SciFiFilme.net auf dem 15. Japan-Filmfest Hamburg – Alle Rezensionen und ein Podcast

Auch dieses Jahr findet das Japan-Filmfest wieder in der Hafenstadt statt – erstmalig nicht nur in den Kinos 3001, Metropolis und Studio-Kino, sondern zu kleinen Teilen auch in der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW).
In der Zeit vom 28.05.–01.06.2014 werden dann in gewohnt familiärem Rahmen große wie kleine, überraschend großartige und sicherlich auch ein paar wenige verblüffend schlechte, überwiegend aktuelle Filme aus dem interessantesten und vielleicht facettenreichsten Filmland der Welt vorgeführt. Wie gewohnt gibt es dazu ein sattes Zusatzprogramm, das dieses Mal vom traditionellen Filmfrühstück bis hin zu einer recht illustren Gästeliste reicht.

Der Besuch von Screaming Mad George, welcher sich seinerzeit für die Special-Effects von Filmen wie Predator und Bride of the Re-Animator (hier folgt übrigens, ganz nebenbei, in Bälde eine Besprechung), das Make-Up in Streifen wie A Nightmare on Elm Street 3 und 4, Society und Freaked und die visuellen Effekte von z.B. Poltergeist II: The other Side oder Big Trouble in Little China verantwortlich zeigte. Der Film Society, seine Regiearbeit Boy in the Box und ein paar seiner Videoprojekte wird es zu sehen geben und eine Ausstellung aus der privaten Sammlung des Creature-Designers und FX-Künstlers wird die Angelegenheit komplettieren.

Weitere Gäste in diesem Jahr sind:

  1. Hr. Kaizo Hayashi | Miroku (Regie)
  2. Fr. Asami | Gun Woman (Hauptdarstellerin)
  3. Hr. Kurando Mitsutake | Gun Woman (Regie)
  4. Hr. Kotaro Ikawa | Tokyo/Lovers (Regisseur), Swimsuit Wife (Kamera)
  5. Fr. Akiko Izumi | Swimsuit Wife
  6. Fr. Maki Torii | Japan Film Association

Was das Herz des Festivals angeht, bin ich zum ersten Mal in den letzten Jahren im Voraus nicht vollauf begeistert. Wärehnd der abschließende Sonntag ein gewohnt attraktives Programm bietet, wirkte ein erster Ausblick auf die über 100 laufenden Filme nicht ganz so attraktiv, wie in den Vorjahren. Das liegt aber am persönlichen Geschmack und der Tatsache, dass Science-Fiction in diesem Jahrgang einen etwas geringeren Stellenwert zu haben scheint.
Davon ab ist es mit dem Japan-Filmfest Hamburg selbstredend so wie mit jedem anderen Filmfestival auch: Die Filme, für die sich das Kommen doppelt und dreifach auszahlt, sind nicht die, die man von Anfang an auf dem Zettel hatte. Es sind unerwartete Glücksfälle wie Tebana Sankichi: Snot Rockets und Empty, für die sich das Kommen lohnt, weil man sie sonst niemals sehen würde. Streifen, auf deren Erscheinen in Deutschland man manchmal Jahre und nicht selten auch gänzlich vergebens wartet, die man aber, einmal mehr oder minder durch Zufall gesichtet, keinesfalls mehr missen möchte.

Nach dem Festival wird es wie gewohnt ein Special mit einzelnen Kritiken geben, die in diesem Beitrag zusätzlich verlinkt werden.

Kritiken zu den Filmen:

  1. Judge 4,0
  2. Gun Woman 6,8
  3. Arcana 3,9
  4. Slum-Polis 8,4
  5. Society 7,0
  6. I am Ichihashi – Journal of a Murderer 7,9
  7. Miroku 6,9
  8. Miss Zombie 8,3
  9. Sado Tempest 8,6

Darüber hinaus war ich zu Gast beim Second Unit-Podcast. Ich konnte Christian mit seiner engelsgleichen Stimme dazu überreden, mich für einen Tag zu begleiten.
Zu hören sind Kurzbesprechungen aller von mir gesehenen Filme, ausführlichere Diskussionen über Slum-Polis und Der Mohnblumenberg, generelle Festivaleindrücke, viele Füllwörter meinerseits und ein Gespräch über Sportlerlimo.

Transcendence

Aus irgendwelchen Gründen sorgt es immer noch für kurze Furore, wenn Johnny Depp in einem Film mitspielt. Wenn Wally Pfister, lang erprobter Kameramann Christopher Nolans, mit ihm in der Hauptrolle sein Regiedebut gibt, ist das diesem Effekt durchaus förderlich, wie man im letzten Jahr im Internet erleben durfte.
Und wie so oft, wenn es um Johnny Depp, Regiedebütanten aus fremden Fächern und ganz generell um Erwartungshaltungen geht, ist die Sturzgefahr groß.


