollen, aber gerade auf dem organischen Rest der Geschichte viel zu konstruiert wirken, um sich reibungslos ins Gesamtbild zu fügen.

Fazit

Mit Thale ist dem norwegischen Newcomer Aleksander Nordaas ein intensiver Trip gelungen, der sich bald zum Geheimtipp gemausert haben dürfte. Die tolle Mischung aus Horror, Märchen und schwarzer Komödie, die sich auf engstem Raum abspielt, schafft eine urige Atmosphäre, der auch die kleinen Fehler am Schluss wenig anhaben können.

Fantasy Filmfest Special: The Tall Man

Fantasy Filmfest Special 3

Als 2008 der Horrorfilm Martyrs in die Kinos (außerhalb Deutschlands) drang, wurde so mancher eines Besseren belehrt, der dachte, das französische Genrekino wäre in Sachen Härte und Schonungslosigkeit endgültig nicht mehr zu steigern.
Der Erfolg schwemmte Regisseur und Drehbuchautor Pascal Laugier in die USA, wo sein nächster Film The Tall Man mit bekannteren Schauspielern, weniger Ekel, aber ähnlichem Prinzip unter Beweis stellen soll, dass der Überraschungserfolg von Martyrs keine Einmaligkeit gewesen ist.


But that feeling didn’t last long.

Story

Das Bergarbeiter-Kaff Cold Rock ist nah dran, eine Geisterstadt zu werden. Die Minen sind geschlossen, Arbeit ist rar und die Stimmung ist am Boden. Diese Probleme wirken aber vergleichsweise nichtig im Schatten der Geschehnisse, die sich seit Jahren in der Stadt abspielen.
Es verschwinden Kinder. Und das oft, absolut spurlos und auf ausgesprochen unheimliche Art und Weise. Eine großgewachsene, vermummte Gestalt mit Hut wird für den Missstand verantwortlich gemacht und in Cold Rock mit Flüsterstimme und unter vorgehaltener Hand nur ehrfürchtig „Tall Man“ genannt. Eine neue, kinderraubende Legende ist geboren.
Als der gefürchtete Entführer plötzlich im Haus von Krankenschwester Julia steht und den kleinen David quasi vor ihren Augen aus dem Bettchen raubt, nimmt sie die Verfolgung auf.

Kritik

Es scheint eine Masche von Monsieur Laugier zu sein, dass er zu Beginn seiner Filme so tut, als handele es sich um durch und durch typische Genrekost. Startete Martyrs einst ganz klassisch mit zwei durchschnittlichen Mädels in einem bedrohlichen Haus, so beginnt The Tall Man wie ein archetypisches Gruselfilmchen mit einer furchtbar mittelmäßigen Sagengestalt als Unhold, die sich ohne aufzufallen zwischen dem Schwarzen Mann, der Zahnfee und dem Klabautermann einreihen könnte.
Doch natürlich ist dann alles anders und nach dem anfänglichen, recht souverän aufgebauten Täuschungsmanöver überholen die unerwarteten Wendungen einander beinahe mit ihrem hohen Tempo.
Und genau hier liegt auch das Problem des Filmes. So gerissen The Tall Man auch tut, so schlecht durchdacht und inkonsequent fallen die mit viel Freude inszenierten Plot twists aus. Ein paar der Enthüllungen können für den ersten Moment durchaus die gewünschte Verwunderung beim Zuschauer erwirken, fallen meistens aber beschämt in sich zusammen, sobald man etwas eingehender über sie nachdenkt. Vor allem die beiden großen Trümpfe, die The Tall Man in seinem Ärmel wähnt, können selbst einer oberflächlichen Inspektion nicht standhalten. Selbiges trifft eigentlich auch auf die Ausgangssituation zu, die so verzwickt und unlösbar, wie sie in der Einführung dargestellt wird, eigentlich gar nicht ist.
Zum Glück verlässt sich der Film zwar sehr, aber nicht ausschließlich auf seine vermeintlichen Aha-Momente, sodass auch ohne sie immer noch ausreichend Substanz übrig bleibt, um einen halbwegs brauchbaren Film zu ergeben.
Sein Handwerk versteht der umstrittene Franzose nämlich ganz ohne Frage. Der Film hat ein Gespür für Timing, setzt seine Schockmomente halbwegs gut dosiert und ist professionell ausgeleuchtet. Auch die Schauspieler geben ihr Bestes, sind aber natürlich Gefangene des Drehbuchs. Jessica Biel, die dem Film ihr Gesicht verleiht, erzeugt mit ihrem seltsam unterkühlten Spiel ein paar nette Momente, wirkt an anderen Stellen aber ein wenig blass.

