Under the Skin – Erster Trailer

Scarlett Johansson als Alien, das im Frauenkörper Männer aussucht und einer Fliegenfalle gleich zum Opfer macht.
Ein Grundgedanke, der mehr als nur ein wenig an  Roger Donaldsons Species und dessen drei traurige Fortsetzungen erinnert. Der Trailer aber beireitet viel auf verstörendes und psychedelisch-rauschhaftes Kunstkino vor.
Wenn es nicht scheitert, wird es groß. Regisseur Jonathan Glazer konnte bisher mit Sexy Beast und dem unheimlich kontroversen Birth auf sich aufmerksam machen.

Fantasy-Filmfest-Special: The Philosophers

John Huddles letzter und zweiter Film liegt stolze 15 Jahre zurück. The Philosophers ist, wie schon seine ersten beiden Werke, ein Film geworden, bei dem Gespräche eine wichtige Rolle spielen. In diesem Fall ist es die Visualisierung eines Gesprächs – und das ist auch schon das Grundproblem.


And you became happy members oft he post-industrial society.

Story

Mr. Zimit ist Philosophielehrer an einer Schule in Jakarte. Seine 20 Schüler stehen kurz vor dem Abschluss, doch anstatt den letzten Tag traditionell vertrödelnd abzusitzen, stellt der Lehrer eine letzte große Aufgabe.
Ein Gedankenexperiment. Man stelle sich vor, das Ende der Menschheit wird nuklear eingeläutet. Übrig sind die 20 Schüler und vor ihnen ein Bunker. Die Schüler sind sie selbst zuzüglich eines zufällig vergebenen Talents, repräsentiert durch einen Beruf. Der Bunker kann der atomaren Katastrophe inklusive der Folgen lang genug standhalten, fasst aber nur 10 der 20 Schüler. Unter Zeitdruck müssen die Jugendlichen entscheiden, wer Rettung verdient und wer dem Tod überlassen wird. Wiegt das Leben einer Ärztin mehr als das einer Modedesignerin?
Doch wie es die Gruppe auch angeht, das Experiment endet immer mit dem Tod aller und somit auch mit dem Untergang der Menschheit.

Kritik

Mit der praktischen Philosophie ist das so eine Sache. Damit, Philosophie als Lehrfach in einem Film zu thematisieren, ohne die philosophisch Ungebildeten zu vergraulen, ist es ebenfalls so eine Sache. Daher geht der Film auch doppelt auf Nummer sicher. 1. Wird etwas aus der Philosophiegeschichte angesprochen, wird es auf dem simpelsten Weg erläutert und ist für die Handlung trotzdem weitestgehend irrelevant. 2. Philosophisch ist an diesem Philosophieunterricht eigentlich gar nichts. Schuld daran ist, dass The Philosophers seine eigene Prämisse nicht ernst nimmt. Die Strategie des Lehrers ist es, immer klüger zu sein, als seine Schüler, indem er die Dinge mindestens einmal mehr durchdacht hat und ihnen logisch und rational stets einen Schritt voraus ist. Nur machen die Schüler eigentlich gar keine Fehler. Sie scheitern an Dingen, die sich nicht voraussehen lassen. Der schiere Zufall respektive die boshafte Willkür des Lehrers, der in diesem Szenario gleichzeitig Figur und allmächtiges Erzählerweisen ist, macht den Überlebenden einen Strich durch die Weiterleben-Rechnung. Besonders peinlich ist es zudem, wenn der Film sich selbst einige Logikpatzer leistet. Wieso vergehen die Menschen draußen, während Hunde unbeschadet an Leichen kauen? Wieso überhaupt reicht ein lächerliches Jahr, um aus der verseuchten Erde wieder Lebensraum zu machen?
Kneift man zwei bis drei Augen zu, kann The Philosophers aber über weite Strecken gut unterhalten. Ein wenig Humor, eine gesunde Portion Zynismus, Figuren, die psychologisch nicht unbedingt sehr tief sind, aber ihren Zweck erfüllen und ein funktionierender Erzählfluss machen das Geschehen zwar nicht lehrreich, aber immerhin ganz interessant.
In den ersten Zweidritteln scheint der Film auch die richtige Richtung zu halten. Das Scheitern ist unabwendbar, der Mensch immer Opfer einer Schicksalsbosheit oder seiner eigenen moralischen Grenzen. Doch anstatt zum finalen Schlag auszuholen und dem Szenario in Anlauf Nummer drei noch einmal kräftig die Sporen zu geben, wird urplötzlich hektisch zurückgerudert. Was mutig beginnt und mutig hätte enden können, wird zu einem unnötigen Happy End mit Besserwisser-Moral und naiver Message verbogen, das dem Film als Ganzes gehörig an Biss nimmt. Durch das eigentliche Ende der Klassenzimmer-Rahmenhandlung lässt sich die feige anmutende Entscheidung der Macher zwar schlüssig erklären und zu gewissen Teilen relativieren, aber damit würde man es The Philosophers zu einfach machen.
Durchgehend bemerkenswert ist allerdings die Art und Weise, wie das Schüler-Lehrer-Verhältnis dargestellt wird, welches alles andere als konventionell ist und zum Ende hin zum Glück auch nicht zusammen mit dem Rest auf Nummer sicher geht und einlenkt. Zu verdanken ist das unter anderem auch Darsteller James D’Arcy (Cloud Atlas), der die schwierige Figur mit seiner ambivalenten Mimik grandios verkörpert.

