Carriers

Endzeitfilme, deren Schwerpunkt nicht auf marodierende Zombiemeuten liegt und die sich stattdessen an die Ausarbeitung psychologischer Tiefe wagen, sind rares Gut.
Carriers lockt zudem mit Chris Pine, der zuvor durch seine Rolle als neuer Kirk zu Ruhm kam, und versucht mehr zu sein als nur ein Teenie-Horror in postapokalyptischer Jeanshose.


Sometimes choosing life is just choosing a more painful form of death.

Story

Die Menschheit erlag einer Pandemie. Wer sich ansteckt, ist dem Tod geweiht. Die Infizierten werden erst kaum merklich, dann immer unübersehbarer mit Geschwüren bedeckt und sind in hohem Maße ansteckend.
Damit Danny und sein Bruder Brian zusammen mit dessen Partnerin Bobby und der zurückhaltenden Kate sich in dieser widrigen Welt behaupten können, halten sie sich streng an ihre drei eigenen Regeln. Ständige Vorsicht, immer geschützt und die Vermeidung von jedwedem Kontakt mit auch nur potenziell Erkrankten. Auch wenn das bedeutet, egoistischer Kaltherzigkeit der Menschlichkeit gegenüber den Vortritt zu lassen.
Eine starke Dehnung erfahren diese Regeln, als sich die Gruppe entschließt, einen Vater und seine infizierte Tochter in ihrem Auto ins nächste Krankenhaus mitzunehmen.

Kritik

Àlex Pastors Endzeitversion verzichtet auf ausschweifenden Ausblick. Der Fokus liegt klar auf einigen wenigen Einzelschicksalen. Das biologische Drama, das der Erde ihr Gesicht nahm, ist nur Rahmen, nicht Thema. Ein Rahmen allerdings, der nett anzusehen ist.
Zwischen verlassenen Kreuzungen und verwaisten Tiergeschäften, in denen müde die vergessenen Vögel umhertrudeln, findet Carriers einige nette Bilder für den Stimmungstransport. Der Film ist schön und überaus stimmig gefilmt. Alles nicht neu, aber durchaus gefällig.
Selbiges lässt sich auch vom Rest des Filmes behaupten. Das, was erzählt wird, ist genauso wenig innovativ wie die Art und Weise des Erzählens. Es reicht aber, um das Geschehen ziemlich kurzweilig sein zu lassen. Die nicht einmal 90 Minuten vergehen dank der gelungenen Form und der ständig voranschreitenden Handlung wie im Flug. Die Geschichte ist genauso nah an den Personen dran, wie die Kamera.
Die psychologische Komponente, die sowohl bei Road-Movies als auch bei Schilderungen von Extremsituationen unabdingbar ist, kommt genügend zum Tragen, bringt aber ebenso nichts Neues zum Vorschein. Natürlich braucht es das auch nicht zwingend, um einen guten Film zu schaffen, aber es verwehrt den meisten Streifen auch die Ehre, mehr als nur „gut“ zu sein.
Ein wenig ausgefallener fällt da schon die Zeichnung der Protagonisten aus. Die adretten Teens sind, bringt man es wenig galant auf den Punkt, ziemliche Kotzbrocken, die darüber hinaus zu viert so viel denken wie einer alleine. Auch ihre Handlungen lassen das ein oder andere Mal berechtigt vermuten, die Intelligenz der Einzelnen sei geviertelt. Klar, inmitten von Zeiten des durch die Luft ziehenden Todes, der sein Hauptwerk bereits erfolgreich vollbracht hat, ist man nicht fröhlich und gelassen, wenn die Hauptfiguren sich aber unentwegt beleidigen und keiner von ihnen erkennbar sympathische Züge trägt, fällt es nicht sonderlich leicht, sich in sie zu verlieben. Viel zu sehr ähneln sie – auch optisch – den austauschbaren Schönheiten, die in Slashern nicht die ersten 40 Minuten überleben.
Die Tatsache, dass die ganze Vermarktung des Filmes sich auf die drei fundamentalen Überlebensregeln des Grüppchens stützt, unsere Helden aber gleich zu Beginn gegen sie verstoßen, ist daher nicht nur Inkonsequenz im Drehbuchschreiben, sondern spricht auch für die Fähigkeiten der Figuren.
Doch die Mistkerl-Variable bringt natürlich nicht nur Nachteile mit sich. Tatsächlich sorgt sie auch für einen anständigen Kloß im Hals beziehungsweise eine gen Himmel zuckende Augenbraue, wenn man es doch vermag, sich auf sie einzulassen. Denn eines muss man den Arschloch-Protagonisten lassen – sie bleiben ihrem Wesen treu und werden nicht von weichgespülten Plotkompromissen verraten. Stattdessen bemüht sich der Film zum Ende hin um eine Erklärung dafür, dass manche Menschen ganz einfach Mistkerle sind. Arrangiert man sich damit, dass das Drehbuch einem nicht nur durch die Umstände narzisstisch gewordene, sondern per se unangenehme Zeitgenossen als Identifikationsmaterial anbietet, offenbart sich das wahre psychologische Experiment, an dem der Film sich versucht.
Und das ist dann doch irgendwie eine Überraschung.