Fazit

Kein zweites Martyrs, sondern ein prätentiöser Einfallspinsel von einem Film, dessen viele Twists nur selten aufgehen. Ausgerechnet das Ende enthüllt Pascal Laugiers Drittwerk als schlecht durchdachtes Etwas, das dem eigenen Ehrgeiz kaum gerecht wird.
Dass der Film trotzdem nie in die wenig vergnüglichen Regionen eines M. Night Shyamalan stolpert und wenigstens bei der ersten Sichtung anständig unterhält, ist dem Können des Regisseurs auf formaler Ebene zu verdanken.

Fantasy Filmfest Special: After

Fantasy Filmfest Special 2

Und noch ein Langfilmdebut auf dem Fantasy Filmfest 2012, das passenderweise auch in der Kategorie Fresh Blood zu sehen ist.
Mit Steven Strait und Karolina Wydra bekommen außerdem zwei Darsteller eine Hauptrolle, die schon ein paar Filme in ihrem Lebenslauf stehen haben, bisher aber immer etwas unscheinbar geblieben sind.


Beyond the Veil

Story

Auf einer nächtlichen Busfahrt wirft der erfolglose Comiczeichner Freddy ein Auge auf die Krankenschwester Ana. Ehe er ihre Abfuhr akzeptieren kann, wird der Reisebus in einem schlimmen Unfall verwickelt.
Oder vielleicht auch nicht. Denn Ana wacht unversehrt, wenn auch merkwürdig behaart in ihrem Bett auf und macht sich, nichts Böses ahnend, auf den Weg ins Krankenhaus. Dort angekommen stellt sie fest, was ihr auf dem Arbeitsweg aus irgendeinem Grunde entgangen ist: Die ganze Stadt ist menschenleer und außerdem erzählt der Kalender, dass der 03.13.2012 sei. Auf ihren verwirrten Streifzügen durch die entvölkerte Stadt trifft sie schließlich auf den ähnlich ratlosen Freddy.
Während sie gemeinsam versuchen, die Ursache für das Verschwinden aller zu finden, stoßen sie auf eine weitere merkwürdige Erscheinung. Rund um die Stadt hat sich eine massive schwarze Nebelwand gebildet, die nicht nur ein Entkommen verhindert, sondern sich zudem stetig weiter Richtung Stadtzentrum ausbreitet, sodass die Beiden minütlich zurückgedrängt werden.

Kritik

After ist ein Mystery-Film unter vielen, der sich keine zu großen Patzer leistet, aber auch nichts bietet, was ihn klar hervorhebt.
Recht früh ist klar, wie der Hase läuft. Zum Glück hält das Drehbuch seine Charaktere nicht für dümmer als den Zuschauer, sodass der Film zumindest nicht in die Verlegenheit kommt, seine Figuren blind durch das Offensichtliche stolpern zu lassen. Dass die Suche nach Erklärungen schnell ihr Ende findet, ist für einen Mystery-Film nicht nur untypisch, sondern auch schädlich. Denn mysteriös ist das Ganze schon frühzeitig nicht mehr. Es gilt nur noch, die Sache bis zu ihrem Abschluss in möglichst einem Stück durchzustehen.
Und ganz ähnlich geht es auch dem Zuschauer.
After geht keine Risiken ein und hält sich sklavisch an die dem Bastelkasten für Mystery-Plots dritter Klasse beiliegende Anleitung. Das Ergebnis ist Stangenware, die keinem wirklich schadet, aber auch von niemandem vermisst werden würde.
Dass der Regisseur es grundsätzlich versteht, Spannung aufzubauen, zeigt besonders eine intensiv gestaltete Szene, die ein Ausflug in den Nebel beschert. Direkt im Anschluss an besagte Stelle wird der Film aber noch einen Zacken belangloser als er es zuvor schon gewesen ist.
Trotzdem ist das Werk gerade in Sachen atmosphärischer Darbietung beileibe keine Nullnummer. Die geisterhaft leere Stadt verfehlt ihre Wirkung ebenso wenig, wie die anrückenden Nebelschwaden, ein bestimmtes Mindestniveau wird hierbei aber nie überschritten.
Wirklich ärgerlich sind allerdings die häufigen Visionen, die den Protagonisten ihre Vergangenheit vorhalten. Hier weicht jede angedeutete Düsternis einer schwer zu ertragenden Rührseligkeit, die besonders am Ende in einen matschigen Kitsch abrutscht. Dies geschieht zum Glück nicht zu oft, genügt aber, um der handwerklichen Solidität des Filmes ein paar ordentliche Dämpfer zu verpassen.

