Vergessene Welt: Jurassic Park

Vier Jahre nach dem phänomenalen Erfolg, den Steven Spielberg mit der Verfilmung von Michael Crichtons Bestseller erschuf, stand naturgemäß die Fortsetzung ins Haus. Wieder führte Spielberg Regie, wieder schrieb Koepp das Drehbuch.
Trotzdem bleibt das Sequel deutlich hinter dem Erstling Jurassic Park zurück.

The Scientist on TV? I believed you.

Story

Vier Jahre ist es her, dass die Geschehnisse im ungeöffneten Jurassic Park eskalierten, alle Beteiligten nur knapp mit dem Leben davonkamen und der Schöpfer des Ganzen, John Hammond, sich eines Besseren belehren ließ.
Als eben jener gegenüber Dr. Ian Malcolm eröffnet, dass die Tiere gar nicht auf Isla Nublar, sondern auf einer anderen Insel gezüchtet wurden und seitdem unbeaufsichtigt dort leben, fällt dieser natürlich aus allen Wolken.
Da seine Freundin Dr. Sarah Harding sich aber dort aufhält, lässt er sich zähneknirschend dazu überreden, eine Expedition zur verlassenen Brutstätte anzuleiten.

Kritik

Erst einmal gilt es, die abstruse Ausgangssituation über eine bisher noch nicht erwähnte zweite Insel zu schlucken, welche vor einer ausführlichen Dokumentation durch Fachmänner von der Öffentlichkeit ihr Recht nicht zugestanden bekäme, in Ruhe gelassen zu werden. Die Ausgangssituation von Vergessene Welt: Jurassic Park ist alles andere als mühevoll erdacht, sondern ein sehr schludriger und fadenscheiniger Grund, das Abenteuer aus Teil 1 noch einmal zu wiederholen. Nur dass von dem ursprünglichen Team nur noch der zynische Chaostheoretiker Dr. Ian Malcolm mit dabei ist, dem dafür aber die durchsetzungskräftige Freundin Sarah, gespielt von der immer gern gesehenen Julianne Moore, zur Seite gestellt wird. Von der Geschichte wird Malcolm zwar etwas demontiert, da man ihm einiges künstlich andichtete, was man im ersten Teil eigentlich schon hätte erfahren müssen, seine trockenen Sprüche und die Spur von Unternehmungslust wurden aber unbeschadet auch in das zweite Abenteuer importiert.
Im Großen und Ganzen ist das Sequel zu Jurassic Park exakt das, was jeder erwartet hat. Dasselbe in Grün, was nicht ganz so toll und naturgemäß nicht mehr überraschend, aber immer noch recht unterhaltsam ist. Bereits die Exposition verrät dies – man lässt sich immer noch Zeit, all das zu etablieren, ist aber nicht ganz so geduldig, sondern lässt es schon dann zur Sache gehen, wo der Vorgänger mit seiner Einleitung gerade einmal zur Hälfte durch war. Zum Teil liegt das natürlich auch am banalen Fakt, dass der ganze Zauber mit und um die Dinowelt natürlich kein zweites Mal in dieser Größe aufgezogen werden kann.

Leider ist die Geschichte, wie anfangs schon angedeutet, noch etwas dümmer konstruiert als die des Vorgängers. Die Idee, besessene Großwildjäger einzubauen, die mi Jeep und Cross-Bike ihre Testosteronausgleiche vornehmen, ist ein mehr als dünner Vorwand, um auf Zwang noch mehr Kritik am dummen, uneinsichtigen Menschen zu üben. Diese ganze Truppe an machohaften Rüpeln besteht nur aus einseitigen, völlig uninteressanten Figuren. Anders als im ersten Teil geht es nun einfach um zwei relativ homogene Gruppen, die sich stark voneinander unterscheiden. Die einzelnen Mitglieder sind dafür aber sehr viel gesichtsloser. Der Unterschied zum ersten Teil ist, dass die Figuren unbeabsichtigt unsympathisch geraten sind und dass das Ganze keine launige Tour durch einen Vergnügungspark mehr ist, sondern eine weit weniger klare Geschichte, deren einzelne Etappen keine richtigen Abenteuer, sondern meist nur mäßig interessante Ereignisse darstellen, denen einfach die Dramatik fehlt.
Die Schar der vergnügungssüchtigen Schmierfinke schon deshalb zur Farce, weil sie trotz allem ständig unbewaffnet scheint und man sich andauernd unkoordiniert auf der Flucht befindet. Was da auf die Insel gebracht wurde, daran lässt der Film nie zweifeln, ist nichts anderes als Beute, die der Schaulust des Zuschauers geopfert werden soll.