Fazit

Nett anzusehen ja, jedoch bei weitem nicht so clever, wie man gerne wäre. Zufall statt Logik und Zahmheit statt Konsequenz verhindern, dass der Film nicht nur seichte Unterhaltung, sondern ein spannendes Lehrstück wird. Dennoch ist das Werk allein wegen des ungewöhnlichen Konzepts einen Blick wert. Und es muss ja schließlich nicht alles klug sein, solange es ein wenig Freude bereitet.

Ja man kann sagen, fast überall, wo es Glück gibt, gibt es Freude am Unsinn. Und mit einem solchen Nietzsche würden der Herr Lehrer, die Schüler und der Rezensent wohl irgendwie alle zu einem Konsens gelangen.

Fantasy-Filmfest-Special: Haunter

Wenn man ganz ehrlich ist, sollte man Vincenzo Natali eigentlich als tragisch-klassisches One-Hit-Wonder abtun. 1997 ging Dank Cube ein Raunen durch die Kinowelt. Dann geschah Übliches: Hohe Erwartungen und keine praktische Entsprechung. Cypher war da noch das ambitionierteste Projekt, aber viel zu unausgereift, Splice – Das Genexperiment generisch und ebenfalls nur Durchschnitt, Nothing ein definitiver Tiefpunkt und sein Paris, je t’aime-Beitrag nicht schlecht, aber eben auch nur kurz. Und dann geht’s plötzlich wieder zurück zum Horror – wenn auch ohne Sci-Fi-Elemente und auf völlig anderer Ebene als sein Würfel-Durchbruch, allerdings wieder auf engstem Raum.

Story

Lisa ist ein ganz normales Mädchen in den 80ern. Ihre Familie nervt, ist aber in Ordnung und Musikgeschmack und Kleidung haben die Tendenz zu Dunkel. Außerdem wird sie in einem Tag 16 – und das seit gut einer Woche. Denn derselbe Tag scheint sich wieder und wieder zu wiederholen, was aber nur sie merkt. Im Haus läuft die gleiche Routine immer aufs Neue ab und kann nicht gebrochen werden, und drinnen wogt dicker Nebel mit der Konsistenz von Sahne, der Lisas Handlungsspielraum weiter einschränkt. Als wäre das nicht genug, entdeckt der Teenager immer größere Seltsamkeiten im Haus – und des nachts schleicht etwas Grausiges durch die Flure, während unheimliche Stimmen aus dem Dachboden hallen.
Als Lisa versucht, den Merkwürdigkeiten auf eigene Faust auf den Grund zu gehen, sucht sie ein furchteinflößender Herr heim, der ihr unmissverständlich klarmacht, dass ihr und ihrer Familie schreckliches Leid wiederführe, wenn sie die Dinge nicht sofort auf sich beruhen ließe.
Aber welches 15-jährige Mädchen lässt schon Dinge auf sich beruhen?

Kritik

Man mag es gar nicht glauben, aber Herrn Natali ist doch tatsächlich wieder ein patentes Filmchen gelungen. Kein Überflieger, aber ein solider Genrebeitrag mit großer Freude am Hakenschlagen und bodenständigem Budenzauber.
Anfangs scheint Haunter das Und täglich grüßt das Murmeltier-Rezept um ein paar Haunted House-Zutaten zu bereichern und der aus Little Miss Sunshine bekannten Abigail Breslin ein neues Image verpassen zu wollen. Leider halten sich die Inhaltsangaben dieser Welt nicht zurück und geben unverblümt den ersten großen Twist preis, was das anfängliche Viertel des Filmes ein wenig seines Reizes beraubt. Ganz sicher kann man Haunter attestieren, dass er genau das schafft, was er erreichen will. Es schauert wohlig, man rätselt, wie die Sache wohl aufgelöst wird (und hofft dabei, dass jene Auflösung nicht allzu platt daherkommt) und schaut das ein oder andere Mal vielleicht sogar ein bisschen gespannt aus der Wäsche, weil der Film sich bemüht, stets etwas freaky und unberechenbar zu sein. Auch wenn eigentlich nur altbekannte Spuk-Elemente neu arrangiert werden: Gruselige Kinder, knarrende Dielen und unheilvolle Männer mit grinsender Fratze – Natali scheint in den letzten Jahren recht viel Zeit in diesem Genre verbracht zu haben.
Eine gesonderte Erwähnung verdient Stephen McHattie (Lexx) als ‚Pale Man‘, dessen böse Erscheinung mit starrem Grienen einem tatsächlich Schauer über den Rücken jagt. Aber auch der Rest des Casts glänzt mit überdurchschnittlicher Performance.
Wenn die Katze kurz nach der Mitte dann endgültig aus dem Sack ist, ist der Film aber noch nicht zu Ende, sondern bemüht sich, seine Geschichte schlüssig bis zum Schluss zu erzählen. Und eigentlich ist diese Geschichte natürlich gar nichts Dolles. Was den Film so angenehm spannend und schauderhaft macht, das ist das gute Drehbuch und die Regie, welche viel Fingerspitzengefühl in Gruselszenen beweist und den Alltag umgekehrt sehr beunruhigend darzustellen weiß.

Fazit

Eine schöne Schauermär, die ohne viel Krach und Aufwand eine wohlige Atmosphäre generiert und bis zum Ende gut unterhält. Dass der Plot an sich eine typische B-Movie-Idee ist, macht überhaupt nichts, weil die Sache so geschickt zusammengebaut wurde, dass der Film dort sympathisch wirkt, wo andere des Genres einfältig sind.

Fantasy-Filmfest-Special: The Desert

Noch ein Regiedebut auf dem Fantasy Filmfest: Christoph Behls postapokalyptischer Zombiefilm The Desert hat keine postapokalyptischen Markenzeichen, quasi keine Zombies und erst recht keine Wüste. Dafür aber eine intensiv gespielte Dreiecksbeziehung in auswegloser Situation und jede Menge Fliegen.