Fazit

After macht wenig falsch und noch weniger richtig. Dadurch, dass der Film seine Figuren nicht als unnötig kurzsichtig präsentiert und außerdem ein paar gelungene Augenblicke in petto hat, ist ein Anhänger des Genres sicher nicht zwangsläufig an der falschen Adresse, zudem passable Mystery-Filmchen generell Mangelware sind.
Nicht so schlimm wie z.B. der ähnlich geartete The Deaths of Ian Stone, unterm Strich aber, das muss man ungeschönt sagen dürfen, einfach nicht nötig.
Im Auge behalten sollte man das Regisseur Ryan Smith dennoch. Mit einem brauchbarem Drehbuch in der Hand, könnte der Herr womöglich für die eine oder andere Überraschung gut sein.

Fantasy Filmfest Special: Resolution

Fantasy Filmfest Special 1

Zwei junge Regisseure siedeln ihr Langfilmdebut irgendwo zwischen Mystery und Drogendrama an und lassen ihren mit einfachsten Mitteln realisierten Film ausgerechnet zu großen Teilen in einem Holzverschlag spielen. Kann das funktionieren, in einem Jahr, in dem The Cabin in the Woods zur Dekonstruktion des altgedienten Hütten-Horrors bläst?

The Birds!

Story

Nachdem der mit beiden Beinen im Leben stehende Michael ein alarmierendes Video von seinem Highschool-Kumpfel Chris zugespielt bekommt, ist die Sache für ihn klar: Er wird den momentan im Wald wohnenden Junkie zu einem Entzug bewegen. Koste es, was es wolle. Und da es  eine gehörige Menge kosten will,  wird der wenig einsichtige Chris mit Ketten in seinem verwahrlosten Häuschen fixiert und der Körper zwangsgereinigt. Eine Woche lang will Michael seinen gefesselten Freund umsorgen, damit er sich nach Ablauf dieser Frist noch einmal und bei klarem Verstand entscheiden kann, ob er nicht doch eine Reha-Klinik aufsuchen möchte.
Doch schon in der ersten Nacht kündigen sich Seltsamkeiten an. Während Chris unter den Entzugserscheinungen leidet, findet Michael allerlei Gegenstände, die allesamt auf merkwürdige Weise ihren Weg zu ihm finden. Fotos und Bücher, die längst vergangene Geschichten mit grausamem Ende zeigen. Es ist, als wollten die Gegenstände von ihm gefunden werden.

Kritik

Ja, das kann funktionieren, wenn man auf die richtigen Mittel zurückgreift. Der Film hält sich nicht mit langen Introduktionen auf, sondern führt die Charaktere gemeinsam mit der schon laufenden Handlung ein. Kurz nach dem Abspann stehen wir bereits mit Michael mitten im waldigen Nirgendwo und sehen zu, wie er und sein paranoider Freund ein überraschend launiges Gespann abgeben. Der Witz ist prompt, direkt  und niemals flach und so macht der Film in seinen ersten Minuten vor allem Spaß.
Schnell wird aber klar, dass dort im abgelegenen Gestrüpp etwas ganz und gar nicht mit rechten Dingen zugeht. Von den Gegenständen, die wie von Geisterhand vor dem Protagonisten auftauchen, genauso abgesehen wie von den zahlreichen ungemütlichen Nachbarn wie beispielsweise die UFO-Sekte, die in ihrem Aufzug vage an A Clockwork Orange gemahnt, ist es vor allem die Kamera, die effektiv Beklemmung generiert. Um genau zu sein, handelt es sich um die beunruhigendste Handkamera seit einer gewissen Szene in Lost Highway. Das Bild, auf dem wir die Handlung sich abspielen sehen, wirkt nicht selten wie das Sichtfeld eines unsichtbaren Beobachters. Die Kamera versteckt sich hinter Zweigen, irritiert mit abrupt einsetzenden Bildfehlern und lässt auch gerne einfach mal den Blick in die Ferne schweifen, während die Geschichte fortwährend auf die Katastrophe zuhält.
Die Schnitzeljagt, zu der sich Michael durch die ihm in die Hände fallenden Artefakte hinreißen lässt, ist für sich genommen nur leidlich spannend. Es gibt zu wenig Antworten und trotz der famos eingefangenen Atmosphäre sind die einzelnen Mystery-Bausteine niemals neuartig.
Aufgrund der sehr stimmigen Präsentation, dem angenehm zurückhaltenden Tempo, besagtem Kamerauge und der Tatsache, dass die Geschichte um die beiden Freunde, die sich nach langer Zeit unter solchen Umständen wieder begegnen, für sich alleine sehr gut funktioniert, fühlt man sich aber auch nie um seine Zeit betrogen.
Schlucken muss man allerdings das alles andere als vernünftige Verhalten des Protagonisten. Dass er sich zu ausgedehnten Tagestouren hinreißen lässt, obwohl die Gefahr, dass sein wehrlos an die Wand gefesselter Freund von Eindringlingen misshandelt wird, alles andere als verschwindend gering ist, ist für das Vorankommen der Geschichte notwendig, steht dem sehr bodenständigen Charakter aber schlecht zu Gesicht. Außerdem befindet sich die Hälfte des Figurenpersonals – zumindest auf den ersten Blick – nur deswegen im Film, um schräg und unheilschwanger auszusehen bzw. einem der Regisseure einen Cameo zu gewährleisten. Trotzdem lässt sich nicht verleugnen, dass die Stimmung auch davon profitiert und zudem bekommen die ganzen schrägen Gestalten ihre Daseinsberechtigung, wenn man den Film nach dem Abspann noch etwas weiterspinnt.
Unterm Strich wäre es trotzdem eine Wohltat für den Resolution gewesen, wenn die für sich toll funktionierenden Elemente durch etwas mehr als nur dichte Stimmung verknüpft worden wären.