Eine der intensivsten Szenen ist natürlich die, in der das T-Rex-Junge verarztet wird und der Zuschauer jede Sekunde damit rechnet, dass das fuchsteufelswilde Muttertier anstürmt. Hier erinnert Vergessene Welt: Jurassic Park an den ersten Teil mit seinen vorbildlich gestaffelten Actionsequenzen, die gleich mehrere Höhe- und Wendepunkte besitzen und zwischendurch mit einer unaufdringlichen Kamerafahrt oder Intensität fördernden Close-Ups am Leben gehalten werden. Auch wenn hier einiges zum bloßen Zweck der Szenenverlängerung passiert, sind die Ideen und Steigerungsmomente einfach zu gut gesetzt, zudem auch semiotisch immer darauf geachtet wird, die Brenzlichkeit der Lage auf allen Ebenen deutlich zu machen.
Direkt im Anschluss beweist das Großwildjägerkollektiv aber wieder einmal, wie dumm und kurzsichtig es ist, weshalb der Film an diesem Punkt schon wieder nicht so richtig ernst zu nehmen ist.
Gerade weil der Wald nun viel organischer wirkt und die Welt damit viel mehr Tiefe hat, wird durch so nachlässige Figurenzeichnung der Marke „Sie sind böse, also machen wir sie dumm“ einiges an Potenzial verschenkt. Ein Drehbuch, das sich dafür entscheidet, seine Figuren teilweise als völlig unzurechnungsfähig dastehen zu lassen, kann auch mit schönen Effekten und einer mehr als ordentlichen Inszenierung keinen durch und durch intensiven Film ergeben.
Und so verhält es sich über die volle Spieldauer. Die Action ist manchmal okay, manchmal Hollywood im allerbesten Sinne, doch die figurenzentrierten Momente zwischen diesen Szenen sind ab dem Zeitpunkt, wenn die Jägertruppe die Bühne betritt, nicht mehr zu gebrauchen.
Eine Sünde ist es zudem, dass der Film nicht aufhört, wenn er seine Geschichte zu Ende erzählt hat. Nach klassischen 90 Minuten sind die Geschäfte auf der Insel erledigt und Vergessene Welt: Jurassic Park könnte genauso zackig enden wie der erste Teil. Doch weil man mehr bieten wollte als nur einen zweiten Aufguss, geht es in den letzten Minuten noch mal runter von der Insel, wo ein bizarrer Logikfehler (bzw. eine herausgeschnittene Szene, deren Fehlen absurde Konsequenzen hat) und eine King-Kong-Hommage kurz in der Zivilisation wüten, um die Tricktechnik noch mal so richtig die Muskeln spielen zu lassen. Das Spektakel wirkt mehr wie ein geraffter dritter Teil und ist in seinem Bemühen, ja auch noch mal zu verdeutlichen, wie viel des Menschen Hochmut ihn kosten wird, schwerlich zu genießen.

Was bleibt ist die Action und ein kerniger Protagonist. Von beidem gibt es glücklicherweise mehr als genug, sodass die Fehler nicht allzu schwer ins Gewicht fallen.
Dass Jeff Goldblum so oft alarmiert in die an ihn heranfahrende Kamera schaut, wie zusammengenommen in seiner ganzen sonstigen Karriere nicht, ist übrigens ein bisschen amüsant, aber gar nicht groß störend. Spielberg ist sich seiner Regie dafür einfach zu sicher, sodass er mit derlei Dreistigkeiten tatsächlich einfach durchkommt.

Fazit

Vergessene Welt: Jurassic Park hätte –gerade in der Rückschau – viel besser sein können. Das ebenfalls von David Koepp geschriebene Drehbuch wirkt an vielen Momenten aber etwas uninspiriert und ärgert mit seinen vielen beschränkten Figuren.
Im ersten Drittel und in manchen actionhaltigen Einlagen schimmert aber der Geist des Vorgängers hervor. Zudem ist es eine Freude, dass der mürrische Ian Malcom nun den Raum hat, den man ihm im ersten Teil insgeheim gewünscht hat.
Einige recht blutige Szenen machen das Sequel übrigens zu einem Film, der nicht mehr so familientauglich ist, wie sein Vorgänger. Sehenswert ist der Film trotzdem; etwas, das man von seinem Nachfolger Jurassic Park III nicht mehr so uneingeschränkt behaupten konnte.

Jurassic Park

Diese Woche kam nach langem hin und her und 7 Jahre nach dem Tode Michael Crichtons Jurassic World in die Kinos. Grund genug, noch einmal in Kürze die drei ersten Filme der legendären Reihe Revue passieren zu lassen.


And what are those?
Story

Ilsar Nublar ist der sprechende Name des tropischen Eilandes, auf dem Multimilliardär John Hammond mit kindlichem Eifer seine Idee eines extravaganten Themenparks mit paläontologischer Flora und Fauna verwirklicht.
Als es zu einem Unfall kommt, verlangen die Sponsoren jedoch ein Gutachten von unabhängigen Spezialisten bezüglich der Sicherheit des Parks.
Die Archäologen Dr. Alan Grant und Dr. Ellie Sattler werden zusammen mit dem zynischen Chaostheoretiker Dr. Ian Malcom auf die Insel geflogen und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie realisieren, in was für eine Welt sie da dringen.
Während die Sponsoren hin und weg sind, haben die Forscher ihre Zweifel. Durchaus berechtigte Zweifel, wie sich bei der alles andere als planmäßig verlaufenden Tour durch den Dinopark herausstellt.

Kritik

Es raschelt und rumort im Dickicht, blickdichtes Gebüsch verwehrt jeden Blick, während die Geräusche etwas Großes erahnen lassen, das sich unaufhaltsam nähert. Was dann durch das Blätterwerk bricht, ist nicht die erwartete Urzeitechse, sondern ein am Transportseil baumelnder Container. Das ist zum einen ein Vorgeschmack auf die alles andere als unaufdringliche Symbolik des Filmes, zum anderen ist es aber auch das Versprechen, es nicht zu überstürzen.
Erst gibt es ein paar Appetizer, aber nur kurze Blicke auf Einzelnes. Nach mehr als 40 Minuten geht’s erst in den wahren Park und auch da bleibt es lange noch spannend, bis es die Fahrt so richtig beginnt. Die Action startet erst bei 01:06, also nach der Hälfte des ganzen Filmes. Von diesem langen Anlauf ist nichts lahm oder blöde, weil die Figuren kein reiner Selbstzweck sind, sondern das Drehbuch sie liebt schlichtweg. Wie der Park ist der Film ein sukzessives Erleben, ein Schauen während einer Rundfahrt, bei der man langsam durch die Stationen der Attraktion tuckert, sich für die Zeit, die es braucht, aber auf magische Weise aus der Zeit genommen fühlt. Jurassic Park ist eine von Spielbergs aufdringlichsten Regiearbeiten, bei der die Kamera sofort alles bezoomt und mit dramatischen Schwenks fokussiert wird. Und sie funktioniert tadellos auf diese Weise.

