Gagarin – Wettlauf ins All – DVD und BluRay zu gewinnen

Da im letzten Monat ein Plural von ‚Gewinnspiel‘ für Februar versprochen werde, geht es weiter mit etwas eher Ungewöhnlichem für diese Hallen. Gagarin – Wettlauf ins All ist keine Science-Fiction im eigentlichen Sinne, spielt aber zu einer Zeit, in der heutige Science eindeutig noch Fiction war.
Der Name verrät es schon, der Film erzählt die Geschichte vom Kosmonauten Juri Alexejewitsch Gagarin, der 1961 als erster Mensch im Weltraum war.
Der deutsche Verkaufsstart des russischen Streifens ist der 04. März. Auf scififilme.net gibt es den Film nun schon jeweils einmal auf DVD und einmal auf BluRay zu gewinnen.

Was dieses Mal dafür getan werden muss:
Welches ist euer Liebling unter jenen Science-Fiction-Filmen ist, die – genau wie Gagarin – ein verhältnismäßig realistisches Setting haben. Also alles zwischen Apollo 13, Contact und Europa Report.

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Eine Rezension zum Film geht die Tage online. So viel sei schon mal verraten: Die russische Produktion hat viel Amerikanisches an sich.

 

Der Pressetext:

Das Wagnis, auf das sich Juri Gagarin eingelassen hat, gehört zu den größten, die jemals ein Mensch eingegangen ist. Am 12. April 1961 hat der junge Militärpilot die Erde in einer Weltraumkapsel verlassen und sie auf einer elliptischen Bahn im Abstand zwischen 175 und 327 Kilometern umrundet. 108 Minuten hat sein spektakulärer Flug gedauert, davon 70 in Schwerelosigkeit. Niemand wusste genau, ob er sicher zur Erde zurückkehren würde und welche Wirkung der Flug auf ihn haben würde. Wer war dieser erste Mensch im All, der mit 19 anderen Kandidaten für das Kosmonautenprogramm der Sowjetunion ausgewählt wurde und schließlich das große Abenteuer wagte? In faszinierenden Bildern lässt dieser Weltraumfilm den Beginn der Raumfahrt und ihren Pioniergeist wieder aufleben.

Eine lebensfeindlichere Umwelt als das Weltall lässt sich für den Menschen kaum vorstellen. Er kann nicht atmen, die Temperatur schockgefriert ihn, die Strahlung zerstört seinen Körper. Es gibt nichts, was für einen Aufenthalt im Weltall sprechen würde. Und doch ist es ein Menschheitstraum, die Grenzen der Erde zu überschreiten und sich dort hinaus zu wagen. Welcher Pioniergeist und welcher Entdeckermut die Menschen antreiben muss, die den lebensgefährlichen Schritt tun, kann man nach diesem faszinierenden Weltraumfilm über den ersten Menschen im Weltraum, Juri Gagarin (* 09.03.1934 – † 27.03.1968), wirklich ermessen. Minutiös erleben wir die letzten Tage und Stunden vor dem Flug mit, die Anspannung der Konstrukteure ist geradezu mit Händen greifbar. Juri Gagarin wurde nach harter Trainingszeit in die Gruppe der letzten 6 Kandidaten aufgenommen, wo er bald zum Favoriten wurde. Seine Aufgabe hat er glänzend erfüllt, der Tag seines Starts ist in Russland ein Feiertag, der „Tag der Kosmonauten“. Inzwischen feiern im April Weltraumenthusiasten weltweit „Yuri’s Night“ zu Ehren des Mannes, der als erster ins All aufbrach, und der Menschen, die ihm folgten.

Upstream Color

Gleich noch ein Film, der sich mit Realitätsentzug beschäftigt. 2004 erhitzte ein verrätselter Science-Fiction-Film namens Primer die Gemüter, denn Zeitreisen wurden noch die so bodenständig und zugleich derart verworren dargestellt. Der Alleinverantwortliche Shane Carruths galt als neue Hoffnung –  und verschwand weitestgehend in der Versenkung.
Kurz war er als Beteiligter für Looper im Gespräch, doch waren seine Ideen zu kostspielig in der Umsetzung
2013, geschlagene 9 Jahre nach seinem Ersterfolg, stahl sich Upstream Color in die Filmwelt.


It is better than anything you’ve ever tasted. Take a drink now.