Pythagoras

Story

Ana, Jonathan und Axel sind in einem Haus irgendwo in Argentinien gefangen. Draußen marodieren Zombiehorden, während das Trio in der Wohnung täglich daran scheitert, die Zeit totzuschlagen. Es wird getrunken, geschlafen und sich gegen die allgegenwärtigen Fliegen zur Wehr gesetzt. Dass beide Männer auf ihre Weise Ana lieben, sie aber nur mit Jonathan zusammen ist, sorgt in der vertrackten Konstellation nicht gerade für Entspannung. Axel beginnt damit, sich kleine schwarze Punkte auf den ganzen Körper zu tätowieren – wenn das Werk vollendet ist, so sagt er, sei es für ihn an der Zeit, zu gehen.
Um eventuellem Ärger Luft zu machen und die Situation zu entspannen, kommt man auf die Idee, sich selbst auf Video aufzunehmen und der Kamera alle Sorgen anzuvertrauen. Die alten Videobänder der ehemaligen Hausbesitzer erhalten so eine Tagebuchfunktion für die strapazierten Drei. Jedes Tape wird in einer verschlossenen Truhe mit Schlitz gelagert, damit niemand die privaten Geständnisse zu sehen bekommt. Nur dass sich Axel nicht an die Abmachung hält und sich jeden Tag die entblößenden Aufzeichnungen von Ana ansieht.

Kritik

Die Geschichte beginnt mit einem Schuss auf einen Zombie und führt damit gehörig in die Irre. The Desert ist ein Zombiefilm fast ohne Zombies und ganz ohne Action. Der ausgeschaltete Untote in Szene 1 ist für knapp drei Sekunden im Bild und für lange Zeit der letzte Wiedergänger, den die Zuschauer serviert bekommen. Das nächste Exemplar trägt einen Maulkorb und ist zwar etwas häufiger zu sehen, kriegt insgesamt aber auch keine zwei Minuten Screentime und erst recht keine direkte Handlungsrelevanz. Die wenigen Male, in denen die Protagonisten auf Zombies anlegen, sieht man nur sie und ihre Waffe, nicht aber das anvisierte Ziel. Direkte Bedrohung geht von den Wiedergängern nicht aus. Wenn man sie wahrnimmt, dann höchstens als weit entfernten Grunzlaut.
Was stattdessen in blutdurstigen Horden auftritt, das sind Fliegen. In jeder Szene sind die hartnäckigen Plagegeister zugegen und wenn sie nicht im Bild auftauchen, dann gewiss als penetrantes Gesumme auf der Tonspur. Der ärgste Feind wartet nicht draußen außerhalb der verbarrikadierten Wohnungstür. Der ärgste Feind ist der Mensch sich selbst. Das vom Schicksal zusammengeschweißte Trio hockt tatenlos abwartend in der Wohnung, leidet an der völlig desaströsen Gruppendynamik, trinkt Wein und hasst. Zwei Männer und eine Frau. Sie ist liiert mit einem der beiden. Der Dritte muss dem Liebesglück stumm zusehen und daran leiden. Jeder Kuss, jeder Geschlechtsakt und jedes gewechselte Wort findet zwangsläufig im selben Haus statt. Miteinander garen, einander ertragen. Und letzteres fällt mit jedem Tag schwerer.

Ist das spannend? In gewisser Weise ja. Die angedeuteten Abgründe der Figuren sind flirrend eingefangen. Die Einstellungen dauern lange, die Kamera ist unangenehm nah an den Personen und raubt dem Menschen das Schöne. So wird aus dem Zuschauer unfreiwillig ein ungesehener Voyeur, der sich genau wie die Figuren nicht der erzwungenen Nähe widersetzen kann. Privatsphäre erfährt eine Verwandlung. So transportiert der Film geschickt das ständige Unwohlsein seiner Figuren in den Betrachter hinein und bringt die dritte Wand ganz subtil zum Bröckeln. Mit jedem Tag breiten sich Misstrauen und Abhängigkeit gleichermaßen weiter aus. Jeder neue Punkt auf Axels Körper symbolisiert die Unausweichlichkeit der Eskalation.

Fazit

The Desert ist ein Psychothriller, bei dem die Zombieplage noch weitaus mehr nur als Symbol dient, als sie es schon in anderen Filmen tut. Für die direkte Handlung ist die zombiehaltige Postapokalypse nur Behauptung und Grund dafür, dass das Haus nicht verlassen werden kann. Ein nihilistisches Kammerspiel darüber, wie unerträglich Nähe und wie parasitär hoffnungslose Liebe sein kann. Langsam und schwer zu ertragen.

Fantasy-Filmfest-Special: Frankenstein’s Army

Frankensteins Monster – nun auch im Plural. Richard Raaphorst lässt in seinem ersten Langfilm handgemachten Wahnsinn posieren, pfeift auf Charakterarbeit und Story und konzentriert sich ganz auf seine unikalen Fleisch-Maschine-Perversionen. Mit Erfolg.
http://www.youtube.com/watch?v=dOF8GiIXtGY
Things the Doctor makes.