Die Charaktere funktionieren auf ähnliche Weise Es sind streng überzeichnete Personen, die in ausladenden Gesten den Alltag bestreiten und ständig, wie bei Spielberg in allen Filmen üblich, aufgerissenen Auges mit Schreckgesicht von unten in die Kamera stieren, um ihre ganz eigene Art von Charakterentwicklung zu durchleben. Dabei ist genaugenommen niemand von ihnen wirklich sympathisch, alle haben sie ihre nervigen Macken, im Zusammenspiel jedoch funktioniert das alles und ist am Ende sogar sehr charmant. Es sind eben schräge, überzogene und überzogen gespielte Vögel, die aber funktionieren und zusammen mit der – hier ja gut begründet – etwas gekünstelt aussehenden Welt und den kruden Handlungsverläufen ein ganz eigenes, sympathisches Universum kreieren, das genauso zirzensisch daherkommt, wie der titelgebende Park es ist.

Einer der ersten überaus markanten Höhepunkte des Filmes ist die Geburt eines Velociraptors. Anhand dessen lässt sich bestens aufzeigen, was Spielbergs Regie so gewinnend mach. In besagter Szene ist nicht der Schlüpfvorgang inszenatorisches Zentrum, sondern die Personen und ihre Handlungen, welche konsequent den Eigenarten der jeweiligen Figur treubleiben und sie festigen. Das ist schlicht viel interessanter als einem Ei über zwei Minuten hinweg beim Brechen zu beobachten, wie es in anderen Filmen passiert wäre. In den dabei stattfindenden Dialogen liegt so viel augenzwinkernd aufdringliche Metaphorik, wie sie ein Film braucht, der von Kindern wie von Erwachsenen bestaunt werden will. Und das ist im durchaus besten Sinne gemeint.

Damit der Park eine Panne hat und die Eskalation beginnen kann, muss eine Reihe durch und durch comichafter Zufälle durchlaufen werden und häufig ist diese schicksalsartige Verkettung von Ereignissen ausgesprochen dämlich konzipiert, unterhaltsam ist all das nichtsdestotrotz. Gerade diese Mischung aus familienfreundlichem Humor, mehrstufiger Action und schroffen, aber irgendwie doch liebenswerten Charakteren in einer ziemlich bunten Welt bewirkt diese einzigartige Atmosphäre des Filmes. Funktionieren kann das, weil alles fließend ineinander übergeht. Herzstück des Filmes ist die herrlich präzise definierte Action – ohne hyperaktive Wackelkamera, dafür mit durchdachten Einstellungen, wie man sie heute in den meisten Filmen, die auf Tempo setzen, sehnlichst vermisst.. Fast immer sind diese Sequenzen mehrteilig: Sie setzen sich meist aus drei parallelen, ineinandergreifenden Brandherden zusammen, wie der T-Rex, das zur Klippe rutschende Auto und das am Drahtseil baumelnde Forscherpaar.
Deshalb beinhaltet Jurassic Park zahlreiche Szenen, die aufgrund ihrer Auffälligkeit einfach für immer im Gedächtnis liegen und auch nach Jahrzehnten absolut unvergessen sind. Man denke nur an die ikonischen Gläser mit zitterndem Wasser, die das Herannahen des Dinoriesen ankündigen. Dass diese nicht auf einem Tisch, sondern auf der Ablage in einem Geländewagen stehen, welcher eben noch fuhr, weshalb sie dort gar nicht stehen dürften, ist nicht nur völlig egal, sondern irgendwie auch sehr sympathisch. Das mag verklärt und beschönigend klingen, im Rausch des Filmerlebnisses funktioniert es aber tatsächlich bis heute anstandslos.
In vielen Szenen dominiert undurchdringlicher, in Wogen herumwabernder Nebel als Stilmittel der Verdeckung – ein solches etwas plumpes Stilmittel, das spätestens seit den mittleren 90ern niemand mehr verwenden kann, ohne wie ein Trottel zu wirken, schafft bei Steven Spielbergs erfreulich altmodischer Regie Stimmung und macht Spaß.
Selbst der überdrehte Humor funktioniert auf seine auf das jüngere Publikum abzielende Weise. Manchmal geht es aber auch subtiler. Der Monolog des Wissenschaftlers, der sich über Unterhaltung auslässt die nicht real, sondern nur Illusion ist, in einem Film, der sich bewusst dadurch profilierte, die besten visuellen Effekte aller Zeiten zu haben, ist dabei nur einer von mehreren Momenten des Augenzwinkerns.

Jurassic Park ist ein Film vieler mustergütiger Spannungsbögen. Jeder Wechsel zwischen den Handlungssträngen führt zu einer Szene, die ihren eigenen kurzen, aber großen Moment der Aufregung hat, dem man sofort anmerkt, dass jede Menge Herzblut und Leidenschaft in ihm steckt. Generische Action gibt es in Spielbergs Dinopark nicht. Immer beginnt es besonnen, man ahnt die Figuren ins Unglück laufen, es folgt ein kurzer Moment heimtückischer Ruhe, der besagt, dass es anders kommen könnte, aber nicht kommt, das unvermeidliche Unglück tritt ein und es folgt die überaus knappe und überaus spektakuläre Flucht. Diese Struktur wirkt den ganzen Film über; wie im Park ist es ein Besuchen von vielen Ereignissen, die alle ihre eigene Idee haben und Geschichte erzählen. Auf Momente, auf die dieses Muster nicht angewendet werden kann, verzichtet der Film einfach. Deshalb fehlt auch der eigentlich übliche Epilog – die Helden verlassen die Insel, die Geschichte ist vorüber. Dass und ob er Park geschlossen wird, wie es den anderen Figuren ergeht, all das interessiert nicht, weil sich die Familie gefunden hat. Und das ist gut so, denn Jurassic Park zeigt schließlich mit Nachdruck, wie es in einer Welt, die nur ein Geschlecht hat, zugeht.