I spent my life trying to reduce the brain to a series of electrical impulses. I failed.

Story

Dr. Will Caster ist ein Pionier der Künstlichen Intelligenz. Er selbst behauptet von sich, die Welt nicht verändern, sondern sie verstehen zu wollen. Das ist etwas, das sich radikal ändert, als ein Anschlag auf ihn verübt wird und seine verbleibende Lebenszeit sich eine recht übersichtliche Spanne verkürzt. Seiner verzweifelte Gattin Evelyn gelingt das bisher Unmögliche. Sie kann das Gehirn des sterbenden Mannes direkt kopieren und in einen Computer übersetzen.
Während sie das Ereignis vor radikalen Technikskeptikern und der breiten Öffentlichkeit verheimlicht, breitet sich der digitalisierte Geist Casters über das Internet aus und verfolgt ganz eigene Pläne.

Kritik

Schöne Bilder und eine schrecklich hohle Phrase. Das ist der Einstig in Pfisters Transcendence und damit wird dem Zuschauer gleich eine strapazierfähige Vorausschau auf das Kommende geboten; mit der Ausnahme, dass die Bilder weniger schön sind, als man es bei einem passionierten Kameramann im Regiesessel erwartet. Im Gegenteil, die Aufnahmen sind nüchtern, unaufdringlich, fast schon unsicher in ihren kalten Farben und bieder-konventionellen Einstellungen. Auf die Bildsprache trifft das aber nicht zu. Inhaltlich wie optisch beliefert Transcendence den Zuschauer regelmäßig mit Plattitüden. Während letzteres noch zu verkraften ist, sind die inhaltlichen Kerben schon deutlich tiefer.
Johnny Depp als Hemdsärmelphilosoph Caster kippt nach dem 1. Akt von der Bühne und hinterlässt wenig mehr als seine ab und an aus einem Lautsprecher quakende Stimme, wobei der Film immer wieder frappant an Brett Leonards Virtuosity aus dem Jahre 1995 erinnert, in dem Russell Crowe als KI in ähnlich komischer Weise von Bildschirmen starrte. Eigentliche Hauptperson ist seine Ehefrau und Helfershelferin Evelyn, gespielt von Rebecca Hall, die ihre Sache auch ganz anständig macht, gegen das ideenfreie Drehbuch aber vollkommen machtlos ist. Der Rest des Casts schlafwandelt sich irgendwie durch den Film. In diesem passiert im Grunde eine Menge:Große Zeitsprünge, die große Ereignisse und Entwicklungen erlauben, führen dazu, dass Transcendence nie langweilig wird, auch wenn einige Kritiker nicht müde werden, dem Film genau dies vorzuwerfen. Das, was passiert, ist aber nicht nur frei von Innovationen, sondern nur allzu oft auch selten stupide. Man möchte nicht mosern über das jahrzehntelange Scheitern der Filmschaffenden rund um die Welt, eine adäquate Technikdarstellung auf seriöse Weise in die Diegese zu bekommen. Transcendence ist zweifelsohne ein neuer König in der Disziplin, derlei Vorgänge auf größtmöglich lächerliche Weise und zwanghaft dämlich zu visualisieren. Vom Klassiker der grünen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund über das stümperhafte 3D-Modell von Johnny Depps Visage bis hin zu den bizarren Effekten im letzten Teil der Geschichte, wo Story und Darstellungsweise sich noch einmal mit aller Kraft blamieren. Nein, beklagen möchte man diese völlig inspirationslose Geschichte, die zwar mühsam mit viel lärmendem Tand aufzupeppen versucht wurde, im Kern aber einfach nur schrecklich gehaltlos ist. Nichts ist neu, nichts überrascht, alles wirkt irgendwie mühsam zusammengeklebt. Dass die erste Szene des Filmes bereits den Ausgang der Geschichte vorwegnimmt, ohne dass es den Film irgendwie bereichert, ist dann schon gar nicht mehr so wichtig.

