Eine meiner Lieblinge unter den Science-Fiction-Serien ist eindeutig Firefly. Wer dieses Meisterwerk von Joss Whedon nicht kennt, sollte das in jedem Fall kurzfristig ändern. Gerade stolperte ich über folgende Infografik mit mir teilweise unbekannten Fakten zu Firefly. Diese möchte ich Euch natürlich nicht vorbehalten. Continue reading „Infografik – 18 Fakten zu Firefly“
Autor: André
Strange Days
Wieder einmal muss die Jahrtausendwende als Schreckgespenst herhalten. 1995 malte Kathryn Bigelow in Strange Days die vier Jahre in der Zukunft liegende Welt in tristen Farben – nach einem Drehbuch ihres Ex-Mannes James Cameron.
Wir befinden uns am Tage vor der Millennium-Wende in einem Los Angeles, das im Begriff ist, unrettbar im Chaos zu versinken. Propheten verkünden die nahende Apokalypse, jedwede Moral scheint der Vergesslichkeit anheimgefallen zu sein, die MiniDisc konnte sich durchsetzen und die ganze Stadt gleicht einem Kriegsgebiet. Die Plätze sind Schauplatz einer permanenten Schlacht, Horden von Polizisten kämpfen ohne Unterlasse gegen randalierende Aufständische, Gummigeschosse schnellen durch die Luft und der Dunst von Rauch- und Tränengasgranaten wabert durch die heruntergekommenen Straßenzüge. Der Bevölkerung der Stadt der Engel ist dieser Ausnahmezustand längst zum Alltag geworden.
Eine neue Droge hat sich etabliert und bietet sich all jenen an, die sich auf der Suche nach einem Gegenpol zur unerträglich gewordenen Realität befinden: Eine ursprünglich für das FBI entwickelte Technik erlaubt es, die vollständige Wahrnehmung eines Menschen aufzuzeichnen, welche dann auf Abruf von Dritten nacherlebt werden kann. Ein Simpler Kopfaufsatz, der die Impressionen direkt aus der Hirnrinde extrahiert, und ein handlicher Rekorder genügen, um das privateste Empfinden eines Menschen auf einen Datenträger zu bannen. Schnell entsteht ein florierender Schwarzmarkt: Personen werden dafür bezahlt, dass sie ihre außergewöhnlichen Erlebnisse aufzeichnen. Sex, extravagante Freizeitaktivitäten, Raubüberfälle – für jede Neigung, egal ob banal oder absonderlich, lässt sich das passende Erlebnis in Form sogenannter „Clips“ erwerben.
Nach einer grandiosen Anfangssequenz, die die Prämisse des Filmes gleich zu Beginn gekonnt auf den Punkt zu bringen weiß, begegnen wir unserem Protagonisten Lenny Nero. Er ist Dealer dieser verbotenen Früchte und selbst schon lange abhängig von ihnen. Bis spät in die Nacht fährt er von Kunde zu Kunde, bewirbt allerorts seine exklusive Ware und findet für jeden Abnehmer die passenden Worte und das passende Produkt. Er hat ein Auge für die ganz besonderen Herzenswünsche seiner Klienten und vermag es, auch die anstößigsten Clips stilvoll an den Mann zu bringen.
Lenny ist der Antiheld dieser Geschichte – eine Mischung aus eiskalt kalkulierendem Geschäftsmann und windigem Gauner, dessen Waffen verbitterter Zynismus und Verschlagenheit sind. Er flucht wie ein Kesselflicker und als vom Dienst suspendierter und lasterhafter Ex-Polizist hat er deutliche Züge des klassischen Hardboiled Detectives. Sein ständig von einem Schweißfilm bedecktes Gesicht trägt einen gequälten Ausdruck zur Schau. Die strähnigen Haare nach hinten geworfen, stolpert er als gebrochener Mann durch die Geschichte und verdient sich die Brötchen damit, die Welt jeden Tag ein Stückchen schlechter zu machen.
Nach getaner Arbeit gibt er sich in seinem Appartement selbst der Droge hin. Wieder und wieder durchlebt er seine eigenen Erinnerungen, die wenigen schönen Stunden, die er mit seiner verflossenen Liebe, die den klangvollen Namen Faith trägt, durchleben durfte. Dass auch sie mittlerweile kaum mehr ein Schatten ihrer selbst ist, nimmt Lenny nicht wahr. Sie erstrahlt für ihn immer noch in ungetrübtem Glanz, wenn er sie regelmäßig nachts besucht und jedes Mal abgewiesen wird, bevor die Schläger des schmierigen Ganoven, in dessen Diensten sie nun steht, ihn unsanft vor die Tür befördern. Eine der rührendsten Szenen ist es, wie er sich vor einem solchen Türsteher befindet und mit unterwürfiger Geschwätzigkeit dafür argumentiert, die ihm bevorstehende Tracht Prügel doch ein wenig sanfter ausfallen zu lassen.