Fazit

Ein ambitionierter und überdurchschnittlich effektiver Mystery-Streifen, der sich im guten Sinne Zeit lässt und besonders durch seine fast greifbare Atmosphäre überzeugt, während der unaufdringliche Humor dafür sorgt, dass der Film niemals erdrückend wirkt.
Das Ende mag so manchen mit schlechtgelaunten Fragezeichen überm Kopf zurücklassen, erweist sich in Anbetracht der möglichen Alternativen aber keineswegs als unkluge Wahl.

SciFiFilme.net auf dem Fantasy Filmfest 2012

Am zurückliegenden Mittwoch startete auch im Norden das renommierteste Filmfestival in Sachen Thrill und Fiction.
Natürlich zieht es auch SciFiFilme.net in die Kinosäle Hamburgs.
In guter Tradition hat das Festival auch wieder einige Science-Fiction-Streifen im Angebot. Und so manche davon klingen alles andere als uninteressant.

Takashi Miikes neuster Streich Ace Attorney verfrachtet ausgerechnet das Gerichtsdrama in die Zukunft und reichert es an mit dem für Vielarbeiter Miike typischem Humor.  Mit Portrait of a Zombie und Cockneys vs Zombies werden auch die Freunde unappetitlicher Infektionen bedient. Hinter The Day hingegen steckt ein erbarmungsloser Endzeitthriller, der uns von Douglas Aarniokoski, welcher viele Jahre als Regieassistent von Robert Rodriguez Erfahrung sammeln konnte, präsentiert wird.
Nur der Vollständigkeit halber soll auch The Dinosaur  Project aufgeführt werden, der zumindest auf den ersten Blick wie eine traurige und schlecht getrickste Kopie von Jurassic Parc wirkt. Erste Rezensionen schienen den Eindruck zu bestätigen, aber hüten wir uns vor vorschnellen Urteilen.
Mit Doomsday Book bündeln die südkoreanischen Star-Regisseure Jee-woon Kim und Phil-sung Yim drei apokalyptische Erzählungen unterschiedlichen Stils in einen Langfilm. Auch die obligatorische Kurzfilmreihe Get Shorty wartet mit einem Sci-Fi-Vertreter namens Abiogenesis auf und Eva konfrontiert Deutschlandexport Daniel Brühl mit einem unheilvollen Androidenkind. Storage 24 vermengt Sci-Fi mit Mystery und abgestürzten Flugzeugabstürzen über London.
Grabbers hingegen wirbt mit dem klassischen Szenario des bösartigen Aliens in irdischen Gefilden, gibt allerdings jede Menge Kauzigkeit und Selbstironie hinzu. Mit Starship Troopers: Invasion und Universal Soldier: Day Of Reckoning 3D kommen auch die Sequels nicht zu kurz, wobei ausgerechnet das Van Damme-Vehikel für eine kleine Überraschung sorgen könnte.

Aufgrund ein paar bösartiger terminlicher Mutationen wird es uns leider nicht möglich sein, so viele Filme mitzunehmen, wie anfangs geplant. Ein paar Abstecher zum Fantasy Filmfest 2012 lassen wir uns natürlich trotzdem nicht nehmen.
Von den ganzen Sci-Fi-Filmen werden wir dennoch nur sehr wenige betrachten können. Trotzdem wird in einer neuen Kategorie über die gesichteten Filme exklusiv über die kommenden Tage hinweg berichtet werden, wobei auch Genrefremdes nicht verschmäht werden soll.

Und zum Abschluss gibt es noch ein ganz besonderes Schmuckstück von einem Trailer: Der märchenhaft Beasts oft he Southern Wild läuft nämlich ebenfalls auf den Fantasy Filmfest an.