Story

Der zweite Weltkrieg ist am Toben und Dimitri ein Filmstudent mit großem Engagement. Er und seine 16mm-Kamera begleiten einen kleinen Stoßtrupp der russischen Armee, um ein paar werbewirksame Propagandaaufnahmen einzufangen.
Als sie einen Hilferuf über Funk empfangen, folgen sie dem Signal und erreichen ein kleines Dorf, das wie ausgestorben scheint. Dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht, kündigt sich schon auf dem Hinweg an, wo höchst eigenwillige Kadaver von Kriegsgreuel zeugen, die jenseits des Vorstellbaren liegen. Die toten Körper werden entstellt durch merkwürdige Mutationen und mechanische Modifikationen.
Im Gangsystem unter einer zum Labor umfunktionierten Kirche stößt man schnell auf die Quelle dieser entmenschlichten Wesen: Wütende Kreaturen, von einem irren Doktor wiederbelebt. Von einem Nazi-Frankenstein der sich mit lascher Wiedererweckung nicht zufrieden gab, denn derartiges ist bekanntlich für Amateure. Stattdessen stattete er seine Geschöpfe mit dem Besten aus, was der gut sortierte Werkzeugschrank so hergab. Leiber mit viel Metall und noch mehr Waffen streifen durch die klaustrophobisch engen Gänge und machen Jagd auf die Eindringlinge. Frisches Baumaterial wird schließlich immer gebraucht.
Doch auch untereinander herrschen Spannungen, die durch die Extremsituation nur noch geschürt werden, bis Dimitri, nur mit seiner Kamera bewaffnet, sich plötzlich alleine in einem Strudel aus Körperteilen und Motoröl wiederfindet

Kritik

Wenn die Filmwelt von Heute eines ganz gewiss nicht braucht, ist es ein weiterer Found-Footage-Streifen. Nun sehen wir uns also das – offenbar gefundene – Material des Kameramannes Dimitri an und merken schnell, dass sich das Konzept mit seinem Authentizitätsanspruch selbst ad absurdum führt, weil die vermeintlich echten Aufnahmen andauernd mit atmosphärischer Hintergrundmusik untermalt sind. Auch sonst wirkt es so, als wäre die Wahl dieses Präsentationsstils keine dramaturgisch, sondern eine finanziell motivierte gewesen. Wirre Kameraführung und wahllose Schnitte sind dadurch entschuldigt. Aber trotzdem gelingt Frankenstein‘s Army genau das, woran die meisten Handkamerafilme kläglich scheitern: Es stellt sich ein starkes Mittendrin-Gefühl ein. Selbst die Laiendarsteller, die in mindestens zwei Fällen auch viel zu jung für ihre Rollen aussehen, verhindern nicht, dass man sich als Zuschauer direkt im Geschehen wähnt. Neben erwähnter Musik und den toll gewählten Schauplätzen, auch vor und auf dem Weg zu der Kirche, ist das vor allem vielen Schummeleien der Regie zu verdanken: Der filmende Hauptdarsteller neigt dazu, in den gefahrvollsten Situationen einfach tatenlos stehenzubleiben und seine Kamera zudem so zu drehen, wie man den Kopf drehen würde – nur viel, viel langsamer. Wenn aus drei von vier Gängen grässlich grunzende Abscheulichkeiten anstürmen und das Kameraauge zwar zittrig, aber trotzdem ohne Eile erst einmal in alle drei Gänge reinfilmt, bevor sich der gute Dimitri dann vielleicht mal entschließt, in den einzig freiliegenden Schacht zu türmen, nimmt man den Protagonisten mit seinen geistigen Kapazitäten und auch dessen Überlebenstrieb zwar nicht mehr für voll, kann die aufkeimende Panik aber auch sehr gut nachempfinden. Ein ähnlicher Effekt tritt ein, wenn die Waffenarme der Scheusale niedersausen und es wegen der Kameraperspektive so aussieht, als müssten sie das Würstchen von einem Helden eigentlich zweiteilen. Doch stattdessen gibt es noch ein paar weitere Hiebe ins vorgebliche Nichts und der ambitionierte Filmstudent setzt seinen Weg fort. Wie gesagt, Manipulation sehr hohen Grades, aber es funktioniert, wenn man sich drauf einlässt.
Und der Rest? Ein Haufen trunksüchtiger Schandmäuler, denen das Leben der Genossen wenig und das aller anderen gar nichts wert ist. Kriegsverbrechen sind keine Ausnahme. Ein sonderbares Protagonistenpack ist es, das Frankenstein’s Army uns da vorsetzt. Und da man auch nicht davor zurückschreckt, den eigenen Kameraden bei nächstbester Gelegenheit schamlos in den Rücken zu fallen, fällt eine Identifikation nicht leicht. Aber so ist der Krieg nun mal, möchte uns der Film der Niederländer uns wohl sagen. Vor allem in Russland. Liebgewinnen sollte man eh niemanden der Herrschaften, denn die Soldaten fallen den in den Schächten lauernden Wiedererweckten schneller zum Opfer als man ihre Namen auswendig kann. Und die wahren Hauptdarsteller sind auch gar nicht die nichtsahnenden Militärs oder Kameramann Dimitri, sondern die schaurigen Gestalten, deren Körper Waffe ist. Das Geld, das eigentlich für Schauspieler und Drehbuch ausgegeben wird, floss hier zur Gänze in Kreaturendesign und Maske. Was Frankenstein’s Army auszeichnet und zu dem Spaß macht, der der Film ist, ist die unglaubliche Liebe zum Detail. Über 30 Biester wurden erdacht und in Handarbeit zusammengeklebt, -geschraubt und -genäht. Und sämtlich sehen sie zu niederknien gut aus. Von der mordenden Tauchglocke und der Schnapp-Kopf-Ab-Falle auf den Schultern bis hin zum Propeller als Kopfersatz hat man nichts ausgelassen, um den Freund altmodischer Effekte selig zu stimmen. Und das mit enormem Erfolg: Die Kuriositätenschau scheint kein Ende zu nehmen, jedes neue Ungeheuer überrascht mit seiner einfallsreichen Aufmachung und jede kommende Idee ist noch ein wenig irrer und abgefahrener als die vorangegangene. Bis zum Kochtopf auf Beinen. Doch nicht nur hier, auch an allen anderen Stellen zeugt jede Einstellung von liebevoll entworfener Ausstattung. Es werden Räume durchquert, die man nur für wenige Sekunden zu Gesicht bekommt, an deren verschwenderischer Steampunk-Einrichtung man sich aber gar nicht sattsehen kann. Dabei nimmt sich der Film ernst genug, um oben erwähnte Intensität zu wahren, aber weißt auch immer, dass er eigentlich großen Unfug darstellt. Die Spitze dieses augenzwinkernden Eingeständnisses ist fraglos das herrlich dämliche Vorhaben des für die Misere verantwortlichen Doktors, den Konflikt zwischen Nazis und Kommunisten auf ewig beizulegen.
Im Großen und Ganzen spiegelt der Film auf seine eigene bizarre Weise ein wenig den Wahnsinn wider, der in einem fanatischen Dr. Frankenstein wüten könnte. Und das Ganze bezeichnenderweise in und unter einer Kirche. Welcher Ort könnte passender sein, um einem Menschen das Feld zu bieten, sich als Gott aufzuspielen?
Am Ende gibt es zur Abrundung noch eine fies-schöne Reminiszenz an Mary Shelleys Roman.