Fazit

Carriers ist ein straff erzähltes Road-Movie zwischen Seuchenthriller und Familiendrama, das von vorn bis hinten spannend bleibt und damit bestens für einen gelungenen Filmabend geeignet ist. Die fehlenden Sympathieträger sind nicht jedermanns Fall, bringen im Ganzen betrachtet aber die nötige Frische, die Carriers davor retten, in den endlosen Weiten des Genredurchschnitts zu versumpfen.

RoboCop

Das Thema RoboCop und seine wenig rühmlichen Nachfolger und Auskopplungen neu aufzulegen, das war ein lang gepflegter Plan. Darren Aronofsky war im Gespräch und auch kurz vor der Umsetzung. Sein Ersatz sorgte dann für Erstaunen – ausgerechnet der Brasilianer José Padilha, der dato nur durch seine beiden Tropa de Elite-Filme von sich Reden machte, sollte dem ikonischen Cyber-Bullen eine Frischzellenkur verpassen. Und irgendwie ist es ihm ganz anständig gelungen.

It’s not a suit, it’s you.

Story

2028 ist das Jahr des Friedens, wenn auch nicht in den USA. Der Megakonzern OmniCorp versorgt die Welt mit Polizeirobotern, die die Verbrechensrate in kürzester Zeit auf mikroskopisches Niveau schrumpfen. In Amerika verbietet das Dreyfus-Gesetz aber den Einsatz nichtmenschlicher Ordnungshüter.
Um es zu umgehen und die Vereinigten Staaten schleichend an automatisiertes Militär zu gewöhnen, ersinnt OmniCorp einen Kompromiss. Ein Hybrid muss her, halb Mensch, halb Maschine. Da kommt es gerade recht, dass Polizist Alex Murphy von korrupten Kollegen beinahe getötet wird.
Einige Monate später sind die kläglichen Überreste Murphys mit neuster Technologie verschmolzen und erlebt als Marketingmaschine RoboCop seine Wiedergeburt.
Die Motive des gesetzestreuen Stahlmannes, der die Liebe seiner Familie ebenso wie die Verursacher des Anschlages auf ihn sucht, lassen sich mit den monetären Interessen OmniCorps allerdings kaum vereinen. Daher wird der menschliche Anteil in RoboCop einfach drastisch reduziert.

Kritik

Die Technikkonzeption ist natürlich hervorragend – aber das ist bei einem Film, der sich RoboCop nennt, ja irgendwie auch zu erwarten. Wenn man zu Beginn sieht, wie Mechs und Blechsoldaten durch die engen Straßen donnern, hat das etwas intuitiv unangenehmes. So muss Dystopie funktionieren.
Doch irgendwie fragt man sich auch, wieso die Polizei Gerät zur Wahrung des Friedens herstellt, das aussieht, wie das Invasionswerkzeug einer bedrohlichen Alienrasse. Prävention durch Furcht scheint das Motto zu sein, aber so richtig nachvollziehbar ist diese Entscheidung trotzdem nicht. Schließlich sollte das Ziel sein, ein Gefühl von Sicherheit und nicht ein Gefühl ständiger Bedrohung hervorzurufen. Dass die Übertragung des eingangs gezeigten Auslandeinsatzes unter dem Motto „Operation Freedom“ läuft und natürlich in kürzester Zeit gewaltig eskaliert, ist etwas plump und vorhersehbar, trotzdem ist die Welt in sich stimmig und die Atmosphäre dicht.
Die Inszenierung wird ihr aber nur dann gerecht, wenn aus mittlerer bis großer Distanz das Szenario vorgeführt wird. Hier spürt man besonders, dass Regisseur José Padilha seine Wurzeln im eher nüchtern-dokumentarischen Fach hat. Sobald die Action losgeht, wird es sofort wackelig und unübersichtlich, vor allem aber uninteressant. Gerade die Feuergefechte werden mit frappanter Inspirationsarmut dargestellt. Der Ur-RoboCop konnte damals nicht nur mit entschieden mehr Ideen aufwarten, sondern bereicherte seine zynische Welt mit gekonnt ausgesuchten Gewaltspitzen. Die meisterhafte Gratwanderung zwischen Ernst und bitterer Satire hätte so natürlich auch kein zweites Mal geklappt und von daher ist es nicht allzu dramatisch, dass der modernisierte Robocop ein FSK 12 verpasst bekommen hat.
In vielen Szenen sieht man Potenzial hervorschimmern, sieht man, was aus dem Film hätte werden können, wenn man mehr Zeit und weniger Angst investiert hätte. Mehr Zeit für ein besseres Script, ein besseres Storyboard und ausgefeiltere Choreographieüberlgeungen. Weniger Angst vor einer zu hohen Altersfreigabe und verprellten Zuschauern. Das subversive Element, mit dem das Original groß rauskam, wird hier einfach ausgespart.