Story

Ein Unbekannter züchtet exotische Würmer und verabreicht sie der Frau Kris. Der Parasit beginnt sich in ihr einzunisten und der Wirt verliert zusehends die Haftung in der Realität. In halluzinierender Fügsamkeit hat sie nur einen kurzen lichten Moment, in dem sie merkt, wie ihr geschieht.
Später begegnet sie Jeff. Beide scheint ein ähnliches Schicksal zu verbinden, beide fühlen sich einander verbundener und bekannter, als es möglich sein könnte. Die Spuren der Vergangenheit, in der sie als Wirte für die bewusstseinsverändernden Wirbeltiere fungierten, lassen sich nicht ablegen und so beschäftigen sie sich wieder mit der seltsamen Symbiose, die sie mit den Wesen eingingen.

Kritik

Nach Shane Carruths kühl bebildertem, überkomplex erzählten Erstlingswerk Primer konnte man alles und nichts erwarten. Dass dann so etwas wie Upstream Color die Vita des studierten Mathematikers bereichern sollte, war hingegen kaum absehbar. Erfreulich ist es nichtsdestotrotz, dass das Ergebnis ganz entschieden näher an „‘alles‘ denn an ‚nichts‘ ist.
Das Überraschendste ist, wie auf den Punkt gefilmt die Bilder des Werks sind, mit ihren nebligen, aber bejahend weichen Farben. Dies in Zusammenarbeit mit der Tonspur, auf der sich Musik, Geräusche und Sprache wie ein Lied ergänzen, ergibt eine selten runde Komposition. Rückblickend lässt sich dieses Potenzial zwar schon irgendwie in Primer erkennen, doch hätte man ein derart überästhetisiertes Werk wie Upstream Color definitiv nicht erahnen können.
Sucht man nach Vergleichbarem in der Filmlandschaft, stößt man schnell auf den Namen Terrence Malick (The New World, The Tree of Life, Der schmale Grat) und muss feststellen, so weit hergeholt, wie sich diese Verwandtschaft erst einmal anhören mag, ist sie gar nicht. Beide Regisseure erschaffen eine ganz ähnliche Bildpoesie und sowohl Malick wie auch Carruths kreieren mit ihren Werken einen Sog, der sich ganz allein aus der Kombination von Bild und Ton ergibt, aus der sich eine Geschichte entfaltet, die mit herkömmlicher Erzählweise kaum noch etwas zu tun hat.
Und der Rezensent lacht sich ins Fäustchen, weil er Gelegenheit bekommt, auf seinem Science-Fiction-Blog mal ein paar huldigende Worte über Malick zu verlieren, ohne dass diese furchtbar deplatziert wirken. Auch deswegen ist Upstream Color ein toller Film.
Die Sequenzen leben von Kleinigkeiten, obwohl die Geschichte eigentlich von etwas Riesigem erzählt. Aber auch Riesiges besteht halt aus Winzigem. Manchmal sind es nur die platschenden Geräusche nackter Füße auf Parkett. Manchmal sind es nur die verschwommenen Köpfe von Fremden, die schemenhaft am Rand ins Außen des Bildausschnittes gedreht sind. Manchmal erkennt man sich in den Augen eines Schweines wieder; jenes Wesen, dessen genetischer Code zu 90% mit dem menschlichen übereinstimmt.
Ganz unabhängig von der Geschichte schlüsselt Upstream Color die Welt des Alltags auf und zeigt, wie wunderschön die einzelnen Momente eigentlich doch sind, wenn man sie mit den Augen eines Kindes erblickt. Lässt man sich führen, nimmt man diese Welt exakt so wahr, so scheu und unschuldig wird sie von den einzelnen Einstellungen eingefangen.
Von Anfang bis Ende ist der Film überwältigend in Bild und Ton, versiert im Schnitt – schon bei seinem zweiten Langfilm beweist Shane Carruths, der übrigens auch gleich eine der Hauptrollen bekleidet, unwiderruflich, dass er ein Meister der Montage ist.
Unweigerlich drängt sich die Frage auf, ob der Stil des jungen Regisseurs auch dann aufginge, wenn er damit eine ordinäre Geschichte erzählte. Ganz einfach ist die Frage wohl nicht zu beantworten, aber eigentlich ist die Geschichte, die er mit Upstream Color vermittelt, eine gewöhnliche. Einzig die Bildausschnitte, in denen sie erzählt wird, sind außergewöhnlich. Außergewöhnlich klein, außergewöhnlich poetisch, und ausgewöhnlich gut ausgesucht. Sein Regiestil ist ein Stil der ekstatischen Details; und das ist etwas, das nur sehr wenige mit dieser Selbstverständlichkeit beherrschen.