Fantasy Filmfest-Kritiken auf Sci-Fi-Filme.net:

–      Portrait of a Zombie
–      Thale
–      The Tall Man
–      After
–      Resolution
–     Ebenfalls empfehlenswert, aber inhaltlich dann doch etwas zu weit entfernt von dem Thema dieser Seite: Violet & Daisy

 

KW 33 – The Avengers 2, Looper, The Wolverine, Mad Max: Fury Road, Fantasy Filmfest 2012

Marvel-Vereinigung die Zweite und Zeitreisen mit Bruce Willis

Frohe Kunde für alle Comic-Fans: Nachdem kürzlich versichert wurde, Wunderknabe Whedon werde die Regie für The Avengers 2 übernehmen, ließ eine Verkündung des angepeilten Kinostarts nicht lange auf sich warten. Der 01.05.2015 wurde hierfür angepeilt.
Zuvor schickt Marvel als Vorbereitung noch Thor: The Dark World, Iron Man 3, Captain America: The Winter Soldier und Guardians of the Galaxy (zur Etablierung des Antagonisten Thanos, der im ersten Teil nur am Rande auftrat) ins Rennen sowie vielleicht auch noch Ant-Man, wobei unklar ist, inwiefern dieser Einfluss auf den Kanon nehmen wird. Jede Menge Sequels also, bevor Whedon alles zum zweiten Mal mit Wucht und Konfetti zum Platzen bringt.

Zu Looper gibt es nicht nur einen neuen internationalen Trailer, der ein wenig mehr – womöglich zu viel – über die Geschichte verrät, sondern auch eine Website zum „Looper Network“ im Dienste des viralen Marketings.

 Endzeit und Tradition

Collider verdanken wir außerdem ein paar Details zu The Wolverine und Mad Max: Fury Road.
The Wolverine wird Logan als Einzelgänger im fernen Japan präsentieren, wo er sein unzerstörbares Adamantium mit Samurai-Stahl kreuzen wird. Storymäßig wird es um „eine mysteriöse Figur aus seiner Vergangenheit“ gehen, die ihn in Kämpfe verwickeln und seine Persönlichkeit unwiederbringlich verändern wird.

Mad Max: Fury Road bzw. Mad Max 4 schickt Tom Hardy (The Dark Knight Rises) in der Rolle von Max zurück in die Wüste. Hier trifft er auf eine Gruppe Flüchtiger, mit denen er diverse Abenteuer zu überstehen hat. Klingt ein wenig wie die mobile Version von Mad Max 2.

Außerdem steht das Fantasy Filmfest wieder mal vor der Tür. Nicht viele, aber ein paar ausgewählte Titel werden von uns begutachtet werden und kriegen dann auf scififilme.net natürlich umgehend ihren Platz in der Kritik. Nicht alles wird Science-Fiction sein, für Genre-Ausreißer wird dann eventuell eine längst überfällige Extra-Kategorie erstellt.

 

Dollhouse – Staffel 1

Joss Wheon ist ein wenig wie der Heiland des modernen amerikanischen Unterhaltungskinos. Buffy – Im Bann der Dämonen und Angel – Jäger der Finsternis machten ihn (trotz der deutschen Untertitel) groß. Firefly sicherte ihm den Status eines Halbgotts und The Avengers lieferte den Beweis, dass ein klasse Geschichtenerzähler selbst auf rutschigem Blockbuster-Boden ein klasse Geschichtenerzähler bleibt. Ganz zu schweigen von all den Comics, durch die er als Autor seine Welten auch post mortem weiterleben lässt. Nun ja, natürlich gibt es da auch noch Alien – Die Wiedergeburt, aber das lässt sich getrost als einmalige Jugendsünde verbuchen.
So wie vielen die Identität des Regisseurs des 4. Alien-Filmes nicht bewusst ist, so wird auch Dollhouse gerne übergangen, wenn man an die Werke des Joss Whedon denkt. Nicht ganz zu Recht.

Did I fall asleep? 