Die Debatte um die große Gretchenfrage – Patrouillen von Roboterwächtern ja oder nein? – birgt großes Potenzial und hätte dem Film mit einem Schlag eine höchst interessante Daseinsberechtigung verschafft. Eine Chance, die gnadenlos vertan wird. Stattdessen sind die wenigen Argumente, die das Drehbuch die beiden Parteien austauschen lässt, platt und unglaubwürdig. Die immer einen Deut zu stumpfen Dialoge sind etwas, das sich durch den ganzen Film zieht. Es schmälert nicht die Leistung des herausragenden Casts um Michael Keaton und Gary Oldman, nimmt den Schauspielern aber einiges an Wirkung, weil ihre Figuren sich ständig selbst diskreditieren. Selbst der mal wieder stark übertreibende Samuel L. Jackson als technophiler Fernsehprediger macht eine halbwegs gute Figur, wenn auch sein Charakter nichts Relevantes zur Geschichte beiträgt. Der Schwede Joel Kinnaman als Alex Murphy ist kein Peter Weller, gleicht ihm in vielen Einstellungen aber in erstaunlicher Weise und macht seine Sache auf ähnliche Weise gut.
Wie erwartet, wird dafür die Tragik des Mensch-Maschine-Dilemmas stärker betont. Ob das besser ist als im Original, ist wohl Geschmackssache. Der neue Alex Murphy ist meistens ganz er selbst, auch als Metallmann, Während sein 80er-Jahre-Pendant ja in erster Linie Maschine mit seltenen Persönlichkeits-Flashbacks gewesen ist. Die daraus entstehende Tragik, dass er seiner Familie nicht nur körperlich, sondern auch geistig fremd geworden ist, ist tendenziell eine größere als die des noch voll bei Sinnen seienden Polizisten in dieser Version. Bei der Modernisierung liegen die Dinge komplizierter, besser werden sie deswegen aber nicht zwangsläufig. Außerdem führt die Umgewichtung dazu, dass die eigentliche Krimi-Handlung kaum Raum einnimmt. Von zwei kurzen Ausflügen abgesehen, geht es in RoboCop nicht um die Bekämpfung von Kriminalität, sondern um RoboCop.

Dass man irgendwas entscheidendes ändern musste, war klar, denn Robocop ist ein Kultfilm, weil sein 80er-Jahre-Charme ihn die Essenz verleiht. Wenn das heutige Hollywood ein Remake dreht, lässt sich das nicht reproduzieren. Folglich muss das Robocop-Universum ernstzunehmender wirken, natürlich auf Kosten der unterkühlten Ironie des Originals.
Das mach den Film seriöser, aber auch austauschbarer. Ungeachtet solcher kleinerer Makel, muss man schlussendlich aber konstatieren, dass die Umgestaltung auf Auffrischung des blechernen Gesetzeshüters gelungen ist. José Padilhas Science-Fiction-Film ist nicht mehr die dystopische Copthriller-Version, sondern ein Drama in einem Setting, das der Gegenwart weitaus ähnlicher sieht als die ghettoisierten Unratberge, aus denen das ständig brennende Detroit der 80er-Jahre-Zukunft sich einst zusammensetzte.