Es wurde sich nun ausschweifend über die Machart des Filmes ausgelassen, aber kaum ein Wort darüber verloren, um was es eigentlich geht. Das liegt daran, dass das Werk hier recht unkonventionell zu Werke geht. Ein wenig lässt es narrative Konventionen einfach beiseite liegen. Nicht, indem es sich störrisch über sie hinwegsetzt, sondern weil es sie einfach ignoriert, da es sie nicht braucht. Einige Dinge in der Welt von Upstream Color sind anders und was in unserer Welt sonderbar und fremdartig wirken würde, ordnet sich dort recht unaufgeregt in den Strom der Dinge ein. Das muss man verstehen und hinnehmen, dann lässt sich der Film auch ohne großen Kraftaufwand genießen.
Mag man sich darauf nicht einlassen (und das ist auch einfach nicht jedermanns Sache, so wie Rosenkohl – Gott sei Dank! – nicht jedermanns Sache ist), dann kann man dem Film vorwerfen, er würde zu wenig erzählen und das, was er erzählt, unnötig verworren und adynamisch präsentieren. Dann aber muss man zumindest eingestehen, dass er es schafft, sogar etwas eigentlich langweiliges wie eine U-Bahn-Fahrt auf eine Wiese zu zeigen, als wäre sie ein Traum vom Paradies. Oder der Umgang mit einem Richtmikrofon, als wäre dieses der auditive Schlüssel zum Höllenportal.
Trotz der ernst klingenden Thematik ist dies kein düsterer Science-Fiction-Film, sondern eine sehr wohltuende Erfahrung mit warmen Charakteren. Ein Versuch, über Grenzen hinwegzuschauen. Ein durchaus gelungener obendrein.
Er bedient sich an Zutaten aus Science-Fiction, Drogen-Film, Mystery-Thriller, Missbrauchs-Drama, Liebesfilm und sicherlich noch etlicher Motivsammlungen mehr. Vor allem der Liebesfilm tritt stark hervor, denn die Beobachtung der Charaktere ist ebenso gut getroffen, wie die reinen Atmosphäreaufnahmen.
Wer mag, kann die Story und ihre Unterkapitel als Analogie auf irgendwas lesen. Aber das würde zwangsläufig auf plumpes Nachzeichnen von Linien hinauslaufen. Daher lassen wir das einfach mal sein und bleiben auf der Erzähloberfläche. Denn die ist schön wie sonst kaum eine.

Fazit

Schon mit seinem zweiten Film erweist sich Shane Carruths als meister der Montage und liefert eine audiovisuelle Sondererfahrung, die sich fast schon auf Augenhöhe mit dem Stil Terrence Malicks befindet.
Ebenso sonderbar ist die erzählte Geschichte, die nur dann voll funktionieren kann, wenn man es schafft, Erwartungen an Normalität für 96 Minuten zuzudecken. Wenn man es schafft, sich ganz auf die hypnotische und irgendwie manische Welt einzulassen, möchte man sie am Ende nur widerstrebend verlassen.
Bleibt zu hoffen, dass nicht wieder 9 Jahre bis zu seinem nächsten Film vergehen.

Videodrome

Der Cronenberg-Altar auf scififilme.net wird weiter ausgebaut. Nachdem die verhältnismäßig  unbekannten Frühwerke Shivers und Rabid besprochen wurden, gilt es, ein paar wichtige Stationen zu überspringen, um sich den existenzialistischen Strudel Videodrome genauer anzuschauen.

(Wer sich den Trailer ansieht, tut sich übrigens keinen Gefallen)

Why did you watch it, Jack?
Business reasons.