Fazit

Frankenstein’s Army wirkt wie ein schelmischer Abgesang auf das Zeitalter digitaler Effekte. Alles ist handgemacht und alles sieht superb aus. Wer sich damit arrangieren kann, dass nicht irgendwelche inneren Werte wie eine Story zählen, sondern das furiose Schaulaufen eines obskuren Monsterkabinetts des Filmes Herzstück darstellt, erlebt eine 84-minütige Geisterbahnfahrt, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Inklusive einem von Sinnen seienden Doktor, Bloßstellung von Naziideologie und herzhaftem Splatter.

Batman: Ben Affleck als Christian Bales Nachfolger

Die Katze ist aus dem Sack: Der neue Batman wird nicht von Ryan Gosling, nicht von Josh Holloway, nicht von Christian Bale, der für ein paar Millionen allen Beteuerungen zum Trotz gelockt wurde, gespielt, sondern ausgerechnet von Ben Affleck. Der Mann, den man auf jeder Liste potenzieller Kandidaten wohl noch hinter Jaden Smith und Madonna gefunden hätte.

Und die Häme ist groß. Daredevil hätte er ja bereits verbockt und seinen Superhelden-Kredit damit auf ewig verspielt. Ein Blender und ein Schönling sei er, der mit dem grüblerischen Bruce Wayne nichts zu tun hätte, und besser bei filmischen Flächenbränden wie Pearl Harbor oder Armageddon bleiben soll. Ja, sogar eine Petition wurde prompt ins Leben gerufen und erfreut sich großer Beliebtheit.

Aber ganz so einfach ist es vermutlich doch nicht. Dass der Herr Affleck eine Menge tat, um seinem Typus-Klischee zu entrinnen, mit dem ihm sein Hollywood-Einstieg brandmarkte, ist wohlbekannt. Der Oscar für seine letzte Regiearbeit Argo dürfte das beste Beispiel für das Gelingen dieses Unterfangens sein. Nicht nur als Regisseur ging er eigene und sehr erfolgreiche Wege, auch schauspielerisch suchte er sich vermehrt kleinere, komplexere Filme, um sein Können unter Beweis zu stellen. Im Drama Die Hollywood-Verschwörung mimte er sogar den ehemaligen Superman-Darsteller George Reeves, was im jetzigen Kontext schon fast als tatsächliche Verschwörung durchgehen könnte. Und in diversen Kevin Smith-Klamotten konnte gab er Kostproben seiner durchaus vorhandenen Selbstironie.
Und nicht zuletzt hat er selbst kaum ein gutes Haar am 2003er-Daredevil-Murks gelassen Und in der Tat, die Schuld daran trug Mark Steven Johnson, der später mit dem unterirdischen Ghost Rider eindrucksvoll bestätigte, dass er sich im völlig falschen Berufsfeld bewegt.

Prädestiniert das den Mann, die beste Füllung der Fledermaus-Rüstung zu sein? Sicher nicht. Aber ganz und gar ausschließen sollte man ein Gelingen dieses Coups nicht.

Ein Heath Ledger als Joker und Daniel Craig als James Bond mussten anfangs durch ähnliche Höllen der Fan-Kritik gehen, bevor sich am Ende beinahe alle einig waren, es mit einer Optimalbesetzung zutun zu haben.

Eine kuriose und noch unbestätigte News von Cosmic Book: Affleck soll für satte 13 Auftritte im Fledermauskostüm unterschrieben haben und auch Optionen auf die Inszenierung der Filme sowie auf die des Justice Leagues-Films haben. Doch ist diese News mit kosmischen Zahlen bis auf weiteres mit erhöhter Vorsicht zu genießen, denn damit würden alle Beteiligten ein unwägbares Risiko eingehen.

Ruhe bewahren und abwarten. Der Dunkle Rächer wird kommen und sein Kinn gehört Ben Affleck.
Fakt ist, dass Nolan nicht mehr am Ruder sitzt und Bale nicht mehr die mürrische Gallionsfigur ist. Dieses Zweiergespann verhalf der Dark Knight-Trilgie zu ihrem bahnbrechendem Erfolg. Der größte Fehler wäre es, den Stil 1:1 kopieren zu wollen, denn dies würde scheitern.
Ein neuer Regisseur heißt auch ein neuer Batman. Und dass die Wahl auf jemanden fiel, der mit einem Christian Bale so gut wie gar nichts gemein hat, ist erst einmal ein gutes Zeichen.