Fazit

Nein, wie erwartet ist der RoboCop aus dem Jahre 2014 nicht besser als sein Ahne von 1987. Nichtsdestotrotz ist es ein gelungener Film geworden, der das vornimmt, wozu Remakes sich verpflichten: Er interpretiert den Ursprungsstoff neu, gibt der Materie eine völlig neue Richtung und schafft damit auf einem entliehenen Gerüst etwas eigenständiges. Und auch wenn der Film mitnichten fehlerfrei ist, kann man José Padilha für diese Leistung doch Respekt zollen.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit – Trailer Nummer 3

Ein neuer, ziemlich langer, ziemlich saftiger Trailer zur Generationszusammenführung der Marvel-Truppe. Man hat vermutlich recht, wenn man dem Trailer ankreidet, nicht nur etwas zu viel, sondern quasi alles zu zeigen.
Aber weil dieses „alles“ auch so viel Neues beinhaltet, wollen wir ihn euch keineswegs vorenthalten.
Viel Spaß!

Endstation Mond

Der gut gealterte Sci-Fi-Film von 1950 wurde auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären prämiert. 11 Jahre bevor der erste Mensch den Mond betrat, nimmt Irving Pichels Fantasie dieses Ereignis vorweg – und das in gar nicht so abwegiger Weise. Rockets do not employ propellers.

Story

Da die staatliche Raumfahrt in Stocken gerät, liegt es in der Hand von Privatmänner, den Menschen aus dem Schoß der Erde zu katapultieren. Weil man den Russen nicht den Vortritt lassen kann – schließlich könnten sich auf dem Mond ja Raketen stationieren lassen – nimmt ein Großindustrieller den Bau und Start einer Rakete zum Erdtrabanten in die Hand. Nach dem Beseitigen einiger Stolpersteine steht dem ersten Trip auf einen anderen Himmelskörper nichts mehr im Wege. Doch die Reise ins Unbekannte birgt ihre ganz eigenen Gefahren.

Kritik

Genau wie jüngst auch Gagarin handelt Endstation Mond von einem interstellaren Wettlauf. Dieses Mal aber nicht nur in den Weltraum, sondern gleich hin zu dessen erster und bisher – für menschliche Präsenz – auch letzte Station. Ein Wettlauf auf unseren innig geliebten Mond. Zwar schwingt die ganze Zeit ein deutlich patriotischer Grundton mit, Regisseur Irving Pichel war aber weitsichtig genug, diesen im ausreichenden Maße zu ironisieren, sodass man sich beim Schauen nicht allzu penetrant missioniert oder rekrutiert fühlt. Dass man sich ganz individuell trotzdem am zurückhaltend blühenden Nationalstolz des Films stoßen kann, steht außer Frage. Dieser Tage ist man aber auch entschieden Propagandistischeres und vor allem entschieden Schlimmeres gewohnt. All das ist Interessant, da der Wettkampfcharakter der Mission kaum Raum einnimmt. Feinde und Konkurrenten werden im Vorbeistreifen erwähnt, einen tatsächlichen Auftritt bekommen sie aber nicht. Das hingegen ist gut, denn so kann sich der Film in seiner ersten Hälfte auf seine große Stärke konzentrieren. Endstation Mond besticht durch eine stringente Erzählart mit pfiffigem Aufbau und stets der richtigen Gewichtung von Ernst und Beschwingtheit. Das wohl auffälligste Phänomen ist ein mittlerweile zu kleinem Kultstatus gelangter Film im Film, in dem Comicfigur Woody Woodpecker sowohl den skeptischen Figuren, die als Financiers gewonnen werden sollen, wie auch dem skeptischen Zuschauer der 50er das Prinzip Raumfahrt beibringt. Auch hier ist der Spaß nicht frei von politischem Subtext. Das Rückstoßprinzip wird beispielhaft an einem Gewehr vorgeführt. Ein Gewehr, mit dem man, schießt man nach unten, in der Theorie auch wie mit einer Rakete abheben kann. Die Gleichsetzung von Waffe (in diesem Fall dem Lieblingsexemplar Selbstschutz-Amerikas) und Allgeschoss unterstreicht noch einmal fett, dass es eben nicht nur um die Freude am Entdecken geht.
Einnehmend ist das Seherlebnis deshalb, weil Wert auf die Figuren gelegt wird – und das nicht in einer Form, die sich nach bloßer Pflichtübung anfühlt. Spannung entsteht durch diese sympathischen Protagonisten in ihrer Ausnahmesituation, welche sich aus vielen netten Ideen zusammensetzt. Die G-Kräfte beim Raketenstart, Einige Vorstellungen bemannter Raumfahrt sind freilich grober Unfug, viel mehr aber ist in beachtlichem Maß visionär und nahm vorweg, was später eintreffen sollte –sowohl in Sachen technischer Durchführung als auch hinsichtlich unvorhersehbarer Ereignisse. In gewisser Hinsicht ist Endstation Mond eine kleine Kristallkugel der damals noch ausstehenden Pionierzeit des erdnahen Weltraums. Frappant ist, dass der Film nicht besser wird, wenn es ab circa der Hälfte endlich in den Weltraum geht. Stattdessen wird das zügige, leichtfüßige Vorgehen der Vorbereitungsphase sogar ein wenig vermisst. Im luftleeren Raum verlässt sich das Drehbuch zu sehr auf die erstaunlichen Wunder des Kosmos, die aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr ganz so beeindruckend sind. Der launige Grundton bleibt zwar auch hier bestehen, insgesamt schwächelt Endstation Mond  an dieser Stelle aber ein wenig. Die Probleme, mit denen die Kosmonauten zu kämpfen haben, wirken zu sehr an den Haaren herbeigezogen und aneinandergereiht. Bemerkenswerterweise ist auch eine Szene vorhanden, die quasi in Zeitlupe vorwegnimmt, was Gravity zur Prämisse nimmt. Nicht mehr ganz ernstzunehmen wird das Treiben ab dem Zeitpunkt, wo klar wird, dass die tapferen Astronauten keinerlei Wissen über das haben, was sie erwartet. Die basalsten Grundlagen waren damals auch dem durchschnittlichen Erdenmenschen bekannt – und von den ersten Himmelsstürmern der Menschheitsgeschichte dürfte dies auch erwartet werden, wenn man dem eigenen geliebten Land keine Nachlässigkeit und Auswahl und Ausbildung seiner Spezialisten unterstellen möchte.