Fazit

Mit Jurassic Park schuf Steven Spielberg in enger Zusammenarbeit mit Michael Chrichton einen der unumstrittenen Kernfilme der 90er Jahre. Das Gefühl für und der Umgang mit Film, der für dieses Jahrzehnt typisch war, wird hier mit einer Show der Spezialeffekte auf den Punkt gebracht, die nie zur seelenlosen Pappattraktion wird.
Das etwas schablonenhafte Skript und einige kleinere Merkwürdigkeiten im Verlauf der Geschichte fallen kaum ins Gewicht, schließlich liefert Spielbergs Abenteuerfilm ein zirzensisches Vergnügen mit bis heute mitreißenden mehrstufigen Actionsequenzen im familientauglichen Gewand.
Die Nachfolger Vergessene Welt: Jurassic Park und Jurassic Park III konnten finanziell teilweise, qualitativ jedoch kaum an den Erfolg anschließen.

Jurassic World – Neuer, actionreicher Trailer

Diese Woche Donnerstag galoppieren nach langer Zeit wieder Dinosaurier über die Kinoleinwände. Der neue Trailer zu Jurassic World scheint den Film in einer Kurzversion zu zeigen – und präsentiert dabei einige bisher noch gar nicht gezeigte Actionsequenzen. Insgesamt sieht das Stück weitaus besser aus als die meisten Trailer zu dem Colin Trevorrow-Film und könnte sogar andeuten, dass die ursprüngliche Schnittmenge aus Familienfilm und Abenteuer-Action wieder anzutreffen sein wird. Andererseits sieht der Film von seinen Farben und Ideen her immer noch aus, als wäre er ein halbes B-Movie.

The Ninja War of Torakage

Japan Filmfest Hamburg Special 10

Well, our time is up for now.

Story

Sechs Jahre ist es her, dass Torakage sich von seinen Pflichten als Ninja entbinden ließ, um gemeinsam mit seiner Geliebten und dem gemeinsamen Sohn ein bescheidenes Leben in Abgeschiedenheit zu führen.
Nach einer Weigerung, in die Tätigkeit seiner Vergangenheit zurückzukehren, entführt seine vorherige Herrin den Sohn des Paares. Gemeinsam müssen sie sich auf den Weg machen, in Dreitagesfrist eine legendäre Schriftrolle aus einem gut bewachten Schloss zu entwenden.
Zusammen mit einer zweiten, ergänzenden Rolle soll sie den Weg zu einem unermesslich wertvollen Schatz weisen.

Kritik

Was für eine Stauung von Lärm und Unsinn. Nach den ersten Minuten unterbricht ein – vermeintlich – portugiesischer Erzähler das Geschehen und weiht den Zuschauer darüber ein, wieso seine Geschichte im Speziellen und Ninjas im Allgemeinen eine interessante Angelegenheit sind. Es scheint, als hätte Regisseur und Autor Yoshihiro Nishimura all das zusammengekehrt, was er in den zahllosen Arbeiten im Filmgeschäft – wenn auch meist in der zweiten Reihe – erlebt und mitgenommen hat.
Das bedeutet: Ausnahmslos Satirisches, Gutes wie weniger Gutes.
Von letzterem wird der Film zu Anfang immer mal wieder heimgesucht. Zwar sind dank der hohen Gagdichte auch hier bereits schon einige gelungene Witze zu verzeichnen, doch finden sich auch immer mal wieder Kalauer, die so dumm und plump sind, dass sie einfach keinen Spaß machen. Das geht so weit, dass man sich als Zuschauer dann und wann in solchen Momenten ängstlich die Frage stellt, ob es überhaupt noch einen erkennbaren Unterschied zu gängigen Spoof Movies vorhanden ist. Einzig die Tatsache, dass der Film überraschend professionell inszeniert ist, eben immer mal wieder auch zündende Gags vorhanden sind und zudem einige Schauwerte geboten lassen, lassen einen die Frage verneinen. Darüber hinaus spielt die Filmmusik, die ein einziges Ennio-Morricone-Zitat ist, sich in ihrer penetranten Weise schnell tot und fängt an, zu nerven.
Doch The Ninja War of Torakage hat eine Eigenschaft, die beim Geschichtenerzählen als sehr erstrebenswert angesehen wird. Immer weiter steigert sich der Film, immer schneller und enger werden die Kreise um den eigenen Stil, bis er sich irgendwann so sehr in sich selbst hineingesteigert hat, dass bei all dem dichten Wahnsinn und der wahnwitzigen Aneinanderreihung von Ideen und Absurditäten gar kein Platz mehr bleibt für dumme Witze oder auch nur ansatzweise langweilige Passagen. Selbst der Soundtrack verliert seine aufdringliche Wirkung und passt sich besser ans Geschehen an. Das ist dann eine Wandlung, die sich gewaschen hat, denn ein solches Urteil über einen Film abzugeben, ist alles andere als selbstverständlich. Dass sich The Ninja War of Torakage aber immerfort zu steigern versteht und dies auch bis zur allerletzten Sekunde mühelos fortsetzt, ist schon eine erstaunliche Leistung. Die Karikatur von Fantasy- und Samurai-Filmen ist eine einzige überdrehte Achterbahnfahrt mit zig irrwitzigen Schrauben, Loopings und Gruseltunnels, bei denen lediglich einige computergenerierte Effekte die Laune zu trüben vermögen. Abrupt einsetzende Musicalszenen (praktiziert von körperlosen Klonköpfen!), Scherenschnitt-Montagen und Erzählmonologen des japanischen Portugiesen-Ninjas lassen all das aber vergessen. Trotzdem ist dieses Potpourri in seinem Wahnsinn nie strapaziös, sondern vorrangig sehr, sehr unterhaltsam. Es sei denn natürlich, man kann mit japanischem Humor ganz und gar nichts anfangen.