Story

Max Renn ist Leiter eines privaten Sender namens Civic TV und sucht nach Formaten, die mehr Sex, Gewalt, Handlungsarmut – beziehungsweise die optimale Kombination all dessen bieten.
Zufällig empfängt er das Signal des Piratensenders Videodrome, auf dem genau dieser gewaltpornographische Komparativ geboten wird.
Sofort versucht er, die Verantwortlichen des Piratensenders zu kontaktieren, um endlich den ersehnten Quotensprung zu schaffen.
Der exzentrische Medienprofessor Brian O’Blivion scheint ihn auf die richtige Fährte bringen zu können. Doch es gibt auch Leute, die ihm dringend abraten, sein Projekt weiter fortzusetzen. Denn Max hat, seit er die Ausstrahlung verfolgte, eine gestörte Wahrnehmung der Realität und verfängt sich zunehmend in Halluzinationen. Eine Nebenwirkung des radikalen TV-Programms?

Kritik

Die Zukunft – und wenn es nur die Zukunft ist, wie man sie 1982 konstruierte – ist wie die Gegenwart, nur stärker. Stärker ist vor allem der Wunsch nach einem Mehr an Aufregung. Die Fernsehsender versuchen dies zu befriedigen, indem sie ihre Programme immer extremer gestalten. Videodrome portraitiert ein Land, in dem es keine Zensurbehörde gibt.
Die damaligen Extreme sind mittlerweile mehrmals überrundet worden, doch die Prämisse bleibt natürlich gültig. Die Unterhaltung muss extremer, ausgefallener, härter und vor allem mehr werden.
Es ist untypisch für einen Film dieses Genres, dass die Menschen sich nicht wie ahnungslose Schafe, sondern ganz bewusst dem Bombardement besagter Inhalte aussetzen. Die Konsumenten haben längst erkannt, dass sie sich selbst zu weit getrieben haben und nun in einem Zustand permanenter Überreizung und Stimulierung festhängen. Aufregung, Abwechslung, Alltagsflucht kann nur verschafft werden, indem das nächste Extrem das vorherige noch übertrifft. Es ist eine Unterhaltungslandschaft, die von dem Zwang ständiger Steigerung rettungslos beherrscht wird.
Aus diesem Kreislauf auszusteigen, ist ein problematischer Gedanke, schließlich ist die Angst davor, vom Zeitgeist abgehängt zu werden und die Modernität nur noch von einer fremden Seite zu sehen, während man für immer im Gestern feststeckt, viel zu groß, wenn man weiterhin integraler Bestandteil der gegenwärtigen Gesellschaft bleiben möchte. Anerkennung erfordert Solidarität.
Was Cronenberg hier vorhersagte, ist – wenig überraschend – der heurigen Unterhaltungsbranche gar nicht so fern.

Anfangs ist das, was der Meister des Body Horrors hier schuf, eine ganz eigene Verschmelzung von Fleisch und Maschine. Denn zwar bleiben die individuellen Leiber noch unberührt, die gesamte Gesellschaft ist jedoch schon eng mit der allgegenwärtigen Maschine verzahnt und würde ohne sie schlichtweg nicht mehr funktionieren. Implizit stellt sich die Frage, worin dieser Zustand begründet wird – wie es so weit kommen konnte. Hat sich die Welt ganz selbstständig in diese Richtung gewandelt? Haben wir uns evolutionär dorthin entwickelt, vielleicht durch eine Verformung eines bestimmten Hirnbereichs? Wenn wir doch eigentlich sehen, was schiefläuft, stimmt dann etwas mit der Welt nicht oder mit uns? Sollen wir uns etwa erkennend, bewusst und sicher wähnen, während die empfundene Autonomie eigentlich nur Illusion ist, die eine manipulative, unsichtbare Macht vortäuscht, um uns gefügig zu halten? Die ganz normalen Fragen von Durchschnittsparanoiden. Und damit befinden wir uns schon bis zur Stirn in der Materie.