Wer sich mal ein wenig mit dem populären Post- und Transhumanismus auseinandergesetzt hat, der weiß, dass Nick Bostrom und Konsorten nicht unendlich viel klüger an der Materie kratzen, als es diese Erzählung von einer amoklaufenden Singularität tut, eine Rechtfertigung für den Film ist das
aber nicht.
Dazu gibt es eine zweifelhafte Botschaft, dass die fanatischen Techonophobiker, die im Film als Spinner mit grauenhaftem Tattoo-Geschmack dargestellt werden, letztendlich goldrichtig liegen. Das ist legitim, weil Kunst per se dafür da ist, Position zu beziehen. Gefallen muss einem eine solche Botschaft aber nicht, auch wenn die auf ihren Kern reduzierte Aussage natürlich ebenso banal und altbekannt ist, wie die restlichen Elemente des Machwerks: Gebt einem Einzelnen nicht zu viel Macht.

Zwischendrin gibt es immer mal wieder nette und unterhaltsame Ideen, das soll keineswegs verschwiegen werden, doch unterm Strich ist dieser Science-Fiction-Film vor allem anderen erst einmal Blödsinn. Nur dank des gefälligen Tempos fallen die unausgegorenen Ideen respektive deren Ausführungen nicht dramatisch schwer ins Gewicht und man fühlt sich um seine Zeit nicht betrogen. Denn richtig langweilig wird es zu keinem Augenblick. Und das muss man dem Film dann doch zugutehalten.

Fazit

Transcendence ist genau das, was die Trailer versprechen, nur etwas spannender. Hanebüchen, ärgerlich und dumm, aber bis zum Schluss trotz Ideenarmut und schrecklich missglückter Bilder nicht öde. Dennoch erweckt der Film vornehmlich den Wunsch, dass sich endlich doch mal ein Fähigerer mit mutigen Einfällen dieser Thematik zuwenden sollte. Denn ob Thesenfilm oder Knabberbegleitung, Kunst kann nie wirklich erfolgreich sein, wenn es ihr an Relevanz fehlt.

Gotham – Erster Trailer zur Prequel-Serie

Vor Batman, vor all seinen Gegenspielern, Abenteuern und Freunden. Vor all dem… waren diese Figuren offenbar jung. Und Commissioner James Gordon, damals wie heute nicht wirklich jung, ist der Protagonist, der in Gotham auf seine Weise das Gesetz durchsetzt, ehe der Fledermausjunge zum Mann und Playboy herangereift ist.
Die Idee, eine Noir-Serie aus der Zeit vor dem Dunklen Ritter zu machen, ist beileibe keine schlechte. Ob sie auch aufgeht, wenn all die bekannten Figuren in Smallville-Manier als Jungspunde durchs Bild laufen, ohne krampfhaft den Kanon zu zerfleddern, wird sich zeigen müssen.

Re-Animator

Im vergangenen Jahr beendete Stuart Gordons Re-Animator in Deutschland seine Index-Existenz. Über zwei Jahrzehnte war der auf Howard Phillips Lovecrafts Kurzgeschichte Herbert West – Der Wiedererwecker basierende Film verboten, was seinem Semi-Kultstatus zugute kam.
Es folgten zwei Fortsetzungen und eine überaus erfolgreiche Musical-Umsetzung.


Birth is always painful.

Story

Über die Jahrhunderte sind wir zu ganz anständigen Medizinern gereift, möchte man meinen. Dabei wird gern vergessen, dass es immer noch den einen oder anderen weißen Fleck auf der Karte unserer Möglichkeiten gibt. Krebs, Demenz, das Altern, der Tod – nichts davon tatsächlich heilbar. Wie unbeholfen ist der Mensch doch, wenn er sich bemüht, ein ausklingendes Leben noch ein wenig länger im Diesseits zu behalten. Mit Elektroschocks wird das Herz malträtiert, die wildesten Elixiere werden intravinös in den sterbenden Leib gepumpt, und dann zieht es die arme Seele doch davon. Dieser Kampf gegen Windmühlen ist für den ambitionierten Arzt von Heute eine frustrierende Angelegenheit. Dr. Herbert West ist ein solcher Arzt und weit davon entfernt, sich geschlagen zu geben. Eines Tages trifft er den überambitionierten Kollegen Dr. Daniel Cain an seiner Uni. Und Cain entwickelt ein Serum, das toter Materie wieder Leben einhaucht.