Story

Vor der Außenwelt versteckt, dieser nur als urbane Legende bekannt und mit modernster Technik ausgestattet, ist das Dollhouse eine Agentur der besonderen Art. Freiwillige schenken diesem Unternehmen für eine im Vorfeld festgelegte Anzahl an Jahren ihren Körper und werden dafür reich belohnt. Ihre Persönlichkeit wird auf einem Speichermedium zwischengelagert, während der Leib, quasi entgeistet, mit unkomplizierter Servilität durch das Dollhouse streift, dort Bonsai-Bäume frisiert, schwimmt und schlummert. Geht ein Auftrag ein, wird der passende Körper – Doll genannt – ausgewählt und mit der für den Anlass geeignetsten Persönlichkeit bestückt. In wenigen Sekunden werden so Tanzlehrer, Elitesoldaten, Meisterdiebe und sanftmütige Liebhaber erschaffen. Genügend Kaufkraft vorausgesetzt, kann sich der Auftraggeber einen Menschen nach Maß anfertigen lassen.
Nicht alle Mitarbeiter der Organisation haben die moralischen Fragen, die solche Arbeit aufwirft, für sich vollständig beantwortet. Außerdem kommt der FBI-Agent Paul Ballard dem Dollhouse mit obsessivem Eifer auf die Schliche und nicht zuletzt hat man nicht nur mit den gesichtslosen Strippenziehern hinter dem globalen Netwerk aus Puppenhäusern, sondern auch mit einem  Schatten der eigenen Vergangenheit zu kämpfen. Es häufen sich nämlich die Anzeichen, dass der geheimnisvolle Alpha – der vor geraumer Zeit ein Massaker in der Organisation angerichtet hat – gar nicht so tot ist, wie man zu glauben versucht. Dass die willenlosen Dolls neuerdings besorgniserregend verhaltensauffällig werden, schürt die Sorgen zusätzlich.

Kritik

Nimmt man es genau, ist Dollhouse eigentlich nur eine weitere Serie nach bewährtem Akte X-Muster. Eine klandestine Organisation schickt Agenten aus, um besonders heikle Aufträge elegant und verschwiegen auszuführen, während man über die Folgen hinweg gleichermaßen Bedrohungen von Außen und von Innen abzuwehren hat.
Aber natürlich will Dollhouse viel mehr als nur ein weiterer Klon sein, schließlich hielt sich ein bestens gelaunter Joss Whedon am Set auf. Deswegen schickt man sich an, den Zuschauer vor dasselbe Gewissens-Dilemma zu stellen, mit dem auch die Figuren zu hadern haben. Die Beschäftigten im Dollhouse werden einem nahegebracht, sie sind mehrdimensional, sensibel, haben nachvollziehbare Schwächen, gehen als Protagonisten aber einer moralisch höchst verwerflichen Tätigkeit nach. Auch Paul Ballard, der der Gruppierung mit an Selbstaufgabe grenzender Besessenheit auf die Pelle rückt, ist kein Unschuldslamm und zudem viel zu selten und unregelmäßig präsent, um als alleinige Hauptperson fungieren zu können.
Als stummer Betrachter stellt man sich deshalb unweigerlich immer wieder die Frage: Will ich mit Leuten sympathisieren, die in selbstgerechter Weise Gott spielen? Problematisch wird es dann, wenn man sich ein klares „Nein“ als Antwort gibt, denn ohne Identifikationsfiguren bleibt nur eine halbgare Geschichte.

Zu oft bremst sich Dollhouse selbst mit knapp an der Belanglosigkeit vorbeischrammenden Episoden aus, die die Haupthandlung wenig bis gar nicht voranbringen und für sich nicht mehr zu bieten haben als die Story einer austauschbaren Crime-Serie. Das verwässert das interessante Grundprinzip und sorgt im schlimmsten Fall für Überdruss.
Natürlich ist Doll Echo als eigentliche Hauptfigur konzipiert, doch durch die ständig wechselnden Persönlichkeiten ist ihr Charakter einfach zu wenig greifbar.
Erwartungsgemäß spannend wird es immer dann, wenn die Serie sich traut, an die großen Fragen heranzutreten, wenn in den Dolls nach einer Seele gesucht wird, sich die ominöse Chefetage zu Wort meldet oder sich eine geheimnisvolle dritte Partei einmischt und dem FBI-Agenten unter die Arme greift.
Leider liefert die erste Staffel in dieser Hinsicht viel  zu wenig Futter und belässt es meistens bei Andeutungen. Das einzige Geheimnis, das am Ende weitestgehend gelüftet wird, ist das um Unheilsbringer Alpha. Doch nach den vollmundigen Ankündigungen fällt gerade diese Antwort etwas zu simpel und nüchtern aus, sodass das große Mysterium sich am Ende als gar nicht so groß und mysteriös erweist. Dass es neben den durchwachsenen Folgen aber auch einige sehr raffiniert gestrickte Episoden mit gelungenen emotionalen Einlassungen gib, soll an dieser Stelle aber nicht übergangen werden.
Die Leistungen der Darsteller sind ebenso durchwachsen, auch wenn alle ihre Momente bekommen, in denen sie glänzen können. Am positivsten fällt Eliza Dushk in der Rolle von Echo auf. Die diversen Persönlichkeiten, die in ihren Körper verpflanzt werden, spielt sie übereugend aus, indem sie Mimik, Körperhaltung und sogar ihre Stimme entsprechend anpasst, ohne dass die unterschiedlichen Rollen je aufgesetzt wirken. Etwas schade ist, dass sie ausgerechnet in den Martial Arts-Einlagen keine gute Figur macht.
Außerdem besticht das Ensemble durch allerhand vertraute Namen. Zu dem Whedon-Familientreffen von Darstellern aus Buffy, Angel und Firefly (z.B.  Eliza Dushk , Amy Acker, Alan Tudyk) gesellen sich Battlestar Galactica-Veteranen (Tahmoh Penikett, Mark Sheppard) und ein 24-Star (Harry Lennix).
Gesonderte Erwähnung verdienen die optischen und die klanglichen Seiten. Die 12 Folgen verzichten streng auf jede Art von typischem Farbfilter, sodass die Serie für amerikanische Verhältnisse eingangs etwas klinisch wirkt. Genau wie beim ungewöhnlichen Soundkonzept, das am Anfang noch nach Fahrstuhlmusik klingt, trägt dies von Folge zu Folge nachhaltig zur Grundstimmung bei. So, wie die Dolls vermehrt eigene Persönlichkeit durchschimmern lassen, so offenbart auch Dollhouse mit jedem Ereignis seine eigene Note etwas stärker.