KW 35 – Stranger, Monsters: Dark Continent, Tale to be Two

Der Fremde, die Fremde und der Rote

J. J. Abrams tut, was er am besten kann – nein, nicht Filme machen oder Serien-Ideen nicht zu Ende denken, sondern Neugierde wecken. Seine Produktionsfirma stellte jüngst einen Teaser zu einem bis dato unbekannten Projekt namens Stranger ins Netz. Und weil der Gute dafür bekannt ist, im Sci-Fi-Tal zu wandern, ist er hier zu sehen:

Wer erinnert sich noch an Monsters? Die spannende, intime Sci-Fi-Geschichte über ein paar Menschen, die sich durch aufgegebenes Gebiet schlagen, wo riesige Aliens ihr Dasein fristen, war einer der größten Überraschungen des Jahres 2010.
Nun steht das Sequel an, welches nicht mehr von Gareth Edwards gedreht wird, sondern von Tom Green, der durch ein paar Folgen der ersten Staffel Misfits bewies, was er kann. Ob sich der Indie-Erfolg wiederholen lassen wird, wird sich  zeigen.
Hier der erste Teaser zu Monsters: Dark Continent.

Während Ben Affleck aktuell versucht, irgendwie ins Batman-Kostüm zu passen, schickt sich sein Bruder Casey Affleck an, den Science-Fiction-Film namens Tale to be Two umzusetzen. Basieren wird die Geschichte auf einem 2004er Essay von Paul Broks namens To Be Two or Not to Be.

In ferner Zukunft kann man sich mittels Teleporttechnologie zwischen Erde und Mars hin und her bewegen. Eines Tages wird durch einen solchen Vorgang allerdings ein perfektes Duplikat des Teleportierenden erstellt, der fortan doppelt existiert.

Pacific Rim

Eigentlich sollte ein halbes Jahrzehnt nach dem Comicspaß Hellboy – Die goldene Armee das zweite Wolverine-Spin-Off von Guillermo del Toro inszeniert werden. Doch da ihm das alles zu viel Zeit in Anspruch nahm, beförderte er sich selbst von der Liste der Kandidaten und drehte stattdessen das Monster-gegen-Roboter-Spektakel Pacific Rim.


Where is my GODDAMN shoe?

Story

Bereits Ende 2013 klafft ein Dimensionstor im Pazifik auf, das in immer höherem Takt riesige Bestien ausspuckt, die direkt auf unsere Großstädte zuhalten, um sie dem Erdboden gleichzumachen. Kaijūs werden sie getauft. Als alle Waffen versagen, legen die Völker der Erde ihre Streitigkeiten bei und erschaffen in Gemeinschaftsarbeit die sogenannten Jaeger – humanoide Kampfroboter, die ihren echsenartigen Gegnern in Kraft und Größe in nichts nachstehen. Gesteuert werden diese von zwei Piloten, die mental erst miteinander und zu zweit dann mit dem Korpus des Jaegers verschmelzen. Menschen können etwas Fantastisches bekämpfen, weil sie selbst etwas Fantastisches geleistet haben: Die Aufweichung der Grenze zwischen Mensch und Maschine.
Raleigh und Diego sind Brüder und die weltweit fähigsten Jaeger-Piloten.
Doch eines Tages unterliegen sie einem der Ungetüme und Raleighs Bruder stirbt, während er selbst noch mit ihm verbunden ist. Da die Kampfmaschinen der immer größer werdenden Bedrohung der immer größer werdenden Kaijūs nicht gewachsen sind, wendet die Menschheit die Strategie an, die sie schon immer wählte, wenn sie einem Problem nicht gewachsen war: Sie baut eine große Mauer.
Das Jaeger-Projekt wirde eingestampft und wirkt fortan nun nur noch als selbstständige Widerstandsbewegung.
Als die Dämme brechen, wird 4 Jahre später Raleigh wieder ins Boot geholt, der seit dem miterlebten Tod seines Bruders keine Roboterkapsel mehr betreten hat.
Zusammen mit einem kleinen Team und den verbliebenen Jaegern bildet er die letzte Bastion der Menschheit.

Kritik

Ziemlich viel Storytext für einen Monsterfilm. Auch wenn die Geschichte nicht die innovativste ist, hat Pacific Rim aber auch überraschend viel Substanz für sein traditionell handlungsarmes Subgenre. Alles beginnt mit einem großartig zynischen Prolog mit großartigen Bildern, die ganz nebenbei die Großartigkeit der Promotionstrategie unterstreichen: Die allgegenwärtige Befürchtung, bereits alles durch die Trailer gesehen zu haben, erweist sich als nichtig. Was es zu sehen gab, stammt überwiegend aus den ersten Minuten, bevor der Film richtig startet.

Die Bilder strotzen vor liebevollen Details, die Dialoge sind schnittig und gewitzt, wenn auch manchmal nicht ganz von Redundanz befreit. Dafür werden sie von durchweg sympathischen, teils herrlich schrulligen Figuren verzapft – exemplarisch seien die verschrobenen Wissenschaftler Dr. Hermann und Dr. Newton genannt, zwischen denen eine feurige Nerd-Rivalität besteht, die sie dazu treibt, einander ständig wie streitlustige Kinder zu triezen. Klingt abgegriffen, funktioniert aber. Wer an comichafter Überzeichnung alle toppt, ist Ron-Hellboy-Perlman als Kaijū-Organhändler mit Metallschuhwerk und Klappmesser.