Kritik

Ein hinreißender Vorspann mit anatomischen Kunstzeichnungen, die in neonfarben und ästhetischen Posen einen schmalen Bereich zwischen Erotik und Morbidität besiedeln, führt in das Lovecraft-Universum.
Das ist umso erstaunlicher, erweist die erste Szene den Film doch als klaren Trash aus. Trash mit hervorquellenden Augen, schäumendem Fleischblut, schrillen Schreien und allerhand Flüssigkeiten von unfeiner Farbe. Die Leichen sind hübsch zerschunden und die ganze Inszenierung eine große voyoristische Ekelschau, vornehmlich darauf angelegt, den Zuschauer zum Quieken zu bringen. Der Film ist in dem Bewusstsein, seine Geschichte mit dem nötigen Maß an Selbstironie erzählen zu müssen, will er nicht in seinem eigenen Glibber ausrutschen.
Wenn der betagte Arzt mit lüstern hervorgestreckter Zunge und fast schon gierigem Blick die Knochensäge anwirft und dabei mit euphorischer Detailversessenheit von der Virtuosität seines Schaffens berichtet, mag man Re-Animator ganz fest umschlingen.
Die Figuren sind gut ausgearbeitet, reden keinen Unsinn und verhalten sich im Genrerahmen nachvollziehbar. Wärehnd Hauptdarsteller Jeffrey Combs in diesem Re-Animator-Teil noch stark an den prototypischen College-Studenten ohne große praktische Erfahrung, aber mit vorzeigbarer Blondine an der Seite erinnert, liefert Bruce Abbott als übereifriger Praxisbefürworter eine angenehm psychopathische Performance ab, die nie über ihr Ziel hinausschießt, aber trotzdem ein paar witzige Spitzen auf Lager hat. Es ist diese Mischung aus klassischen 80er-Jahre-Horrorelementen und dem bösartigen, aber selbstreflexiven und zum Glück sehr leisen, zurückhaltenden Humor, der den Kultstatus von Re-Animator erklärt. Viel trägt die im doppelten Sinne klassische Instrumentalisierung zur Stimmung des Filmes bei, die von Horror-Komponist Richard Band kreiert wurde, der hier erstmalig mit Stuart Gordon zusammenarbeitete. Nicht zurückhaltend, aber niemals aufdringlich und mit schnödem Pomp überladen, sondern in altmodisch-effizienter Weise antizipierend, vorwärtstreibend, vorbereitend und zurückhaltend, niemals subtil, aber immer mit dem richtigen Gespür für die Situation, so nimmt einen die Instrumentalisierung an die Hand, von Anfang bis Ende. Sie führt den Zuschauer durch die vielen kleinen Höhepunkte, durch die die beiden Wissenschaftler schrittweise zu ihrem zweifelhaftem Erfolg geführt werden. Alle paar Minuten hält der Film mit kurzen Schockepisoden bei der Stange, während die Welt schnell ihre eigenen Regeln vergisst. Das grün schimmernde Serum muss anfangs noch gezielt ins Hirn injiziert werden, um die Leichen zu vitalisieren. Später ist es dann aber gleich, wohin der Saft gepresst wird. Die Körper erwachen so oder so zum Leben, wenn sie mit ihm in Berührung kommen.
Nach einer Stunde ist das eh egal. Wenn der Antagonisten-Kadaver wieder rumläuft, driftet die Geschichte vollständig ins Absurde – leider. Kopf und Körper agieren unabhängig voneinander, die bisher angenehm dezente Komik legt eine Schippe zu viel drauf und auch die Musik lässt sich hinreißen, bei der Übertreibung mitzumischen. Dann ist
Re-Animator weniger eklig, weniger ernstzunehmen und dadurch auch weniger gut. Diese sonderbare Hommage an alte Gruselmotive hat ohne Frage etwas für sich, bringt die bisher stringente Atmosphäre des medizinischen Sci-Fi-Filmes aber gehörig durcheinander. Das überbordende Finale vermag es jedoch, diesen Fehltritt vergessen zu machen. Der Film hat dann nicht mehr denselben Ton, wirkt in den ausladenden, fast schon an Braindead erinnernden Gefilden aber trittsicher und fühlt sich sichtlich wohl.