Fazit

The Ninja War of Torakage ist ein Meta-Film mit absolut abstruser Geschichte und mehr als nur einem blödelnden Schalk im Nacken. Gerade im ersten Drittel steckt noch viel Selbstzweckhaftes und Dümmliches in der Geschichte, doch mit der Zeit wird der Film auf wundersame Weise reifer, wilder und witziger, sodass am Schluss ein eindeutig positives Gefühl zurückbleibt.
Beinahe hofft man, dass die augenzwinkernd mit einer herrlichen Szene angekündigte Fortsetzung tatsächlich realisiert würde – auch wenn man weiß, dass der Spaß hier wohl kaum noch einmal neu aufgekocht werden könnte, ohne seinen würzigen Geschmack zu verlieren.

 

Rain for the Dead

Japan Filmfest Hamburg Special 9

Story

Nur durch Zufall findet Yōjirō heraus, dass Zombies nicht auf Menschen reagieren, wenn es regnet. So kann er sich bei schlechtem Wetter gefahrlos durch die tote Stadt bewegen und Besorgungen tätigen. In seiner Wohnung wartet, angekettet in einer Ecke, seine Freundin Mami. Nachdem sie von ihrem Vater infiziert wurde, versorgt Yōjirō sie mit Fleisch und hofft wider alle Wahrscheinlichkeit darauf, dass sich seine Lebenspartnerin wieder in einen Menschen verwandelt.

Kritik

Thematische Trends sind so eine Sache. Häufig sind ihre Vorgaben recht eng, die Art und Weise, wie man sie umsetzen kann, nicht allzu variabel. Wenn inhaltlich Variationen ohne Weiteres nicht mehr möglich sind, ohne den Gegenstand zu sehr zu verfremden, sucht man nach Änderungsmöglichkeiten in der Form.
Auch in Rain for the Dead hat die Oberhand der Stil, wenn auch nur ein klein wenig. Man huscht nicht durch die strolchenden Zombies, man schreitet. Eingerahmt wird dies von Kameraperspektiven, die mal einsam und traurig, mal eigentümlich majestätisch scheinen, immer aber den Ehrgeiz versprühen, irgendetwas ausdrücken zu wollen. Rain for the Dead ist ein Film des Ausdrucks über das Eindringen. Das Eindringen von gesammeltem Regen in Gebäude, von abgebrühten Kämpfern in die biedere, aber glückliche Vergangenheit und von Baseballschlägern in Schädeldecken. Letzteres jedoch nur in der Theorie, de facto wird im gesamten Film kein einziger Zombie getötet.
Der ständige Regen ergießt sich in die Gassen, wo die Toten hilflos wie Stop-Motion-Figuren durch die Pfützen zuckeln, in ihrer Roboterhaftigkeit fast schon jämmerlich. Und zwischen ihnen hindurch spaziert Yôhirô, wie ein kindlicher König, dessen Land und Volk nur Hirngespinste sind. Zombies, die als entseelte Ungeheuer einstmals selbst für die Gefahr der Gleichgültigkeit standen, begegnet man nun mit eben dieser. Was um uns herum ist, das wird zur Normalität, zum Alltag, dies ist das Tragischste im Dasein des modernen Menschen.
Passender Weise ermöglicht dies der Regen, das Melancholischste, was Mutter Natur zu bieten hat. So ist es nur folgerichtig, dass die Wiedergänger mehr Automaten als Monster sind, die immer noch alte Routinen in rudimentärer Struktur in sich tragen, Arbeitswege abschreiten, schunkelnd vor ihrer Haustür verharren oder sich zu vertrauten Werkzeugen hingezogen fühlen. Der Mensch ist vollends zur Maschine geworden, die nur dann unter Fehlfunktionen leidet, wenn der animalische Kern zum Vorschein kommt.
Diese Symbolik zieht sich auch durch die anderen Bereiche des Filmes, wo sie noch viel subtiler zum Tragen kommt. Tatsächlich sind Zombies in Rain for the Dead eher arme, bemitleidenswerte Kreaturen, hilflos und tragisch. Und so mag auch der Titel zu verstehen sein, der Regen für die Zombies fordert, wie man einst auf Regen für die Ernte hoffte, um Leben in das tote Korn zu bringen. Damit darf der Film noch stärker als viele andere Zombiefilme gesehen werden als ein zynischer Abgesang auf die (japanische) Gesellschaft entseelter Funktionsträger, die lange schon nicht mehr der Moderne mit ihrem Aufruf, sich und seinem Tun eine normative Funktion zu geben, überein zu bringen sind, sondern ganz vom Kapitalismus gefressen wurden.

Wie in den meisten aktuellen Genrebeiträgen sind die Masken über die meisten Zweifel erhaben, man fährt hier nicht mit Horden von Entstellten auf, sondern gewährt stattdessen immer mal wieder vereinzelte Blicke auf die verstümmelten Geschöpfe und ihre Opfer. Die so gesetzten kleinen Spitzen sind nicht nur effektvoller, sondern bringen häufig auch ein paar nette Ausschmückungen mit sich. Mit effekthascherischem Gestus wird aber gar nichts gezeigt, die Kamera ist nahezu gleichgültig bei ihrer Musterung des Status quo.