Nach etwa 20 Sekunden hat man jede Bay’sche Transformers-Variation bereits meilenweit hinter sich gelassen, weil man etwas schuf, dass die infantil-patriotische Spielzeugverfilmung niemals war und sein wird: Überlegtes Kino mit Seele.
Während Bay und auch die meisten Monsterfilme meist im Makrokosmos verharren, wodurch die Prügeleien der Kolosse folgenfrei bleiben, verschmelzen nicht nur auf Handlungs-, sondern auch auf Filmebene die einzelnen Menschen mit den gigantischen Schlägern. Das Resultat eines jeden verfehlten Schlags und jeden als Waffe zweckentfremdeten Objekts ist klar spür- und sichtbar. Das reicht von herabstürzenden Robotergliedern, die zwischen Menschen aufprallen, bis hin zur Problematik, was mit den Exkrementen der haushohen Tiefseealiens geschieht. Hier ist das Giganten-Konzept nicht nur eine Ausrede, um spektakuläre Materialschlachten zu filmen und das Auge zu beschwipsen, sondern tatsächlich durchdachte Idee mit ernstzunehmender Mythologie und berechtigtem Authentizitätsanspruch. Die Folge: Pacific Rim reduziert sich selbst nicht zur herzlosen Materialschlacht, bei der große Explosionen zählen, einem die Handelnden aber gleichgültig sind, sondern schafft von Anbeginn an warme Besorgnis um seine Figuren – ganz einfach deshalb, weil sie von der Geschichte ernstgenommen werden und in der Inszenierung nicht hinter Blechkameraden, Godzilla-Sippe untergehen.
Und das macht den Unterschied aus zwischen einem zweistündigen Spezialeffekt und einem guten Film.
Das alles soll nicht heißen, Pacific Rim wäre frei von Bombast, Schauwerten und knalliger Zerstörungsfreude, im Gegenteil: Die Kämpfe in Ozeanen und Häuserschluchten sehen ausnahmslos atemberaubend aus. Die Animationen sind mustergütig, die Ausführung berauschend und die Kreaturendesigns ehrfurchtgebietend. Die treibende Musik vervollkommnet die mitreißenden Bilder und ein preisverdächtigen Schnitt sorgt für die notwendige Rasanz. Auch, wenn das Treiben bisweilen etwas unübersichtlich wirkt. Zum Glück verharrt der Monsterfilm nie zu lange in seinen Schlachtenbildern, sodass sie auch beim finalen Schlag noch aufregend und frisch sind.
Dass der Film trotzdem eine gewöhnliche Geschichte mit ebenso gewöhnliche Struktur erzählt, verhindert zwar, dass er zum endgültigen Ausnahmestreifen wird, doch entscheidend ist wie so oft das „wie“. Dass das Drehbuch gelungen ist, der Plot aber ein paar ärgerliche Knicke hat, kommt außerdem hinzu, kann am hohen Unterhaltungsfaktor aber de facto nichts ändern.

Fazit

Guillermo, Schutzpatron des Fantastischen, gibt uns den Glauben an Ungetüme zurück. Und daran, dass Opulenz – speziell in der Science-Fiction – nicht gleichbedeuten sein muss mit hirnlosem Schund. Moderne Monsterfilme müssen sein wie Pacific Rim – und man kann nur hoffen, dass das geplante Sequel seinen Weg zur Produktion findet, denn mit ein wenig Mut lässt sich der Faden um die Mythologie der Kaijūs hervorragenden weiterspannen – vielleicht sogar direkt bis in ihre Heimatwelt hinein.

Wer noch die Gelegenheit dazu hat: Unbedingt im Kino erleben.

Die Tribute von Panem – The Hunger Games

Neben vielen anderen wollte auch Die Tribute von Panem – The Hunger Games den Harry Potter-Tsunami nutzen und die neue Lesebegeisterung von Jugendlichen für fantastischen Stoff bedienen. Mit großem medialen und finanziellen Erfolg. Ganz wie die Kino-Umsetzung, die sich zu einem der erfolgreichsten Filme überhaupt entwickelte.


I think it’s our tradition.

Story

Panem ist die USA der Zukunft, zerschnitten in zwölf Distrikte und einen Regierungssitz. Hunger und Armut sind das Markenzeichen in dem Zonen-Dutzend, während die Herrschaften im Kapitol in Saus und Braus leben.
Die knappe Nahrung reicht für die unterdrückten Bewohner nicht aus, weshalb sie Essensrationen mit dem Kapitol tauschen müssen. Jede solche Ration bedeutet, dass ein weiterer Zettel mit dem Namen des Bittstellers in der Lostrommel landet. Einmal im Jahr werden aus der Trommel Teilnehmer für die Hungerspiele gezogen. Jeder Distrikt muss einen Jungen und ein Mädchen zwischen 12 und 18 in eine riesige bewaldete Arena schicken und dort kämpfen lassen, bis am Ende nur noch einer atmet. Die Veranstaltung ist das größte mediale Ereignis der Welt und dient primär dazu, an die eiserne Hand der Diktatoren zu erinnern und so Aufstände zu unterbinden.