Fazit

Endstation Mond überzeugt nach wie vor mit geschliffenen Dialogen, einer durchdacht eingesetzten Kamera, seinem beschwingt-humorvoller Grundton und dem straffen Tempo. Die leichten Drehbuchschwächen in der zweiten Hälfte sind bedauerlich, bereiten dem Vergnügen aber keinen nennenswerten Abbruch.

Ghettogangz 2: Ultimatum

Ghettogangz – Die Hölle vor Paris war trotz des jämmerlichen deutschen Namens eine nette Sache. Da das nicht nur scififilme.net, sondern auch überraschend viele zahlungswillige Kunden so sahen, kam, was kommen musste.

– Was geht denn da fürn Scheiß ab?
– Keine Ahnung. Film’s einfach.

Story

Ein paar Jahre nach den Geschehnissen des ersten Teils hat sich nichts getan. Die Versprechen der Polizei blieben unerfüllt. Statt eine Reintegration des gemiedenen, von Banden kontrollierten Distrikts B13 ist dieser weiterhin von einer hohen Mauer umgeben, während die Gewalt im Innern brodelt.
Captain Damien Tomaso fungiert weiterhin als Trumpf der Polizei und bringt im Alleingang ganze Banden hinter Schloss und Riegel. Leito streift wieder durch das abgeriegelte Ghetto, liebt die eigene Coolness und rennt spektakulär vor hausgemachten Problemen davon.
Als die Polizeieinheit DISS einen Mord inszeniert und es so aussehen lässt, als würden die Bewohner des selbstorganisierten Distrikts B13 Jagd auf Gesetzeshüter machen, schließen sich Leito und Damien wieder zusammen. Denn die Pariser Politiker beratschlagen sich bereits in ihren Sesseln, mit wie vielen Raketen man es den Eingepferchten heimzahlen sollte.

Kritik

Es ist schwer möglich, die Geschichte von Ghettogangz so nachzuerzählen, dass sie nicht holprig klingt. Das liegt daran, dass die Geschichte wirklich ziemlich holprig ist.

Fortsetzungen sind entweder geplant oder kalkuliert. Im ersteren Fall bedeutet das, es soll von vornherein eine größere Geschichte mit mehreren Filmen erzählt werden. Im anderen Fall wird ebenfalls meist die Ursprungsgeschichte weitergesponnen, nur dass dies nie geplant gewesen ist. Gerechtfertigt werden können Sequels durch ein Mehr an Qualität oder Quantität – oder natürlich auch beides, was erfahrungsgemäß aber nur selten eintritt. Das geplante Sequel versucht sich in der Regel an qualitativem Zuwachs, während das kalkulierte Pendant sich häufig auf ein „Mehr von allem“-Schema verlässt.
Wenn ein Parkour-Actionfilm 5 Jahre später aufgrund seines unerwarteten Erfolgs einen zweiten Teil spendiert bekommt, sind die Dinge für gewöhnlich offensichtlich. Verstärkt trifft das im Falle von Ghettogangz zu, bei dem „qualitativer Mehrwert“ nicht viel zu bedeuten hätte, da ja schon der erste Teil überwiegend durch Quantität von sich Reden machte. Dass das nichts per se Schlechtes ist, liegt auf der Hand. Immerhin handelte es sich bei dem Vorgänger um solides Actionkino, das zufriedenstellend vor sich hin pulsierte und im richtigen Augenblick den richtigen Stunt zeigte, woraus sich eine angenehm kurzweilige Mischung ergab.