Fazit

Mit etwas mehr Mut hätte man aus der faszinierenden Grundidee viel herausholen können. Doch Dollhouse nimmt sich zu oft durch unnötige Lückenfüller das Tempo und scheitert letztlich an den eigenen Ambitionen. Die Krimihandlungen weisen zu wenig eigene Ideen auf, das Spiel mit der Moral und dessen Folgen bekommt nicht genügend Raum.
Die guten Eposoden und insbesondere das tollkühne und gänzlich unerwartete Staffelfinale, welches übrigens nie ausgestrahlt wurde, entschädigen jedoch und machen Dollhouse nicht zu einer außergewöhnlich guten, aber trotzdem sehr sehenswerten Sci-Fi-Serie.

Mr. Nobody

Nach Toto der Held und Am achten Tag folgte 13 Jahre lang kein Film mehr vom belgischen Ausnahmeregisseur Jaco Van Dormael, der sich in der Zeit ganz dem Theater widmete. Mit Mr. Nobody lieferte er 2009 ein unerwartet mächtiges Comeback. Wieder handelt sein Film von Außenseitern und einschneidenden Erlebnissen. Trotzdem ist die in sich verschlungene Mischung aus Sci-Fi, Tragödie und Liebesfilm ganz anders als die oben genannten Arbeiten.

Es heißt, wenn man etwas langsamer atmet, vergeht die Zeit langsamer.

Story

Im Jahre 2092 ist der Tod besiegt und jeder hält sich ein possierliches Hausschwein. Ein 118 Jahre alter Mann ist der Letzte in einem sterblichen Körper und seine finalen Tage werden als große Reality-Show inszeniert. Während die Welt darüber abstimmt, ob man ihn eines natürlichen Todes sterben lassen oder sein Leben künstlich verlängern sollte, versucht sich der demente Herr seines Werdeganges zu entsinnen. Ein Hypnotiseur und ein Journalist wollen unabhängig voneinander zu seinen Erinnerungen durchdringen.
Er erzählt ihnen die Lebensgeschichte von Nemo Nobody. Doch eigentlich sind es viele Geschichten, viele Entwürfe eines Lebens, die vielleicht aber allesamt gelebt wurden. Er erzählt von einem Jungen, der die Gabe hat, in die Zukunft zu sehen. Er erzählt von Scheitern, Lieben, Verzweifeln, Reue und einer Mission auf dem Mars. Vor allem aber erzählt er von Entscheidungen und wie diese den Weg aller bestimmen. Er erzählt vom Schmetterlingseffekt.
Welches der Leben das tatsächliche von Nemo war oder ob er womöglich doch jede dieser parallelen Realitäten durchlebt hat und welchen Grund die scheinbar paradoxen Ausführungen des Greises haben, erschließt sich nur zaghaft im Verlauf seiner Retrospektiven.