Als ihre Schwester gewählt wird, meldet sich die kesse Katniss freiwillig, um ihr das Schicksal zu ersparen. Sie und der gleichaltrige Junge Peeta sind die Tribute des 12. Distrikts der 74. Hungerspiele.
In den reich geschmückten Hallen des Kapitols werden sämtliche Teilnehmer trainiert, um später einen möglichst eindrucksvollen Gladiatorenkampf liefern zu können. Je erfolgreicher man sich schlägt, desto mehr Sponsoren zieht man auf die eigene Seite und desto besser ausgerüstet zieht man in die Schlacht, in der es nur darum geht, den Blutdurst der Fernsehkameras zu stillen.

Kritik

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Vielleicht bei der Bestürzung darüber, dass Die Tribute von Panem – The Hunger Games von der Presse so sehr über den grünen Klee gelobt wurde. Der Film ist nicht spannend, nicht außergewöhnlich gut gemacht, kaum eigenständig und frei von Überraschungen. Einzig der Kitsch hält sich zurück und tritt in verträglichen Dosen auf, wenn etwa die sorgende Katniss ihre kleine Schwester in den Schlaf singt. Dafür ist der Science-Fiction-Film an anderen Stellen umso platter. Die Bemühungen, eine bipolare Gesellschaft aufzubauen, verlaufen nach Schema F. Auf der einen Seite die Front der unschuldigen Wälder und der zerfallenden Zivilisation voller Hunger und Armut – zumindest, wenn man darüber hinwegsehen kann, dass sämtliche Schauspieler frisch gewaschen und wohl genährt sind. Auf der anderen Seite die dekadenten Schnösel, Günstlinge des totalitären Regimes, das im Überfluss schwelgt.
Wenn sich die Buchvorlage an den ausführlichen Beschreibungen des Oberschichtenprunks weidet, mag das authentisch wirken und Atmosphäre schaffen. Die Präsentation des verschwenderischen Kapitols wirkt in der Verfilmung jedoch nur unerträglich in ihrer Süffisanz. Aber unerträglich vorrangig deshalb, weil es so billig und platt realisiert wurde. Alles wirkt angemalt, künstlich und plakativ. Die Dekadenz ist ins Comichafte überzogen, dabei aber ohne eine Spur von Schneid.
Optisch ist von Anbeginn an unverkennbar, wer gut und böse ist. Gelfrisuren, ein knurriger Gesichtsausdruck und kantige Schönheit markieren die Bösewichte, die mit bekannter Tölpelhaftigkeit in jede noch so offensichtliche Falle spazieren. Natürlichkeit und weiche Gesichtszüge sind hingegen klare Merkmale von Helden. Die Figuren entsprechen sämtlich dem Klischee, nach dem sie aussehen.
Ein kurzer Lichtblick ist der Fakt, dass die Protagonistin Katniss sich in der interessanten Bredouille befindet, gute Miene zum bösen Spiel machen zu müssen, um die Sympathien der Sponsoren auf sich zu bündeln und damit eine Siegeschance zu bekommen. Das ist als Idee hübsch und in der Umsetzung nicht misslungen, aber auch der einzig wirklich bemerkenswerte Aspekt der ersten Filmhälfte.

Naturgemäß spannender wird es dann, wenn es nach dem recht zähen Trainingskapitel endlich in die Arena und dort ums nackte Überleben geht. Hier muss sich der Stoff aber den Vorwürfen hingeben, unverblümt vom modernen Klassiker Battle Royale zu kopieren, dessen Prämisse es in so gut wie allen Einzelheiten übernimmt
Was konstant bestehenbleibt, sind die vollkommen ideenlosen und deswegen grundsätzlich überflüssigen Dialoge. Die Kämpfe werden angemessen drastisch inszeniert, sind für sich aber auch nur leidlich spannend. Das liegt unter anderem daran, dass der Film einfach viel zu lang ist. Für das Epos, auf das die 142 Minuten ausgelegt sind, reicht die Geschichte vorne und hinten nicht. Zu der stattlichen Laufzeit kommt der Film somit auch nicht, weil er so viel zu erzählen hätte, sondern wegen seiner unendlich langsamen Heldin, die auf alles mit gelähmter Trägheit reagiert und den Zuschauer teils auf eine harte Geduldsprobe stellt. „So lauf doch endlich!“, möchte man ihr zurufen. Aber der Film ist lauter.
Jennifer Lawrence verkörpert das edle Mädel übrigens so gut, wie es nur geht, und spielt mit viel Talent gegen das müde Drehbuch an. Wenn es einen Grund gibt, den Film zu sehen, dann ist es ihre Performance. Eine große Verschwendung von Können, möchte man meinen, wenn da nicht Donald Sutherland wäre. Der Schauspieltitan hat ein paar krümelige Szenen als vollkommen eindimensionaler Patriarch abbekommen, in denen er zwar eindrucksvoll aussieht, aber etwas wird, für das der Begriff „verschenkt“ eindeutig zu gnädig gewählt ist.
Wirklich Mut beweist der Streifen dann doch noch kurz zum Ende, das zwar gut ausgeht, seine Hauptfigur aber mit einer überraschenden Konsequenz auszeichnet, die man sich zwei Stunden früher herbeigesehnt hat.

Fazit

Gary Ross versucht es wieder einmal allen zugleich recht zu machen. Weil Die Tribute von Panem – The Hunger Games gern von allem etwas wäre, ist es am Ende ein Film geworden, der recht wenig hat. Wenig eigene Ideen, wenig Spannung und wenig Charakter. Nach dem schleppenden ersten Part wird es zwar besser, von einem guten Film ist diese Buchadaption dennoch weit entfernt. Dann lieber ein weiteres Mal Battle Royale.

Das Sequel Die Tribute von Panem – Catching Fire kommt im November 2013 in die Kinos und ist dann hoffentlich eines der wenigen Filmexemplare, die gelungener sind als ihr erster Teil.