Dem wissenschaftskritischen Aspekt, wenn man den Film denn nicht als puren Unterhaltungsstreifen wahrnehmen möchte, kommt keine allzu große Rolle zu, er bleibt im Hintergrund aber durchweg spürbar. Es sind die Thematik und die agierenden Forscher, die allesamt auf ihre Weise einen an der Klatsche haben, weil sie nicht nur ihr Erkenntnisinteresse über den Rest der Welt und alle Werte erheben, sondern vorrangig von paranoidem Konkurrenzdenken getrieben werden. Anstatt in kooperativem Wirken gesicherte Ergebnisse anzustreben, werden die Wissenschaftler zu narzisstischen Eigenbrödlern, die dem anderen keinen Zentimeter Fortschritt gönnen und sich neidvoll mit fremden Federn behängen. Interessant wird es, wenn man eine andere Lesart zulässt. Der erzkonservative Dekan Halsey lässt Töcherlein Megan nicht bei unserem Wissenschaftler übernachten. Theoretisch ist dies nur durch Eheschließung möglich, praktisch gar nicht, denn ein offizieller Kontakt, der über akademische Belange hinausgeht, würde den jungen West sofort von der Forschungseinrichtung verbannen. Zusammenfinden kann das Paar nur, weil der Vater früh das Zeitliche segnet – und natürlich als grunzendes, instinktgetriebenes Wesen wiederkehrt, das keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Es sind gleich zwei Weltbilder, mit denen Gordons Film abrechnet, und einzig der ambitionierte, aber gewissenahfte West kann siegreich hervorgehen, da er die goldene Mitte zwischen alt und neu, Rückwärtsgewandtheit und Hybris verkörpert, um sich gegen die miteinander paktierenden Weltbilder durchzusetzen, bis ihn sein doppeltes Wesen am Ende zerreißt.
Das kann nur gipfeln in einem Splatterfest, in dem Zurückgeholte splitterfasernackt und blutrünstig, aber unter voller geistiger Kontrolle als Armee aufmaschieren.

Fazit

Eine hübsch inszenierte Eskalation mit liebevollen, kaum gealterten Effekten, einer überwiegend gut dosierten Selbstironie, gut aufgelegten Darstellern und einer sehr dynamischen Dramaturgie. Ein unpassender Ausflug ins Absurde bricht nach einer Stunde aber mit der Atmosphäre und der Film benötigt eine Weile, um sein neues Gesicht mit der Geschichte zusammenzubringen.

Falling Skies – Staffel 1

DreamWorks Televisions Falling Skies wirkt auf den ersten Blick wie eine der unzähligen öden ‚Mystery-Montag‘-Serien im Stile von 4400 – Die Rückkehrer, V – Die Besucher oder Jericho – Der Anschlag. Es fehlt aber nicht nur der obligatorische Beititel, der die Handlung mit einem zusätzlichen Subjekt andeutet. Dass Stephen Spielberg Produzent ist, scheint in diesem Fall mehr zu sein als reines Werbemittel.


Maybe we owe it to those who didn’t, to become the best of mankind.

Story

Ein halbes Jahr liegt die plötzliche Invasion der Außerirdischen zurück. Riesige Schiffe hängen starr über Städten, die Menschen sind weitestgehend vernichtet, Siedlungen leer und zerbombt. Die wenigen Überlebenden schlagen sich alleine oder in Banden durch die Trümmer der Zivilisation, fliehen vor den Besatzern und bekämpfen sich gegenseitig.
Die Zweite Massachusetts, eine von wenigen koordinierten Widerstandszellen, hat es entsprechend schwer. Der Feind ist nicht zu verstehen, seine Motive sind – neben der aggressiven Ausrottung – unklar und Schwachstellen nicht bekannt. Riesige Mechs und schleimige Skitters räuchern die Nester der Flüchtlinge aus, töten die Erwachsenen und verschleppen Kinder, um sie mit einer organischen Steuereinheit an der Wirbelsäule zu Sklaven zu machen.
Thomas Mason, ehemaliger Geschichtsprofessor, ist Vater von drei Söhnen und nun Stellvertreter von Captain Daniel Weavers, dem verbissenen Anführer der mager ausgestatteten Streitkräfte. Gemeinsam mit anderen Anhängern des Widerstands müssen sie sich neu organisieren, Gefahren von Innen eindämmen, den Feind verstehen und am Leben bleiben.

Kritik

Wirbt ein Elaborat aus Film und Fernsehen mit großem Produzentennamen, hat das für gewöhnlich nichts zu bedeuten. Bei Falling Skies liegt die Sache überraschenderweise etwas anders, denn sowohl die guten wie auch die weniger guten Seiten, die man aus den Werken Stephen Spielbergs schätzen und erleiden gelernt hat, sind in der Sci-Fi-Serie erkennbar. Beginnen wir beim weniger erfreulichen Part.

Der flächendeckende Einsatz penetrant süßlicher Musik ist wohl das repräsentativste Stilmittel für das, was schiefläuft. Immer noch glauben große Teile des US-TVs, der Zuschauer würde den Grundton einer Szene nicht ohne einen tatsächlichen Ton, der das zu generierende Gefühl transportiert, verstehen. In Wirklichkeit nimmt es den Bildern wichtigen Wind aus den Segeln, wenn all das, was der Zuschauer aus sich heraus in das Gesehene legen könnte, bereits künstlich oktroyiert wird. Die Erfassung von Kunstwerken wird immer in erster Linie Konstruktions- und Kombinationsarbeit des Rezipienten sein. Je mehr davon stattfindet, desto intensiver, authentischer und tiefer wird die dargestellte Welt. Je mehr ihm aber davon mit billigen Gängelungsinstrumenten aus der Hand genommen wird, desto platter wird sie; die Diegese kastriert sich selber. Ohne die pathetisch geschwungenen Reden zu sirupartiger Musik wäre schon die erste Staffel weitaus besser.