Realität und Einbildung verschwimmen in Cronenbergs achtem Langfilm frühzeitig. In Videodrome beginnt, was der Filmemacher dann unter anderem in Naked Lunch und eXistenZ weiterführt.
Die enge Fokalisierung liefert kein Bild der Welt, in der sich die Geschichte abspielt, sondern nur Bilder streng subjektive Bilder der Wahrnehmung des Protagonisten. So wissen sowohl Max als auch der Zuschauer schnell nicht mehr, was Realität und was Halluzination ist. Ebenso schnell kommt der folgenschwere Gedanke auf, was Realität überhaupt ist und ob es überhaupt einen Sinn hat, sie von einer Halluzination zu trennen, die ebenso authentisch und wichtig erscheint, wie die angenommene Echtwelt. Letztlich gibt es doch nur den einen individuellen Kanal subjektiver Wahrnehmung. Ob wir Realität so auffassen, wie sie ist. Ob es Realität gibt. Was spielt das für eine Rolle?
Der SF-Film ist in einige Diskurse eingebettet und selbst ein ernstzunehmender Diskursbeitrag in Sachen Realitätskonzeption.
Wie im Vorbeigehen probiert sich die Geschichte auf diesem Wege an spannenden wie gelungenen Experimenten mit Sehgewohnheiten, ohne dass dies je überkonstruiert oder selbstzweckhaft wirkt. Dass der Protagonist, der sowieso von Anfang an optisch wie ethisch kein Saubermann ist, immer mehr zur willenlosen Marionette wird, ist heute wie damals ein nicht risikoloses Spiel mit den Zuschauern, die sich in Scharen meist nur dann begeistern lassen, wenn es klar erkennbare Sympathieträger gibt. Für so etwas ist in der Welt von Videodrome aber kein Raum.

Es ist verblüffend, wie schablonenartig Videodrome auf die heute erst so richtig aktuelle Posthumanismus-Debatte passt. Max Renn ist ein Mensch, der sich von Maschinen, die sich als ihren Schöpfern überlegen erweisen, hat assimilieren lassen, und nun als transhumanes Wesen eine neue Gesellschaft einläutet. Der Mensch in ihm wehrt sich dagegen, doch es ist mittlerweile nicht nur Mensch in ihm. Das alte Fleisch ist schwach. Long live the new flesh! Daher ist die Omnipräsenz von Gegenständen und Auswüchsen, die Geschlechtsorganen auffallend ähnlich sehen, auch kein Selbstzweck. Ebenso wenig wie die die Tatsache, dass der männliche Protagonist mit einem vaginalen Riss auf der Bauchdecke versehen wir. Die potente Instanz, die aktiv Zwischenwesen schafft, ist nämlich längst nicht mehr der Mensch. In einer Szene, in der sich der TV-Bildschirm gierig nach vorne wölbt und mit seinem Verlangen die physikalische Beschaffenheit des Fernsehgeräts scheinbar überwindet, drückt sich zum Schluss ein riesiger phallusgleicher Arm aus dem Gerät, der als befruchtendes Element eine Waffe auf die Welt richtet.
Das, was schließlich aus Max‘ Öffnung in die Welt kommt, sind die Werkzeuge, um eine neue Ordnung zu schaffen – und die alte einzureißen.
Entsprechend muss Max als transhumanes Wesen dann auch verenden, um seine posthumane Existenz lasterlos beginnen zu können.
Damit  haben auch klassische Formen der Verformung des Körpers ihren definitiven Platz in dem Film und sehen nach wie vor umwerfend echt und unverschämt gut aus. Gen Ende gipfelt dies in einer cyber-punkigen Mensch-Maschine-Verwebung, die sich wahrlich sehen lassen kann.
Cronenberg schafft es schon wieder, ein eigentlich völlig abstruses Thema aufzugreifen und glaubhaft zu erzählen. Weil er es kann. Seine Schauspieler legen genau das angemessene Maß an Extrovertiertheit an den Tag und sprechen Dialoge, die auf seltsame Weise in dieser Welt vollkommen natürlich, ja, auf die einzig vorstellbare Art richtig wirken. Er ist einer der interessanteste Geschichtenerzähler der letzten Jahrzehnte, dem es wie sonst keinem gelingt, Fusionen einander eigentlich unverträglicher Welten herzustellen.