Ghettogangz 2 zeigt die Symptome einer fatalen Krankheit, an der kalkulierte Sequels manchmal akut erkranken. Sie versuchen aller Wahrscheinlichkeit zu trotzen, indem sie ihren Vorgänger in Sachen Inhalt übertrumpfen wollen. Die Action muss dran glauben und was sie ersetzt, ist ein fadenscheiniges Ereigniskonstrukt, das weder glaubwürdig noch spannend ist.
Es dauert ganze 45 Minuten, bis die erste Parkour-Einlage kommt – und die beginnt auch noch mit eindeutigem Seil-Einsatz. Davor gibt es lediglich eine leidlich interessante Kampfsequenz und ansonsten die Bemühung, eine normale Thrillerhandlung aufzubauen, die natürlich wie zufällig genau bei den Partnern des ersten Teils zusammenläuft. Wenn die Action dann mal am Laufen ist, macht sie wieder Spaß. Immer noch spuckt die Welt aus dem Nichts Feinde aus, die nur dafür da sind, abgehängt oder niedergeknüppelt zu werden.
Wenn es sehenswert wird, kopiert der Film allerdings auch einfach nur den ersten Teil. Und damit es nicht 1:1 dasselbe ist, versucht er sich letztlich doch an der Größer-Weiter-Schneller-Formel. Die Folge: Gebäuderennerei findet nicht mehr auf Höhe des vierten, sondern auf Höhe des achtzehnten Stockwerks statt. Sprünge sind nicht mehr drei, sondern sieben Meter tief. Noch weiter, noch quatschiger, alles over the top. Das heißt: Die behauptete Akrobatik ist so unwahrscheinlich, dass sie an Intensität einbüßt, da sie nicht mehr glaubwürdig wirkt. Sie ist dennoch nett anzusehen und unterhält, doch schweißtreibende Stunts wie noch im ersten Teil sind hier Mangelware. Nicht, weil es an Spektakel fehlt, sondern weil das Spektakel, so selten es ist, zu stark ausufert.

Fazit

Die Stärke von Ghettogangz – Die Hölle von Paris war – Überraschung! – nicht die überzeugende Handlung, sondern das atemlose Spektakel. Weshalb sich das obligatorische Sequel nun ausgerechnet daran versucht, die Schwächen des ersten Teils auszubauen und das, was ihn groß machte, zu verringern, das weiß wohl nur Luc Besson.

Snowpiercer

Wenn die Leitfiguren des südkoreanischen Kinos sich zusammenschließen, um einen französischen Kultcomic in englischer Sprache zu verfilmen, dann horcht man auf, leckt sich die Lippen und versucht, ruhig zu bleiben. Aber man hat auch ein bisschen Angst, dass das alles nach hinten losgeht.
Produzent Park Chan-wook (Oldboy) hat mit Stoker bereits erfolgreich außerhalb von Asien Fuß gefasst. Sein nicht minder fähiger Landsmann Bong Joon-ho (Memories of Murder, The Host) hingegen betritt zum ersten Mal internationalen Boden. Und hinterlässt prompt tiefe Fußabdrücke.

Because I want to live.

Story

Die Menschen sind Problemlöser, wir kennen das ja. So findet man auch für die Erderwärmung ein Mittel zu Linderung. Die Chemikalie, die man selbstsicher in die Atmosphäre reibt, wirkt aber etwas zu gut und die Erde vereist. Nur die paar hundert Menschen, die es in den Hightech-Zug des exzentrischen Wilford geschafft haben, entkommen dem Kältetod.
Jener Zug rattert seit nunmehr 17 Jahren über ein weltweites Schienennetz und in den einzelnen Wagons wird eine strenge Hierarchie eingehalten. Die hinteren Abteile sind vor Dreck starrende Slums, in denen sich die Bedürftigen von glitschigen Proteinriegeln ernähren und regelmäßig unter harschen Restriktionen durch Wilfords Privatarmee leiden. Je weiter es Richtung Lok geht, desto mehr gleicht der Zug einem Schlaraffenland.
Obwohl es in den vergangenen Jahren schon eine Handvoll gescheiterter Revolutionen gab, wappnet sich der bärbeißige Curtis für einen Aufstand und mit ihm alle Bewohner der hinteren Abteile. Das Ziel: Die Erstürmung der Lok, eine Umkehrung des Klassenkampfes, Kontrolle über den letzten Zufluchtsort der Menschheit.