Kritik

Nemo Nobody wird von zwei Darstellern verkörpert. Als 15-jähriger spielt ihn Toby Regbo, der das Leiden eines Kindes, das vor der vielleicht schwierigsten Entscheidung seines Lebens steht und dann mit deren Konsequenzen hadert, jederzeit kompetent begreiflich macht. Von diesem Punkt an entfalten sich drei Lebenskonzepte, die sich selbst an bestimmten Weichen wieder teilen und parallel zueinander weiterfahren. Die meiste Zeit begleitet der Film einen Nemo, der die 30 überschritten hat und von Jared Leto gespielt wird.
Egal, ob als brav frisierter Bewohner eines Vorort-Puppenhäuschens mit manisch depressiver Ehefrau, als lethargischer Neureicher im Villenviertel oder als zerschlissener Reisender – Leto schafft es, die drei unterschiedlichen Identitäten durch subtile Differenzierung und individuelle Feinheiten glaubwürdig darzustellen und wirkt dabei nur selten bemüht. Bedenkt man, dass er außerdem Nemo im Greisenalter mimt, lässt sich freiheraus behaupten, dass der Schauspieler hier seine bis dato herausforderndste und zugleich beste Rolle meistert. Das ausgefeilte Drehbuch sorgt indes dafür, dass jeder der möglichen Nemos auch seine Daseinsberechtigung hat. Alle tragen sie etwas Wichtiges bei, jeder ist ein weiterer notwendiger Baustein im Vexierbild Nemo Nobody, das sich in den 157 Minuten des Director’s Cuts nach und nach zusammensetzt.
Nicht ausschließlich perfekt, aber auch niemals störend werden Nemos drei Lebenspartnerinnen dargestellt. Einzig Diane Krugers Stimme wirkt sowohl auf der englischen wie auch auf der deutschen Tonspur häufig etwas fehl am Platz.
Das Aus- und Ineinandergleiten der zahlreichen Handlungsfäden wirkt immer flüssig und in sich kohärent, in einzelnen Fällen aber auch ein wenig zu beliebig. Hier macht es sich die Geschichte etwas zu einfach, da ihr durch die Prämisse des Filmes keinerlei Grenzen gesetzt sind und sie daher – ausreichend inszenatorisches Können vorausgesetzt – eigentlich gar nichts falsch machen kann.

Inszenatorisches Können ist hier aber auch das maßgebliche Stichwort. Mit welchem Einfallsreichtum hier Kleinigkeiten ins Bild gebracht werden, wie phantasievoll die Zerstreuung der Charaktere visualisiert und die Grenzen der Demenz inmitten der präsentierten Erinnerung eingebunden werden, ist unterhaltsam und bewundernswert zugleich. Bedeutungsstiftender Einsatz von Unschärfeeffekten, kunstvollen Parallelmontagen, dezenten Zeitlupen, einer Vielzahl unsichtbarer Schnitte, der wiederkehrenden Verwendung cleverer Match Cuts und fast schon ätherischen Szenenwechseln – Jaco Van Dormael schöpft nicht bloß gierig aus dem Repertoire filmischer Finessen, sondern schafft es auch, diese Werkzeuge sinnvoll und stilbewusst zu gebrauchen. Das Ergebnis ist ein Film, der trotz seiner komplexen Handlung und des hohen Anspruchs an sich selbst stets leichtfüßig und bekömmlich bleibt, da er nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf audiovisueller Ebene permanent zum Staunen einlädt. Da stört es keineswegs, dass man sich an jeder Ecke an die besten Werke Michel Gondrys erinnert fühlt.
Auch hier mag manch einer kritisieren wollen, dass die spielerische Art der Darstellung an vielen Stellen zu viel des Guten sei. Eigentlich bietet das Werk für diese Art der Anschuldigung aber zu wenig Angriffsfläche. Nicht nur, weil das Gesamtbild einfach formvollendet richtig wirkt, sondern auch, weil die Auflösung des Filmes seine Machart schlussendlich auf einleuchtende Weise rechtfertigt.
Bemerkenswert ist, wie das Gleichgewicht zwischen latenter Science-Fiction, verträumter Fantasy und Drama durchgängig beibehalten wird. Selbst der esoterische Optimismus, der immer wieder anklingt und kurz vor dem Abschluss einen größeren Auftritt hat, wirkt niemals störend oder krampfhaft dazu gepanscht.

Fazit

Mit seinem dritten Spielfilm liefert Jaco Van Dormael ein schillerndes Spiel mit Realitäten und Identitäten, das in kindlich-unschuldiger Weise existenzielle Fragen stellt und diese sogar mit entwaffnender Leichtigkeit zu beantworten weiß.
Mr. Nobody ist verspielt, romantisch, poetisch, kunterbunt und manchmal sympathisch naiv. Dass die Geschichte am Ende nicht in jedem Detail perfekt aufgeht und Van Dormael gelegentlich zu dick aufträgt, verzeiht man dem ambitionierten Epos mit Freuden.
Wie eine Kreuzung aus Forrest Gump und Michel Gondrys Science of Sleep, nur eben in einem beinahe durchsichtigen Sci-Fi-Gewand mit Platz für Raumschiffe und die Stringtheorie.