Dies fügt sich nahtlos in das Gesamtbild. Es sind wieder mal die Schönen, die als einzige die rauen Zeiten des Alienterrors überstanden haben. Es sind die armen unschuldigen und natürlich ebenfalls hübschen Kinder, die von den Aliens zu zombiehaften Marionetten gemacht werden. Schutzlosigkeit und Unschuld werd ins Maßlose gesteigert. Der Makel ist eine Schande am Reinen, die nach Vergeltung brüllt. Die Figuren scheinen sämtlich Variationen aus der Kiste für Standardbausteine von Standardserien. Und die außerirdische Streitmacht? Wirbeltierartige Standardviecher, in Szene gesetzt wie die Bedrohung in einem Slasherstreifen.
Das alles nimmt man aus der ersten Episode mit. Die Effekte sind dazu gereade so noch Fernseh-Niveau, eigentlich aber 10 Jahre ihrer Zeit hinterher. Das Schauspiel ist überwiegend in Ordnung, aber nicht bemerkenswert. Die Stimmung passabel, aber zerkratzt von atmosphärischen Fehlgriffen wie die oben beschriebenen. Ummantelt von einem Plot von der Stange.

Aber dann, bevor die erste Folge endet, ein Lichtblick. Beim so unbekannten wie uninteressanten Aggressor wird eine Ahnung von Tiefe antizipiert. Es ist nicht viel, was die ersten 40 Minuten als Köder hinhalten, aber es ist etwas. Wer ihn daraufhin nimmt, darf feststellen, dass sich dieser Vertrauensvorschuss auszahlen wird. Außerdem kommt man schwer drumherum, sich einzugestehen, dass trotz der stilistischen Plattitüden eben auch die positiven Einflüsse von Produzent Spielberg und Autor Robert Rodat in Erscheinung treten.
Die auf Episodengröße zurechtgehackten Geschichten sind nicht herausragend, werden aber in ordentlicher Geschwindigkeit erzählt – und allein das macht eine Menge aus. Dank den ökonomisch kurzen 40 Minuten pro Episode und 10 Episoden pro Staffel hat die Serie quasi nie mit Längenproblemen zu hadern. Zudem darauf verzichtet wurde, einen bedeutungsschweren Vorspann einzubauen, der die Laufzeit künstlich aufbläht. Alles geschieht angenehm kurzzeitig aufeinanderfolgend und der pausenlose Marsch durch die Etappen der Handlung wird so diszipliniert durchgehalten, dass die kleinen Unzulänglichkeiten, die am Anfang noch Schlimmes befürchten lassen, gar nicht so stark ins Gewicht fallen. Tatsächlich werden die Figuren trotz stereotyper Veranlagung rasch sympathisch.
Während der Plot grundsätzlich interessante Aspekte aufweist und im richtigen Tempo voran gepeitscht wird, sodass der Zuschauer stets mit genügend viel Zucker in die nächste Folge gelockt wird, hapert es manchmal an den Wegen, die das Drehbuch einschlägt. Es ist schon etwas arg konstruiert, wenn die Widerständler gedankenverloren ihren ersten Kriegsgefangenen, einen gefährlichen wie unbekannten Parasiten sowie einen potenziellen Wirt unbewacht im selben Raum einquartieren. Solche Kleinigkeiten sind es, die immer wieder fragen lassen, wie so etwas passieren kann. Ungereimtheiten dieser Art gibt es auch in anderen Bereichen, aber nirgends stoßen sie so bitter auf wie mitten in der Story.