Kritik

Züge im Film. Eine so sonderbare wie traditionsreiche Liebe, die schon seit frühester Kinozeit besteht und immer wieder erneuert wurde. Dass ein Film über einen Zug mal die Charts von scififilme.net durcheinanderbringen würde, war dennoch nicht abzusehen. Gut so, denn nicht absehbare Dinge sind bekanntlich die schönsten von allen.
Snowpiercer, das schärft der Film schon ganz zu beginn ein, ist im Grunde ein Märchen, darauf deuten nicht nur unzählige klassische Muster hin, sondern auch Bebilderung und Erzählweise. Es ist für das Genießen des Werks nicht ganz unwichtig, dies zu durchschauen, aber Bong Joon-ho macht aus diesem Umstand auch keinen Hehl und zeigt überdeutlich, was für einer Gattung seine Geschichte angehört.
Die meisten Filmemacher hätten das schlauchige Zug-Setting wohl als problematische Limitation empfunden. Der begnadete Koreaner aber zieht genau daraus den größten Gewinn. Wie das Gefährt selbst ist die Handlung immer in Bewegung und der Spießroutenlauf durch die einzelnen Abteile ist weder reiner Selbstzweck noch platte Metapher, sondern über weite Strecken ein Paradebeispiel für filmisches Erzählen. Natürlich ist hier alles zum Bersten angefüllt mit Analogien – aber den Film darauf zu reduzieren, würde ihm Gewalt antun. Sie sind ein Bonus zur Geschichte, nicht umgekehrt. Und so soll es sein.
Vor allem zu Anfang in den spartanisch-ramschigen Wagons der wirklich allerniedrigsten Klasse fühlt man sich wie Pinocchio im Bauche des Wales, während die Entdeckungsreise durch den Rest des für alle unbekannten Schienenungeheuers nicht nur optische Überraschungen verspricht. Dabei hätte so viel schiefgehen können. Wie kolossal nah das Scheitern ist, wenn ein Film versucht, einander zwei Welten gegenüberzustellen, die in Sachen Wohlstand und moralischem Feingefühl die denkbar größte Distanz zwischen sich haben, zeigte kürzlich erst die fade Literaturverfilmung Die Tribute von Panem, wo die Armen schön waren, die Reichen aus Plastik bestanden und alle gemein hatten, schrecklich eindimensional zu sein. Einige Unterfraktionen in Snowpiercer sind ebenfalls eindimensional, das wird aber gleich mehrfach legitimiert. Zum einen wird ihnen ihre Eindimensionalität auf eindrucksvolle Weise vor Augen geführt, woraufhin unerwartete Facetten zum Vorschein treten können. Zum anderen funktioniert die Eindimensionalität hier tatsächlich als Werkzeug der Geschichte und als Element des Märchens. Es wird etwas damit angefangen, während sie im oben genannten Negativbeispiel einfach nur vorhanden ist. Dass die comichaften Charaktere so hervorragend funktionieren, ist natürlich zu großen Teilen dem edlen Cast zu verdanken. Tilda Swinton als lispelnde Edel-Diktatorin spielt wie ein störrisches Kind – und nervt dabei keine Sekunde. Chris Evans deutet in einem weiteren Film an, tatsächlich ein Schauspieler zu sein. Der großartige Song Kang-ho zeigt endlich mal wieder, dass er weit mehr draufhat, als auf seine einzigartige Weise den tragischen Tölpel zu mimen. John Hurt strahlt die gleiche väterliche Wärme wie in jeder Rolle der letzten Jahre aus und nutzt dabei einfach nicht ab. Das Bewundernswerte ist nicht die Masse an hochkarätigen Schauspielern, sondern die Fähigkeit, all diese Gesichter unter einen erzählerischen Hut zu bekommen, ohne dass ein Charakter überflüssig oder unterbeleuchtet wirkt.