All das funktioniert in seinen Feinheiten anstandslos, wird aber immer wieder enorm von gerade den emotional aufgeladenen Szenen getrübt, auf die es zusteuert. Der verklärte Blick des in der postapokalyptischen Gegenwart Gefangenen auf die rosige Vergangenheit ist immer begleitet von schwermütigem Kitsch, ohne den die eigentliche Botschaft und die Last der Gefühle jedoch viel wirksamer zur Geltung kommen würden.
Vor allem die Rückblenden stehen nicht nur im krassen, sondern im viel zu krassen Kontrast dagegen. Die aufgedrehte Art der Freunde, die spießbürgerliche Alltagsidylle zwischen ihm und seiner Freundin Mami. Hier findet Kontrast nur um des Kontrasts willen statt.
Doch ist die Epidemie erst einmal im Gange, lässt auch die rührige Verklärung nach und die zunehmenden Flashbacks gleichen sich der nihilistischen Stimmung der Gegenwart an. All das strahlt eine bedrückende Tristesse und Hoffnungslosigkeit aus, die den Film sehr erdrückend und trostlos wirken, obwohl er in optischer Hinsicht immer mal wieder kurze Schönheit zulässt. Zum Ende hin kommt dann in den gerade mal 68 Minuten Laufzeit doch etwas Leerlauf zustande, wenn der Film sich nur noch darauf beschränkt, Yôhirô dabei zu zeigen, wie er seiner Liebe Mami nachtrauert. Auch, dass er eingangs noch Text über die Szenen sprach, dieses Stilmittel nach der Einführung aber nie wieder Verwendung findet, wirkt unüberlegt und so ziellos wie die Handlung selbst.
Das Zombie-Malheur als deprimierendes Kammerspiel, das gab es auch schon in Portrait of a Zombie. Rain for the Dead hätte es aber gut getan, mehr von dem Draußen, mehr von den stillen Wanderungen des Protagonisten und mehr von den armen Kreaturen und ihrem schlimmem Schicksal zu zeigen. So aber formuliert der Film weder die Welt des Außen noch die Welt des Innen ausreichend gut aus, weshalb man sich in beiden nur wie ein Besucher fühlt, der einen kurzen Blick auf die Oberfläche erhaschen kann, dann aber sofort in den Abspann weiterziehen muss, bevor man sich so richtig mit dem Geschehen vertraut machen kann.

Fazit

Die Mangaverfilmung Rain for the Dead steuert inhaltlich zwar nichts Neues zum Zombiethema bei, besticht aber durch einen eigenen Stil und seine tief trostlose Stimmung. Leider kann der Film in der kurzen Spielzeit nicht das erreichen, was er sich vornimmt, zudem er sich zu sehr mit kitschigen Rückblenden aufhält.
Trotzdem lohnt sich ein Blick dank der gut umgesetzten Ansätze und dem beklemmenden Gefühl, das dieser Film auslöst.

Das Leben des Budori Gusko

Japan-Filmfest Hamburg Special 8

Story

Gemeinsam mit seiner Schwester und den fleißigen Eltern lebt Budori ein glückliches Leben im Wald nahe eines kleinen Dorfes, wo er täglich und lernwillig die Schulbank drückt. Das beschauliche Leben ändert sich, als auf den Winter irgendwann kein richtiger Frühling mehr folgt und die Ernte über Jahre hinweg bestenfalls kümmerlich ausfällt. Nachdem Mutter und Vater verschwunden sind, erscheint ein unheimlicher Zauberer im Haus bei den hungernden Kindern und nimmt Budoris Schwester mit.
Da ihm nichts mehr bleibt, macht sich der junge Kater auf die Reise, um sein Glück zu finden. Er begegnet hilfsbereiten, aber auch wunderlichen Personen, wächst langsam heran, der ausbleibende Frühling bleibt aber eine stete Bedrohung in seinem Leben und der Welt.

Kritik

Schon in Nacht auf der galaktischen Bahnlinie sind die meisten Figuren in Gisaburō Sugiis Das Leben des Budori Gusko anthropomorphe Katzen. Bekanntheit hat der Regisseur nicht nur durch den genannten modernen Klassiker erlangt, sondern unter Freunden des anspruchsvollen Zeichentrickkinos auch dank dem ungemein lohnenden Sci-Fi-Anime Serial Experiments Lain. Auch in seiner zweiten Interpretation eines Miyazawa-Werkes (die Novelle stammt aus dem Jahr 1932) begegnet man sofort dem vertrautesten Stilmittel des Regisseurs – der Protagonist ist, wie auch seine ganze Familie und sämtliche Dorfbewohner – so unfassbar niedlich, dass man, gleich wie Hart das eigene Herz auch sein mag, gar nicht anders kann, als Sympathie und Mitleid für das selbstlose und durch und durch unschuldige Kerlchen aufzubauen. Denn natürlich ist nicht eine Katze die Hauptperson, sondern ein Mensch reinen Herzens, der lediglich die Gestalt einer Katze hat. Der so geweckte Beschützerinstinkt, ist aber ein hervorragendes Instrument, eine Bande zu der Figur aufzubauen. Dass es sich beim Protagonisten um ein Tier handelt, hat also durchaus seinen Sinn – und fällt ansonsten nicht weiter auf, denn schnell hat man sich an den, für westliche Augen, ungewöhnlichen Hauptcharakter gewöhnt und seine spitzohrige Präsenz als normal und unproblematisch akzeptiert.
Dass das gerade zu Beginn so reibungslos funktioniert, liegt einerseits an den wirklich prächtigen Zeichnungen, mit denen der Heimatwald lebendig wird und die sofort ein Gefühl von Sehnsucht und herzlicher Gemütlichkeit wachrufen. Genau wie die Charakterdesigns, evoziert der heimelige Forst mit seiner Detailfülle und den vielen entdeckungswerten Orten ein Gefühl von naturalistischer Märchenhaftigkeit, wobei die gewählten Perspektiven diese Stimmung gezielt verstärken. Wenn sich dann herausstellt, dass das hier erzählte Märchen ein sehr finsteres ist, wirkt die Schwere des Schicksals der Familie Gusko umso stärker. Der Zauber des Gehölzes macht nun Platz für eine Welt, die jenseits des Märchens existiert.
Die Odyssee, die Budori Gusko durchlebt, ist die eines Kindes, das durch Tücke und Missgunst von seiner immer nur passiven Unschuld zu einer selbstständigen Person heranwächst – erzogen nicht mehr nur im behüteten Heim der Eltern, sondern auch von einer Welt, in der der Kapitalismus mit Strenge regiert.
Allerorts spürt man den Versuch, ein Werk zu schaffen, dass die Strahlkraft und den freigeistigen Reichtum eines Studio Ghibli-Filmes besitzt.