Lob verdient sich die Geschichte aufgrund ihrer cleveren Struktur. Wie gesagt, inhaltlich darf keine Revolution erwartet werden, der formelle Aufbau aber ist richtungsweisend. Die einzelnen Glieder gehen sinnig ineinander auf und sind, so wie sie portioniert wurden, optimal im angebotenen Serienformat aufgehoben. So erzählen alle Folgen ihre eigenen Geschichten, von denen aber jede aus der vorherigen hervorgeht. Kein Subplot erweckt den Eindruck, nur isoliertes Füllwerk zu sein, während die Episoden sämtlich eine gewisse Abgeschlossenheit aufweisen können. Dabei befindet sich der Spannungsbogen auf konstantem Niveau, das fernab von nervenzerreißend ist, die Allgegenwärtigkeit der Bedrohung aber ebenso gut rüberzubringen vermag wie ihre Undurchschaubarkeit. ‚Konstantes Niveau‘ bedeutet auch, dass die letzte Folge keine Ausnahme bildet. Sie wirkt wie eine der 9 vorherigen und endet mit einem Cliffhanger, der bemüht dramatisch, genaugenommen aber gar nicht so aufregend ist, zudem auch die vermeientlich große Tat der Widerständlicher im letzten Akt eigentlich kaum der Rede wert ist.
Es ist vor allem Noah Wyle (bekannt vornehmlich aus Emergency Room), der alles zusammenhält. Zwar ist sein Tom Mason auf einem denkbar durchschnittlichen Grundgerüst errichtet, doch seine Darstellung des Vaters und Arztes, der zum Anführer der Rebellen avanciert, ist erfrischend natürlich und menschlich, nie überzogen und bemerkenswert sympathisch.

Fazit

Falling Skies bemüht sich sichtlich, es dem Zuschauer nicht immer leicht zu machen, die Serie zu mögen. Die Effekte sind unterdurchschnittlich, das wirklich Bedauerliche ist aber, dass die Serie, wäre sie nüchterner und mit ein wenig Dezenz erzählt, die Chance hätte, zu den Größeren zu gehören. Dank der wenig feinfühligen weil plump steuernden Inszenierung erfüllt sie aber nur selten das volle Potenzial, das sie im Kern trägt.
Dessen ungeachtet: Die Dramaturgie gibt es her, das Szenario sowieso. Erzählerisches Fingerspitzengefühl, ein tauglicher Protagonist und vor allem das forsche Tempo machen Staffel 1 zu einem nichtsdestotrotz sehenswerten und allemal kurzweiligen Auftakt, der geschickt die Weichen für Größeres stellt.

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension

The Adventures of Buckaroo Banzai Across the 8th Dimension, der Film, der tut, als sei er einem Comic entsprungen. Der Film, der eines der wunderlichsten Schauspieleraufgebote überhaupt hat. Der Film, der von einer überzeugten Gruppe frenetisch als Kult gefeiert wird.

The president’s calling.
The president of what?

Story

Buckaroo Banzai, Gehirnchirurg, Physiker, Kampfsportass, Debattiertalent, begnadeter Musiker, Besitzer eines Raketenautos, das es vermag, Dimensionsgrenzen zu durchbrechen, und zu alledem die zweifelsohne coolste Sau des ganzen Universums.
Mit seinem Rennschlitten gelingt es ihm erstmalig, die 8. Dimension zu betreten, mit der die Leere der Materie gefüllt ist. Eine fiebrige, sulzige Welt des Zwielichts, Heimat unheimlichster Monstrositäten, unbenennbarer Greuel und tiefster Mysterien.
Im Anschluss ist nichts mehr, wie es war. Der fiese Dr. Lizardo, der vor Jahrzehnten bei einem ähnlichen Experiment halb mit der 8. Dimension verschmolz und seither als Inhaber diverser Persönlichkeiten in einer Anstalt residiert, wittert seine zweite Chance und macht sich auf die Jagd nach Buckaroos Technik. Dieser hingegen ist plötzlich befähigt, die Ungetüme der sinistren Dimension auch in der unsrigen Welt wahrzunehmen – weil ihm ein paar schurkische Lectroiden vom Planet 10, die sich als Präsident ausgaben, via Telefon einen Blitz ins Ohr geschossen haben.
Verflixt und zugenäht, errette uns, Buckaroo Banzai!