Dass die Chose nie albern, veraltet oder unausgereift wirkt, liegt natürlich nicht allein am Filmvater selbst, sondern ist auch seinem talentierten Team zu verdanken. Die zahlreichen Analogeffekte sind eine Augenweide und erfreuen das Herz eines jeden, der handgemachte Tricks auch nur ein bisschen sympathisch findet. Zuständig hierfür war unter anderem Rick Baker, der zuvor den Make-Up-Oscar für seine Kreationen in American Werewolf eingeheimst hat. Zusammen mit seinem Team hat er die schockierend unterhaltsamen Realitätsausbrüche und Körperentartungen mithilfe von riesigen Gummi-Attrappen, die von mehreren Händen gesteuert wurden, allerhand fixen Ideen, die aus der kreativen Umfunktionierung von Alltagsgegenständen entstanden, und jeder Menge Schafsdarm umgesetzt.
Unwillkürlich fragt man sich, wie extravagant wohl Cronenbergs erste Drehbuchfassung, die noch weit extremer und ausschweifender gewesen sein soll, wohl als Film gewirkt hätte. Vermutlich wäre es zu viel des Guten gewesen – er selbst gestand sich ein, dass dies eine Version gewesen sei, die er eigentlich selbst nicht auf der Leinwand hätte betrachten wollen.
Auch hat sein Schaffen hier eine Schwelle des Tonfalls übertreten. Augenzwinkern ist immer noch zu erkennen, doch das spezielle Gleichgewicht zwischen Horror und Humor, das vor allem Shivers so besonders macht, existiert hier nicht mehr. Trotz selbstironischer Züge ist Videodrome ein ziemlich beklemmendes Seherlebnis, dessen Kompromisslosigkeit in Botschaft und Ausführung mit grimmigem Ernst vorgetragen wird.

Fazit

Videodrome kann vielleicht als der wegweisendste Cronenberg-Film von allen betrachtet werden. Hier wird schon detailliert bearbeitet, was später immer wieder in seinem Schaffen auftauchen sollte. Nichts davon wirkt unausgegoren oder zu verspielt, alles auf den Punkt gefilmt und in sich absolut stimmig. Der Film versucht viel und bedient eine Palette von Film Noir über Medienkritik bis hin zu Cyber-Punk, ohne dabei zwischen den Stühlen zu landen, wie es ihm bei Rabid noch passierte.
Damals trotz Studiovertrauen verschmäht, avancierte der Film außerhalb des Kinos rasch zum Kult und gilt heutzutage vollkommen zu Recht als zeitloser Klassiker.

Guardians of the Galaxy – Der Trailer ist da

Nachdem am gestrigen Tag einer kleinen erlesenen Auswahl an Leuten bereits der Teaser an dieser Stelle kredenzt wurde – nämlich all jenen, die zufällig auf scififilme.net kamen, da ich eine Verlinkung in den sozialen Netzwerken vergaß – , steht heute wie angekündigt der Trailer bereit.
Marvel hat Spaß, ganz definitiv. Man darf sich wohl freuen.

Chrysalis – Tödliche Erinnerung

Die genreprägende Horrormär Augen ohne Gesicht ist hierzulande ziemlich in Vergessenheit geraten. Der von der Traditionsschmiede Gaumont produzierte Sci-Fi-Thriller aus Frankreich Chrysalis – Tödliche Erinnerung hat sich den Klassiker zum Vorbild genommen, aber nur am Rande etwas mit ihm gemein. Uninteressant ist er deswegen aber keineswegs.


Aber das ist doch nur dein Körper!

Story

Prof. Brügen, eine Ärztin für Telechirurgie, und ihre 18-jährige Tochter Manon werden in einen Autounfall verwickelt. Die Tochter liegt im Koma, während Brügen wie besessen versucht, ihr Kind durch ein medizinisches Wunder wieder in den Alltag zurückzuholen.
Unterdessen kriegt der raue Cop-mit-Cowboy-Allüren David einen Jungspund an die Seite gestellt. Marie ist eine junge Ermittlerin, der nachgesagt wird, nur durch ihren berühmten Vater in diese Position gekommen zu sein. Einige Opfer weisen seltsame Male an den Augenlidern auf, doch abgesehen davon tappt das ungleiche Dou vollkommen im Dunkeln.