Lennys einzige Freundin ist die Leibwächterin Mace, die zugleich als letzter moralischer Anker fungiert. Doch auch diese Bande droht zu zerbrechen, weil er sich immer tiefer in den zwielichtigen Machenschaften verliert und Gefahr läuft, vollends die Kontrolle über sein Leben zu abzugeben.
Plötzlich werden ihm Umschläge zugespielt, deren brisanter Inhalt Clips mit den Aufzeichnungen perfide inszenierter Morde sind. Lenny und Mace machen sich unter Zeitdruck auf die Suche nach dem Urheber dieser Verbrechen. Es beginnt eine unheilvolle Schnitzeljagd, während die ganze Welt gebannt auf das in wenigen Stunden anbrechende neue Jahrtausend wartet.
Kritik
All diese Zutaten hätten womöglich nicht für mehr als ein kurzweiliges B-Movie gereicht, wenn eine andere Person auf dem Regiestuhl gesessen hätte. Frau Bigelow allerdings, die schon 8 Jahre zuvor mit Near Dark bewies, dass sie ein Händchen für düstere Stoffe hat, lässt eine glaubwürdige Dystopie entstehen, die bis heute kaum Konkurrenz zu fürchten hat. Auch hier macht sich ihr hervorragendes Gespür für das richtige Timing bemerkbar, das von der wackligen, aber stets präzisen Kameraführung zusätzlich betont wird.
Strange Days trumpft auf mit perfekt arrangierten Bildern, die mit ihrer Nähe zum Cyberpunk betören. Es herrscht dauernde Nacht in L.A., die Stadt ist ein Sündenpfuhl par excellence, der mit viel Aufwand und noch mehr Liebe zum Detail in Szene gesetzt wurde und von einem passenden Soundtrack untermalt wird. Vergessene Weihnachtsbeleuchtung ist genauso omnipräsent wie die glimmenden Reklametafeln und flackernden Neonröhren, sodass die Charaktere fast immer in ein schummriges Spiel von Licht und Schatten getaucht werden, welches einen ganz eigenen Kommentar zu dem Wesen der hier portraitierten Gesellschaft darstellt. Eine Gesellschaft, die alles gesehen und erlebt zu haben glaubt und nun nach immer extremeren Kicks giert, um dem Dasein einen Sinn zu schaffen.
Ralph Fiennes spielt sich die Seele aus dem Leib und liefert unzweifelhaft eine der größten Leistungen seiner Karriere ab, indem er es schafft, mit seiner verrohten Figur trotz allem Sympathien auf Zuschauerseite zu sammeln. Angela Bassett wurde für ihre Darstellung der Mace völlig zurecht mit dem Saturn Award ausgezeichnet und William Fichtner ist in einer frühen Nebenrolle als (natürlich im Anzug steckender) Prügelbulle zu bewundern.
Neben der ausgiebigen Bestandsaufnahme und der sorgfältigen Charakterstudie rückt die eigentliche Geschichte etwas in den Hintergrund. Aber jene ist eh kaum mehr als die notwendige Klammer, die sich um die Bebilderung dieses Horrorszenarios schließt. Strange Days will eine Menge und schafft das meiste davon.
Ein paar Mal schlägt der Streifen ein wenig über die Stränge, wenn zum Beispiel die sonst so vernünftige Mace völlig unvermittelt zu einer prügelnden Furie mutiert. Doch dies ist Nörgelei auf wirklich hohem Niveau.
Den einzig richtigen Patzer leistet sich das fast zweieinhalbstündige Werk ausgerechnet am Ende. Nach dem schicken Showdown läuft der Film nämlich einfach weiter – für geschlagene 15 Minuten. In diesen ereignet sich ein merkwürdiges zweites Finale, das der sonst so stilvoll zurückhaltenden Darbietung nicht so ganz gerecht werden kann und mit überraschend platter Symbolik aufwartet.
Fazit
Doch auch dies vermag nichts daran zu ändern, dass es sich bei Strange Days um eine düstere, gekonnt inszenierte Zukunftsvision handelt, die durch ihre Detailversessenheit und die pessimistische Grundstimmung zu fesseln weiß. Der Streifen vereint all die Eigenschaften, die Bigelow so groß gemacht haben und ihr vor zwei Jahren den redlich verdienten Oscar einbrachten.