Viel, ungemein viel gewinnt der Science-Fiction-Film durch seine Bilder. Kameramann Hong Kyung-pyo, der schon für die trübe Schönheit in Joon-hos Mother sorgte, ist ein wenig beschriebenes Blatt, beherrscht sein Handwerk aber wie kaum ein anderer. Dabei besticht Snowpiercer nicht durch Extravaganzen und viel Spielerei, sondern durch Kleinigkeiten, die teilweise so sublim und unaufdringlich sind, dass man sie bewusst kaum erkennt, während sie auf ihre Weise viel zum Gefühl des Filmes beitragen. Seien es zögerliche, aber unerbittliche Zooms im Schneckentempo, perfekt ausgetüftelte Winkel, die jederzeit Übersicht in den  engen Räumen gewährleisten, aber nie vergessen lassen, wie eingepfercht die dargestellte Welt ist oder eben die unzähligen großartigen Bilder, die in rauen Mengen geliefert werden und jedes Mal für einen kleinen Freudenrausch sorgen.
Das in Verbindung mit der klugen Regie sorgt dafür, dass mit Snowpiercer ein Werk vorliegt, das auf eine Weise spannend ist, wie es nur die ganz großen Filme sind. Fantasie, Heldenkonstruktion, Bildsprache und die Akzente der Instrumentalisierung von Marco Beltrami (Wolverine: Weg des Kriegers, Warm Bodies, World War Z) schaffen ein Ganzes, das unter Cineasten wohl nie in Vergessenheit wird. Ein Film, der vielleicht wie Dark City erst viel zu spät die ihm zustehende Würdigung erhalten wird, aber dafür auch weiterbesteht, wenn der ganze andere Standard seiner Zeit nur noch für Randvermerke brauchbar ist.
Spielend wird ein ganzes Päckchen einander eigentlich ferner Genres verarbeitet, sprunghaft bewegt man sich zwischen düster-ernstem Grundton, realistischen Bildern, rauschhaften Einschüben und bisweilen fast schon ätherischen Sequenzen. Ja, Snowpiercer ist eines dieser großen Werke. Aber nicht, weil er sich an das Regelwerk erfolgreicher Hollywoodfilme hält, sondern gerade weil er sich traut, dieses in den richtigen Momenten zu ignorieren. Weil er sich das leisten kann. So märchenhaft der Film auch ist, buckelt er doch nicht vor dem Massengeschmack. Der Regisseur ist seinem durch und durch asiatischen Situationshumor treu geblieben und immer mal wieder pendelt das Geschehen zu einer schmerzhaft unangenehmen Schonungslosigkeit, die es der FSK vermutlich nicht ganz leicht gemacht hat.
Einzig am Ende scheint der permanent unter Hochdruck stehende Kessel ein bisschen Dampf einzubüßen. Die letzten Stationen der extravaganten Reise sind nicht mehr ganz so intensiv und der Stillstand am Ende tut der bisher so atemlosen Dynamik nicht ausschließlich gut. Selbst in diesen Momenten ist Snowpiercer aber immer noch sehenswerter und besser als das meiste Andere – bis zum Abschluss, der vielleicht nicht jedem schmeckt, tatsächlich aber noch einmal unterstreicht, wie treu der Film seiner Gattung, seinem Stil und seiner Geschichte ist.

Fazit

Ja, ein Märchen. Aber eines der kompromisslosesten Märchen überhaupt. Schillernde Figuren, einprägsame Bilder, ein formidables Tempo und das einmalige Gespür Bong Joon-ho, die unterschiedlichsten Elemente im richtigen Zeitpunkt zu etwas Einzigartigem zu verbinden, machen Snowpiercer zu einem strahlenden Highlight des noch jungen Jahres.

Teenage Mutant Ninja Turtles – Der erste Trailer ist da

Da war ja was. Nach dem wenig rühmlichen Animationsausflug sollen die Turtles noch einmal wiederbelebt werden. Von Jonathan Liebesman (World Invasion: Battle Los Angeles, Zorn der Titanen und Schlimmeres). Mit Megan Fox als April O’Neil, William Fichtner als Metallgrobian The Shredder und ein paar düster animierten Figuren, die Pizza schätzen.
Produziert von Michael Bay, wie man sieht.
Viel Spaß trotzdem.

Nun ja.

Ah, wisst ihr was? Wir zeigen hier einfach den Trailer des 1990er Realfilm-Originals. In diesem Zeitfenster wirkt die ganze Angelegenheit irgendwie heimischer und nicht ganz so seelenlos beschämend.