Kritik

Französische Science Fiction, bei der kein Luc Besson seine Finger im Topf hat. Das ist zumindest einen Blick wert und klingt vielversprechend.
Die Geschichte von Chrysalis ist – und das ist auch der große Kritikpunkt des Filmes – über lange Strecken eine sehr partikuläre, wenig verständliche, obwohl sie an sich alles andere als umfangreich oder sonderlich komplex ist.
Sehr lange weiß man nicht, was geschieht. Handlungsbausteine werden blinzelkurz durchs Bild geschoben, von anderen abgelöst und bleiben vorerst unerklärt. Leute treffen sich in Parkhäusern und mit Pistolenschüssen oder werden getroffen, von Lastwagen zum Beispiel. Mehrere Schicksale und kein Hinweis, wie diese zusammenhängen. Man erkennt nur schwer, wo, was und mit wem hier etwas geschieht. Da einem alles, aber auch wirklich alles fehlt, ist es leider auch nicht ganz so leicht, sich emotional auf die kurzen Ausschnitte einzulassen.
Als roter Faden kristallisieren sich aber die Ermittlungsarbeiten von David und seinem ungewollten Sidekick Marie heraus, bei denen man sich wünscht würde, dass die einzelnen Ermittlungsschritte etwas ausgiebiger vorgestellt würden.
Die Figuren bleiben ausnahmslos weit vom Zuschauer entfernt. Die Polizisten lassen sich dabei betrachten, wie sie seltsam lustlos in ihrem Fall herumstochern und verwirren mit plötzlichen Gefühlsausbrüchen. Kaum kennengelernt, so ungleich wie sonst kaum ein Ermittlerpaar und trotzdem braucht es nur eine Festnahme, bei der sich beide im selben Raum aufhalten, und der Grünling Marie entwickelt leidenschaftliche Gefühle für ihren Kollegen mit der starren Miene.

Eine nur dezent dynamische, nicht stillstehende, aber verstohlen schleichende Kamera liefert kahle Bilder hinter einem blauen, kühlen Farbfilter. Kühle Franzosen mit kühlen Gesichtern arbeiten hinter diesem Filter an einem Fall und erleben dabei alles andere als kühle Dinge.
Zu den groben Faustkämpfen und Keilereien passt das ausgesprochen gut, für den Rest des Filmes, der leider kaum Faustkämpfe und Keilereien beinhaltet, sorgt der stark unterkühlte Look aber in erster Linie für Distanz und hemmt die Spannung.
Die Science-Fiction wird überall reinzustecken versucht, indem Alltagsgegenstände einfach ein wenig aufgemotzt werden und heute als dekadent geltendes im Frankreich der Zukunft ein alter Hut ist. Schade aber, dass ausgerechnet eine der ganz zentralen futuristischen Gerätschaften undurchdachter Humbug ist.

Kurz zum Thema Faustkampf zurück: Ja, es gibt eigentlich nicht viel körperlichen Zoff in Chrysalis, aber dieser eine ausufernde Schlagabtausch im Badezimmer geht durch Mark und Bein. Man erlebt es selten, dass man tatsächlich in der Mitte des Films um das Überleben der Hauptperson bangt. Hier ist es der Fall. Dies findet ziemlich genau zur Hälfte des Filmes statt.
Die tatsächliche Krux ist, dass danach alles Sinn zu ergeben scheint, die Motivation der Figuren wird mit einem Schlag klar und man erhält endlich eine präzise Antwort auf die Frage, worum es eigentlich geht. Von ein paar unglücklichen Dialogen abgesehen, nimmt der Film von hier an stark an Fahrt auf, wird interessanter und wirkt selbst in der Regie plötzlich viel zielsicherer. Nur leider ist die Sache dann auch ziemlich schnell beendet, obwohl es sich anfühlt, als wäre die Story erst zur Hälfte erzählt. Der Schluss kommt schnell und abrupt.

Fazit

Viele eigentlich gute Elemente werden irgendwie planlos zusammengesteckt, sodass etwas entsteht, das im Detail sehr sehenswert ist, im Ganzen betrachtet jedoch einfach nicht ausbalanciert und seltsam willkürlich wirkt.
Trotzdem ist der Sci-Fi-Thriller, dessen verzwicktes Getue sich bald als Einfachheit herausstellt, mit seinen hübsche Einfällen auf der Präsentationsoberfläche und einer herrlich schmierigen Feel-Bad-Ausrichtung keine Zeitverschwendung. Europäische Science-Fiction ist einfach viel zu selten.

The Purge: Anarchy – Erster deutscher Trailer

The Purge aus dem letzten Jahr war ein ziemlicher Überraschungserfolg und so waren keine prophetischen Fähigkeiten nötig, um mit Sicherheit davon auszugehen, dass ein Sequel folgen wird. Ein knappes Jahr später folgt also The Purge: Anarchy, das abermals von James DeMonaco geschrieben und inszeniert wird beziehungsweise wurde.
Dieses Mal geht es offenbar nicht darum, von Außen in das Innen zu gelangen, sondern darum, im Außen am Leben zu bleiben.

Viel Spaß mit dem Trailer.