Zudem tauchen Computeranimationen auf, die überhaupt nicht ins harmonische Bild der Zeichentrickwelt passen wollen und als hässlicher Fremdkörper die Atmosphäre verunstalten. Irgendwie passt dies, denn nach dem Austritt aus dem Wald der Kindheit strahlt Das Leben des Budori Gusko ein permanentes, aber kaum fassbares Unwohlsein aus. Die Geschichte läuft ab diesem Moment seltsam ziellos ab, Budori ist ein Charakter, der sich seinem ungnädigen Schicksal fortwährend hingibt, ohne merklich gegen es aufzubegehren. Stoisch lässt er Leid über sich ergehen und macht einfach dort weiter, wo der Wind ihn hinträgt. Durch die Fremdbestimmung der Hauptfigur wirken auch die bereisten Orte wie eine Aneinanderreihung von Zufällen. Die Geschichte, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt dabei unentwegt seltsam. Oftmals fesselt der Film weniger durch seinen etwas unmotivierten Verlauf, sondern durch die durchgehend schön gezeichneten Szenerien, in die es Budori verschlägt. Den Platz der anfangs herzigen Katzenwesen nehmen andere Gestalten ein, deren Äußeres mit Fortschreiten der Spieldauer immer alptraumhafter wird. Die Welt, in die man gemeinsam mit der Hauptfigur immer tiefer dringt, ist eine wunderliche, in der sich an Steampunk erinnernde Science-Fiction-Gerätschaften vor dem Hintergrund einer rückständigen Welt zeigen, in der Elend, Naivität Magie, bodenständige Wissenschaft und hungriger Kapitalismus eng beieinander existieren. Psychedelische Traumsequenzen bestärken die beunruhigende Stimmung des Filmes. Über allem liegt der Schatten des Magiers, der zu Beginn der Handlung Budoris Schwester mit sich nahm. Auch hier verwundert die eigenartig verstecke Motivation des Protagonisten – es wird an einigen Stellen klargemacht, dass er seine Schwester befreien will, doch aktiv dafür Eintreten sieht man ihn kein einziges Mal.
Die Krönung des sonderbaren, mulmigen Grundgefühls ist dann das Filmende selbst, das auf eine Weise bizarr einfach ist, aber auch viel Raum für Spekulation lässt.
So entlässt einen dieser eigentümliche Film auch mit dem seltsamen Gefühl, dass er seinen eigentlichen Kern erfolgreich verborgen halten konnte.
Ob das ganze Abenteuer nur der Traum eines sterbenden Kätzchens ist, ob die Geschichte eine Fabel darüber darstellt, dass sich gerade nicht in tatenloser Ergebenheit seinem Schicksal opfern sollte oder ob Gisaburō Sugiis hier tatsächlich einfach nur den sonderbaren Weg eines sehr einfachen Wesens in einer sehr komplizierten Welt zeigen wollte, auf solche Fragen gibt es keine eindeutigen Hinweise. Vielleicht bietet die Lektüre des Quellmaterials Aufschluss, vielleicht gibt es eine im Westen unbekannte Sage, die mit Unklarheiten aufräumen könnte.

Fazit

Trotz der – zum Glück seltenen – deplatzierten Computeranimationen ist Das Leben des Budori ein optisch weitestgehend herausragender Film, der viel von seiner besonderen Stimmung aus den wundervoll gezeichneten Szenerien zieht.
Die Pluralität von Botschaften, der eigentümliche Verlauf und die zugleich sehr schlichte als auch geheimnisvoll wirkende Geschichte sind etwas, das den Film interessant, aber auch ein wenig anstrengend macht.
Einen Blick ist der Film auf jeden Fall wert – doch wird er wohl einige seiner Zuschauer verschrecken. Und für Kinder ist der auf den ersten Blick putzige Animationsfilm sowieso eine Spur zu verstörend.

Dawn of the Planet of the Zombies and the Giant Killer Plants on Some Serious Acid

Wir wolle nicht soweit gehen zu sagen, dass Alf Lovvold hier den Trailer zu einem kommenden Film abgeliefert hat, danach sieht es nämlich (vorerst) nicht aus.
Doch es zeigt eindrucksvoll, was heute mit CGI möglich ist, ganz ohne großes Studio im Rücken, sondern mit Zeit und Leidenschaft.