Kritik

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension ist einer dieser pulpigen Kultfilme, die mit der Zeit ein bisschen in Vergessenheit geraten sind, aber niemals ganz den Schlund der Zeit hinabrutschen werden.
Die Witze werden einem nicht mit Nachdruck ins Gesicht gepresst, sondern sie passieren einfach. Damit vermeidet Buckaroo Banzai jenes Grundproblem, mit dem Komödien seit jeher geschlagen sind. Damit beweist der Film aber auch, wie zeitlos Komödiantisches ist, wenn man es denn richtig rüberzubringen vermag. Entweder man erkennt und versteht, was da am Bildrand für abstruses Zeug vonstattengeht, oder eben nicht. Der Film traut dem Zuschauer zu, selbst zu begreifen, was ihn zum Lachen bringt, und kommt dadurch nie in die peinliche Situation, mit großem Radau auf einen Gag hingewiesen zu haben, der dann nicht zündete. Deswegen ist der Film heute noch genauso gut genießbar wie zu seiner Erscheinungszeit 1984: Humor ist zeitlos, Moderationsgepflogenheiten sind es nicht. Der Spaß des Sci-Fi-Abenteuers ist abgedreht, ohne albern zu sein, ergibt sich herrlich natürlich aus den einzelnen Szenen, ist in höflicher Weise völlig respektlos, in höchstem Maße exzentrisch und kann, zusammengenommen, auch heute noch mit seiner großen Einzigartigkeit prahlen.
Aber auch von seinen amüsantem Kern abgesehen ist Buckaroo Banzai heute ebenso guckbar wie damals. Die Effekte schwanken zwischen herzallerliebst und im bestgemeintesten Sinne solide, fügen sich vor allem aber anstandslos in die dargestellte Welt, ohne wie pappige Fremdkörper hervorzuragen. Sämtliche Schauspieler des wahrhaft ansehnlichen Casts legen große Spielfreude an den Tag und bringen das nötige Quäntchen Selbstironie mit, ohne dabei albern aus der Geschichte zu purzeln. Sei es ein Jeff Goldblum, der hier schon ein Jahr vor Kopfüber in die Nacht in seinem selbstverständlich getragenen Cowboy-Outfit komisch sein darf, sei es Christopher Lloyd, der ebenfalls ein Jahr vor Zurück in die Zukunft Wissenschaftler sein darf oder natürlich der über alles erhabene John Lithgow, der 22 Jahre vor Dexter extrovertierter Schurke sein darf. Es ist, als hätte W. D. Richter selbst eine interdimensionale Reise unternommen, um zu ergründen, welche Darstellerkombination aus zukünftiger Perspektive wohl die bemerkenswerteste wäre.
Einen Helden wie Buckaroo, diese verwegene Mischung aus Bruce Banner, Han Solo und James Bond, gab und gibt es kein zweites Mal. Er ist alles auf einmal und nie zu viel. Ständig lässig gelassen, aber nie zu unbekümmert, immer seriös und zugleich pulsierend vor Energie. Und ja, dazu noch verdammt sexy und in seinem vor Selbstsicherheit strotzdenden Auftreten geradezu hypnotisch.
Man kann zurecht der Meinung sein, Peter Weller wäre der perfekte RoboCop, aber man muss mit gleich viel Recht zugeben, dass er auch der perfekte Weltenretter, Rockstar, Chirurg, Gentleman Superagent et cetera ist – 3 Jahre vor RoboCop.

Ab der Hälfte, mal wieder zu dem Zeitpunkt, an dem die Geschichte eigentlich in Schwung kommt, geht dem Film leider ein wenig die Puste aus. Die Witze sind, wenn sie da sind, immer noch gut, tauchen aber seltener auf. Die Handlung, die stattdessen mit größerer Stringenz in den Vordergrund tritt, ist zwar immer noch mit permanentem Augenzwinkern beschäftigt, aber nicht halb so spritzig, wie der vergnügliche Anfangspart. Ab hier wird etwas steifer in der Hüfte. Sonderlich schlimm ist das nicht, denn kurz darauf nimmt der Irrsinn wieder mehr an Fahrt auf und ulkt sich durch einen 40-minütigen Endspurt. Hier erhält der großartige Dr. Lizardo auch endlich eine angemessene Screentime, alles darf sich noch mal kräftig überschlagen und am Ende stolziert die Riege der Helden tänzerisch männlich zu den Closing Credits der 80er, während eine Texttafel neckisch verkündet, dass unser Held wiederkehren wird – in Buckaroo Banzai versus the World Crime League. Ein Versprechen, das durchaus ernstgemeint war, bis heute aber uneingelöst blieb.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Das bekräftigt auch Regisseur W. D. Richter regelmäßig in Interviews, wenn das Gespräch zwangsläufig auf diesen einen der zwei von ihm gedrehten Filme zusteuert.
Dass jemand, der unter anderem Big Trouble In Little China, Dracula und Die Körperfresser kommen geschrieben hat, meist ausgerechnet über Buckaroo Banazai ausgefragt wird, spricht eigentlich für sich.

Fazit

Ein Humor, der so eigenständig und unbekümmert hinsichtlich jeder Konventionen ist, dass er kein einziges graues Haar aufweist. Ein Protagonist, der ironisch alles in sich vereint, was Helden ausmacht, eine zügellose Erzählweise und die Tatsache, dass man die Freude, die alle Beteiligten beim Dreh haben mussten, in jeder Szene selbst erfährt, machen Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension zu einem immer wieder sehenswerten Spaß.