Und wie nicht zuletzt Kung Fury vor 6 Tagen bewiesen hat, kann aus einem reinem Jux bei genügend viraler Begeisterung schließlich auch ein ganzer Film werden.

Patema Inverted

Japan-Filmfest Hamburg Special 7

Story

Patema lebt seit ihrer Geburt zusammen mit einer kleinen Gesellschaft in einem gut ausgebauten Höhlensystem. Trotz wiederholter Verbote entwischt sie immer wieder den befestigten Räumlichkeiten, um die Geheimnisse der ferneren Stollen zu ergründen.
Bei einem ihrer Ausflüge begegnet sie jedoch einem Fledermausmenschen – eine Kreatur, die sie bisher für ein Ammenmärchen zum Erschrecken von Kindern gehalten hat. Auf ihrer Flucht stürzt sie in die Tiefe und überlebt nur durch einen Glücksfall.
Als sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht, stellt sie fest, dass der Grund der Schlucht zugleich auch Übergang in die Stadt Aida ist. Noch erschreckender als die Tatsache, dass diese unter freiem Himmel gebaut wurde, ist aber die Tatsache, dass Oben plötzlich Unten ist. Wortwörtlich.

Kritik
Die Schöne Farbgebung der reichhaltigen, mit Kleinigkeiten vollgestopften Bilder ist das erste, was an Patema Inverted ins Auge sticht. Die Liebe zur glaubhaften Umwelt, denn eine glaubhafte Umwelt ist das Thema des Filmes. Die Detailverliebtheit lässt zu Anfang verständlich werden, wieso Patema so versessen darauf ist, die Umgebung zu erkunden, und fesselt auch für den weiteren Verlauf das Auge an das Bild, das mit sehenswerten Bestandteilen wahrlich nicht geizt. Der Film profitiert hiervon in gesteigertem Maße immer dann, wenn die Perspektive sich um 180° Grad dreht, weil die Fokalisierung von Patema auf Age wechselt oder umgekehrt. In diesen Momenten fühlt sich der Film besonders interessant an und dieses Stilmittel wird überlegt eingesetzt. Auch die variable, teils klassische Musik fügt sich gut ins Gesamtbild ein und sorgt dafür, dass Patema Inverted ganz besonders im Kino eine Sinnesfreude ist:
Die Empathie mit den beiden Figuren glückt zudem. In ihren Zweifeln und Handlungen sind die Teenager nachvollziehbar, werden aber nicht zu trocken dargestellt, sondern dienen immer mal wieder als Vehikel für harmlose Späße, die den Zuschauer daran erinnern, dass er einen Anime schaut. Die neugierige Protagonistin ist nicht, wie so oft, zu naiv unbedarft, sondern in ihrem Wissensdurst sehr gut nachvollziehbar. Die Nebencharaktere haben es leider nicht so gut. Während die unterirdische Bevölkerung, der Patema entstammt, gesichtslos bleibt, womit sehr viel Potenzial verschenkt wird, sind die relevanten Personen aus Aiga sämtlich platte Abziehbilder der Marke Willenloser Lakai in Jin-Roh-Rüstung oder diabolischer Fanatiker. Gerade das Konzept der Welten und die angedeutete Historie hätten viele Ansatzpunkte zur Verfügung stellen können, um vielschichtige Charaktere mit nachvollziehbaren Motivationen zu kreieren. Dass die Führungsriege Aigas aus stupiden Despoten ohne einen Funken verstand besteht, ist jammerschade, denn so verliert der zentrale Handlungsort des Filmes nie seinen Status als Entwurf einer eindimensionalen Konzeptwelt. Was den Film hier häufig rettet, ist der Mut, auch in ernsteren Szenen immer mal wieder ein wenig Humor zu erlauben und die Geschichte somit aufzulockern, was dem Film gut zu Gesicht steht.
Die großen anfänglichen Fragen im Film sind nicht, warum die Welt ist, wie sie ist, und wie das funktionieren kann, sondern wie die Figuren sich damit arrangieren. Antworten auf diese bekommt man trotzdem und das sogar recht früh. Gerade an diesem Punkt, der zentralen Prämisse von Patema Inverted, wurde nicht ausreichend weit gedacht, denn die Art und Weise, wie die Umdrehung der Schwerkraft funktioniert und wie sich die verschiedenen, parallel existierenden Gesellschaften erhalten können, ist, folgt man der vom Film vorgeschlagenen Logik, schlicht nicht möglich. Tatsächlich ist Gravitation in diesem Film eine völlig willkürlich funktionierende Kraft, die nicht im Sinne einer Gesetzmäßigkeit wirkt, sondern immer dann, wenn der Film es eben braucht, um richtig auszusehen. Gerade ein so zentraler Sachverhalt hätte es verdient gehabt, dass man seiner Schlüssigkeit ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenkt. So aber muss man darauf schließen, dass die phantastische Ausgangssituation nur dafür da ist, hübsch aussehende Sequenzen und eine fabelhafte Prämisse anzubieten.
Das alles reicht Dank schöner Ideen in der Umsetzung, den sympathischen Hauptfiguren und dem Spaß, die Welt schrittweise mit ihnen zu entdecken, in genügendem Maße. Mit einem durchdachteren Kern wäre jedoch noch viel mehr möglich gewesen.

Fazit

Liebenswerte Figuren führen durch die toll in Szene gesetzte Welt von Patema Inverted, deren Logik aber nur auf der Behauptungsebene funktioniert. Denkt man nicht über die physikalischen Unmöglichkeiten nach und stört man sich auch nicht an den Holzschnittartigen Nebenfiguren, ist der SciFi-Anime aber gute Unterhaltung mit einem zusätzlich netten Kniff durch die vertikalen Perspektivwechsel.